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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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It’s a match! Der HR-Talk mit Schmuckunternehmer Nick Binder

Wir haben mit Schmuckunternehmer Nick Binder darüber gesprochen, welche Dos and Don’ts es für ihn beim Vorstellungsgespräch gibt und woran er festmacht, ob BewerberInnen ins Unternehmen passen. Als Marketingleiter gibt er außerdem Einblicke, wie Social Media beim Recruitingprozess erfolgreich eingesetzt werden kann und wie die Trauringmanufaktur egf mit viralen Videos mehr BewerberInnen für sich gewinnen konnte.
Nick Binder, Schmuckunternehmer (Binder-Gruppe) Foto: Silke Walz, Grafik: Mirjam Müller

24.07.2023

Nick Binder gehört der fünften Generation der Schmuckfabrikantenfamilie Binder an. Das Familienunternehmen produziert seit über 111 Jahren im baden-württembergischen Mönsheim Ketten und in Pforzheim Trauringe. Der Ur-Urgroßvater von Nick Binder legte damals den Grundstein. Ab Januar 2024 wird Nick Binder (32) gemeinsam mit Stefan Schiffer (56) die Leitung des Familienunternehmens übernehmen.

Wie perfekt oder außergewöhnlich muss ein Bewerbungsschreiben sein?

Nick Binder: Ein außergewöhnliches Bewerbungsschreiben sticht mir sicher erstmal ins Auge und kann dabei helfen, die Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen. Gerade wenn es viele BewerberInnen gibt, kann man so beim ersten Eindruck ein paar Punkte machen. Für mich ist das aber nicht der ausschlaggebende Punkt. Viel wichtiger ist, dass die Erfahrungen und Referenzen der Person klar und aussagekräftig dargestellt werden. Wenn BewerberInnen das zusätzlich mit einer ansprechenden Gestaltung verbinden, ist mein Interesse auf jeden Fall geweckt.

Worauf achten Sie beim Vorstellungsgespräch besonders?

Nick Binder: Beim Vorstellungsgespräch geht es mir darum, den Mensch hinter den Zahlen und Fakten kennenzulernen. Letztendlich möchte ich feststellen, ob eine Person langfristig ins Team und zur Unternehmenskultur passt. Dabei achte ich besonders darauf, welche Motivation die Person mitbringt und ob sie sich mit den Herausforderungen der Stelle auseinandergesetzt hat.

Welche Antwort eines/einer BewerberIn hat Sie am meisten überrascht?

Nick Binder: Überrascht hat mich eine Bewerberin, die ich telefonisch zum Vorstellungsgespräch einladen wollte und ihre erste Reaktion war die Frage, in welcher Stadt unser Unternehmen sitzt. Anschließend wollte sie von mir wissen, wie weit der Weg von ihrem Wohnsitz zu unserem Unternehmen sei. Grundsätzlich finde ich die erste Frage nicht verwerflich, bei der zweiten habe ich mich dann aber schon gefragt, wie viel Eigeninitiative die Person wirklich mitbringt.

Warum ist ein Bewerbungsgespräch keine Einbahnstraße?

Nick Binder: Weil es in einem Vorstellungsgespräch für uns darum geht, dass die Ziele und Werte beider Seiten eine gemeinsame Basis haben. Deshalb gilt für mich immer, dass das Gespräch auf Augenhöhe stattfinden sollte und sowohl unsere als auch die Interessen der BewerberInnen mit einbezogen werden müssen. Im besten Fall entsteht eine Win-Win Situation für beide Seiten.

Stellen Sie manchmal auch gezielt Fang- oder Stressfragen?

Nick Binder: Von gezielten Stressfragen halte ich nicht viel, da ich darin keinen Vorteil sehe. Gestresste BewerberInnen antworten in der Regel nicht authentisch und das bringt uns langfristig nicht weiter. Außerdem würde diese Vorgehensweise nicht zu unserer Unternehmenskultur passen, in der wir sehr kollegial und fair miteinander umgehen.

Wann leuchtet bei Ihnen im Kopf die rote Warnlampe?

Nick Binder: Wenn BewerberInnen deutlich andere Wertvorstellungen haben als wir. Uns ist es sehr wichtig, dass wir mit Menschen zusammenarbeiten, die hinter unseren Produkten und unserer Philosophie stehen. Wenn es da beim Vorstellungsgespräch schon deutliche Abweichungen gibt, wäre das problematisch für eine langfristige Zusammenarbeit.

Wann ist es ein Match?

Nick Binder: Das ist eine sehr gute Frage! Für mich ist es ein Match, wenn sowohl die persönliche als auch die fachliche Ebene harmonieren. Das heißt, wenn die Person gut ins Team passt und zudem auch die erforderlichen Qualifikationen mitbringt, ist das für mich ein vielversprechendes Signal für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Manchmal passt es einfach nicht. Wieviel Zeit nehmen Sie sich für eine Absage?

Nick Binder: Vor einer finalen Absage nehmen wir uns viel Zeit. Dazu gehört auch die Überlegung, ob die Person auf eine andere Stelle in unserem Unternehmen passen könnte. Wenn das nicht der Fall ist, führe ich in der Regel ein persönliches Gespräch mit den BewerberInnen per Telefon. Das gehört für mich zu einem respektvollen Umgang miteinander, besonders wenn bereits ein persönliches Vorstellungsgespräch stattgefunden hat.

Welche Rolle spielen Zeugnisse wirklich?

Nick Binder: Zeugnisse können einen ersten Einblick in die fachliche Kompetenz geben, für mich sind sie aber nicht der entscheidende Faktor. Viel wichtiger finde ich die beruflichen Erfahrungen, die eine Person gemacht hat und wie sie auf Herausforderungen reagiert. Wenn BewerberInnen mich in dieser Hinsicht überzeugen, spielen die Zeugnisse eine untergeordnete Rolle.

Würden Sie sich als Bewerber gerne sich selbst gegenüber sitzen?

Nick Binder: Ja, weil mir eine angenehmen Gesprächsatmosphäre sehr wichtig ist und wir keine starren Recruitinggespräche führen. Die Basis für ein gutes Vorstellungsgespräch ist für mich ein Miteinander, in dem sich BewerberInnen wohlfühlen, sie selbst zu sein. Denn nur dann können sie ihre Stärken und ihr Potenzial zeigen, aber auch ihre individuellen Wünsche äußern. Auf diese Weise können wir wirklich feststellen, ob wir ein Match sind.

Welche Rolle spielt Social Media im Recruiting?

Nick Binder: Social Media ist bei uns im Recruitingprozess nicht mehr wegzudenken. Wir konnten damit bereits sehr gute Erfolge bei unserer Trauringmanufaktur egf erzielen. In verschiedenen Videos sind MitarbeiterInnen von uns auf die Knie gegangen und haben BewerberInnen einen Antrag gemacht und gefragt, ob sie mit uns zusammenarbeiten möchten. Die Anzahl der daraufhin eingegangenen Bewerbungen war deutlich höher als bei vergleichbaren Stellenanzeigen in Tageszeitungen oder anderen Medien.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen im Recruiting?

Nick Binder: BewerberInnen haben durch den Fachkräftemangel meist mehr als eine Stelle zur Auswahl, weshalb wir uns als Unternehmen in der Verantwortung sehen, möglichst attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu gehört auch, über flexible Lösungen nachzudenken, wie beispielsweise die 4-Tage-Woche, Home Office oder andere Benefits, die immer wichtiger werden.

Die Fragen stellte Tanja Meckler.

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