Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
10.07.2023
In unserer brandneuen Interviewreihe auf WirtschaftsKraft, dem HR-Talk, dreht alles um das Gespräch der Gespräche: dem Vorstellungsgespräch. Wir sprechen mit erfahrenen PersonalerInnen, um herauszufinden, worauf sie wirklich achten und welche Rolle Zeugnisse, Social Media und die berühmte „rote Warnlampe“ im modernen Recruiting spielen.
Simone Schrön ist 39 Jahre alt und seit 2018 Personalleiterin bei der Börlind GmbH. In ihrem sechs-köpfigen Team steht Recruiting, Onboarding und Retention ganz oben auf der Agenda. Dabei gilt: „Ein Match im Recruiting kann es nur geben, wenn beide Seiten aktiv ‚Ja‘ zueinander sagen. Dafür braucht es möglichst viel Klarheit auf beiden Seiten, was von der anderen Seite erwartet und geleistet werden kann.“ So kommt es zu einem nachhaltigen Match – oder eben nicht.
Wie perfekt oder außergewöhnlich muss ein Bewerbungsschreiben sein?
Das kommt ganz darauf an, auf welche Rolle eine Bewerbung eingeht. Bewirbt man sich als TexterIn oder im Bereich Communications, sollte man natürlich durch sprachliche Kompetenz überzeugen. Von einem Marketier werde ich gerne optisch in der Präsentation überrascht. Bei einer Bewerbung für den Logistik- oder Produktionsbereich hingegen, lege ich keinen Wert auf perfekte Rechtschreibung oder grafischen Highlights.
Worauf achten Sie beim Vorstellungsgespräch besonders?
Ich möchte Einblicke in die Persönlichkeit des Bewerbenden gewinnen und am Ende ein gutes Gefühl, dass diese Person zu uns passt. Schließlich arbeitet man viele Stunden jeden Tag zusammen. Da sollte man auf jeden Fall Lust auf die Zusammenarbeit haben.
Welche Antwort eines/ einer BewerberIn hat Sie am meisten überrascht?
Das ist schwer zu sagen. Eigentlich überraschen mich eher Fragen, die an uns gestellt werden und uns selbst zum Nachdenken bringen. Das ist dann immer eine sehr bereichernde Erfahrung.
Warum ist ein Bewerbungsgespräch keine Einbahnstraße?
Wenn ein Bewerbungsgespräch ein Dialog ist, bei dem beide Seiten gleichwertig Informationen teilen und bekommen, dann ist das die beste Basis für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Stellen Sie manchmal auch gezielt Fang- oder Stressfragen?
Fangfragen nein. Stressfragen nur, wenn mich jemand durch Überheblichkeit provoziert. Das kommt sehr selten vor zum Glück.
Wann leuchtet bei Ihnen im Kopf die rote Warnlampe?
Wenn jemand nicht über sich selbst erzählt, sondern nur vermeintliche gute Standardantworten aus dem Internet repliziert. Dann weiß ich auch nach einer Stunde Gespräch nicht, welcher Mensch mir gegenübersitzt.
Wann ist es ein Match?
Wenn der Funke übergesprungen ist und beide Seiten sagen: ja – das passt. Im besten Fall sogar, wenn beide Seiten sagen: Ich muss nicht, aber ich will!
Manchmal passt es einfach nicht. Wieviel Zeit nehmen Sie sich für eine Absage?
Wir haben den Anspruch, dass jede:r, der im Gespräch bei uns war auch eine persönliche Absage per Telefon bekommt. Das schaffen wir eigentlich auch immer. Und dann liegt es auch am Gegenüber, wie lange so ein Gespräch dauert und was noch reflektiert werden kann.
Welche Rolle spielen Zeugnisse wirklich?
Sie können bestätigen, welche Aufgaben in welchem Zeitraum gemacht wurden. Die Bewertungen sind leider inzwischen wenig aussagekräftig.
Würden Sie sich als Bewerberin gerne sich selbst gegenüber sitzen?
Spannende Frage… was würde ich da wohl Neues über mich erfahren? Aber Spaß bei Seite. Ich glaube, dass Interviews mit mir eher als interessantes Gespräch und nicht als Stresssituation wahrgenommen werden. Daher ja, würde ich mir das auch für mich als Bewerberin wünschen.
Welche Rolle spielt Social Media im Recruiting?
Eine sehr große und immer wichtigere Rolle! Wir müssen als Arbeitgeber in Social Media präsent sein und dort die KandidatInnen auf uns aufmerksam machen, die nicht aktiv suchen. Im besten Fall folgt uns jemand schon eine Weile auf Instagram oder LinkedIn bis dann die Zeit für ihn oder sie kommt, sich zu uns hinzuentwickeln. Dann ist die Vorfreude schon viel größer.
Was sind aktuell die größten Herausforderungen im Recruiting?
Die Zeit und die Masse. Wer sich bewirbt, der möchte schnell eine Antwort und nächste Schritte. Gleichzeitig sind viele bereit sich zu bewerben, obwohl sie vielleicht gar nicht wechselwillig sind. Frei nach dem Motto: mal schauen, wie weit ich komme und was die bieten. Dann sagen sie aber doch nicht zu. Dadurch führen wir viel mehr Gespräche als früher, um einen finalen Match zu bekommen. Und das reduziert wieder die Zeit, die wir für eine schnelle und ausgezeichnete Candidate Experience aufbringen können.
Die Fragen stellte Tanja Meckler.
10.07.2023
In unserer brandneuen Interviewreihe auf WirtschaftsKraft, dem HR-Talk, dreht alles um das Gespräch der Gespräche: dem Vorstellungsgespräch. Wir sprechen mit erfahrenen PersonalerInnen, um herauszufinden, worauf sie wirklich achten und welche Rolle Zeugnisse, Social Media und die berühmte „rote Warnlampe“ im modernen Recruiting spielen.
Simone Schrön ist 39 Jahre alt und seit 2018 Personalleiterin bei der Börlind GmbH. In ihrem sechs-köpfigen Team steht Recruiting, Onboarding und Retention ganz oben auf der Agenda. Dabei gilt: „Ein Match im Recruiting kann es nur geben, wenn beide Seiten aktiv ‚Ja‘ zueinander sagen. Dafür braucht es möglichst viel Klarheit auf beiden Seiten, was von der anderen Seite erwartet und geleistet werden kann.“ So kommt es zu einem nachhaltigen Match – oder eben nicht.
Wie perfekt oder außergewöhnlich muss ein Bewerbungsschreiben sein?
Das kommt ganz darauf an, auf welche Rolle eine Bewerbung eingeht. Bewirbt man sich als TexterIn oder im Bereich Communications, sollte man natürlich durch sprachliche Kompetenz überzeugen. Von einem Marketier werde ich gerne optisch in der Präsentation überrascht. Bei einer Bewerbung für den Logistik- oder Produktionsbereich hingegen, lege ich keinen Wert auf perfekte Rechtschreibung oder grafischen Highlights.
Worauf achten Sie beim Vorstellungsgespräch besonders?
Ich möchte Einblicke in die Persönlichkeit des Bewerbenden gewinnen und am Ende ein gutes Gefühl, dass diese Person zu uns passt. Schließlich arbeitet man viele Stunden jeden Tag zusammen. Da sollte man auf jeden Fall Lust auf die Zusammenarbeit haben.
Welche Antwort eines/ einer BewerberIn hat Sie am meisten überrascht?
Das ist schwer zu sagen. Eigentlich überraschen mich eher Fragen, die an uns gestellt werden und uns selbst zum Nachdenken bringen. Das ist dann immer eine sehr bereichernde Erfahrung.
Warum ist ein Bewerbungsgespräch keine Einbahnstraße?
Wenn ein Bewerbungsgespräch ein Dialog ist, bei dem beide Seiten gleichwertig Informationen teilen und bekommen, dann ist das die beste Basis für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Stellen Sie manchmal auch gezielt Fang- oder Stressfragen?
Fangfragen nein. Stressfragen nur, wenn mich jemand durch Überheblichkeit provoziert. Das kommt sehr selten vor zum Glück.
Wann leuchtet bei Ihnen im Kopf die rote Warnlampe?
Wenn jemand nicht über sich selbst erzählt, sondern nur vermeintliche gute Standardantworten aus dem Internet repliziert. Dann weiß ich auch nach einer Stunde Gespräch nicht, welcher Mensch mir gegenübersitzt.
Wann ist es ein Match?
Wenn der Funke übergesprungen ist und beide Seiten sagen: ja – das passt. Im besten Fall sogar, wenn beide Seiten sagen: Ich muss nicht, aber ich will!
Manchmal passt es einfach nicht. Wieviel Zeit nehmen Sie sich für eine Absage?
Wir haben den Anspruch, dass jede:r, der im Gespräch bei uns war auch eine persönliche Absage per Telefon bekommt. Das schaffen wir eigentlich auch immer. Und dann liegt es auch am Gegenüber, wie lange so ein Gespräch dauert und was noch reflektiert werden kann.
Welche Rolle spielen Zeugnisse wirklich?
Sie können bestätigen, welche Aufgaben in welchem Zeitraum gemacht wurden. Die Bewertungen sind leider inzwischen wenig aussagekräftig.
Würden Sie sich als Bewerberin gerne sich selbst gegenüber sitzen?
Spannende Frage… was würde ich da wohl Neues über mich erfahren? Aber Spaß bei Seite. Ich glaube, dass Interviews mit mir eher als interessantes Gespräch und nicht als Stresssituation wahrgenommen werden. Daher ja, würde ich mir das auch für mich als Bewerberin wünschen.
Welche Rolle spielt Social Media im Recruiting?
Eine sehr große und immer wichtigere Rolle! Wir müssen als Arbeitgeber in Social Media präsent sein und dort die KandidatInnen auf uns aufmerksam machen, die nicht aktiv suchen. Im besten Fall folgt uns jemand schon eine Weile auf Instagram oder LinkedIn bis dann die Zeit für ihn oder sie kommt, sich zu uns hinzuentwickeln. Dann ist die Vorfreude schon viel größer.
Was sind aktuell die größten Herausforderungen im Recruiting?
Die Zeit und die Masse. Wer sich bewirbt, der möchte schnell eine Antwort und nächste Schritte. Gleichzeitig sind viele bereit sich zu bewerben, obwohl sie vielleicht gar nicht wechselwillig sind. Frei nach dem Motto: mal schauen, wie weit ich komme und was die bieten. Dann sagen sie aber doch nicht zu. Dadurch führen wir viel mehr Gespräche als früher, um einen finalen Match zu bekommen. Und das reduziert wieder die Zeit, die wir für eine schnelle und ausgezeichnete Candidate Experience aufbringen können.
Die Fragen stellte Tanja Meckler.
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