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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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It’s a match! Der HR-Talk mit Silke Kull, Personalleiterin Herrmann Ultraschall

In unserem neuen HR-Talk auf WirtschaftsKraft sprechen wir mit erfahrenen Personalern, um herauszufinden, worauf sie wirklich achten. Wie wichtig ist das perfekte Bewerbungsschreiben? Laut Silke Kull von Herrmann Ultraschall zählt vor allem der aussagekräftige Lebenslauf in moderner Form. Beim Vorstellungsgespräch interessiert sie sich besonders für die sozialen Fähigkeiten der BewerberInnen und ob sie zur Unternehmenskultur passen.
Silke Kull, Global Head of HR bei Herrmann Ultraschall. Foto: Herrmann Ultraschall

07.08.2023

Silke Kull ist seit April 2023 als Global Head of HR bei Herrmann Ultraschall tätig. Nach ihrem Abschluss als Diplom-Soziologin fokussierte sie sich zunächst auf die Personalentwicklung sowie die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften. Im Laufe ihrer Karriere kam das Employer Branding und Recruiting hinzu. Bei Herrmann trägt sie nun eine ganzheitliche Personalverantwortung.

Wie perfekt oder außergewöhnlich muss ein Bewerbungsschreiben sein?

Aus einem Anschreiben ist in der Regel gar nicht mehr viel herauszulesen. Im Ausland sind sie überhaupt nicht mehr üblich. Deswegen arbeite ich hauptsächlich mit Lebensläufen und den wichtigsten Zeugnissen. Gerade auf einen aussagekräftigen CV lege ich großen Wert. Am besten in moderner Form, mit einer chronologischen Darstellung und einer Zusammenfassung der wichtigsten Meilensteine.

Worauf achten Sie beim Vorstellungsgespräch besonders?

Das Fachliche wird ja meist schon von den Führungskräften aus den Abteilungen beurteilt. Mir geht es deshalb viel mehr um die sozialen Fähigkeiten. Passt der oder die Bewerberin zu unseren Werten? In unsere Unternehmenskultur? Glauben wir, dass die Person bei uns erfolgreich wird? Mein Fokus liegt vor allem auf den Soft Skills der Person.

Welche Antwort eines/einer BewerberIn hat Sie am meisten überrascht?

Nicht unbedingt überrascht, aber ich mag es grundsätzlich gerne, Menschen etwas aus der Reserve zu locken. So erfährt man am meisten über die Persönlichkeit und den Menschen hinter der Bewerberfassade. Wenn die Person dann so ein Feuer in die Augen bekommt, weiß ich: Das ist ein Mensch, mit dem ich zusammenarbeiten und gemeinsam Herausforderungen im Unternehmen lösen möchte. Das sind die schönsten Momente im Bewerbungsgespräch.

Warum ist ein Bewerbungsgespräch keine Einbahnstraße?

Als Arbeitgeber stehen wir in Konkurrenz zu vielen anderen Unternehmen. Das bedeutet, auch wir bewerben uns beim Kandidaten. Wir müssen die Person von uns begeistern. Da spielt auch das Thema Wertschätzung eine große Rolle. Das kann sich alleine dadurch ausdrücken, dass ich der Person ausreichend Zeit für Fragen gebe, die viele Bewerber schon vorbereitet haben. Daher sollte ein Bewerbungsgespräch immer ein Dialog auf Augenhöhe sein. Nur so können beide Parteien beurteilen, ob es wirklich passt. Das erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Arbeitsverhältnis lange hält.

Stellen Sie manchmal auch gezielt Fang- oder Stressfragen?

Ich bin überhaupt kein Freund von stereotypischen Fragen. Damit erhält man nur Standard-Antworten, die im schlimmsten Fall einfach auswendig gelernt wurden. Man muss ja immer bedenken: Für einen Bewerber ist so ein Gespräch an sich schon eine Stresssituation. Deshalb geht es mir darum, eine lockere, offene Gesprächsatmosphäre zu schaffen, in der sich der Bewerber wohlfühlt und sich öffnen kann.

Wann leuchtet bei Ihnen im Kopf die rote Warnlampe?

Ein Unternehmen ist immer eine Organisation, die nur als Gemeinschaft funktioniert. Man braucht Menschen, die sich engagieren, die für ihre Ideen und für ihre Leidenschaft kämpfen. Aber wenn ich merke, dass eine Person nur auf sich selbst fokussiert ist und eben diese Teamdynamik nicht mitträgt, ist das für mich ein absolutes Warnsignal.

Wann ist es ein Match?

Der größte Indikator dafür ist, wenn die Leute ein richtiges Feuer in den Augen haben. Wenn sie für ihre fachlichen Themen brennen. Oft sieht man es den Leuten schon direkt an, ob sie die notwendige Energie mitbringen, um Dinge zu verändern und voranzutreiben. Diese Begeisterung spüre ich in allen Bereichen unseres Unternehmens. Deshalb brauchen und suchen wir Kandidaten, die ebenfalls Leidenschaft mitbringen.

Manchmal passt es einfach nicht. Wieviel Zeit nehmen Sie sich für eine Absage?

In fortgeschrittenen Bewerbungsprozessen ist es uns wichtig, uns die Zeit für ein persönliches Gespräch zu nehmen. So bieten wir dem Bewerber die Gelegenheit, nachzufragen und die Gründe der Absage zu erfahren. Dabei erhält er von uns ganz offenes Feedback. Das sind wir jemandem schuldig, der viel Zeit in uns investiert hat.

Welche Rolle spielen Zeugnisse wirklich?

Bei langjähriger Berufserfahrung spielen Schulzeugnisse für mich keine Rolle mehr. Dafür hat der Kandidat in der Regel schon mehrere Arbeitszeugnisse, die er vorlegen kann. Dabei achte ich aber nicht auf jedes einzelne Zeugnis, sondern vielmehr auf die Konsistenz der Zeugnisse. Wenn sie einen tollen Gesamteindruck vermitteln, aber eines davon etwas negativer klingt, war es in diesem speziellen Arbeitsverhältnis eben kein Match. Das ist aber vollkommen in Ordnung, solange eben der Gesamteindruck positiv bleibt.

Würden Sie sich als Bewerber gerne sich selbst gegenüber sitzen?

Ich bin grundsätzlich jemand, der sehr offen und direkt ist. Damit kann ich auch sehr gut umgehen – vor allem, wenn ich sehe, dass ehrliches Interesse dahintersteckt.

Welche Rolle spielt Social Media im Recruiting?

Social Media ist mittlerweile das Nonplusultra. Moderne Recruiting-Kampagnen sind kaum noch denkbar, ohne die eigene Social-Media-Präsenz miteinzubeziehen. Der Trend geht auch immer mehr hin zu sehr kurzen, knackigen One-Click-Bewerbungen. Das erzeugt zwar mehr Aufwand für uns, weil wir Lebenslauf und Zeugnisse nachfordern müssen. Aber für den Bewerber ist es natürlich sehr einfach und bequem. Daher ist Social Media eine der schnellsten Möglichkeiten, wie man mit seinen Bewerbern in Kontakt treten kann.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen im Recruiting?

Eine der größten Herausforderungen besteht sicher darin, qualifizierte IT-Kräfte zu finden. Davon gibt es leider viel zu wenig, auch weil Unternehmen immer abhängiger davon werden und der Bedarf natürlich wächst. Darüber hinaus spüren auch wir den demografischen Wandel. Es wird immer schwerer, junge Leute zu finden, die eine Ausbildung machen möchten. Darauf müssen wir uns als Unternehmen einstellen und den Einstieg für junge Talente so gestalten, dass sie richtig Lust darauf haben, zu uns zu kommen.

Die Fragen stellte Tanja Meckler.

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