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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Interaktive Verpackung erinnert Patienten ans Einnehmen der Medikamente – Innovationskultur bei Faller Packaging

Unternehmen stehen nicht erst seit den Pandemie-Einschränkungen vor enormen Herausforderungen. Schnelldrehender Wandel, durch Globalisierung beschleunigte neue Technologien und anspruchsvollere Kunden sind nur einige der Einflüsse, die zu einem Wissens- und Zeitwettbewerb führen. Es gilt, mit Innovationen zu punkten.
Bereits die vierte Familien-Generation steht mit Michael Faller an der Spitze von Faller Packaging. ©BrittSchilling

Von Gerd Lache | 09.03.2021

Unsere Erfahrung ist, dass jedes Unternehmen seinen individuellen Weg finden muss, wie es die eigene Innovation lenkt.
Dr. Michael Faller, geschäftsführender Gesellschafter der Faller Packaging Group

Die  Faller Packaging Gruppe gilt im Bereich Innovation als überaus aktiv. 2019 beispielsweise ist das Unternehmen mit dem German Innovation Award ausgezeichnet worden. Seine Neuheit: Eine digitalisierte Faltschachtel überwacht die Anzahl der enthaltenen Tabletten und erinnert den Patienten an die pünktliche Medikamenteneinnahme.

Zuvor hat Faller unter anderem mit der Hochschule Pforzheim mehrere Prototypen von interaktiven Verpackungslösungen entwickelt. Der geschäftsführende Gesellschafter Dr. Michael Faller gibt Einblick in die Innovationsstrategie des Unternehmens. Das Schlagwort Digitalisierung spielt eine wesentliche Rolle.

Herr Dr. Faller, wer ist die Faller Packaging Gruppe?

Unser Hauptsitz befindet sich in Waldkirch bei Freiburg. Daneben verfügt Faller Packaging über Standorte in Binzen und Schopfheim sowie im dänischen Hvidovre, im polnischen Łódź und im ungarischen Debrecen. Zur Gruppe gehört die 2018 gegründete Tochtergesellschaft PackEx in Worms. Diese ist auf die digitale Fertigung von Faltschachteln in Klein- und Kleinstmengen bei Online-Bestellung spezialisiert. Heute sind wir einer der führenden Hersteller für Pharma-Verpackungen auf dem europäischen Markt.

Gab die Pandemie der Digitalisierungsstrategie einen Schub?

In der Tat hatten wir großes Glück mit dem Timing. Unsere IT-Abteilung hatte ein Projekt zur Einführung von Mircosoft Teams und Sharepoint gestartet. Das konnte das Projektteam wenige Tage vor dem ersten Lockdown auch für unsere internationalen Standorte abschließen. Es ist gar nicht zu beziffern, was uns das gebracht hat. Diese Vorteile werden wir mit Sicherheit auch nach Corona intensiv weiter nutzen.

Faller Packaging entwickelte einen Prototyp von Etiketten für Ampullen und Einmalspritzen, der Tiefsttemperaturen von minus 70 Grad standhalten kann. ©Faller

Corona gilt auch als treibende Kraft für Innovationen. Wie hat sich dies in Ihrem Unternehmen niedergeschlagen?

Die Verpackungsindustrie ist systemrelevant. Ohne Verpackungen können Medikamente weder sicher transportiert, noch gefahrenfrei angewendet werden. Das gilt ganz besonders jetzt, bei der Versorgung der Bevölkerung mit verschiedenen Covid-Impfstoffen. Wenn für solche Impfstoffe Kühlketten bei bis zu minus 70 Grad nicht durchbrochen werden dürfen, stoßen herkömmliche Verpackungslösungen an ihre Grenzen. Wir mussten die Innovation hier also besonders schnell vorantreiben. Durch die enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und Kunden haben wir einen Prototyp von Etiketten für Ampullen und Einmalspritzen entwickelt, der diesen Tiefsttemperaturen standhalten kann.

Welche Auswirkungen auf Ihre Geschäftsentwicklung hatte der Lockdown?

Der Pharmabereich, auf den wir spezialisiert sind, hatte nicht die größten Schwierigkeiten. Dennoch lief auch hier nichts wie gewohnt. Als die ersten Lockdown-Maßnahmen kamen, hat man alles Notwendige getan, um die Lieferfähigkeit aufrecht zu erhalten. Ohne die entsprechende Verpackung können wichtige Medikamente nicht zu den Menschen gelangen. Dazu mussten wir uns intensiv mit unseren Kunden austauschten. Diese haben zu jenem Zeitpunkt all ihre Sicherheitsbestände hochgefahren. Wir mussten also an allen Standorten fast alle Wochenenden durcharbeiten, um die Anfragen und Aufträge abzuarbeiten.

Die Planungen für 2021 sind äußerst schwierig. Wir können nicht abschätzen, wie groß die Wirtschaftsdynamik sein wird.

Führungsteam bei Faller (von links): Dr. Michael Faller, geschäftsführender Gesellschafter, und Geschäftsführer Dr. Daniel Keesman. ©BrittSchilling

Wie krisenfest ist Ihr Unternehmen aufgestellt?

Besonders in der extremen Corona-Phase konnten wir erfreulicherweise sehen, dass unsere Organisation sehr resilient ist. Wir hatten in den vergangenen Jahren immer wieder darüber gesprochen: Wie können wir widerstandsfähiger werden? Wie können wir mit externen Faktoren umgehen, die man nicht beeinflussen kann? Dann kam die Probe aufs Exempel. Wir waren sehr stabil und konnten hohe Produktionszahlen halten. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Mehrbelastung gestemmt. Dafür sind wir ihnen sehr dankbar. Wir konnten dies aber auch durch eine gut organisierte und professionelle Unternehmenskommunikation fördern. Diesen Bereich werden wir weiter ausbauen.

Welche Erkenntnisse aus der Sondersituation nehmen Sie in die Zukunft mit?

Wir haben notwendigerweise neue Dinge gelernt. Nur ein Beispiel: Wir haben mit Kunden eine große Zahl an Video-Workshops gemacht. Das wäre vor rund einem Jahr noch unvorstellbar gewesen. Wir haben Messeauftritte abgesagt und virtuelle Messestände aufgebaut. Wir haben Bewerbungsgespräche per Video geführt und unsere Auszubildenden über die Distanz weiter betreut. Selbst die im Pharmabereich vorgeschriebene Audits wurden teilweise virtuell durchgeführt. Viele dieser Dinge, davon bin ich überzeugt, werden bei uns über Corona hinaus Bestand haben.

Welchen Stellenwert nimmt Innovation in Ihrem Unternehmen grundsätzlich ein?

Innovation ist eine von drei  Säulen  unserer Unternehmensstrategie. Dem tragen wir auch in unserer Unternehmensidee Rechnung:  Gesundheitsversorgung neu denken und digital managen. Dieser Bereich macht auch einen Großteil unserer Investitionen aus. In den vergangenen drei Jahren waren das über 40 Million Euro. Diese sind unter anderem in die Anschaffung modernster Maschinen geflossen, aber auch in die Erprobung wegweisender neuer Produktionsverfahren. Dazu haben wir 2018 das Startup PackEx in Worms gegründet. Hier wird beispielsweise erstmals Lasertechnologie als werkzeugloses Stanzverfahren bei Faltschachteln eingesetzt. Außerdem haben wir hier alle Abläufe von der  Bestellung bis zur Produktion digitalisiert.

Die Beschäftigten bei Faller Packaging stemmen die Mehrbelastung während der Corona-Pandemie. ©Faller

Die Prozessinnovation stand demnach vor der Produktinnovation?

Tatsächlich lag der Schwerpunkt in den letzten Jahren auf der Prozessinnovation. Wir bemühen uns aber unentwegt, die Produktinnovation voranzutreiben. Das ist nicht immer einfach, da die Pharmaindustrie in Bezug auf ihre Verpackungen keinem kontinuierlichen Innovationsdruck unterworfen ist. Dieser entsteht meist erst, wenn sich gesetzliche Regelungen ändern, wie zum Beispiel Anfang 2019, als das Anti-Fälschungssystem SecurPharm eingeführt wurde.

Aktuell ist die Notwendigkeit, die ökologischen Auswirkungen von Verpackungen zu minimieren, in der Gesellschaft zu Recht ein großes Thema. Gemeinsam mit dem Maschinenhersteller Syntegon arbeiten wir daran, den Plastikeinsatz bei der bruchsicheren Verpackung von Spritzen und Ampullen auf null zu reduzieren.

Eine weitere Besonderheit Ihres Unternehmens ist die enge Verknüpfung von Marketing und Innovation – aus welchem Grund?

Die Abteilung Marketing & Corporate Communications moderiert in unserem Unternehmen den Innovationsprozess. Für Innovation sind im ersten Schritt immer ein freier Fluss von Informationen und ein Wissensaustausch notwendig. Und diese Abteilung ist naturgemäß ein Knotenpunkt für Information, an dem alles Wissen zusammenläuft. Die eigentliche Entwicklung und Umsetzung übernehmen dann die entsprechenden Fachabteilungen.


Faller Packaging

Die Gruppe beschäftigt insgesamt mehr als 1.300 Mitarbeiter, die meisten davon am Hauptsitz in Waldkirch bei Freiburg. Der Umsatz der Unternehmensgruppe steigt beständig und erreichte 2019 mit 145 Millionen Euro ein neues Rekordhoch.   Nach einer strategischen Ausrichtung 2019 wurden die Weichen für eine digitale Zukunft gestellt und der Name zugleich in Faller Packaging geändert.

Seit mehr als 30 Jahren ist das Unternehmen nach eigenen Angaben auf maßgeschneiderte Komplettlösungen für pharmazeutische Sekundärpackmittel spezialisiert und bietet Faltschachteln, Packungsbeilagen, Etiketten und Kombiprodukte aus einer Hand. Dabei entwickelt und produziert Faller sowohl Standardprodukte als auch Sonderanfertigungen nach Kundenwunsch.

Dr. Michael Faller führt das Unternehmen in der vierten Familien-Generation. Sein Urgroßvater August Faller hatte 1882 eine Steindruckerei in Waldkirch gegründet, die Briefbögen, Postkarten und Getränkeetiketten herstellte.

Die Faller-Gruppe ist Mitglied im Wirtschaftsverband wvib Schwarzwald AG. gel

https://www.faller-packaging.com/de/


Faller Packaging auf Sozialen Medien

„Wir sind nicht auf allen Plattformen vertreten und wenden uns sehr bewusst an verschiede Zielgruppen“, sagt geschäftsführender Gesellschafter Michael Faller. In Bezug auf das Unternehmensimage und Employer Branding seien LinkedIn und Xing die wichtigsten Kanäle. Auf Facebook seien viele der Beschäftigten und deren Umfeld aktiv. Außerdem kämen von dort häufig spannende Bewerbungen. „Wir beobachten aber auch andere Plattformen und entwickeln Strategien, um jüngere potenzielle Bewerber noch besser erreichen zu können“, sagt der Unternehmenschef. gel


Dieser Beitrag von Gerd Lache ist neben weiteren Interviews und Berichten im Jubiläums-Heft des Wirtschaftsverbandes wvib Schwarzwald AG anlässlich seines 75-jährigen Bestehens nachzulesen.

PDF-Download: http://media.badische-zeitung.de/adserver/2021/Beilage-Wirtschaft-01.pdf

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