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Wirtschaftskraft ist in der Tat ein „Plus“ – ein Mehr an Themen, an Hintergründen und an Aktualität. Mit dieser Plattform wird die wirtschaftliche Kompetenz des Standortes Pforzheim medial begleitet und weit in die Region getragen.

Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Nachgehakt bei Stefan Schiffer, Geschäftsführer egf - Eduard G. Fidel GmbH

"Auf immer weniger Ring, passiert heute immer mehr." WirtschaftsKRAFT sprach mit Stefan Schiffer, Geschäftsführer von egf u.a. über Trends, Innovationen und New Work in der Trauringbranche.
Stefan Schiffer, Geschäftsführer egf - Eduard G. Fidel GmbH Foto: egf

06.10.2022

"Wir möchten jeden Tag ein Stück besser werden. Gemeinsam schaffen wir Wertvolles."
Stefan Schiffer, Geschäftsführer egf

Eine runde Sache – mit teamorientierter Unternehmenskultur zum Erfolg

Sein Job ist verbunden mit tiefgreifenden Emotionen. In der Trauringbranche dreht sich alles um das wohl schönste Gefühl der Welt: die Liebe. Seit 2018 hat der Rheinländer Stefan Schiffer bei der Trauringmanufaktur egf die Geschäftsführung inne. Mit Verstand, Leidenschaft und höchster Sorgfalt wird in den Räumlichkeiten der Manufaktur in Pforzheim der Schwur zweier Menschen in einem hochwertigen, filigranen Trauring sichtbar. Bis zu 15 Stationen durchläuft ein Ring ehe er schlussendlich am Finger landet. Neben Trauringen gibt es ein facettenreiches Angebot an Schmuckstücken, welches auch eine hochwertige Kollektion aus Brilliant- und Memoireringen beinhaltet. Die egf Manufaktur verbindet seit fast 90 Jahren traditionelle Goldschmiedekunst mit modernsten Technologien. Besonders wichtig war Schiffer, eine teamorientierte Unternehmenskultur zu etablieren. egf ist Teil der Binder Gruppe. Zwischen den beiden Firmen gibt es eine intensive Zusammenarbeit, die unter dem Label „Wertvolle Verbindungen“ steht. Gemeinsam mit der Inhaberfamilie sowie der gesamten Belegschaft wurden zwischen 2018 und 2020 die bestehenden Werte, weiterentwickelt und als „gelebte Kultur“ verankert. Hierzu wurden verschiedene Workshops mit allen Mitarbeiter*innen durchgeführt. Verantwortung, Respekt, Qualität, Klarheit und Offenheit bilden heute die Basis für die Zusammenarbeit

Stefan Schiffer im Gespräch mit einer Mitarbeiterin. Foto: Tanja Meckler

WirtschaftsKRAFT: Sie sind seit 2018 als Geschäftsführer bei egf tätig, was hat sich seither verändert?

Ich habe Anfang 2018 ein gutes Unternehmen übernommen und mein Anspruch war es ein noch besseres Unternehmen zu entwickeln. Ich denke dies ist uns als Team auch sehr gut gelungen.

Wir haben nach einer Ist-Analyse unsere Strategie entwickelt und diese konsequent umgesetzt. Wir wollten mehr in Organisations- und Führungsentwicklung investieren, neue Prozesse definieren und vorhandene stabilisieren. Vor allem wollten wir eine teamorientierte Unternehmenskultur etablieren und durch unsere Wertedefinition die Art und Weise, wie wir miteinander arbeiten, weiterentwickeln und in die Zukunft führen.

Für unsere Belegschaft haben wir seitdem eine Gewinnbeteiligung sowie eine unternehmensfinanzierte betriebliche private Krankenzusatzversicherung eingeführt. Wir sind innovativer und prozessorientierter geworden.

Das Schöne an allen diesen Maßnahmen, ist die Tatsache, dass sich der Erfolg auch an deutlich besseren Ergebnissen ablesen lässt.

WirtschaftsKRAFT: Laut statistischem Bundesverband gab es in der Coronazeit weniger Eheschließungen, hatte das auch Auswirkungen auf Ihr Geschäft?

Das ist absolut richtig. Wir waren durch Geschäftsschließungen und einem Rückgang der Eheschließungen stark betroffen. Allerdings hatten wir auch ‚Glück im Unglück‘ und konnten diese Ausfälle durch unser internationales sowie unser OEM-Geschäft teilweise ausgleichen.

WirtschaftsKRAFT: Bei der Frage aller Fragen führt der Weg ein Liebespaar auch oft zum Juwelier. Wie beratungsintensiv ist das Trauringgeschäft?

In der Regel kommen die Trauringpaare bereits gut informiert zum Juwelier. Allerdings gibt es viele Details und zugleich Möglichkeiten zu beachten. Professionelle Beratung bedeutet heutzutage den Kunden*innen die Möglichkeiten der Individualisierung darzustellen und gemeinsam mit Ihnen ihre persönlichen, einzigartigen Ringe zu kreieren. Diese professionelle Beratung kann bis zu zwei Stunden dauern.

WirtschaftsKRAFT: Ist das Produkt „Trauring“ mit irgendeinem anderen Produkt vergleichbar?

Die Annahme, dass eine Vene den linken Ringfinger direkt mit dem Herzen und damit mit dem Zentrum der Liebe verbindet, stammt aus der Antike. Diese Ader wurde „Vena amoris“ (Liebesader) genannt. Daher trugen sowohl die alten Römer als auch Ägypter ihre Eheringe an der linken Hand. Der Trauring ist somit seit Jahrtausenden in unterschiedlichen Religionen und Kulturen fest verankert und somit – meiner Meinung nach – nicht vergleichbar mit anderen Produkten.

WirtschaftsKRAFT: Was fasziniert Sie an der Branche?

Die Branche beschäftigt sich mit den schönen Dingen des Lebens und ist sehr emotional. Das färbt meines Erachtens nach auch auf die Menschen ab. Der Umgang miteinander ist generell herzlicher. Ebenso ist die Branche sehr innovationsgetrieben, sei es im Bereich Maschinenlösungen, Prozesse, neue Kollektionen oder Vertriebskanäle. Des Weiteren finde ich den aktuell stattfindenden Transformationsprozess sehr spannend – von einer sehr traditionell geprägten Branche hin zu der ‚Neuen Welt‘, die stark von Marken und deren Vermarktung getrieben wird.

WirtschaftsKRAFT: Welche Rolle spielen Innovationen in der Trauringbranche?

Innovationen gibt es in vielen Bereichen – seien es neue Vertriebskanäle, neue Möglichkeiten der Automatisierung sowie neue Kollektionen oder Produktentwicklungen. Wir beobachten den Markt ständig und halten Ausschau nach neuen Trends oder setzen diese auch.

Aktuell ist das Thema ‚Heritage‘ sehr im Fokus sowie der ganze Bereich der Nachhaltigkeit, den wir in unseren Prozessen aufgreifen und durch unsere Kollektion ‚Forest Green‘ adressieren.

WirtschaftsKRAFT: Sie haben eine ganz innovative Kollektion namens „Zweiklang“ auf den Markt gebracht? Was macht „Zweiklang“ so besonders?

Eines unserer USPs ist das Thema Customization bzw. Individualisierung. Unser Konzept ‚Zweiklang‘ nimmt dieses Thema auf, indem wir die Stimmen von einem Trauringpaar aufzeichnen und die graphische Darstellung dieser Stimmen über die Oberfläche der Ringe legen. Dadurch entstehen Ringe, die an der Oberfläche wellenförmig sind und somit eines der individuellsten Merkmale des Menschen widerspiegeln: unsere Stimme. So kann ein Paar eine ganz persönliche Botschaft an die/den jeweils andere/anderen senden, die ständig sichtbar ist.

WirtschaftsKRAFT: Wie hält eigentlich ein Edelstein auf einem Ring und warum darf auf keinen Fall geklebt werden?

Jeder Edelstein wird von speziell ausgebildeten Edelsteinfasser*innen in eine vorher maschinell oder manuell gefräßte Vorbereitung gesetzt. Würde man die Steine kleben, würden diese ihren einzigartigen Glanz verlieren.

Die Arbeit eines Edelsteinfassers erfordert höchste Präzision. Foto: Tanja Meckler

WirtschaftsKRAFT: Welche Rolle spielt die Digitalisierung bei egf?

Ein sehr hoher Prozentsatz der Trauringe wird heute über einen Konfigurator verkauft. Wir arbeiten seit 15 Jahren mit einem Partner zusammen und haben dabei geholfen die Konfiguration bzw. Individualisierung als Standard zu etablieren. In den letzten zwei Jahren haben wir unseren eigenen 3D-Konfigurator mit einem Partner zusammen entwickelt und diesen gerade auf den Markt gebracht.

Auch beschäftigen wir uns mit dem 3D-Druck von Ringen, allerdings ist die Technologie noch nicht so weit, dass wir eine akzeptable Qualität anbieten könnten.

WirtschaftsKRAFT: Welche Rolle spielt New Work bei egf und wie wird es umgesetzt?

New Work ist für uns ein neues Verständnis von Arbeit in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung. Die zentralen Werte von New Work sind in meinen Augen nach Freiheit, Selbständigkeit und Teilhabe an der Gemeinschaft. Die Digitalisierung und Globalisierung hat die Arbeitswelt bisher stark verändert und wird diese in der Zukunft noch stärker verändern. Wir versuchen unsere Mitarbeiter*innen in die Entscheidungsprozesse mit einzubinden, indem wir sehr viel kommunizieren. Wir haben begonnen die Entscheidungskompetenzen stärker in die einzelnen Teams zu verlagern damit wir agiler arbeiten können. Dies funktioniert mal besser und manchmal merken wir, dass wir noch Entwicklungspotenzial haben. Eine unserer Führungsleitlinien lautet ‚Spaß bei der Arbeit‘ – und wir sind uns bei egf einig, dass dies die wichtigste Leitlinie ist.

WirtschaftsKRAFT: Wohin gehen die Trends 2023? Welche Materialien spielen eine immer wichtigere Rolle?

Gold und Platin sind die meistverwendeten Edelmetalle bei Trauringen. Wo in den letzten Jahren Platin immer häufiger verwendet wurde, zeichnet sich ab, dass Gold wieder häufiger nachgefragt wird. Wir sehen auch, dass auf immer schmaler werdenden Ringen immer mehr passieren muss (Steine, Gravuren, Mehrfarbigkeit etc.)

Zudem experimentieren wir regelmäßig mit neuen Zusatzmaterialien wie z.B. Carbon oder Keramik.

WirtschaftsKRAFT: Sie haben auch viele Kunden aus dem asiatischen Raum, was für Trends zeichnen sich da gerade ab?

Generell gibt es ein Asien einen Trend zu Marken und zu ‚Made in Germany‘. Vor allem in Asien gilt, dass auf immer weniger Ring, immer mehr passiert. Unter anderem sind unsere asiatischen Kunden sehr kreativ bei der Entwicklung und Umsetzung neuer Gravurideen.

Manche Kunden wünschen sich als Gravur ihre eigene Bildergeschichte. Foto: Tanja Meckler

WirtschaftsKRAFT: Inwieweit müssen Unternehmen heute auch neue Wege gehen, um Personal zu finden?

Aus meiner Sicht ist dies unbedingt erforderlich. Aufgrund einer internen Analyse verstehen wir mittlerweile sehr genau, welche Berufsfelder und welche gesuchte Qualifikation wir auf welchen Kanälen suchen müssen.

Wir nutzen den gesamten Mix – angefangen mit Personalberater*innen, aktiver Suche in Netzwerkportalen, Stellenanzeigen, Empfehlungsmanagement u.v.m. Auch platzieren wir unsere Anzeigen auf unserem Karriereportal sowie in den sozialen Medien.

Ein voller Erfolg war unser ‚Antragsvideo – Willst du meine neue Kollegin / mein neuer Kollege werden?‘ Dieses setzen wir in ähnlicher Form seitdem immer wieder ein.

Aber auch der direkte Kontakt zu Universitäten, (dualen) Hochschulen und Berufsschulen ist hier enorm wichtig.

Meiner Meinung nach ist es wichtig den Bewerbungsprozess ‚umzudrehen‘ – nicht die potenziellen Mitarbeitenden bewerben sich bei egf, sondern egf bewirbt sich bei und vor allem um die Kandidat*innen.

WirtschaftsKRAFT: Wohin geht die Reise? Was sind die wichtigsten Punkte auf Ihrer Agenda?

Der wichtigste Punkt ist, dass wir das Unternehmen kontinuierlich weiterentwickeln und in die Zukunft führen möchten. Dabei wollen wir – nach Möglichkeit – alle Stakeholder zufrieden stellen: sowohl die Inhaberfamilie, als auch Dienstleister*innen, Kunden*innen und unsere Mitarbeiter*innen.

Von zentraler Bedeutung für uns ist die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen, die unseren Kunden*innen helfen ihrerseits Wettbewerbsvorteile zu erreichen. Dies erreichen wir durch Innovationen, sei es in Prozessen, in der Automatisierung oder im Bereich der Produkt- und Kollektionsentwicklung. Hierbei werden wir unserer Verantwortung für die nächsten Generationen gerecht, indem wir den Gedanken der Nachhaltigkeit in unserem ‚Tun‘ verankern.

Wir möchten gerne unsere Marken national und international weiterentwickeln und sehen hier in Deutschland, im europäischen Ausland, in den USA sowie in Asien großes Potenzial. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass wir dies durch unsere teamorientierte Unternehmenskultur erreichen werden. Hierbei helfen uns unsere Werte und Führungsleitlinien als Kompass und Leitplanken.

Das Interview führte Tanja Meckler.

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