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Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Optimismus im Schwarzwald-Tourismus – allerdings getrübt vom Fachkräftemangel

Der Tourismus im Schwarzwald blickt vorsichtig optimistisch in die Zukunft: „Der Wunsch nach Urlaub ist groß“ und die Buchungsnachfragen für den Sommer sind positiv, sagte Ortenaukreis-Landrat Frank Scherer als Vorsitzender des Aufsichtsrat der Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) bei der Jahrestagung. Großer Minuspunkt: „Der Fachkräftemangel wird uns weiter begleiten.“
Bühnenauftritt des STG-Teams und Dank von Moderator Hansy Vogt (rechts) für das Mitwirken zum Erfolg der Jahrestagung 2022. ©DorisLöffler

Von Gerd Lache | 15.07.2022

In der Pandemie sind Frank Scherer zufolge Arbeitskräfte aus der Tourismusbranche in andere Bereiche abgewandert. Er fordert von der Politik angesichts des gravierenden Personalmangels „eine unbürokratische Zuwanderung“. Wenn nötig könne dies auch über eine Quotenregelung, ähnlich der in Kanada, erfolgen.

Fordert unbürokratische Zuwanderung zur Milderung der Personalprobleme: STG-Aufsichtsratsvorsitzender Frank Scherer. ©GerdLache

Angesichts der steigenden Energiekosten komme dem Urlaub im eigenen Land zunehmende Bedeutung zu. Ein Trend, der sich laut den Vorjahreszahlen bereits während der Pandemie abgezeichnet hat, wie der Jahresbericht 2021 zeigt, den die STG bei der Jahrestagung in Neuenburg am Rhein vorgelegt hat.

Das Interesse an einem Urlaub im Schwarzwald ist bei inländischen Gästen deutlich gestiegen. Die Übernachtungszahlen von Urlaubern in der Ferienregion Schwarzwald haben sich besser entwickelt als der Durchschnitt aller baden-württembergischen und anderer deutschen Reiseziele. Während die Übernachtungszahlen 2021 gegenüber dem Vorjahr dank der inländischen Gäste um 4,9 Prozent stiegen, kam der Bundesdurchschnitt lediglich auf 2,7 Prozent.

Rund 280 Teilnehmende kamen zur Jahresversammlung der Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) nach Neuenburg am Rhein. ©GerdLache

Gute Ergebnisse bislang auch für das laufende Jahr. „Mit 2,02 Millionen Übernachtungen im Mai 2022 brachte der Wonnemonat im Schwarzwald erstmalig wieder mehr Übernachtungen als im gleichen Monat des letzten Vorkrisenjahres 2019“, machte Scherer deutlich. Das Plus von 1,8 Prozent sei „ein Signal, das uns zuversichtlich stimmt“.

„Zwei prioritäre Themen“ habe die STG aktuell in den Fokus genommen: Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Die Marke Schwarzwald soll weiterentwickelt werden. Unter anderem wollen die Touristiker die Markenbekanntheit „auch über die digitalen Medien steigern“. Bestandteil sei auch die Beschäftigung mit den geänderten Bedürfnissen der Urlauber, um bestehende Gäste zu halten und neue hinzu gewinnen zu können. Stichwort: Innovationen.

Die Idee alleine ist noch keine Innovation, sagt Mik Häfliger, Innovationsmanager aus dem Schweizer Kanton Graubünden. ©GerdLache

Gemäß dem Motto „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ gab Mik Häfliger, Leiter des Innovationsmanagements von Graubünden (Kanton im Osten der Schweiz mit Orten wie St. Moritz und Davos), seiner Keynote den Titel „Die Idee alleine ist wertlos.“ Soll heißen, auf die Umsetzung kommt es an. Zuvor aber müssten Ideen gesammelt, bewertet, kombiniert und verdichtet werden. Eine Innovation sei es erst dann, wenn die Umsetzung erfolgt sei, meint Häfliger.

Losgelöst vom Marketing kann sich das fünfköpfige Innovationsteam in Graubünden ausschließlich mit dem Erkennen aufkommender Trends befassen. Sein Rat: Wichtig sei, Fehler zuzulassen. Bevor ein Innovationsprojekt in großem Stil umgesetzt werden soll, erst einen Prototypen ausprobieren, um zu sehen ob und wie er funktioniere.

Auch Teilnehmende aus dem Nordschwarzwald kamen zur Jahrestagung, wie René Skiba, Geschäftsführer der Tourismus GmbH Nördlicher Schwarzwald. ©GerdLache

Funktioniert hat beispielsweise das Regen-Programm. Anstatt an nassen Tagen den Touristen lediglich Indoor-Programme anzubieten, machen die Graubündner einen Schlammspielplatz auf, lassen die Kinder im Matsch toben und auf der Regenrutsche hinab gleiten. Ergebnis laut dem Innovationsmanager: „25 Prozent mehr Gäste.“

Mehrere innovative Projekte im Schwarzwald sind unter anderem auch vom Land Baden-Württemberg finanziell unterstützt worden, erklärte Tourismus-Staatssekretär Patrick Rapp. Dazu zählt beispielsweise das auf künstlicher Intelligenz (KI) basierte Projekt „Frag Schwarzwaldmarie“, eine digitale Informationsquelle für unterwegs: Mit dem Smartphone einen QR-Code scannen und Tipps erhalten, unter anderem zu Ausflügen, Restaurants, Veranstaltungen und Touren. Mehr noch: Aktuelle Live-Daten zum öffentlichen Nahverkehr können abgerufen werden, sie zeigen die Abfahrtszeiten an den jeweiligen Haltestellen der Orte. Übrigens alles kostenfrei.

Tourismus-Staatssekretär Patrick Rapp wies unter anderem auf die Bedeutung der Branche als Jobmaschine hin. ©DorisLöffler

Derweil wies Rapp auf die Bedeutung des Tourismus als Leitökonomie des Landes hin. Mit 380.000 Vollzeitarbeitskräften sei er ein wichtiger Arbeitgeber – und diese Jobs seien nicht verlagerbar. Und: Durch den Tourismus hätten die Städte und Gemeinden zwischen 250 bis 300 Euro mehr pro Einwohner in der Kasse. Nicht zu vernachlässigen sei auch: Ohne Tourismus gäbe es in vielen Orten keine Nahversorgung mehr. Außerdem würden sich Fachkräfte einer Untersuchung zufolge bevorzugt an Unternehmens-Standorten bewerben und niederlassen, die auch touristisch bekannt und attraktiv seien.


Siehe dazu auch Beitrag auf WirtschaftsKraft: Schwarzwälder Tourismus-Manager Rudolph zeigt neue Wege bei der Personalsuche


Gruppenfoto mit den Rednern der STG-Jahrestagung 2022 (von links): Moderator und Schwarzwaldbotschafter Hansy Vogt, STG-Aufsichtsratsvorsitzender Frank Scherer, Tourismus-Staatssekretär Patrick Rapp, Innovationsmanager Mik Häfliger, STG-Geschäftsführer Hansjörg Mair und Christoph Kunz, Leiter STG-Marketing. ©GerdLache

Mit seinem Impulsvortrag „Der grüne Konsument“ stimmte STG-Geschäftsführer Hansjörg Mair die rund 280 Teilnehmenden auf den Einfluss der Nachhaltigkeit für das Konsumentenverhalten ein. Die Bereitschaft der Gäste steige, ihre Reisen nachhaltiger zu gestalten. Die STG sei hier schon lange aktiv. Dennoch, so Mair: „Auch in unserer Ferienregion ist noch Luft nach oben.“ Den Betrieben riet er, bei der Umstellung auf Nachhaltigkeit im Kleinen zu beginnen. Und „wer es ernst meint, sollte das nachhaltige Angebot zertifizieren lassen“.


Siehe dazu auch Beitrag auf WirtschaftsKraft: Welche Bedeutung hat Tourismus in Baden-Württemberg – und wie nachhaltig ist er?


Stimmte die Teilnehmenden der STG-Jahrestagung auf das Thema Nachhaltigkeit ein: Hansjörg Mair, Geschäftsführer der Schwarzwald Tourismus GmbH. ©GerdLache

Mit einem Sundowner auf der Landesgartenschau in Neuenburg sowie mit Führungen über das Gelände und mit dem lockeren, fachlichen Austausch der Touristiker endete die von Schwarzwaldbotschafter, Sänger und Entertainer moderierte STG-Jahrestagung 2022.

Ein Sundowner beim Netzwerken zum Ende der STG-Jahrestagung. Von links: Petra Vogt und Schwarzwaldbotschafter Hansy Vogt mit Julian Semet, Geschäftsführer Tourismus Dreisamtal e.V. © GerdLache

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