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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Dr. Oetker will Ettlinger-Werk zum Jahresende schließen

190 Beschäftigte sind von der angekündigten Schließung betroffen. Dass es Schwierigkeiten mit der Produktpalette in Ettlingen gab und Corona dies zusätzlich verstärkt hätte, sei nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Mittelbaden-Nordschwarzwald (NGG) ,nicht unbekannt gewesen. Dennoch käme diese Entscheidung, das Werk schließen zu wollen, überraschend.
Luftbild Dr. Oetker Werk Ettlingen. Foto: Dr. August Oetker KG

von Tanja Meckler

Während sich Qualitätsprodukte bei Pizza, Backen und Dessert zunehmender Beliebtheit erfreuen, ginge die Nachfrage nach würzigen Nährmittelsortimenten zurück. Entsprechend wird sich Dr. Oetker Professional in Zukunft auf Pizza, Backen und Dessert fokussieren. Die Produktion in Ettlingen soll schrittweise eingestellt werden. Ein gestrafftes Sortiment der bislang in Ettlingen produzierten Produkte soll künftig an anderen Standorten hergestellt werden. In den Bereichen Marketing, Vertrieb und Verwaltung sollen langfristig rund 50 Arbeitsplätze erhalten bleiben, das teilte das Unternehmen Mitte Januar 2022 mit.

Große Hoffnungen das Ruder in Ettlingen nochmal rumreißen zu können, hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Mittelbaden-Nordschwarzwald (NGG) keine. „Die Arbeitergeberseite hat kommuniziert dass es keine Alternativen gibt, von daher müssen wir davon ausgehen, dass die Schließung kommt“, sagt Elwis Capece, Geschäftsführer NGG Region Mittelbaden-Nordschwarzwald. Derzeit fänden viele Gespräche mit Dr. Oetker statt. Sein Kollege sei mehrfach in der Woche im Betrieb, erzählt Capece im Gespräch mit WirtschaftsKRAFT. Jetzt ginge es darum Positionen zu entwickeln, die eine sozialverträgliche Lösung für die betroffenen 190 Mitarbeiter*Innen beinhalte. „Wir glauben schon dass sich in Richtung Sozialverträglichkeit durchaus Lösungen  ergeben, da hat Oetker sicher auch ein Eigeninteresse daran, aber es wird am Ende sicher keine Arbeitsplätze ersetzen.“

Auch für die Stadt Ettlingen ist die geplanten Schließung eine schockierende Nachricht.

Wir sind betroffen über die für uns unerwartete Schließung des Oetker Standorts in Ettlingen. Der Verlust von 190 Arbeitsplätzen zum Jahresende und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen sind für alle ein Schock. Wir bedauern diesen Schritt seitens Oetker und befinden uns regelmäßig im Austausch mit der Konzernleitung und den Gewerkschaften. Letztgenannten haben wir angeboten bei der Vermittlung von Arbeitsplätzen zu helfen. Zu gegebener Zeit wird hier wieder ein Austausch statt finden.

Johannes Arnold, Oberbürgermeister Stadt Ettlingen

Das es Schwierigkeiten mit der in Ettlingen hergestellten Produktpalette gibt, war nicht nicht unbekannt. Wir haben gewusst, dass die Produkte, die als Grundlage für die Großküchen und für die Gastronomie gedacht sind, schon seit längerer Zeit schleppend laufen. Die Konsequenzen die jetzt gezogen werden, waren aus unserer Sicht aber nicht abzusehen.

Elwis Capece, Geschäftsführer NGG Region Mittelbaden-Nordschwarzwald

Nach Angaben von Dr. Oetker sinke die Nachfrage im Außer-Haus-Markt nach würzigen Nährmittelprodukten seit Jahren kontinuierlich. Dieser Trend hätte sich während der Corona-Pandemie verstärkt. Die rückläufige Auslastung der Produktion des Werks in Ettlingen führe seit 2016 zu Verlusten.

„Wir hätten von Dr. Oetker erwartet, dass diese strukturellen Probleme in Ettlingen anders gelöst werden. Wir haben schon seit mehreren Jahren beobachten können, dass im Produktionsbereich keine Investitionen mehr stattfinden und dass man sich, wenn es um Investitionen ging eher auf die Verwaltungsbereiche konzentriert hat. Das erweckt so ein bisschen den Verdacht, dass man sich schon seit längerer Zeit strategisch darauf vorbereitet hat, den Standort mittelfristig nicht halten zu wollen und wenn das so ist, wie wir es vermuten, dann hätten wir eigentlich erwartet, dass da eine frühere, klarere  und offenere Diskussion mit den Beschäftigten, dem Betriebsrat und auch uns stattgefunden hätte“, sagt Elwis Capece.

Axel Zinke, Mitglied der Geschäftsleitung Dr. Oetker Deutschland, kommentiert die Entscheidung mit den Worten: „Ich bedaure die Entwicklungen der letzten Jahre außerordentlich. Dr. Oetker Professional ist ein großartiges Team mit hervorragend qualifizierten und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es ist deswegen besonders schmerzhaft, Restrukturierungsmaßnahmen vornehmen zu müssen. Allerdings sind sie vor dem Hintergrund des veränderten Marktumfelds unumgänglich, um die Zukunft des Bereichs langfristig zu sichern.“ 

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