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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Business-Meet-up Pforzheim: Unternehmer wünschen bessere Wirtschaftspolitik

Karin Bacher Consultants und Just4People haben zum Business-Meet-up in Pforzheim eingeladen. Im Impulsvortrag von Gert Hager und in der anschließenden Unternehmer-Diskussionsrunde sind Erwartungen an die Wirtschaftspolitik der neu gewählten Regierung formuliert worden.
Beim "Business Meet-up": v.l. Eva Zeitler-Koch (Zeitler Architekten) , Philipp Bauknecht (Medialesson), Tobias Wahner (Just 4People), Thomas Satinsky (PZ Medienhaus), Karin Bacher (Karin Bacher Consultants), Annina Reiling (Reiling Engineering), Tim Kröger (Ladenburger Rechtsanwälte) und Tanja Walz (Hosting Solutions GmbH) Foto: Tilo Keller

17.03.2025

von Claudia Keller

In den Räumlichkeiten von Just4People kamen Unternehmer beim Business-Meet-up zu einem gemütlichen Austausch zusammen. Gert Hager, ehemaliger Oberbürgermeister von Pforzheim, heute als Wirtschafts- und Kommunalberater tätig, eröffnete den Abend mit einem Impulsvortrag zum Thema „Nach der Wahl beginnt die Arbeit“. Dabei stellte er die Wirtschaftspolitik in den Mittelpunkt, die seiner Ansicht nach Rahmenbedingungen setzen soll, den Unternehmen aber auch genügend Spielraum bieten müsse. „Es kann nicht sein, dass Vorschriften, wie das Lieferkettengesetz, so viel Aufwand verursachen, dass in größeren Unternehmen ganze Stäbe dafür eingestellt werden müssen“, stellte er fest. „Was wir brauchen, sind faire Marktbedingungen für alle. Das muss der Staat gewährleisten, nicht mehr und nicht weniger.“ Hager sprach auch die Energiepolitik mit hohen Stromkosten an, was vor allem ein Problem für energieintensive Branchen sei, sowie das Heizgesetz, das er für eine pluralistische Gesellschaft als zu dirigistisch ansah.

Gert Hager, (ehemaliger Oberbürgermeister von Pforzheim, heute Internationale Wirtschaftsberatung Gert Hager) hält den Impulsvortrag beim Business-Meet-up.

Gute Bildung von Anfang an

„Aus meiner Sicht ist die Wirtschaftspolitik eng mit der Bildungspolitik verknüpft“, führte Hager weiter aus. „Denn was wären wir alle ohne gut ausgebildete, leistungsbereite Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Er zweifelte an, dass junge Leute entsprechend qualifiziert werden, um gut in den Unternehmen arbeiten zu können. Das führte er unter anderem auf die 16 Bildungspläne in Deutschland zurück, die nicht miteinander harmonisiert seien. In der Bildungspolitik befürwortete er zwar die Förderung der Schwächeren, allerdings nicht durch Leistungsanpassungen nach unten. „Es müssen auch die gefördert werden, die herausragende Fähigkeiten haben“, stellte er fest. Außerdem sprach er sich für eine Kindertagesstättenpflicht aus, mindestens für das letzte Jahr vor der Einschulung. Für den Erzieher-Beruf wünschte er sich eine Gleichbehandlung mit Lehrern. Das „Spiel- und Basteltanten-Image“ müsse weg und die Erzieher-Ausbildung am besten über ein Studium laufen.

Erfolg durch Generationenvielfalt

Beim Thema Migration regte Hager an, zu hinterfragen, was die- oder derjenige mitbringe und für die Gesellschaft beitragen könne. „Wenn jemand an Leib- und Leben bedroht ist, ist vorübergehender Schutz keine Frage“, sagte er. „Aber es darf nicht dazu führen, dass dauerhaftes Recht abgeleitet wird oder dauerhafter Verbleib in den Sozialleistungen. Das überfordert uns und auch unseren Sozialstaat.“ Wer bleibe, müsse unsere Werte und unsere Kultur anerkennen. Beim Thema Arbeitsmarkt erinnerte er an den demografischen Wandel. Für den Jahrgang 1964 führte er 1,46 Millionen Neugeborene an, im Jahr 2021 seien nur 636.000 Kinder geboren. „Diese Vergleichszahlen machen klar, wo die Reise hinführt“, sagte er und plädierte dafür, das Junge und Alte gut qualifiziert und lange in Arbeit gehalten werden. Zudem sprach er sich für ein gutes Generationenmanagement in den Unternehmen aus. Denn nur die Unternehmen seien erfolgreich, wo Generationen gut zusammenarbeiten und ihre verschiedenen Perspektiven und Sichtweisen einbringen. Im weiteren Verlauf sprach er sich unter anderem für eine Neujustierung des Sozialsystems aus, für eine Pflegereform, für Bürokratieabbau und die Wiedereinführung der Dienstpflicht. Zudem müsse Europa geeint auftreten und außerdem sinnvolle Rahmenbedingungen für künstliche Intelligenz (KI) schaffen.

Karin Bacher (Karin Bacher Consultants) und Tobias Wahner (Just4People) moderieren die Podiumsdiskussion beim Business-Meet-up.

Hoffen auf Veränderung

In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Tobias Wahner, Geschäftsführer von Just4People und von Karin Bacher, vertieften die Teilnehmer das Thema. Angesprochen auf die in der öffentlichen Diskussion befindliche Auflösung der Schuldengrenze stellte Thomas Satinsky, Geschäftsführender Verleger des Pforzheimer Medienhauses fest, dass die Stimmung in den Unternehmen derzeit suboptimal sei und viele Kurzarbeit angemeldet haben. „Was den Unternehmen und der Gesellschaft guttun würde, wäre ein positiver Schub“, sagte er. Eva Zeitler-Koch von Zeitler Architekten sprach über bezahlbaren Wohnraum und die Mietpreisbremse. „Ich habe schon einige Krisen im Wohnungsbau erlebt“, sagte sie und befürwortete einen geringeren Standard, um Kosten einzusparen. Annina Reiling von Reiling Engineering nahm sich den Regierungsapparat vor. „Die Bundesregierung ist wie ein riesiges Unternehmen mit vielen Prozessen und Abläufen“, stellte sie fest und regte Hilfe von außen an, um das Beste herauszuholen.

In der Podiumsdiskussion diskutiert Thomas Satinsky, Geschäftsführender Verleger des Pforzheimer Medienhauses.

Rückstand bei KI

Zum Thema Regulierung für Künstliche Intelligenz machte Tim Kröger von Ladenburger Rechtsanwälte darauf aufmerksam, dass es in der EU Tendenzen zur Abschwächung gebe, wobei es bei der KI-Haftung wohl bei nationalen Regelungen bleibe. Philipp Bauknecht von Medialesson wies darauf hin, dass die EU bei KI derzeit ziemlich abgehängt sei. „Wir können uns überlegen, ob wir uns weiterhin mit Regulierungen und Angst vor Technologie anstellen oder ob wir mit dem Knowhow in Deutschland noch ein paar Nischen besetzen“, regte er an. Tanja Walz von Hosting Solutions GmbH machte auf den Energiebedarf von Rechenzentren aufmerksam. „Wir brauchen mehr Rechenleistung und Rechenzentren, die das abbilden können“, sagte sie. Außerdem wies sie drauf hin, dass nachhaltige Energieträger unabhängiger machen und für stabile Strompreise sorgen. Nach der Podiumsdiskussion nutzen die Zuhörer die Gelegenheit mit den Diskussionsteilnehmern ins persönliche Gespräch zu gehen.

Alle Fotos: Tilo Keller

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