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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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„Schaffe, nid schwätze“, fordert wvib-Ehrenpräsident Thomas Burger zum Abschied

Der Unternehmer Thomas Burger, Chef der Burger Group in Schonach im Schwarzwald, hat als Präsident des Wirtschaftsverbandes wvib Schwarzwald AG satzungsgemäß nach sechs Jahren sein Amt an Bert Sutter übergeben. Bei der Jahreshauptversammlung des Verbandes in Freiburg wurde Burger zum Ehrenpräsident des wvib ernannt. Seine Abschiedsrede veröffentlicht WirtschaftsKraft mit Konzentration auf die wesentlichen Aussagen zur Lage am Standort Deutschland.
Zieht Bilanz in seiner Abschiedsrede als Präsident des Wirtschaftsverbandes wvib Schwarzwald AG, insbesondere mit kritischem Vergleichsblick auf den Weltmarkt und den Standort Deutschland: Thomas Burger, heutiger wvib-Ehrenpräsident. ©Foto:JörgWilhelm

Von Gerd Lache | 24.11.2023

Thomas und Silke Burger führen das traditionsreiche Unternehmen Burger Group in Schonach  in fünfter Generation. Der Standort liegt nordöstlich von Freiburg, etwa fünf Kilometer von Triberg entfernt. Mit dem Einbinden von Manuel und Fabian Burger als geschäftsführende Gesellschafter ist bereits die sechste Generation im Unternehmen tätig.

Die Burger Group umfasst nach eigenen Angaben elf  Unternehmen an acht Standorten in Europa und Nordamerika. Sie beschäftigt insgesamt mehr als 1.200 Mitarbeitende. Der Umsatz stieg zuletzt auf rund 200 Millionen Euro.

Durch die Mitgliedschaft von wvib-Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Münzer im Fachbeirat des Transformationsnetzwerks TraFoNetz Nordschwarzwald ist der Verband auch Partner der größten Automotive-Gemeinschaftsinitiative im Nordschwarzwald. Sie bietet insbesondere Zulieferbetrieben  der Automobilindustrie kostenfreien Support beim technologieoffenen Wandel vom Verbrennermotor hin zu alternativen Antrieben.

Die Burger Group ist unter anderem auch im Automotive-Bereich aktiv. Thomas Burger kennt aus eigener Anschauung viele wichtige Märkte auf der Welt. In seiner Abschiedsrede als Präsident des Wirtschaftsverbandes wvib Schwarzwald AG zieht der jetzige wvib-Ehrenpräsident nachfolgend Bilanz, was am Standort Deutschland seiner Ansicht nach schief läuft und er nennt Lösungswege, damit die Wirtschaft hierzulande vom internationalen Wettbewerb nicht abgehängt wird.

Thomas Burger verabschiedet sich als Verbands-Präsident bei der wvib-Jahreshauptversammlung mit einer Rede zur Lage am Standort Deutschland. ©Foto:GerdLache

Thomas Burger: „Schonach liegt mitten auf dem Weltmarkt. Das ist kein flotter Werbespruch eines mittelständischen Industrieunternehmens. Es ist auch keine Wiederholung des Idylls vom Mittelstandsfleiß am murmelnden Bächle. Es soll ein Warnruf an Politik und Gesellschaft sein. Denn wir entfernen uns vom Weltmarkt.

Ja, wir haben im Südwesten global wettbewerbsfähige Unternehmen, gute Ingenieure, loyale Belegschaften. Wir sind erfindungsreich und schaffig. Wir bilden aus und zahlen Steuern. Wir tricksen nicht auf den Cayman Islands. Wir rufen nicht nach Subventionen. Aber vielleicht sind wir zu höflich und bescheiden in einer medial sich überschlagenden Tiktok-Welt, in der sich origineller Blödsinn besser verkauft als trockene Analyse.

Wenn unsere Schonachs weiterhin auf dem Weltmarkt liegen sollen, brauchen wir in Deutschland und Baden-Württemberg weltmarktfähige Bedingungen. Wo sind die Baustellen?

  • Wir brauchen eine gestärkte NATO, die auch mit einer weniger engagierten USA funktioniert, sonst sind wir außenpolitisch erpressbar. Ohne Sicherheit keine Freiheit und keine langfristigen Investitionen.
  • Die Friedensdividende nach 1989 haben wir in Deutschland nicht klug investiert und eine klaffende Infrastrukturlücke geschaffen. Brücken, Schulen, Glasfaser, Windkraft, Forschung und MINT-Ausbildung: Wir haben von unserer zuvor guten Substanz gelebt.
  • Andere Länder haben Steuersysteme entschlackt und Tarife gesenkt. Obwohl die Steuerquellen in Deutschland seit Jahren sprudeln, denkt bei uns keiner über die Entlastung der Bürger nach. Unser Tarif bestraft die Tüchtigen. Trotzdem wollen wir die Schuldenbremse lockern, damit keiner den Konsumrausch des Staates stoppen kann.
  • Wir haben mit die höchsten Energiepreise, steigen aber aus Gas, Kohle und Atom aus und wollen nun die teuren Folgen dieser Politik mit Subventionen und Schulden kaschieren. Preiswerten Strom haben wir so noch nicht.
  • Wir vertreiben Batterietechnologie und Halbleiterwirtschaft nach Südostasien, um dann mit Monster-Subventionen für Chipfabriken politische Handlungsstärke zu simulieren.
  • Den Mittelstand verwirrt man mit einem Förderlabyrinth, das von immer mehr Beamten verwaltet wird. Die großen Subventionen gehen derweil geräuschlos an die Multis.

Unsere Gesellschaft verweigert den Blick auf Probleme und zieht sich an die politischen Ränder und in die Freizeit zurück. Im Moment des größten Arbeitskräftemangels wollen die Gewerkschaften die 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Mallorca ist voll mit Frührentnern. Junge Singles beginnen ihre Karriere mit einem Teilzeitjob. Der Staat finanziert die gesamte Rentenversicherung zu einem Drittel, weil die Leistung der Beitragszahler nicht mehr reicht. Und wir diskutieren über Bürgergeld.

Die Versuche zur Bewältigung der dringend nötigen Dekarbonisierung lähmen, statt zu beflügeln. Wir ziehen eine notwendige radikale Veränderung aus der Perspektive der Ministerialbürokratie auf statt mit der Brille von Unternehmern. Mehr detailreiche Gesetze, mehr Quoten, mehr Beamte, mehr Kontrolle, mehr Strafe, mehr Steuern, mehr Schulden. Dabei müssten wir nur den Preis für CO2-Ausstoss international konsequent erhöhen.

Zum Schluss gründet der Staat dann hochrangig besetzte Kommissionen für Entbürokratisierung und Digitalisierung. Ein epochaler Schildbürgerstreich.

Der Lösungsweg:

  • Wirtschaftsnähere Bildung und Ausbildung
  • Bessere Infrastruktur
  • Mehr Marktwirtschaft
  • Mehr Technologieoffenheit
  • weniger Subventionen
  • Eine konkurrenzfähige Steuerbelastung
  • Weniger Gesetze und Bürokratie
  • Mehr qualifizierte Menschen, die in Unternehmen engagierter arbeiten wollen

Noch kürzer: Mehr Vertrauen in Menschen und Märkte. Und: Schaffe, nid schwätze. Sonst geht der Weltmarkt woanders hin.“


wvib

Die wvib Schwarzwald AG, einer der Partner des Transformationsnetzwerks Nordschwarzwald (TraFoNetz), ist nach eigenen Angaben Plattform für People, Planet, Progress im familiengeprägten, industriellen Mittelstand in Baden-Württemberg. Mit über 1000 Veranstaltungen pro Jahr vernetzen sich Unternehmer und Führungskräfte, die sich für Unternehmen, Mitarbeiter, Kunden, Umwelt und Gesellschaft engagieren. Das wvib-Angebot: Erfahrungsaustausch und Weiterbildung. Das Ziel: Menschen in Unternehmen wirksamer machen. Die Themen: Werte, Strategie, Führung, Familie, Eigentum, technologische Perspektiven, neue Marktzugänge, Geschäftsmodelle und Soziale Marktwirtschaft.

Im wvib – gegründet 1946 von Unternehmern für Unternehmer – erwirtschaften 1.026 produzierende Unternehmen mit 314.000 Beschäftigten weltweit 71 Milliarden Euro Umsatz. Über 60 hauptamtliche Mitarbeiter spannen ein südwestdeutsches Netzwerk für „Wissen und Wärme“ über die weltweit engagierte Schwarzwald AG. (pm)

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