Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
10.04.2025
von Tanja Meckler
Pforzheim, ein gewöhnlicher Morgen im riesigen Logistikzentrum von Amazon. Auf einer Fläche, die 15 Fußballfeldern entspricht, wird hier Tag für Tag ein logistisches Meisterwerk vollbracht. Es ist ein Ort, an dem Millionen von Artikeln ein- und ausgelagert, verpackt und weitertransportiert werden – ein Ort, an dem Menschen aus 78 Nationen zusammenarbeiten. Einer von ihnen ist Marius Ritea, 41 Jahre alt, Abteilungsleiter (Area Manager) in der Wareneinlagerung (Stow).
Amazon hat seine eigene Sprache – mit zahlreichen englischen Abkürzungen, die anfangs gewöhnungsbedürftig sind. „FFZ“ steht für Flurförderzeuge, umgangssprachlich Stapler genannt. Rund 400 dieser Fahrzeuge drehen mit 6 km/h ihre Runden. Die Aufgabe von Riteas Abteilung: Waren in die zehn Meter hohen Hochregale einsortieren. Dabei setzt Amazon auf ein chaotisches Lagersystem – ein Spielzeugset kann neben einer Heißluftfritteuse oder einem Staubsaugroboter liegen. Die digitale Erfassung macht es möglich: Jedes Produkt ist mit seinem Lagerort verknüpft, Leuchten an den Regalen zeigen den Mitarbeitern freie Plätze an.
Neue Ware nimmt die Abteilung „Receive“ entgegen, danach kümmert sich die Abteilung von Marius Ritea um das Einlagern Damit zwischen den Abteilungen stets alles im Fluss bleibt und kein Stau auftritt , trifft sich Marius Ritea während seiner Schicht mindestens dreimal für einen Austausch mit der Abteilung Flow.
Als Marius vor elf Jahren aus Rumänien nach Deutschland kam, sprach er kaum ein Wort Deutsch – „Danke“ und „Tschüss“, mehr nicht. Mit einem Masterabschluss in Human Resources Management im Gepäck suchte er nach einer Perspektive. Er nahm Aushilfsjobs an, unter anderem auf dem Bau. Doch sein Ziel war ein anderes: Er wollte eine Führungsposition.
Zufällig sah er eine Amazon-Stellenanzeige für Versandmitarbeiter. „Ich wusste nicht genau, was mich erwartet, aber ich habe meine Zertifikate vorbereitet und mich beworben“, erzählt er. Das Vorstellungsgespräch fand auf Englisch statt. Eine der ersten Fragen: Können Sie 15 Kilogramm heben? Marius lacht. „Ich habe gesagt: Natürlich kann ich das. Ich bin ein junger, gesunder Mann. Aber ich suche eigentlich etwas anderes.“
Amazon überzeugte ihn mit internen Aufstiegsmöglichkeiten. Er begann als einfacher Lagerhelfer (Level1) in der Abteilung „Receive“. Nach einem Jahr bot sich ihm die erste Aufstiegschance: Er bewarb sich als Teamleiter (Lead) „Das war meine Chance, mich zu beweisen“, sagt er. Er bekam den Job, aber noch keinen festen Vertrag. Es folgten weitere Stationen in anderen Abteilungen, mehr Verantwortung, mehr Erfahrung. Der erste Versuch, Area Manager zu werden, scheiterte. Die Begründung: Ihm fehle Erfahrung im People Management. „Ich habe verstanden, dass ich nicht nur mit Prozessen, sondern mit Menschen arbeiten muss“, sagt er. Sechs Monate später versuchte er es erneut – und bekam die Stelle.
Heute leitet Ritea ein Team von über 90 Mitarbeitenden, in Spitzenzeiten bis zu 140. Er hat es von Level 1 auf Level 5 geschafft. Eine halbe Stunde vor Schichtbeginn ist er immer da um in Ruhe alle Nachrichten zu checken. Danach bespricht er mit den Teamleitern die Planung, geht durch die Halle, hört sich die Anliegen der Mitarbeitenden an. „Man muss präsent sein. 70 Prozent meiner Zeit verbringe ich mit den Leuten.“
Jede Schicht startet mit einem kurzen Meeting: Ziele werden besprochen, Aufgaben verteilt. Sicherheit hat höchste Priorität – deshalb gibt es täglich einen „Safety-Tipp“. Pforzheim ist eines von 23 Amazon-Logistikzentren in Deutschland, das einzige in Baden-Württemberg. Hier arbeiten 1.400 Menschen, aus 78 Nationen, im Dreischichtbetrieb. Effizienz zählt – aber auch Teamgeist. „Wir haben eine offene Kultur“, sagt Ritea. „Man darf Fehler machen, ohne verurteilt zu werden.“
Amazon ist als Arbeitgeber umstritten, doch eines steht fest: Aufstiegsmöglichkeiten gibt es. Marius Ritea ist der beste Beweis. „Ich habe hier bei null angefangen – ohne Sprache, ohne Kontakte. Jetzt leite ich eine Abteilung. Das zeigt, was möglich ist, wenn man sich anstrengt.“
Neben dem Beruf hat Amazon sein Leben noch in einer anderen Weise verändert. Hier hat er seine Verlobte kennengelernt. Heute haben sie eine zweijährige Tochter. „Manchmal nenne ich sie das Amazon-Baby“, sagt er und schmunzelt.
„Es gibt viele Aspekte, die mich immer wieder freuen, besonders wenn jemand nach Deutschland kommt, kein Wort Deutsch spricht und Schwierigkeiten hat, sich zu integrieren. Es ist großartig zu sehen, wie wir diese Integration aktiv vorantreiben und unterstützen – sei es durch Deutschsprachkurse oder durch Weiterbildungsangebote, die es ermöglichen, die berufliche und persönliche Entwicklung voranzutreiben. Noch schöner ist es, wenn dabei nicht nur berufliche Erfolge erzielt werden, sondern auch Freundschaften oder Partnerschaften entstehen. Das trägt dazu bei, das Familiäre und zwischenmenschliche Miteinander zu stärken“, sagt Standortleiter Christian Breiner und weiter: “ Als Unternehmen mit 1.400 Mitarbeitenden, besonders in der intensiven Vorweihnachtszeit, müssen wir immer wieder reflektieren, wie wir miteinander umgehen. Wie schaffen wir es, dass sich jeder willkommen fühlt und gerne zur Arbeit kommt? Dabei treffen verschiedene Kulturen aufeinander, was eine besondere Herausforderung darstellt. Doch für uns spielt es keine Rolle, von welchem Hintergrund oder Land jemand kommt – wir legen großen Wert auf Respekt und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Diese Werte sind das Fundament für unseren gemeinsamen Erfolg.“
Logistik bedeutet mehr als Schichtarbeit, Gabelstapler und Lagerung. Sie wird von Menschen geprägt. Von Menschen wie Marius Ritea.
Fotos & Videostatement: Sandra Gallian
10.04.2025
von Tanja Meckler
Pforzheim, ein gewöhnlicher Morgen im riesigen Logistikzentrum von Amazon. Auf einer Fläche, die 15 Fußballfeldern entspricht, wird hier Tag für Tag ein logistisches Meisterwerk vollbracht. Es ist ein Ort, an dem Millionen von Artikeln ein- und ausgelagert, verpackt und weitertransportiert werden – ein Ort, an dem Menschen aus 78 Nationen zusammenarbeiten. Einer von ihnen ist Marius Ritea, 41 Jahre alt, Abteilungsleiter (Area Manager) in der Wareneinlagerung (Stow).
Amazon hat seine eigene Sprache – mit zahlreichen englischen Abkürzungen, die anfangs gewöhnungsbedürftig sind. „FFZ“ steht für Flurförderzeuge, umgangssprachlich Stapler genannt. Rund 400 dieser Fahrzeuge drehen mit 6 km/h ihre Runden. Die Aufgabe von Riteas Abteilung: Waren in die zehn Meter hohen Hochregale einsortieren. Dabei setzt Amazon auf ein chaotisches Lagersystem – ein Spielzeugset kann neben einer Heißluftfritteuse oder einem Staubsaugroboter liegen. Die digitale Erfassung macht es möglich: Jedes Produkt ist mit seinem Lagerort verknüpft, Leuchten an den Regalen zeigen den Mitarbeitern freie Plätze an.
Neue Ware nimmt die Abteilung „Receive“ entgegen, danach kümmert sich die Abteilung von Marius Ritea um das Einlagern Damit zwischen den Abteilungen stets alles im Fluss bleibt und kein Stau auftritt , trifft sich Marius Ritea während seiner Schicht mindestens dreimal für einen Austausch mit der Abteilung Flow.
Als Marius vor elf Jahren aus Rumänien nach Deutschland kam, sprach er kaum ein Wort Deutsch – „Danke“ und „Tschüss“, mehr nicht. Mit einem Masterabschluss in Human Resources Management im Gepäck suchte er nach einer Perspektive. Er nahm Aushilfsjobs an, unter anderem auf dem Bau. Doch sein Ziel war ein anderes: Er wollte eine Führungsposition.
Zufällig sah er eine Amazon-Stellenanzeige für Versandmitarbeiter. „Ich wusste nicht genau, was mich erwartet, aber ich habe meine Zertifikate vorbereitet und mich beworben“, erzählt er. Das Vorstellungsgespräch fand auf Englisch statt. Eine der ersten Fragen: Können Sie 15 Kilogramm heben? Marius lacht. „Ich habe gesagt: Natürlich kann ich das. Ich bin ein junger, gesunder Mann. Aber ich suche eigentlich etwas anderes.“
Amazon überzeugte ihn mit internen Aufstiegsmöglichkeiten. Er begann als einfacher Lagerhelfer (Level1) in der Abteilung „Receive“. Nach einem Jahr bot sich ihm die erste Aufstiegschance: Er bewarb sich als Teamleiter (Lead) „Das war meine Chance, mich zu beweisen“, sagt er. Er bekam den Job, aber noch keinen festen Vertrag. Es folgten weitere Stationen in anderen Abteilungen, mehr Verantwortung, mehr Erfahrung. Der erste Versuch, Area Manager zu werden, scheiterte. Die Begründung: Ihm fehle Erfahrung im People Management. „Ich habe verstanden, dass ich nicht nur mit Prozessen, sondern mit Menschen arbeiten muss“, sagt er. Sechs Monate später versuchte er es erneut – und bekam die Stelle.
Heute leitet Ritea ein Team von über 90 Mitarbeitenden, in Spitzenzeiten bis zu 140. Er hat es von Level 1 auf Level 5 geschafft. Eine halbe Stunde vor Schichtbeginn ist er immer da um in Ruhe alle Nachrichten zu checken. Danach bespricht er mit den Teamleitern die Planung, geht durch die Halle, hört sich die Anliegen der Mitarbeitenden an. „Man muss präsent sein. 70 Prozent meiner Zeit verbringe ich mit den Leuten.“
Jede Schicht startet mit einem kurzen Meeting: Ziele werden besprochen, Aufgaben verteilt. Sicherheit hat höchste Priorität – deshalb gibt es täglich einen „Safety-Tipp“. Pforzheim ist eines von 23 Amazon-Logistikzentren in Deutschland, das einzige in Baden-Württemberg. Hier arbeiten 1.400 Menschen, aus 78 Nationen, im Dreischichtbetrieb. Effizienz zählt – aber auch Teamgeist. „Wir haben eine offene Kultur“, sagt Ritea. „Man darf Fehler machen, ohne verurteilt zu werden.“
Amazon ist als Arbeitgeber umstritten, doch eines steht fest: Aufstiegsmöglichkeiten gibt es. Marius Ritea ist der beste Beweis. „Ich habe hier bei null angefangen – ohne Sprache, ohne Kontakte. Jetzt leite ich eine Abteilung. Das zeigt, was möglich ist, wenn man sich anstrengt.“
Neben dem Beruf hat Amazon sein Leben noch in einer anderen Weise verändert. Hier hat er seine Verlobte kennengelernt. Heute haben sie eine zweijährige Tochter. „Manchmal nenne ich sie das Amazon-Baby“, sagt er und schmunzelt.
„Es gibt viele Aspekte, die mich immer wieder freuen, besonders wenn jemand nach Deutschland kommt, kein Wort Deutsch spricht und Schwierigkeiten hat, sich zu integrieren. Es ist großartig zu sehen, wie wir diese Integration aktiv vorantreiben und unterstützen – sei es durch Deutschsprachkurse oder durch Weiterbildungsangebote, die es ermöglichen, die berufliche und persönliche Entwicklung voranzutreiben. Noch schöner ist es, wenn dabei nicht nur berufliche Erfolge erzielt werden, sondern auch Freundschaften oder Partnerschaften entstehen. Das trägt dazu bei, das Familiäre und zwischenmenschliche Miteinander zu stärken“, sagt Standortleiter Christian Breiner und weiter: “ Als Unternehmen mit 1.400 Mitarbeitenden, besonders in der intensiven Vorweihnachtszeit, müssen wir immer wieder reflektieren, wie wir miteinander umgehen. Wie schaffen wir es, dass sich jeder willkommen fühlt und gerne zur Arbeit kommt? Dabei treffen verschiedene Kulturen aufeinander, was eine besondere Herausforderung darstellt. Doch für uns spielt es keine Rolle, von welchem Hintergrund oder Land jemand kommt – wir legen großen Wert auf Respekt und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Diese Werte sind das Fundament für unseren gemeinsamen Erfolg.“
Logistik bedeutet mehr als Schichtarbeit, Gabelstapler und Lagerung. Sie wird von Menschen geprägt. Von Menschen wie Marius Ritea.
Fotos & Videostatement: Sandra Gallian
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