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Uhren-Verbände befürchten mit Silber-Verbot wirtschaftliche Katastrophe

Die Auftragslage nach Corona läuft erfreulich gut, melden die europäischen Uhren-Verbände nach ihrer Jahressitzung im Schwarzwald gegenüber WirtschaftsKraft. Was noch fehlt sei das Tourismus-Geschäft. Derweil gibt es Wartezeiten bei der Auslieferung. Das von Schweden beantragte Silber-Verbot bringt nicht nur die Uhren-Industrie in Wallung.
Video-Statement für WirtschaftsKraft im Deutschen Uhrenmuseum Furtwangen/Schwarzwald: Dr. Guido Grohmann, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Schmuck + Uhren (BVSU). ©GerdLache

Von Gerd Lache | 18.10.2021

Für Dr. Guido Grohmann wäre es „weltwirtschaftlich gesehen der absolute Wahnsinn“, würde sich die Schwedische Chemikalienagentur KEMI mit ihrem Antrag durchsetzen, mit dem sie das Edelmetall Silber auf die Liste verbotener Gefahrenstoffe setzen lassen will. Nicht nur für die Uhrenindustrie und ihre Beschäftigten hätte dies erheblich negative wirtschaftliche Auswirkungen, auch die Schmuckbranche wäre existenziell davon betroffen, macht der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Schmuck + Uhren (BVSU) mit Sitz in Pforzheim deutlich. Mehr noch: Er sprach vom Aus einer Branche, denn selbst in Goldlegierungen seien Verschmelzungen mit anderen Metallen wie Silber enthalten.

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VIDEO: Dr. Guido Grohmann berichtet im Uhrenmuseum Furtwangen vom Treffen der europäischen Uhrenverbände. ©GerdLache/DorisLöffler

In diesem Jahr war der BVSU Ausrichter des jährlichen Treffens der Spitzenvertreter europäischer Uhrenverbände aus Italien, Frankreich, der Schweiz und Deutschland. In der Uhrenstadt Furtwangen im Schwarzwald ging es zwei Tage lang im Hinterzimmer des 1751 erstmals erwähnten Traditionsgasthofs mit Hotel „Zum Ochsen“ um aktuelle Themen rund um die Belange der europäischen Uhrenindustrie.

Komplette Industrie gegen Verbot

Ein Gesprächspunkt war das beantragte Silber-Verbot. „Sie könnten keinen Computer-Chip mehr bauen“, sagt Grohmann. „Man glaubt gar nicht, wo überall Silber drin ist.“ Der ebenfalls von dem Antrag betroffene Verband Südwesttextil (Stuttgart) listet in einem Beitrag beispielhaft die möglichen Folgen auf: „Essen von Silberbesteck verboten, silberhaltige Steuerungselektronik sowie LED- und Halbleitertechnologie wegreguliert, außerdem silberverspiegelte, optische Instrumente nicht mehr verkehrsfähig.“

Berichtet im Gespräch mit WirtschaftsKraft aus dem zweitägigen Treffen der europäischen Uhren-Verbände: Dr. Guido Grohmann, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Schmuck + Uhren mit Sitz in Pforzheim. ©GerdLache

Für die Verbände geht es dabei um das Verhindern der  Verbotsaufnahme in die Europäische Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, kurz REACH. Demnach müssen sich Unternehmen, die in der EU tätig sind, nach der REACH-Verordnung richten. Hier sind Gefahrenstoffe aufgelistet und es ist geregelt, welche davon nicht oder nur noch eingeschränkt unter Bedingungen verwendet werden dürfen.

Dass Silber auf diese „schwarze Liste“ kommen wird, daran glaubt Grohmann nicht. Denn: „Mehr oder weniger kämpft die komplette Industrie, und zwar Branchen-übergreifend dagegen.“ Andernfalls käme es „einer Katastrophe gleich.“

BVSU: Silberschmuck weiterhin tragbar

Im Übrigen sieht der Verbandshauptgeschäftsführer einen wesentlichen Unterschied zwischen massivem Silber, das insbesondere von der Schmuck- und Uhrenindustrie verarbeitet wird, sowie Silber in Pulverform oder als Nitrat. „Das kann man nicht über einen Kamm scheren.“

Insofern sieht er auch für die Verbraucher keinen Grund, künftig nicht mehr Schmuck oder Uhren aus Silber am Körper zu tragen. Ohnehin bezweifle „der Rest der Welt“, insbesondere freilich die gesamte betroffene Industrie, die Studie, die den Schweden als Grundlage für ihren Antrag dient und durch deren Ergebnisse sie gesundheitliche Gefahren für Umwelt, Beschäftigte und Verbraucher sehen.

Laut Grohmann habe man sich nun auf EU-Ebene darauf geeinigt, dass zunächst eine weitere, Industrie-übergreifende, Studie in Auftrag gegeben werde. „Und die läuft momentan. Bis Ergebnisse vorliegen, kann es bis zu anderthalb Jahren dauern. Momentan sind wir noch entspannt.“

Gruppenbild der europäischen Uhren-Delegation nach ihrem zweitätigen Fachtreffen in Furtwangen/Schwarzwald (von links): Maurice Altermatt (Schweiz), Dr Guido Grohmann (Deutschland), Mario Peserico (Italien), Jean-Daniel Pasche (Schweiz), Claude Vuillemez (Schweiz), Agnes Besnard (Frankreich), Pierre Burgun (Frankreich) und Patrice Besnard (Frankreich). ©DorisLöffler

Gute Auftragslage für Schmuck und Uhren

Zu den weiteren Themen gehörten unter anderem die Auswirkungen von Corona. Hier haben die Branchenvertreter frohe Kunde: „Die Firmen der Uhrenindustrie sind momentan sehr zufrieden mit der Auftragsentwicklung“, sagt Grohmann. Im Schmuckbereich laufe es sogar noch besser. „Es geht in die richtige Richtung.“

Spürbar sei der fehlende Tourismus an den Flughäfen, auf die vor allem die Uhrenindustrie fokussiert sei. Dort hätte die Branche vor der Pandemie „bombastische Geschäfte“ getätigt. Stichwort: Zielgruppe reisende Chinesen. Allerdings beträfe dies vor allem die großen Firmengruppen und Uhrenmarken.

Derweil spürt die Branche dem Hauptgeschäftsführer zufolge auch den Corona-bedingten Ausfall im heimischen Städtetourismus mit deutscher Kundschaft: „Da wird normalerweise ein gehöriges Einkaufsvolumen generiert.“ Speziell hier sei zum Stand vor Covid noch Aufholbedarf.

Konsumenten kaufen Hochwertiges

Nichtsdestotrotz: „Wir sind allgemein mit den Produkten, die über einen Juwelier verkauft werden, momentan in Deutschland und Europa sehr zufrieden.“ Nicht genug, laut Grohmann „muss man klar sagen, dass der Durchschnittspreis des Kassenzettels sogar deutlich über dem Wert liegt, den wir vor Corona hatten.“ Der Grund: Die Konsumenten würden gezielter und hochwertiger kaufen.

Haben auch die europäischen Uhrenhersteller mit Zulieferproblemen zu kämpfen? „Ja, wir kommen jetzt in diesen Bereich, weil enorm viel Ware bestellt wird“, sagt der Hauptgeschäftsführer. Einen möglichen Engpass sieht er mehr noch in der Schmuck- denn in der Uhrenindustrie. Insbesondere die Scheideanstalten „arbeiten an den Kapazitätsgrenzen“. Vor allem bei den Basis-Zulieferteilen – das könne bei Uhren ein Gehäuseteil, bei Schmuck ein Draht sein – „gibt es Wartezeiten, aber es ist nicht so, dass die Lieferkette komplett unterbrochen ist“.

Keine Geschenke unterm Weihnachtsbaum?

Wird also unter manchem Weihnachtsbaum dieses Jahr aufgrund von Lieferschwierigkeiten kein Schmuckstück oder keine Uhr liegen? „Ganz klares nein“, bekräftigt Grohmann. „Wir arbeiten unter Hochleistung, um zu gewährleisten, dass alles rechtzeitig ausgeliefert werden kann.“ Momentan sei ein Engpass für das Weihnachtsgeschäft nicht absehbar.


Zum Rahmenprogramm des Jahrestreffens der europäischen Uhren-Verbände gehörte ein Besuch im Deutschen Uhrenmuseum Furtwangen/Schwarzwald. ©DorisLöffler

Jahrestreffen der Uhren-Verbände

Einmal im Jahre kommen die Spitzenvertreter der Uhrenverbände CPHE und EUROTempus zu einem Gedankenaustausch zusammen. Die Organisation und der Veranstaltungsort wechseln. 2021 war der Bundesverband Schmuck + Uhren (BVSU) mit Sitz in Pforzheim für die Ausrichtung des Treffens zuständig. Nach Glashütte und Pforzheim in den vergangenen Jahren wählte der BVSU dieses Mal die historische Uhrenstadt Furtwangen im Schwarzwald als Treffpunkt mit den Vertretern aus Italien, der Schweiz und Frankreich.

Unter anderem stand ein Besuch im Deutschen Uhrenmuseum Furtwangen sowie eine Fahrt nach Triberg, Sitz der weltgrößten Kuckucksuhr und der Wasserfälle auf dem Begleitprogramm.

Die nächste Sitzung der europäischen Uhrenverbände wird im Juni 2022 von den Franzosen ausgerichtet. Der Veranstaltungsort ist noch nicht bestimmt.

 (gel)

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