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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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It’s a match! Der HR-Talk mit Julia Kraft, Leiterin HR WACKENHUT

Es geht darum, den Funken zu spüren, der den Unterschied macht. "Der oder die BewerberIn muss einfach richtig Bock und Leidenschaft für die Stelle zeigen. Dann sieht man auch über einige vermeintliche Schwächen hinweg", sagt Julika Kraft, Leiterin der HR-Abteilung bei Wackenhut. In unserem neuen HR-Talk auf WirtschaftsKraft, sprechen wir mit erfahrenen PersonalerInnen, um herauszufinden, worauf sie wirklich achten.
Julia Kraft, Leitung HR bei der Wackenhut GmbH & Co. KG im Gespräch mit WirtschaftsKraft. Foto: Wackenhut GmbH & Co. KG, Tatjana Fauth, Grafik Mirjam Müller

13.07.2023

"Der 'PERFECT DRIVE' beginnt bei uns im Recruiting."
Julia Kraft, Leiterin HR, Wackenhut GmbH & Co. KG

Julia Kraft ist 34 Jahre jung und stolze Mutter einer zweieinhalbjährigen Tochter. Seit 2015 ist sie bei der Wackenhut GmbH & Co. KG beschäftigt und hat nach ihrer Elternzeit im Januar 2022 die Leitung der HR-Abteilung übernommen. Seither ist sie die Drehscheibe zwischen Führungskräften, Personalverantwortlichen und Mitarbeitenden. Das Muttersein hat Julia Kraft bewusst gemacht, dass die Herausforderungen des Elternseins auch in einer beruflichen Führungsposition gefragt sind. Dazu zählen effektives Zeitmanagement, Belastbarkeit, Empathie, Konfliktlösungsfähigkeiten und Leidenschaft. Die wahre Essenz einer Bewerbung liegt für sie in der Leidenschaft, denn fachliches Wissen kann man sich auch aneignen.

Wie perfekt oder außergewöhnlich muss ein Bewerbungsschreiben sein?

Julia Kraft: Das kommt etwas auf die jeweilige Stelle an. Bei kaufmännischen Stellen sollten die Bewerbungsunterlagen richtig und vollständig sein. Sollten Zeugnisse o.ä. fehlen, ist das für mich aber absolut kein Grund, jemanden nicht zu einem Gespräch einzuladen. Im Bereich Marketing bspw. darf eine Bewerbung aber auch gerne etwas außergewöhnlicher sein, um aufzufallen.

Vor allem im gewerblichen Bereich möchten wir die Hürde, sich zu bewerben, so niedrig wie möglich halten. Für manche Bewerber ist es absoluter Stressfaktor, ein Anschreiben oder Lebenslauf verfassen zu müssen. Daher möchten wir durch eine einfache Kontaktaufnahme direkt mit dem Bewerber ins Gespräch gehen, persönlich oder telefonisch.

Worauf achten Sie beim Vorstellungsgespräch besonders?

Julia Kraft: Ich achte auf ganz einfache Dinge, das fängt schon bei der Pünktlichkeit oder einem gepflegten Erscheinungsbild an.

Aber auch die Umgangsformen, ein fester Händedruck und eine sympathische Ausstrahlung sind die Halbe Miete und ein klasse Einstieg in ein gutes Gespräch. Beim Gespräch an sich ist mir egal, ob sich jemand verhaspelt, weil er aufgeregt ist oder sein Lebenslauf nicht 100 % zu der Stelle passt. Mir ist wichtig, ob der/die BewerberIn wirklich Lust hat, genau bei WACKENHUT zu arbeiten, und nicht bei einem x-beliebigen Unternehmen. Er/Sie muss einfach richtig Bock und Leidenschaft für die Stelle zeigen.  Und dann sieht man auch über einige vermeintliche Schwächen hinweg.

Welche Antwort eines/ einer BewerberIn hat Sie am meisten überrascht?

Julia Kraft: Das war leider die Antwort eines Auszubildenden. Er hatte sich auf die Ausbildungsstelle zum Automobilkaufmann beworben und Leidenschaft fürs „Schrauben am Fahrzeug“ gezeigt. Klingt erstmal perfekt – auf meine Frage, warum er sich dann für die Ausbildung als Automobilkaufmann und nicht als Kfz-Mechaniker beworben hat, kam die Antwort: Ich möchte mir nicht die Hände schmutzig machen. Für mich ein absolutes No-Go, ist doch für uns als Mobilitätsdienstleister der Service für unsere Kunden das Wichtigste in unserem Tun.

Warum ist ein Bewerbungsgespräch keine Einbahnstraße?

Julia Kraft: Heute bewirbt sich nicht mehr nur der/die BewerberIn beim Unternehmen, sondern das Unternehmen bei dem/der BewerberIn. Es ist daher wichtig, dass vor einer Einstellung beide Seiten offen darlegen, was sie sich vom Gegenüber wünschen und erwarten. BewerberInnen haben heute die Auswahl an verschiedenen Stellen, daher ist Offenheit und Transparenz umso wichtiger. Nur so kann es auch langfristig zu einem Match kommen.

Stellen Sie manchmal auch gezielt Fang- oder Stressfragen?

Julia Kraft: Ich halte nichts davon, BewerberInnen, für die ein Bewerbungsgespräch meist schon eine Stresssituation ist, durch Fang- oder Stressfragen noch mehr zu verunsichern. Beim Bewerbungsgespräch sollte es sich um ein Gespräch auf Augenhöhe handeln, in einer angenehmen Gesprächsatmosphäre, wo auch gerne gelacht werden darf.  Das heißt natürlich nicht, dass ich nicht auch kritische Fragen stelle, aber nicht um jemanden absichtlich aus der Reserve zu locken.

Wann leuchtet bei Ihnen im Kopf die rote Warnlampe?

Julia Kraft: Wenn ich den Eindruck habe, dass ein/e BewerberIn nicht offen zu mir ist oder etwas zu verbergen hat, habe ich meist schon kein gutes Gefühl und vertraue dann auch auf meinen Instinkt. So kann meiner Meinung nach keine vertrauensvolle Zusammenarbeit starten. Oftmals ist auch ein Lebenslauf, der geprägt ist von Unternehmenswechseln ein Hinweis, auf eine/n wenig loyale/n oder unzuverlässige/n MitarbeiterIn. Hier schaue ich dann genauer hin.

Wann ist es ein Match?

Julia Kraft: Ein Match ist für es für mich dann, wenn mein Bauchgefühl mir sagt, dass der/die BewerberIn zu unserer Kultur passt. Fachliche Kenntnisse spielen dabei eine untergeordnete Rolle – fachlich kann man alles lernen, wenn man denn nur will. Stimmt das Mindset des Bewerbers, kommt der Rest von ganz alleine.

Manchmal passt es einfach nicht. Wieviel Zeit nehmen Sie sich für eine Absage?

Julia Kraft: Aufgrund der Vielzahl an Bewerbungen, können wir uns nicht für jede Absage die Zeit nehmen, die sie verdient hätte. Wir arbeiten hier, wie die meisten Unternehmen, mit einer Vorlage. Kommt es allerdings zu einer Absage eines Bewerbers, mit dem ich oder einer der Leitenden aus den Fachbereichen bereits mehrfach in Kontakt standen durch Telefonate oder Bewerbungsgesprächen, nehmen wir uns auch die Zeit, telefonisch abzusagen. So viel Zeit und Wertschätzung möchten wir uns dann nehmen.

Welche Rolle spielen Zeugnisse wirklich?

Julia Kraft: Ich lege auf Schul-/Abschlusszeugnisse nicht viel wert. Ich finde es zu kurz gedacht, jemanden nur aufgrund seiner schulischen Leistung zu bewerten, die oftmals zu weit weg von der beruflichen Praxis liegt. Auch aus den Arbeitszeugnissen kann man oft nichts herauslesen, da diese wohlwollend formuliert sind. Mich interessiert immer viel mehr der Mensch, der hinter den Zeugnissen steckt und mache mir mein eigenes Bild von ihnen.

Würden Sie sich als Bewerberin gerne sich selbst gegenüber sitzen?

Julia Kraft: Ja absolut. Mir ist die angenehme Gesprächsatmosphäre sehr wichtig und ich hoffe auch, dass der/die BewerberIn sich wohlfühlt und positiv aus dem Gespräch rausgeht. Ich repräsentiere in diesen Gesprächen unsere Firma und unsere Unternehmenskultur, die auf einem wertschätzenden Miteinander basiert.

Welche Rolle spielt Social Media im Recruiting?

Julia Kraft: Für uns spielt Social Media Recruiting eine sehr große Rolle. Die Zielgruppen, die wir erreichen möchten, treffen wir genau über diese Kanäle. Hier ist dann natürlich eine einfache Handhabung und eine schnelle Reaktionsfähigkeit gefragt. Der/die BewerberIn soll von der Couch aus so schnell und einfach wie möglich seine Kontaktdaten hinterlassen. Die Hürde und der Aufwand, seine Daten zu hinterlassen, muss dabei so gering wie möglich sein. Und ebenfalls wichtig ist dann die Reaktionszeit unsererseits. Wir lösen dies mit einem Anruf spätestens am nächsten Arbeitstag.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen im Recruiting?

Julia Kraft: Die größte Herausforderung ist klar der bekannte Fachkräftemangel. Die Talente sind rar und haben meist eine große Auswahl an Unternehmen. Hier können wir nur daran arbeiten, WACKENHUT weiter als starke Arbeitgebermarke zu etablieren, die nicht nur nach außen vermarktet wird, sondern fest in unserer Unternehmenskultur verankert ist. Auch die Bedürfnisse der Bewerber haben sich verändert und auf diese Bedürfnisse wollen wir eine Antwort finden. Das fängt im einfachen, digitalen Bewerbungsprozess an und geht mit ansprechenden Benefits und Arbeitsbedingungen weiter. Wir haben eine Generation, denen die Welt offen steht und die sich überall bewerben können. Die Loyalität und die Bindung an ein Unternehmen sind leider nicht mehr so stark und die neue Generation ist wesentlich anspruchsvoller in ihrem Aufgabenbereich und wechselwilliger beim Arbeitgeber

Die Fragen stellte Tanja Meckler.

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