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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Im Friseursalon müssen Verbraucher tiefer in die Tasche greifen – Insolvenzen in deutscher Wirtschaft laut Statistik vorerst niedriger als befürchtet

Die wirtschaftliche Not vieler Unternehmen durch die Corona-Krise spiegelt sich nicht durch einen eigentlich erwarteten Anstieg der gemeldeten Unternehmensinsolvenzen wider. Im Gegenteil: Gegenüber dem Vorjahreszeitraum sind die Zahlen sogar niedriger. Unterdessen sind Friseurleistungen teurer geworden. Das hat Gründe.
Nach einem Rückgang der Insolvenzzahlen in 2020 werden diese nach Schätzungen von 2021 an deutlich steigen. ©UlrikeLeone/Composing_GerdLache

Von Gerd Lache | 14.02.2021

Für Damenfriseurdienstleistungen zahlten private Haushalte im Jahr 2019 im Durchschnitt 12 Euro pro Monat und damit viermal mehr als für Herrenfriseurdienstleistungen (3 Euro).
Aus einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis)

Das meldet das in Wiesbaden ansäßige Statistische Bundesamt (destatis) mit Hinweis auf die jüngste Erhebung im November 2020. Als einen Grund für die unerwartet niedrige Insolvenzzahl nennen die Bundesstatistiker das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen, die bis zum 31. Dezember 2020 ausgesetzt war. Die bereits ab Oktober 2020 wieder geltende Insolvenzantragspflicht für zahlungsunfähige Unternehmen werde unter anderem aufgrund der längeren Bearbeitungszeit durch die Gerichte erst später Auswirkungen auf die Zahlen haben.

Ausgesetzt ist die Insolvenzantragspflicht weiterhin für jene Unternehmen, bei denen die Auszahlung der seit dem 1. November 2020 vorgesehenen staatlichen Hilfeleistungen noch aussteht. 

Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im November 2020 im Baugewerbe mit 162 Fällen (November 2019: 212). Unternehmen des Wirtschaftsbereichs Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) stellten 154 Insolvenzanträge (November 2019: 218). Im Gastgewerbe wurden 131 (November 2019: 158) Insolvenzanträge gemeldet. 

Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus beantragten Unternehmensinsolvenzen im November 2020 beliefen sich auf knapp 1,4 Milliarden Euro. Im November 2019 hatten sie noch bei rund 3,4 Milliarden Euro gelegen. 

Überdurchschnittlich hohe Umsatzrückgänge im Friseurhandwerk

Dem Friseurhandwerk in Deutschland, das von 1. März 2021 an nach gut zehn umsatzlosen Wochen wieder öffnen darf, habe der erste Lockdown laut Destatis im Frühjahr 2020 im Vergleich mit anderen zulassungspflichtigen Handwerken besonders stark zugesetzt. Demnach wirkte sich bereits im 1. Quartal 2020 der Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie auf die Umsätze im Friseurhandwerk aus: Sie gingen um 9,2 % gegenüber dem 1. Quartal 2019 zurück. Im 2. Quartal 2020 erwirtschafteten die Friseurunternehmen nach vorläufigen Ergebnissen sogar 24,8 % weniger als im Vorjahresquartal. Im 3. Quartal (Juli bis September) 2020 verzeichneten die Friseurunternehmen nach vorläufigen Ergebnissen schließlich einen Umsatzrückgang von 1,2 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 

Höhere Ausgaben für Hygieneschutz und Anhebung des Mindestlohns

Den zusätzlichen Aufwand der Friseurbetriebe für Hygiene und Infektionsschutz bekamen seit Mai 2020 auch die Verbraucherinnen und Verbraucher zu spüren. Sie mussten im Anschluss an den ersten Lockdown im Mai 2020 für Friseurdienstleistungen 5,4 % mehr bezahlen als im Vorjahresmonat. Im September 2020 lagen die Preise für Haarschnitte und Co. um 6,3 % über denen des Vorjahresmonats – trotz des zum 1. Juli 2020 gesunkenen Mehrwertsteuersatzes. Zum Vergleich: Die Verbraucherpreise insgesamt lagen im September 2020 um 0,2 % unter denen des Vorjahresmonats.

Ein weiterer Grund für die Preissteigerungen im Friseurhandwerk dürfte den Statistikern zufolge unter anderem auch der Anstieg der Mindestlöhne im Januar 2020 sein – neben dem bereits erwähnten gestiegenen Nebenkosten zur Umsetzung strengerer Hygieneauflagen .

Beschäftigtenzahl nahm deutlich ab

Die Folgen der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zeigen sich auch in den Beschäftigtenzahlen der Friseurunternehmen: In den ersten drei Quartalen 2020 sank die Zahl der Beschäftigten im Friseurhandwerk laut Destatis um 4,3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Vor allem im 3. Quartal 2020 nahm die Beschäftigtenzahl deutlich ab: Es waren 5,8 % weniger Beschäftigte im Friseurhandwerk tätig als noch im 3. Quartal 2019.

©Kalhh/GerdLache

Sparkassenverband sieht das Schlimmste erst noch kommen

Unterdessen erwartet der Sparkassenverband Baden-Württemberg ab 2021 erheblich negative Auswirkungen der Corona-Folge. Bisher hätten sich die Firmenkunden des Instituts gut durch die Krise lavieren können. Aber, sagt Sparkassenpräsident Peter Schneider: „Da kommt noch was.“

Mehr zu den Ausführungen des Sparkassenverband-Präsidenten (inklusive Video) im WirtschaftsKraft-Beitrag unter folgendem Link:

https://wirtschaftskraft.de/artikel/skurrile-entwicklung-in-der-pandemie-die-einen-schlittern-in-den-finanziellen-ruin-waehrend-andere-nicht-wissen-nicht-wohin-mit-dem-geld


Verbraucher-Insolvenzen zunächst rückläufig

Neben den Unternehmensinsolvenzen meldeten insgesamt 3282 übrige Schuldner im November 2020 Insolvenz an. Das waren laut Destatis 51,0 % weniger als im Vorjahresmonat. Darunter waren 2214 Insolvenzanträge von Verbraucherinnen und Verbrauchern (-53,8 %) sowie 774 Insolvenzanträge von ehemals selbstständig Tätigen (-50,1 %).

Der deutliche Rückgang an Insolvenzanträgen von Verbraucherinnen und Verbrauchern hat sich den Bundesstatistikern zufolge bereits seit Juli angedeutet und ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass Ende 2020 ein Gesetz zur schrittweisen Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre beschlossen wurde. Die Neuregelung gilt bereits für ab dem 1. Oktober 2020 beantragte Verbraucherinsolvenzverfahren und ermöglicht Verbraucherinnen und Verbrauchern einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang im Anschluss an ein Insolvenzverfahren. Es ist davon auszugehen, dass deshalb nun nach und nach viele überschuldete Privatpersonen ihren Insolvenzantrag stellen werden.  pm/gel

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