Zitat Autor
Wirtschaftskraft ist in der Tat ein „Plus“ – ein Mehr an Themen, an Hintergründen und an Aktualität. Mit dieser Plattform wird die wirtschaftliche Kompetenz des Standortes Pforzheim medial begleitet und weit in die Region getragen.

Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

Newsletter Anmeldung

+ monatliche Erscheinung
+ aktuelle Themen und wichtige Termine
+ neue Unternehmensportraits und Unternehmensprofile
Datenverarbeitungshinweis*

Noch läuft’s gut, aber trübe Aussichten bei Unternehmen im Nordschwarzwald

Die hohen Energie- und Treibstoffkosten trüben die Aussichten der Wirtschaft im Nordschwarzwald. Brachte die IHK-Konjunkturumfrage zum Jahresanfang noch ein positives Ergebnis, so zeichnen sich nun aufgrund der geopolitischen Entwicklungen bei den Unternehmen der Region größere Herausforderungen und Unsicherheiten ab“, bewertet Claudia Gläser, Präsidentin der IHK Nordschwarzwald, die jüngste Erhebung unter 250 Betrieben. Und: In der Industrie läuft es deutlich besser als beim stationären Einzelhandel.
Fordert die Politik zu schnellem Handeln auf und zu einer Entlastung der Unternehmen bei den Energiekosten: Claudia Gläser, Präsidentin der IHK Nordschwarzwald, im jüngsten Konjunkturbericht der Kammer. ©FotostudioKarin/Composing:GerdLache

31.10.2022 pm/gel

Zwar registriere die Wirtschaft der Region Nordschwarzwald in ihren Auftragsbüchern weiterhin Eingänge, gleichwohl trüben vor allem die hohen Energie- und Rohstoffpreise die Aussichten deutlich, heißt es in einer Mitteilung zur aktuellen IHK-Konjunkturumfrage. Demnach berichten 31,5 Prozent der befragten Unternehmen aktuell von gut laufenden Geschäften (Frühjahr 2022: 51 Prozent) und immerhin knapp 55 Prozent bewerten die Geschäftslage als befriedigend (Frühjahr 2022: 42 Prozent). Als „schlecht“ bezeichnen nunmehr gut 13 Prozent die Geschäftslage (Frühjahr 2022: 7,4 Prozent).

©ThomasMeyer/Composing:GerdLache

„Die Zahlen spiegeln den bundesweiten Trend wider, wonach das deutsche Bruttoinlandsprodukt gemäß der Herbstprojektion des Bundeswirtschaftsministeriums trotz des starken Jahresauftakts nur um 1,4 Prozent wachsen wird und für 2023 ein Rückgang des BIP um 0,4 Prozent prognostiziert wird. Bei den regionalen Konjunkturdaten zeigen sich zunehmend Unterschiede zwischen den Branchen“, erklärt IHK-Präsidentin Claudia Gläser.

Neben dem sich verschärfenden Fachkräftemangel schlagen der Präsidentin zufolge die hohen Energie- und Rohstoffkosten in allen Branchen „voll zu Buche“. Laut einer Erhebung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) standen die Erzeugerpreise im September 2022 deutschlandweit mit 45,8 Prozent höher als im September 2021.

Während die Industrie trotz dieser Kostenbelastung weiter mit einer hohen Kapazitätsauslastung fährt und gegenwärtig insbesondere die Maschinenbaubranche bislang von einer überwiegend guten Geschäftslage spricht, „belastet die gestiegene Inflation insbesondere den stationären Einzelhandel“, so Gläser.

Mit 53 Prozent verzeichnen die meisten der regionalen Firmen in den vergangenen vier Monaten höhere Umsätze als im entsprechenden Vorjahreszeitraum und bei knapp über 30 Prozent sind sie gleichgeblieben. 17 Prozent aller Unternehmen geben demgegenüber an, dass ihre Umsätze nachgelassen haben. Vor einem Jahr (2021) gaben dies zehn Prozent der befragten Firmen an.

Den stationären Einzelhandel belastet die Inflation besonders stark. ©EWestendarp/Composing:GerdLache

Die derzeitige Ertragslage wird weiterhin mehrheitlich mit befriedigend (52 Prozent) oder gut (25 Prozent) angegeben. Nahezu jedes vierte Unternehmen beurteilt sie bereits als schlecht. Dieser Wert lag im Herbst 2021 bei nur 12 Prozent.

Im Vergleich zur vergangenen Befragung Anfang 2021 haben sich die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate eingetrübt: 51 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung, 42 Prozent gehen von gleichbleibenden Geschäften aus und nur etwas mehr als sieben Prozent rechnen mit sich verbessernden Geschäften (Frühjahr 2022: 26 Prozent).

91 Prozent der befragten Unternehmen erwarten weitere Kostenbelastungen durch die hohen Energie- und Rohstoffpreise. Dieser Wert lag vor einem Jahr bei knapp 69 Prozent. Für 65 Prozent wird der Mangel an Fachkräften auch in der nahen Zukunft ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten begrenzen.

Für die nächsten zwölf Monate gehen 70 Prozent der Firmen von einer gleichbleibenden und 16 Prozent von einer steigenden Beschäftigtenzahl aus, nur knapp 14 Prozent rechnen mit einem Abbau. Zwei Drittel der befragten Unternehmen gaben an, aktuell offene Stellen nicht mit passenden Fachkräften besetzen zu können.

Die hohen Energiekosten und die gestörten Lieferketten beeinträchtigen auch die Exporterwartungen. Rund die Hälfte der Firmen aus der Region rechnet in der nahen Zukunft mit gleichbleibendem Ausfuhrvolumen und knapp 37 Prozent mit einer fallenden Tendenz. Im Frühjahr 2022 lag dieser Wert zehn Prozentpunkte darunter.

Neben der Digitalisierung steht das Thema Energieeffizienz ganz oben auf der Investitionsliste der Unternehmen im Nordschwarzwald. ©TorstenSimon

Die Bereitschaft, im Inland zu investieren, ist weiterhin hoch. Während im Herbst 2021 noch 37 Prozent der Unternehmen angaben, in den nächsten zwölf Monaten stärker investieren zu wollen, äußerten sich jetzt dergestalt nur noch 27 Prozent, wobei knapp 40 Prozent von gleichbleibender Investitionsbereitschaft ausgehen. Knapp 27 Prozent gehen von einer abnehmenden Investitionsbereitschaft aus, das sind acht Prozent mehr als im Vorjahr.

Neben der Digitalisierung (53 Prozent) geben 55 Prozent Energieeffizienz/Umweltschutz als vorrangiges Investitionsmotiv an. Hier gab es durch die gestiegenen Energiepreise eine häufigere Nennung als im Vorjahr (Herbst 2021: 42 Prozent). Die noch befriedigende Auftragslage spiegelt sich auch beim Anteil von 35 Prozent derjenigen Unternehmen wider, die die Expansion und damit eine Kapazitätserweiterung als Hauptmotiv für Inlandsinvestitionen angaben. Hier liegt der Wert etwas höher als im Vorjahr.

„Unsere Unternehmen investieren weiterhin in großem Umfang. Doch die Kostensteigerungen für Strom und andere Energieträger sind immens. Hier erwarten wir von der Politik schnelles Handeln. Dafür haben wir in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) eine Resolution verabschiedet.


Lage in ausgewählten Wirtschaftszweigen

Verarbeitendes Gewerbe: In der Industrie der Region Nordschwarzwald ist die Stimmung nach wie vor positiv. Knapp über 40 Prozent berichten von gut laufenden Geschäften, weitere 47 Prozent von einer noch befriedigenden Situation. Die Umsätze mit dem Ausland zeigen eine etwas bessere Entwicklung als im Inland wobei die Kapazitätsauslastung sich mit 86 Prozent auf gleich hohem Niveau wie im Vorjahr befindet. Im Vergleich zu den beiden vergangenen Befragungen hat sich die Ertragssituation jedoch eingetrübt. Knapp 57 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung der Geschäftsentwicklung, verbunden mit weniger Auftragseingängen bei stabiler Beschäftigtenzahl.

Metallerzeugung und -bearbeitung, Herstellung von Metallerzeugnissen: Überdurchschnittlich positiv beurteilen die Firmen aus der Metallerzeugung und -bearbeitung sowie der Herstellung von Metallerzeugnissen ihre wirtschaftliche Lage. 40 Prozent geben gut laufende Geschäfte an, bei weiteren 40 Prozent werden sie noch mit befriedigend bewertet. Die Ertragssituation hat sich auch in dieser Branche verschlechtert und liegt nur noch knapp über dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt.

Der Maschinenbau freut sich derzeit noch über eine gute Geschäftslage. ©RalphF

Maschinenbau: Im Maschinenbau der Region wird die Geschäftslage ähnlich beurteilt wie noch in der vergangenen Befragung im Herbst 2021. 55 Prozent verweisen auf gut laufende Geschäfte, nur fünf Prozent schätzen sie als schlecht ein. Mit 91 Prozent liegt die Kapazitätsauslastung weiterhin auf sehr hohem Niveau. Eine besondere Herausforderung sieht auch diese Branche in den stark gestiegenen Rohstoffpreisen. Doch 60 Prozent der Firmen dieser Branche erwarten künftig schlechtere Geschäfte, was sie auf geringere Exporterwartungen und abnehmende Investitionsbereitschaft zurückführen.

Elektrotechnik: Rund 20 Prozent der regionalen Firmen aus der Elektrotechnik können sich über gut laufende Geschäfte freuen: Knapp 80 Prozent geben die Lage als „befriedigend“ an. Angesichts der mit den Lieferengpässen verbundenen Preissteigerungen für Rohstoffe und den stark gestiegenen Energiepreisen wird jedoch die Ertragssituation schlechter bewertet als vor einem Jahr. Die Kapazitäten sind zu 87 Prozent ausgelastet, wobei eine fallende Tendenz beim Auftragseingang für die nächsten zwölf Monate erwartet wird.

Handel: Im regionalen Handel (Groß-, Einzel- und Versandhandel) hat sich die wirtschaftliche Lage im Vergleich zum Frühjahr deutlich verschlechtert. Nur etwas mehr als ein Viertel der Händler gibt aktuell gut laufende Geschäfte an (Frühjahr 2022: 79 Prozent), 63 Prozent bewerten die Geschäftslage als befriedigend. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Zahlen vor einem Jahr bereits auf ähnlich verhaltenem Niveau bewegt hatten und im Frühjahr die Erwartungen nach den Corona-Erfahrungen sich nun entsprechend positiver bei zuvor schwierigerer Ausgangslage zeigten. Gleichwohl zeigt sich die Personallage auch im Handel weiter angespannt.

Optimismus herrscht bei der Hotellerie in der Region Nordschwarzwald, gute Stimmung auch im Tourismus insgesamt. ©SalomonCanas

Tourismus: Im Tourismusgewerbe der Region ist die Stimmung überwiegend positiv. Insbesondere die Hotellerie zeigt sich optimistisch. So beurteilen über 60 Prozent die Geschäftslage als gut und 25 Prozent als immerhin noch befriedigend. Lediglich jeder zehnte bewertet die Lage als schlecht. Zu Beginn des Jahres 2022 lag dieser Wert noch bei 37 Prozent. Ähnlich gut wird von den Hotelunternehmen die Ertragslage beurteilt. Die Unternehmen belasten neben den Energie- und Rohstoffpreisen stark die gestiegenen Arbeitskosten.

Unternehmensorientierte Dienstleistungen: Von den unternehmensorientierten Dienstleistern (beispielsweise Grundstücks- und Wohnungswesen, Datenverarbeitung, Leasing, Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung) wird eine stabile Geschäftslage berichtet. Für die kommenden zwölf Monate gehen viele allerdings von sich verschlechternden Geschäften aus: 40 Prozent teilen diese Erwartung mit, wohingegen vor einem Jahr 60 Prozent verbessernde Geschäfte erwarteten und 40 Prozent von einer gleichbleibenden Geschäftslage ausgingen.

Jetzt Newsletter abonnieren und von vielen Vorteilen profitieren!