Zitat Autor
Wirtschaftskraft ist in der Tat ein „Plus“ – ein Mehr an Themen, an Hintergründen und an Aktualität. Mit dieser Plattform wird die wirtschaftliche Kompetenz des Standortes Pforzheim medial begleitet und weit in die Region getragen.

Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

Newsletter Anmeldung

+ monatliche Erscheinung
+ aktuelle Themen und wichtige Termine
+ neue Unternehmensportraits und Unternehmensprofile
Datenverarbeitungshinweis*

Vom Lagerhelfer zum Manager: Der steile Aufstieg in der Logistik

Am 10. April 2025 ist Tag der Logistik. Die Logistikbranche, ein Sektor, der oft im Schatten bleibt, aber unverzichtbar ist. Mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland sorgen dafür, dass Online-Bestellungen ankommen, Produktionen laufen und Lieferketten funktionieren. Logistik ist mehr als Transport und Lagerung – es sind die Menschen, die sie am Laufen halten. Einer von ihnen: Marius Ritea. Er arbeitet bei Amazon Pforzheim.
Marius Ritea mitten im Geschehen bei Amazon Pforzheim – vom Lagerarbeiter zum Area Manager. In diesem riesigen Logistikzentrum geht’s ordentlich zur Sache, aber es sind die Menschen, die den Unterschied machen. Ein Blick hinter die Kulissen des täglichen Logistikwunders. Foto: Sandra Gallian

10.04.2025

von Tanja Meckler

Logistikdrehscheibe Amazon Pforzheim

Pforzheim, ein gewöhnlicher Morgen im riesigen Logistikzentrum von Amazon. Auf einer Fläche, die 15 Fußballfeldern entspricht, wird hier Tag für Tag ein logistisches Meisterwerk vollbracht. Es ist ein Ort, an dem Millionen von Artikeln ein- und ausgelagert, verpackt und weitertransportiert werden – ein Ort, an dem Menschen aus 78 Nationen zusammenarbeiten. Einer von ihnen ist Marius Ritea, 41 Jahre alt, Abteilungsleiter (Area Manager) in der Wareneinlagerung (Stow).

Amazon hat seine eigene Sprache – mit zahlreichen englischen Abkürzungen, die anfangs gewöhnungsbedürftig sind. „FFZ“ steht für Flurförderzeuge, umgangssprachlich Stapler genannt. Rund 400 dieser Fahrzeuge drehen mit 6 km/h ihre Runden. Die Aufgabe von Riteas Abteilung: Waren in die zehn Meter hohen Hochregale einsortieren. Dabei setzt Amazon auf ein chaotisches Lagersystem – ein Spielzeugset kann neben einer Heißluftfritteuse oder einem Staubsaugroboter liegen. Die digitale Erfassung macht es möglich: Jedes Produkt ist mit seinem Lagerort verknüpft, Leuchten an den Regalen zeigen den Mitarbeitern freie Plätze an.

Im Hochregallager sind unzählige Produkte untergebracht. Foto: Tilo Keller
Dieser LKW wird sich gleich in Richtung Sortierzentrum aufmachen. Von Pforzheim aus werden keine Endkunden beliefert. Verlässt ein LKW das Gelände kommt ein anderer und bringt neue Ware. Foto: Sandra Gallian

Neue Ware nimmt die Abteilung „Receive“ entgegen, danach kümmert sich die Abteilung von Marius Ritea um das Einlagern Damit zwischen den Abteilungen stets alles im Fluss bleibt und kein Stau auftritt , trifft sich Marius Ritea während seiner Schicht mindestens dreimal für einen Austausch mit der Abteilung Flow.

Vom Quereinsteiger zur Führungskraft

Als Marius vor elf Jahren aus Rumänien nach Deutschland kam, sprach er kaum ein Wort Deutsch – „Danke“ und „Tschüss“, mehr nicht. Mit einem Masterabschluss in Human Resources Management im Gepäck suchte er nach einer Perspektive. Er nahm Aushilfsjobs an, unter anderem auf dem Bau. Doch sein Ziel war ein anderes: Er wollte eine Führungsposition.

Zufällig sah er eine Amazon-Stellenanzeige für Versandmitarbeiter. „Ich wusste nicht genau, was mich erwartet, aber ich habe meine Zertifikate vorbereitet und mich beworben“, erzählt er. Das Vorstellungsgespräch fand auf Englisch statt. Eine der ersten Fragen: Können Sie 15 Kilogramm heben? Marius lacht. „Ich habe gesagt: Natürlich kann ich das. Ich bin ein junger, gesunder Mann. Aber ich suche eigentlich etwas anderes.“

Amazon überzeugte ihn mit internen Aufstiegsmöglichkeiten. Er begann als einfacher Lagerhelfer (Level1) in der Abteilung „Receive“. Nach einem Jahr bot sich ihm die erste Aufstiegschance: Er bewarb sich als Teamleiter (Lead) „Das war meine Chance, mich zu beweisen“, sagt er. Er bekam den Job, aber noch keinen festen Vertrag. Es folgten weitere Stationen in anderen Abteilungen, mehr Verantwortung, mehr Erfahrung. Der erste Versuch, Area Manager zu werden, scheiterte. Die Begründung: Ihm fehle Erfahrung im People Management. „Ich habe verstanden, dass ich nicht nur mit Prozessen, sondern mit Menschen arbeiten muss“, sagt er. Sechs Monate später versuchte er es erneut – und bekam die Stelle.

Führen heißt präsent sein

Marius Ritea hält zu Beginn seiner Schicht ein kurzes Meeting.

Heute leitet Ritea ein Team von über 90 Mitarbeitenden, in Spitzenzeiten bis zu 140. Er hat es von Level 1 auf Level 5 geschafft. Eine halbe Stunde vor Schichtbeginn ist er immer da um in Ruhe alle Nachrichten zu checken. Danach bespricht er mit den Teamleitern die Planung, geht durch die Halle, hört sich die Anliegen der Mitarbeitenden an. „Man muss präsent sein. 70 Prozent meiner Zeit verbringe ich mit den Leuten.“

Jede Schicht startet mit einem kurzen Meeting: Ziele werden besprochen, Aufgaben verteilt. Sicherheit hat höchste Priorität – deshalb gibt es täglich einen „Safety-Tipp“. Pforzheim ist eines von 23 Amazon-Logistikzentren in Deutschland, das einzige in Baden-Württemberg. Hier arbeiten 1.400 Menschen, aus 78 Nationen, im Dreischichtbetrieb. Effizienz zählt – aber auch Teamgeist. „Wir haben eine offene Kultur“, sagt Ritea. „Man darf Fehler machen, ohne verurteilt zu werden.“

Marius Ritea hat es bei Amazon Pforzheim weit gebracht und er lernte seine Partnerin auf der Arbeit kennen.

Amazon ist als Arbeitgeber umstritten, doch eines steht fest: Aufstiegsmöglichkeiten gibt es. Marius Ritea ist der beste Beweis. „Ich habe hier bei null angefangen – ohne Sprache, ohne Kontakte. Jetzt leite ich eine Abteilung. Das zeigt, was möglich ist, wenn man sich anstrengt.“

Neben dem Beruf hat Amazon sein Leben noch in einer anderen Weise verändert. Hier hat er seine Verlobte kennengelernt. Heute haben sie eine zweijährige Tochter. „Manchmal nenne ich sie das Amazon-Baby“, sagt er und schmunzelt.

„Es gibt viele Aspekte, die mich immer wieder freuen, besonders wenn jemand nach Deutschland kommt, kein Wort Deutsch spricht und Schwierigkeiten hat, sich zu integrieren. Es ist großartig zu sehen, wie wir diese Integration aktiv vorantreiben und unterstützen – sei es durch Deutschsprachkurse oder durch Weiterbildungsangebote, die es ermöglichen, die berufliche und persönliche Entwicklung voranzutreiben. Noch schöner ist es, wenn dabei nicht nur berufliche Erfolge erzielt werden, sondern auch Freundschaften oder Partnerschaften entstehen. Das trägt dazu bei, das Familiäre und zwischenmenschliche Miteinander zu stärken“, sagt Standortleiter Christian Breiner und weiter: “ Als Unternehmen mit 1.400 Mitarbeitenden, besonders in der intensiven Vorweihnachtszeit, müssen wir immer wieder reflektieren, wie wir miteinander umgehen. Wie schaffen wir es, dass sich jeder willkommen fühlt und gerne zur Arbeit kommt? Dabei treffen verschiedene Kulturen aufeinander, was eine besondere Herausforderung darstellt. Doch für uns spielt es keine Rolle, von welchem Hintergrund oder Land jemand kommt – wir legen großen Wert auf Respekt und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Diese Werte sind das Fundament für unseren gemeinsamen Erfolg.“

Logistik bedeutet mehr als Schichtarbeit, Gabelstapler und Lagerung. Sie wird von Menschen geprägt. Von Menschen wie Marius Ritea.

Videostatement:

Fotos & Videostatement: Sandra Gallian

Jetzt Newsletter abonnieren und von vielen Vorteilen profitieren!