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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Im Spannungsfeld zwischen Öffnung, Lieferengpass und Mutation

„Einer konjunkturellen Erholung beim Handel und in den kontaktintensiven Dienstleistungsbereichen bis Ende 2021 steht nichts mehr im Wege“, prognostiziert Dr. Timo Wollmershäuser vom ifo-Institut. Unterdessen warnt ifo-Chef Clemens Fuest einige Tage nach der Prognose vor den Folgen der Delta-Variante des Corona-Virus.
Dr. Timo Wollmershäuser, Leiter der ifo-Konjunkturprognosen. ©ifo

Von Gerd Lache | 20.06.2021

Volkswirtschaftsprofessor Clemens Fuest, Präsident des Münchner Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo, hat in einem Interview mit dem Nachrichtenportal t-online vor einem Rückschlag bei der Konjunkturerholung gewarnt, sollten die Infektionszahlen aufgrund der Corona-Mutation erneut steigen. „Die Delta-Variante ist eine ernstzunehmende Gefahr für die deutsche Wirtschaft“, sagte Fuest dem Nachrichtenportal. Zumindest würde sich die Erholung verzögern.

Schon zuvor hat sein Kollege Timo Wollmershäuser, Leiter der ifo-Konjunktur-Prognosen, erklärt, dass sich die kräftige Erholung, ausgelöst durch die Öffnungen, etwas weiter nach hinten verschieben werde, als die Ifo-Experten noch im Frühjahr erwartet hatten.

Das Münchner ifo-Institut geht von einem Wachstum von 3,3 Prozent Wachstum und damit 0,4 Prozentpunkte weniger als noch im März aus. Allerdings ohne Berücksichtigung eines Ausbruchs der Delta-Variante. Es erhöhte seine Vorhersage für das kommende Jahr um 1,1 Punkte auf 4,3 Prozent. Timo Wollmershäuser erklärt: „Kurzfristig dämpfend wirken vor allem die Engpässe bei der Lieferung von Vorprodukten.“ Neu hinzu gekommen ist nun die Befürchtung von ifo-Chef Fuest, wonach die Mutation möglicherweise zu einem Rückschlag oder einer weiteren Verzögerung führen könnte.

Der künftigen Bundesregierung gibt Fuest schon jetzt auf den Weg, dass Steuererhöhungen das Wachstum der deutschen Wirtschaft abwürgen könnten.

Nachfolgend die jüngsten ifo-Konjunkturprognosen, die von Timo Wollmershäuser in einer Online-Pressekonferenz vorgestellt worden sind.

Die Kosten der Coronakrise für die Jahre 2020 bis 2022 belaufen sich dem Institut zufolge auf 382 Milliarden Euro. Dabei werde angenommen, dass die deutsche Wirtschaft in dieser Zeit mit durchschnittlich 1,2 Prozent jährlich gewachsen wäre.“

Mit der kräftigen Erholung dürfte die Zahl der Kurzarbeitenden, die noch 2,3 Millionen im Mai betrug, rasch sinken und kommendes Jahr ihr Vorkrisenniveau erreichen, das bei etwa 100.000 lag, führt Wollmershäuser weiter aus. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte etwas langsamer zurückgehen von 2,70 Millionen (5,9 Prozent) im vergangenen Jahr auf 2,65 (5,8 Prozent) in diesem und 2,40 Millionen (5,2 Prozent) im kommenden Jahr. Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte leicht steigen, von 44,82 Millionen auf 44,86 in diesem Jahr und auf 45,42 im kommenden Jahr.

Die Inflationsrate wird sich laut ifo vorübergehend beschleunigen, von plus 0,6 Prozent im vergangenen Jahr auf plus 2,6 Prozent in diesem. „Dazu tragen vor allem höhere Energiepreise und die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer bei“, heißt es. Danach flache sich der Anstieg der Verbraucherpreise wieder ab auf plus 1,9 Prozent im Jahre 2022.

Das Finanzierungsloch des Staates weite sich  im Wahljahr 2021 zunächst noch geringfügig aus, und zwar auf 150,4 Milliarden Euro, nach 149,2 im Vorjahr. 2022 werde es voraussichtlich kräftig zurückgehen auf dann nur noch 49,6 Milliarden Euro. „Das hängt aber ab vom Wahlergebnis“, so der ifo-Prognose-Chef.

Der Außenhandel werde deutlich zulegen: Plus 10,4 Prozent der Exporte in diesem Jahr nach minus 9,4 Prozent 2020 – und sogar plus 11,4 Prozent der Importe nach minus 8,4 Prozent im Vorjahr.

2022 würden die Zuwächse kleiner, plus 5,6 Prozent der Exporte und plus 7,3 Prozent der Importe. „Daher schrumpft der viel kritisierte Überschuss der deutschen Leistungsbilanz von 231 über 206 auf 184 Milliarden Euro“, sagt Wollmershäuser. Das seien 7,0 und 5,8 sowie 4,9 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung. Damit wäre der Überschuss erstmals seit Jahren unter der Marke von 6,0 Prozent, die die Europäische Union für kritisch halte.

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