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Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Kleine Autozulieferer könnten an E-Mobilität scheitern

Kleine Zulieferer der Automobilindustrie, die bisher Teile für den Verbrenner geliefert haben, drohen den Anschluss an den Elektroauto-Boom zu verlieren. Das ergibt eine Auswertung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).
Kleine Automobilzulieferer hinken einer IW-Auswertung zufolge dem Technologiewandel hin zum Elektrostrang hinterher. ©AKrebs

Von Gerd Lache | 22.08.2021

Die Zahl der Patentanmeldungen zu Elektroantriebssträngen steigt dem IW zufolge bei kleinen Zulieferunternehmen kaum. Die großen Zulieferer hingegen hätten schon heute mehr elektrische als konventionelle Neuerungen erfunden.

Seitdem die EU-Kommission das Fit-for-55-Paket vorgelegt hat, neigt sich das Zeitalter des Verbrenners in Europa dem Ende entgegen, machen die Kölner Wirtschaftsforscher deutlich. Bis 2035 sollen demnach in der EU nur noch Fahrzeuge mit Null-Emissionen zugelassen werden. Ergo: „Für die Autobauer und Ihre Zulieferer bedeutet das: Umrüsten und ein neues Produktportfolio aufbauen.“

Das Institut der deutschen Wirtschaft hat nach eigenen Angaben die Patentanmeldungen der Autoindustrie in Deutschland mit Bezug zum elektrifizierten Antriebsstrang ausgewertet. Das Ergebnis ist bemerkenswert: „Der Technologiewandel in den Forschungsabteilungen der Großunternehmen ist längst in vollem Gange, doch die kleinen Zulieferer kommen nicht hinterher.“ 

Die Verbrennertechnologie wird unwiderruflich vom Elektroantrieb abgelöst, sagen Experten des Zukunftsfonds Automobilindustrie. ©AKrebs

Europaweit sei der Straßenverkehr für mehr als ein Viertel aller CO2-Emissionen verantwortlich“, erklärt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Es müsse gelingen, den Ausstoß des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid im Individualverkehr deutlich zu reduzieren.

An Volkswagen ist das Land Niedersachsen mit 11,8 Prozent beteiligt. Europas größter Autobauer will seinen Anteil der verkauften Elektrofahrzeuge bis 2030 auf rund 50 Prozent steigern. Weil: „Bis 2040 sollen nahezu 100 Prozent der neuen Konzernfahrzeuge in den Hauptmärkten emissionsfrei sein.“

Unterdessen macht sich der Volkswirtschaft-Professor Jens Südekum vor allem Sorgen um die zahlreichen kleinen, auf Verbrennertechnologie spezialisierten  Zulieferer. „Längst hat noch nicht jeder akzeptiert, dass die Tage des Verbrenners unwiderruflich gezählt sind“, sagt der Ökonom. Er ist Co-Vorsitzender im Expertenausschuss für den „Zukunftsfonds Automobilindustrie“, der die Bundesregierung bei der Transformation zur E-Mobilität berät. Der Zukunftsfonds umfasst 1 Milliarde Euro für die Jahre 2021 bis 2025. 

Am 18. August 2021 fand das 6. Spitzentreffen der Konzertierten Aktion Mobilität (KAM) auf Einladung der Bundeskanzlerin statt. Im Anschluss an das Treffen erklärte Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU): „Wir wollen, dass die Mobilität der Zukunft auch weiterhin Mobilität „made in Germany“ ist.“ Daher sei der eine Milliarde Euro umfassende Zukunftsfonds Automobilindustrie ein wichtiges Instrument, um die Transformation in der Automobilindustrie zu begleiten und Arbeitsplätze zu sichern.

„Die Automobilindustrie ist eine tragende Branche unseres Wirtschaftsstandorts mit hunderttausenden Arbeitsplätzen und diese Stärke wollen wir auch in Zukunft sichern. Erste Förderprogramme des Zukunftsfonds Automobilindustrie sind bereits gestartet; weitere werden nun folgen“, macht Altmaier deutlich.

Will die Automobilindustrie bei der Transformation zur E-Mobilität unterstützen: Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). ©SteffenKugler

Die deutschen Pkw-Hersteller BMW, VW und Daimler tüfteln dem IW zufolge bereits seit 2015 zunehmend am elektrischen Antriebsstrang. Die Zahl ihrer Patente in diesem Bereich sei seitdem stark gestiegen. 2017 hätten die Hersteller erstmals mehr Elektro-Patente als konventionelle angemeldet.

Und auch die fünf umsatzstärksten Zulieferer steuern laut IW „klar in eine Zukunft mit Null-Emissionen“. Auch bei ihnen sinke die Zahl der konventionellen Patentanmeldungen und jene für den elektrischen Antriebsstrang stiegen. 

Schlecht sieht es hingegen bei den anderen Zulieferern aus: „Anders als bei den Platzhirschen steigt der Anteil im zukunftsträchtigen Bereich kaum“, so die IW-Wirtschaftsforscher. Erschwerend kommte hinzu, dass nur wenige der kleinen Unternehmen überhaupt am Elektroantrieb forschen.

Das Institut der deutschen Wirtschaft mahnt in aller Deutlichkeit: „Sollten die Unternehmen es nicht schaffen, ihre Forschung und Entwicklung zukunftsfähig zu machen, müssen sie in den nächsten zehn Jahren mit einem deutlichen Geschäftsrückgang und perspektivisch mit dem Verschwinden ihres Absatzmarktes rechnen.“

Volkswagen will bis 2040 seine Fahrzeuge nahezu 100 Prozent emissionsfrei auf die Straße schicken. Autozulieferer müssen da mithalten. ©MarkusRoider

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