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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Schwarzwälder Tourismus-Manager Rudolph zeigt neue Wege bei der Personalsuche

Mit rund 400.000 Übernachtungen in den ersten fünf Monaten 2022 knüpfen die knapp 500 Beherbergungsbetriebe der Hochschwarzwald-Card fast wieder an das hervorragende Vor-Corona-Jahr 2019 an. Trotzdem kein Grund zum Jubeln für Tourismus-Manager Thorsten Rudolph. Auch Gastronomie und Hotellerie fehlen Arbeitskräfte in hoher Zahl. Jetzt will Rudolph mit „innovativen Wegen“ dagegen halten.
Chancen in der Krise nutzen statt über den Fachkräftemangel zu klagen, so lautet das Motto von Tourismus-Manager Thorsten Rudolph. ©DorisLöffler

Von Gerd Lache | 04.07.2022

Studien prognostizieren bis 2025 eine Arbeitskräftelücke von rund drei Millionen in Deutschland. McKinsey ging in einer älteren Vorhersage sogar von bis zu sechs Millionen aus. Doch schon jetzt macht sich in allen Branchen der Fachkräftemangel massiv bemerkbar. Er bringt zunehmend bizarre Erscheinung wie diese hervor: Urlaubsflüge werden kurzerhand gestrichen, Wartezeiten verlängern sich und der Chef muss selbst Hand anlegen, um Reinigungsarbeiten in den Gästezimmern zu erledigen.

Zu diesem Gemengelage, wie es Thorsten Rudolph nennt, schließen sich die Folgen der zu erwartenden fünften Corona-Welle und der enorme Preisauftrieb  sowie allgemein die  dramatischen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine an.

Image der Branche polieren

Für den Geschäftsführer der Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG) trotzdem kein Grund zu lamentieren, denn: „In jeder Krise steckt auch eine Chance, man muss sie nur ergreifen“, sagt Rudolph bei der jüngsten HTG-Pressekonferenz.  

Zunächst gehe es darum, dass Arbeitskräfte genauso sorgsam gepflegt werden müssten, wie Feriengäste. Und außerdem gelte es, das Image der Branche zu polieren und einige Unternehmen in Gastronomie und Hotellerie zum Feinjustieren zu animieren. Denn noch herrsche bei einigen potenziellen Mitarbeitenden die Meinung, dass sie in touristischen Betrieben viel Arbeit und geringes Einkommen sowie wenig Freizeit zu erwarten hätten. Auch die Attraktivität des Wohn- und Lebensumfeldes, insbesondere deren Bezahlbarkeit, sei ein Thema.

Dort Arbeiten, wo andere Urlaub machen: Dieses Argument alleine reicht offenbar nicht mehr aus, um begehrte Fachkräfte in den Schwarzwald zu locken. ©KlausHansen

„Wer in diesen Bereichen gut aufgestellt ist, hat weniger Probleme“, sagt Rudolph, wenngleich er einräumt, dass auch die Vorbild-Arbeitgeber auf Personalsuche seien. Alleine der in die Jahre gekommene Slogan „Arbeiten, wo andere Urlaub machen“ scheint demnach an Zugkraft verloren zu haben – auch für den  Schwarzwald und ungeachtet seiner nach wie vor großen Beliebtheit und Attraktivität.

Ohnehin glaubt Rudolph nicht daran, dass eine Person zurückkehren wird, die im Corona-Tief die Branche einmal verlassen hat und beispielsweise in der Industrie mit ordentlichem Einkommen, regelmäßiger Arbeitszeit und freien Wochenenden untergekommen ist.

Gleichzeitig aber hätten die Fluggesellschaften während der Pandemie massenweise Jobs abgebaut. Hier sieht Rudolph eine von mehreren Chancen, diese ehemaligen Flug-Mitarbeitenden in die Tourismusbranche konvertieren zu können.

Schwerpunkt auf digitalen Kanälen

Dazu braucht’s freilich entsprechende Personal-Werbung. Und deren Wirkung sieht der Touristiker nicht in den herkömmlichen Medien auf lokaler oder regionaler Ebene. Er setzt auf die Kommunikation von rein digitalen Plattformen und insbesondere auf die sozialen Medien, wie er sagt: „Da können wir punktgenau und personalisiert werben.“ Zugleich sei die Reichweite ungleich höher. Soll heißen: eine Arbeit suchende Person in Frankfurt oder Düsseldorf werde wohl kaum eine gedruckte Zeitungsanzeige aus dem Schwarzwald in die Hand bekommen. Ein entsprechender Social-Media-Post gehe da schon eher bundesweit viral.

Nachhaltiges Reiseziel

Was die Attraktivität des Lebensumfelds Schwarzwald betrifft, so hat sich der HTG-Chef zum Ziel gesetzt: „Wir wollen bis 2030 eine der nachhaltigsten Regionen in Deutschland werden.“ Schon jetzt haben die Hochschwarzwälder – ebenso übrigens wie der Nördliche Schwarzwald – ein Zertifikat erhalten, das sie als „Nachhaltiges Reiseziel“ ausweist. Allerdings wird Thorsten Rudolph selbst nicht mehr lange an dieser 2030er Zielsetzung mitwirken können. Ende 2023 scheidet er nach dann 15 Jahren als HTG-Geschäftsführer aus. Dann werde es „Zeit für etwas anderes“, meint der heute 60-jährige Tourismus-Manager.

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