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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Warum sich Vereinbarkeit von Beruf und Familie auszahlt

In stürmischen Zeiten braucht es mehr als nur gute Löhne, um qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickelt sich zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Das Transformationsnetzwerk (TraFoNetz) Nordschwarzwald lud gemeinsam mit Kooperationspartnern zur Fachtagung ins TurmQuartier der Sparkasse Pforzheim Calw. Dort informierten sich Teilnehmende über innovative Ansätze und Praxisbeispiele.
Das Organisationsteam und Referenten der Fachveranstaltung „Stürmische Zeiten“ mit (von links): Prof. Dr. Werner Hagstotz, Kerstin Weipert (TraFoNetz), Michael Kiesswetter, Ines Wolf-Vetter (Kontaktstelle Frau & Beruf), Veronika Burckardt (FamilyNet) sowie Annette Hanfstein und Halimatou Camara (beide Arbeitsagentur), Christine Laupp-Pötzsch (BBQ), Kinga Golomb (Landratsamt Enzkreis), Heidi Mundinac (Silvan Kiefer GmbH Dentallabor), Silke Harnapp (Handwerkskammer Karlsruhe), Sabine El Aidi (Jobcenter Pforzheim), Lea Niewerth (Stadt Pforzheim), Fabienne Kögel (Internationaler Bund Pforzheim), Rebekka Sanktjohanser (IHK Nordschwarzwald), Lidia Niestoruk (TraFoNetz), Jenny Gösche (Q-Prints&Service gGmbH). Foto:RobinDanielFrommer

Von Robin Daniel Frommer | 07.06.2025

Eine ausgewogene Balance zwischen Beruf und familiären Verpflichtungen ist am Arbeitsmarkt längst von zentraler Bedeutung. Gerade hochqualifizierte Arbeitskräfte legen auf eine exzellente Unternehmenskultur bei Führung und Zusammenarbeit größten Wert: Neben persönlicher Entwicklung suchen sie auch nach hoher – und an den unterschiedlichen Lebensphasen orientierter – Flexibilität sowie nach unbürokratischer Unterstützung bei Notfällen. Doch wie können Unternehmen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Praxis fördern? Und welche Vorteile ergeben sich aus einer erfolgreichen Umsetzung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, lud das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald, gemeinsam mit Kooperationspartnern zur Fachtagung „Stürmische Zeiten, schlummernde Fachkräfte, starke Ideen“ ins TurmQuartier der Sparkasse Pforzheim Calw.

Innovative Ansätze und Praxisbeispiele sowie Referate zum Thema „Stille Reserve“ und „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ bestimmten die Fachtagung im TurmQuartier Pforzheim. Foto: Robin Daniel Frommer

Jochen Protzer, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald GmbH (WFG), hatte bereits im Vorfeld der Tagung deutlich gemacht: „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein wichtiger Schlüssel zur Fachkräftesicherung und damit zur Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Sie sichert dem Einzelnen Zugang und Verbleib im Arbeitsmarkt und schafft für Betriebe notwendige Rahmenbedingungen für deren Zukunftssicherung“.

TraFoNetz-Projektmanagerin  Kerstin Weipert, moderierte die mehrteilige Fachtagung und begrüßte gemeinsam mit Annette Hanfstein (Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim) die rund 50 Gäste. Auch Repräsentanten folgender Kooperationspartner waren bei der Veranstaltung präsent: das Bildungswerk BBQ, die IHK Nordschwarzwald, die Handelskammer Karlsruhe, der Enzkreis und die Stadt Pforzheim sowie die Agentur Q mit IG Metall und Südwestmetall, außerdem die Kontaktstelle „Frau und Beruf“ Nordschwarzwald, „Q-Prints & Service“ Pforzheim und der Internationale Bund (IB).

Kerstin Weipert vom TraFoNetz-Team begrüßte die Gäste der Fachtagung. Foto:RobinDanielFrommer

Mit mehreren minutiösen Spielszenen sensibilisierten die Theater-Darsteller Jörg Bruckschen und Lydia Fuchs die Teilnehmenden unter anderem für die entscheidende Bedeutung von gelebter Firmenkultur und flexiblem Denken beim beruflichen Wiedereinstieg erfahrener Mitarbeiter.  

Die Keynote des Events gestaltete Michael Kiesswetter. Sein Impulsvortrag „Vereinbarkeit als Erfolgsfaktor für Unternehmen“ beleuchtete zunächst das aktuelle Rollenverständnis junger Männer und Frauen. „Familienaufgaben werden von den Paaren geteilt – und von beiden Eltern wird gleichzeitig die Verwirklichung im Beruf angestrebt“, machte Kiesswetter deutlich. Er ging auf die veränderten Rollenerwartungen ein und zeigte auf, wo Väter und Mütter am gleichen Strang ziehen, etwa bei der maximal mit den Kindern verbrachten Zeit und wo Unterschiede bestimmend sind, beispielsweise beim Erwerb des Familienunterhalts.

Gelebte Flexibilität in Unternehmen ist ein bedeutender Faktor für Mitarbeitende, erklärt Michael Kiesswetter in seiner Keynote. Foto:RobinDanielFrommer.

Auch die demographische Entwicklung bis 2030 präsentierte er. „Neben der Kinderbetreuung wird auch die Pflege von Angehörigen alle Familien betreffen – und Veränderung der  Arbeitsnachfrage werden Demographie, Technologie und Digitalisierung beeinflussen“, unterstrich er.

Die herausragende Bedeutung der in den Unternehmen gelebten Flexibilität machte er an mehreren Faktoren fest, die Arbeitnehmer auf die Frage antworteten, aus welchen Gründen sie ihren Arbeitgeber wechseln würden, 45 Prozent der Befragten nannten „unflexible Urlaubsplanung“ als wahrscheinlichen Wechselgrund, während nur 42 Prozent sich bei „Benachteiligungen am Arbeitsplatz“ anderweitig orientieren wollten. Er mahnte die Zuhörer: „Bleiben Sie in Kontakt mit Ihren Mitarbeitern!“ und nannte fünf elementare Faktoren der Vereinbarkeit von Beruf und Familie: „Unternehmenskultur, flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte, flexible Urlaubsplanung, Entwicklungsangebote und -möglichkeiten sowie Unterstützungsangebote.

Stellte die Potenzialanalyse zur „Stillen Reserve“ vor: Professor Dr. Werner Hagstotz. Foto:RobinDanielFrommer

Professor Dr. Werner Hagstotz (Marktforschungs-Institut Hagstotz ITM) präsentierte seine umfangreiche Potenzialstudie „Stille Reserve“, die den Arbeitsmarkt, die Unternehmensstruktur und den Fachkräftemangel im Nordschwarzwald im Jahr 2023 analysiert. Hierbei ging es vorrangig um das Konzept einer stillen Reserve an potentiellen Arbeitskräften, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, aber grundsätzlich dazu bereit wären.

Im Nordschwarzwald ergab die Potentialanalyse eine stille Reserve von insgesamt 22.300 Menschen, die er mittels einer ABC-Analyse klassifizierte. Im Nordschwarzwald stellen Frauen (im Alter von 25 bis 59 Jahren) mit 57 Prozent die zentrale Gruppe der stillen Reserve, „17 Prozent sind junge Erwachsene. 48 Prozent sind in der Familienphase und 35 Prozent sind 50-plus”, sagte Hagstotz und machte deutlich, wo nach seiner Erkenntnis die größten Potenziale für eine Aktivierung der stillen Reserve liegen – und welche Bedeutung einer Betreuung von Kindern zukommt. Das größte Potenzial und beste Chancen für eine Integration verortete Professor Hagstotz bei Frauen, die nach der Familienphase wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen wollen.

Zwei Best-Practice Beispiele aus der Region bildeten den fachlichen Abschluss der Tagung. Moderiert von Ines Wolf-Vetter, Leiterin der Kontaktstelle „Frau & Beruf Nordschwarzwald“, berichteten Veronika Burckardt von „FamilyNet“ und Heidi Mundinac vom Dentallabor Silvan Kiefer über Unternehmenskultur und ihre Praxiserfahrungen.


TraFoNetz unter dem Dach der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald ist ein Netzwerk für Transformation und Innovation, das Unternehmen, Wissenschaft und Gesellschaft zusammen bringt. Ziel ist es, die Region Nordschwarzwald zu einem führenden Standort für innovative Unternehmen und zukunftsfähige Technologien zu machen.

Partner des Transformationsnetzwerks Nordschwarzwald sind unter anderem die Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, die Hochschule Pforzheim, die AgenturQ mit Südwestmetall und IG Metall, die IHK Nordschwarzwald, die Handwerkskammern Karlsruhe und Reutlingen, e-mobil BW, IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Senioren der Wirtschaft sowie Steinbeis InnoBW, wvib Wirtschaftsverband und weitere.

www.trafonetz.de

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