Zitat Autor
Wirtschaftskraft ist in der Tat ein „Plus“ – ein Mehr an Themen, an Hintergründen und an Aktualität. Mit dieser Plattform wird die wirtschaftliche Kompetenz des Standortes Pforzheim medial begleitet und weit in die Region getragen.

Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

Newsletter Anmeldung

+ monatliche Erscheinung
+ aktuelle Themen und wichtige Termine
+ neue Unternehmensportraits und Unternehmensprofile
Datenverarbeitungshinweis*

„Wir werden zukünftig noch besser darin sein, uns zum Wissen zu navigieren“

Interview mit Elliot Masie, amerikanischer E-Learning-Experte und Keynote-Speaker der LEARNTEC in Karlsruhe. Er verrät u.a., was er von ChatGPT hält, warum Mark Zuckerberg für das Metaverse ein Problem ist und was der Unterschied beim E-Learning zwischen deutschland und den USA ist.
Elliott Masie ist E-Learning-Vorreiter, Broadway-Produzent und ein international anerkannter Zukunftsforscher. Foto: Justin Patterson

26.04.2023

Elliott Masie ist E-Learning-Vorreiter, Broadway Produzent und ein international anerkannter Zukunftsforscher. Der US-Amerikaner wird auf der diesjährigen Jubiläumsausgabe der LEARNTEC als
Keynote-Speaker auftreten, zudem fungiert er als Schirmherr des
englischsprachigen Kongress-Strangs.

ChatGPT ist in aller Munde. Was finden Sie am interessantesten an dem Hype um KI-Chatbots?

Ich finde daran interessant, dass die Technik hinter der KI eigentlich nicht neu ist, sondern eher der Blick darauf in der öffentlichen Wahrnehmung. Egal, ob Google oder das chinesische Baidu, alle Suchmaschinen arbeiten mit KI. Aber ChatGPT hat die enormen Möglichkeiten von KI öffentlich sichtbar gemacht und bietet den Menschen eine verlockende und faszinierende Technologie. Dabei befinden wir uns erst im fünften Lebensjahr der Technologie. Wir reden also nicht einmal von einem Teenager. Umso erstaunlicher ist das Potenzial, das jetzt schon sichtbar wird.

Die LEARNTEC gibt es seit 1992, gerade feiert sie ihr 30-jähriges Jubiläum. Sie sind auch schon seit den 1990er Jahren als Experte tätig. Welche Entwicklung hat Sie seitdem am meisten überrascht?

Lernräume glichen lange Gotteshäusern, mit starren Lehrplänen und strenger Kontrolle von oben. Das hat sich sehr geändert. Ich erinnere mich noch daran, dass ich in den 1990ern für ein Schulungsprogramm mit einem großen Softwareunternehmen zusammengearbeitet habe. Das Lehrbuch hatte hunderte Seiten und sie gingen es 14 Tage lang Seite für Seite durch. Heute schult das Unternehmen seine Mitarbeitenden, indem sie Projekte bekommen, die zur Teamarbeit einladen. Die Lehrmaterialien sind interaktiv. Die Lernenden und ihre Lerngewohnheiten haben sich verändert und sind diverser geworden. Jetzt geht es nicht mehr um die Entwicklung von Lehrplänen oder die Wahl der Lernplattform, sondern vor allem darum, wie wir Technologien und Lernstrategien flexibler und individualisierter einsetzen können, um allen kurze, zielgerichtete Lernangebote zu machen.

Ein weiteres Thema auf der LEARNTEC ist das Metaverse. Der aktuelle mmb-Trendreport hat ermittelt, dass das Metaverse aktuell noch keinen Stellenwert bei deutschen Unternehmen hat. Wie stehen Sie zum Metaverse?

Es ist weise von den Deutschen, nicht allzu sehr auf das Metaverse zu bauen (lacht). Ich habe drei Probleme mit dem Metaverse. Erstens: Die meisten Menschen wollen bei der Arbeit nicht länger als ein paar Minuten eine VR-Brille tragen. Die nächste Version von dem, was wir Metaverse oder wie auch immer nennen, muss also ohne Brille auskommen, wenn es erfolgreich sein soll. Ich könnte mir gut vorstellen, dass holografische Projektionen oder Ähnliches die Brillen irgendwann ablösen. Das zweite Problem: Mark Zuckerberg. Er prägt das Metaversum stärker als jeder andere, er hat Facebook in Meta umbenannt. Das ist aus meiner Sicht ein Problem, da sich viele Unternehmen nicht an seine Marke und sein Ego in binden wollen. Das dritte Problem: Das Metaverse hat die Vorstellungskraft der Jüngsten nicht erobert. Die interessieren sich momentan eher für TikTok oder Instagram. Ohne die jüngeren Generationen hat Technologie aber keine Chance auf Erfolg. Ich denke, dass es irgendwann eine Art Metaversum geben wird, das aber nicht so genannt wird, in dem wir unsere Bildschirme und Smartphones dreidimensionaler nutzen.

Wie würden Sie den aktuellen Stand des E-Learnings in Deutschland bewerten?

Deutsche Unternehmen wenden E-Learning sehr strukturiert an. Auf einer Konferenz erzählte mir der Personalleiter eines deutschen Automobilherstellers, dass sie die Arbeitskräfte vor Ort mit einer Kombination aus E-Learning, VR und analogen Materialien schulen. Das hat mich beeindruckt. E-Learning wird in Deutschland vor allem in der beruflichen Bildung eingesetzt und weniger in der Schule, das ist in den USA anders. Ich würde auch sagen, dass die Universitäten in Deutschland gute Arbeit bei der Einführung und dem Ausbau von E-Learning geleistet haben. Jetzt wird es interessant sein zu sehen, ob sie sich auch einen Schritt weiter wagen und Dinge wie Augmented-Reality-Simulationen stärker integrieren.

Jetzt Newsletter abonnieren und von vielen Vorteilen profitieren!