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Wirtschaftskraft ist in der Tat ein „Plus“ – ein Mehr an Themen, an Hintergründen und an Aktualität. Mit dieser Plattform wird die wirtschaftliche Kompetenz des Standortes Pforzheim medial begleitet und weit in die Region getragen.

Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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FDP-Generalsekretär zu Gast in Pforzheim: Die lange Wunschliste der Wissenschaft

Pforzheim. Wenn die Berliner Politikprominenz schon mal da ist, wollen alle ihre Botschaft loswerden. So erging es FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, als er vergangene Woche auf Einladung des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP) den hiesigen Bundestagsabgeordneten Rainer Semet (FDP) zum Zentrum für Präzisionstechnik (ZPT) an der Hochschule Pforzheim begleitete.
Pierre Kubelka (vorne rechts), Doktorand am Institut für strategische Technologie- und Edelmetalle, führt eine Besichtigung des Prüflabors am ZPT in Pforzheim durch. Ihm zur Seite stehen (vlnr) der FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, der FDP-Bundestagsabgeordnete Rainer Semet und Wirtschaftsförderer Markus Epple (WSP). Foto: Röhr, Pforzheimer Zeitung

27.07.2023

von Katharina Lindt, Pforzheimer Zeitung

So könnte das Recycling von Seltene-Erden-Magneten aus Elektroschrott steuerfrei sein, schlagen Forscher am ZPT vor. Diese Magnete sind wichtig für die Energiewende, weil sie etwa in Windrädern oder in Elektrobauteilen verbaut werden. Doch Seltene Erden kommen zu 95 Prozent aus China. Zudem konkurriert das Land mit billiger Arbeitskraft und hohen Subventionen. Mit recycelten Magneten könnte sich Europa also unabhängiger machen – dafür müsste die Politik aber gegensteuern.

Hier wird an der industriellen Produktion der Zukunft geforscht: Professor Rainer Drath (links) zeigt im „Engineerium“ auf dem Hochschulcampus, was die Ingenieurwissenschaft braucht. Foto: Röhr, Pforzheimer Zeitung

Auch bei Start-ups, die im Innovationszentrum zur Miete sind, drückt der Schuh: MetShape, ein aus der Hochschule Pforzheim ausgegründeter Produktionsdienstleister für additive Fertigung von hochpräzisen Metallteilen, ist auf der Suche nach Risikokapital. Doch seit die Zinsen rasant gestiegen sind, herrschen schwierige Zeiten für Gründer.

„Der Markt ist praktisch tot.“

Andreas Baum, CEO MetShape

Die Investoren würden entweder ihre Projekte verschieben oder voll auf sogenannte Unicorns (Deutsch: Einhörner) setzen. Im Fachjargon sind das Start-ups, die eine Marktbewertung von mindestens einer Milliarde US-Dollar überschreiten. „Wir sind aber ein solides Technologie-Unternehmen.“ MetShape zielt vor allem auf den Medizintechnik-Markt ab. „Wir haben die Voraussetzungen, in Serie zu gehen“, sagt Baum. Was noch fehle, sei die Marketingpower, um auf sich aufmerksam zu machen. Nun bewirbt sich MetShape auf Fördergelder des Staates für Start-ups in der Anlaufphase.

Ähnlich sieht es Professor Rainer Drath, der mit einem Team im „Engineerium“ auf dem Hochschulcampus die Zukunft der Automatisierungsplanung erforscht. „Welpenschutzgesetz“ lautet sein Vorschlag, den er Djir-Sarai und Semet mit auf den Weg gibt. Vielleicht finde es in Berlin Anklang, scherzt er in Anlehnung an das wohlklingende „Gute-Kita-Gesetz“. Es gehe im Grund um einen Schutzraum für Ideen und Unternehmungen, erklärt Draht. „Die jungen Menschen sind unglaublich innovativ und engagiert, sind aber von den vielen Verkehrsregeln erschlagen.“ Gemeint ist die Bürokratie – mit der nicht nur Konzerne kämpfen, sondern auch studentische Start-ups. Die USA machten vor, wie es gehen könnte. Dort erhielten Studierende nicht nur Freiraum für Unternehmertum, sondern auch gleich einen Investor an die Hand. Dafür hat Djir-Sarai Sympathien, wie der 47-Jährige sagt. Mal sehen, ob die Botschaften Früchte tragen.

Vier Fragen an Bijan Djir-Sarai, FDP-Generalsekretär

1. Herr Djir-Sarai, in der Bundesregierung jagt ein Streit den anderen. Was läuft eigentlich gut in der Koalition?

2. In Streitfragen setzt sich die FDP oft durch, in Umfragen kommt die Partei aber nicht richtig vom Fleck. Woran liegt’s?
Das sehe ich nicht so. Die Umfragewerte der FDP sind derzeit stabil über sieben Prozent. Ich bin davon überzeugt, dass wir bei der nächsten Bundestagswahl ganz klar zweistellig abschneiden werden. Das ist übrigens auch ein persönliches Ziel von mir.

3. Bei der SPD ist es die Mindestlohnerhöhung, bei den Grünen die Kindergrundsicherung. Welches Herzensprojekt der FDP wollen Sie in dieser Legislaturperiode noch durchbringen?
Für mich sind Fragen der Wirtschaftspolitik, aber auch der Finanzpolitik außerordentlich wichtig. Wir müssen Deutschland fit machen für die Zukunft. Das bedeutet gute Rahmenbedingungen – auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Auf der anderen Seite brauchen wir eine solide Finanzpolitik. Gerade in einer Situation, in der wir es auch im Euroraum mit der Inflation zu tun haben, ist eine solide Finanzpolitik ein Instrument, um die Inflation zu bekämpfen. Das ist für uns außerordentlich wichtig. Alles in Deutschland muss nachhaltig sein. Erstaunlicherweise wird aber oft vergessen, dass auch Finanzpolitik nachhaltig sein muss, also: keine Schulden, keine Belastungen auf Kosten von künftigen Generationen. Das ist etwas, was aus meiner Sicht außerordentlich wichtig ist. Das heißt: Wirtschaftspolitik, solide Finanzpolitik und Haushaltspolitik sind zentrale Themen, die auch in den nächsten Jahren in der Koalition berücksichtigt werden müssen.

4. Das Ehegattensplitting subventioniert ein Familienmodell, das heute vielfach als überkommen gilt. Warum verkämpft sich die FDP als liberale Partei dafür, anstatt das Geld Kindern zugutekommen zu lassen?
Wir haben schon im Koalitionsvertrag ganz klar verankert, dass wir Steuererhöhungen ausschließen. Ein Wegfall des Ehegattensplittings würde ganz klar massive Steuererhöhungen für die Mitte in unserem Land bedeuten. Das wollen wir nicht. Das deutsche Steuerrecht gibt die Option, Familien als eine wirtschaftliche Gemeinschaft zu betrachten. Deswegen können Ehepartner gemeinsam steuerlich veranlagt werden. Würde das wegfallen, wären das massive Steuererhöhungen – und das wollen wir nicht.

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