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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Irène Kilubi: Generationenkonflikt? Pfeif auf das Alter!

In ihrem Buch „Du bist mehr als eine Zahl - Warum das Alter keine Rolle spielt“ setzt sich die promovierte Wirtschaftsingenieurin, Unternehmensberaterin und Keynote Speakerin dafür ein, dass ein generationenübergreifendes Miteinander in Unternehmen und im sozialen Alltag gelingt. Irène Kilubi räumt mit Vorurteilen auf, wie „die Jugend ist faul und nicht belastbar“ oder „die Alten sind dominant und besserwisserisch“. Die Autorin kennt Methoden und Tools, damit eine gute Zusammenarbeit in der Arbeitswelt ganz praxisnah funktionieren kann.
Die Gründerin der Social-Impact-Initiative „JOINT GENERATIONS“ weiß, wie der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den Generationen nachhaltig verbessert werden kann: Irène Kilubi. Foto: Thomas Dashuber

15.03.2023

„Ich kenne Menschen, die erst mit 50 richtig Gas gegeben haben. ... Und ich kenne Menschen, die mit 20 über eine enorme Reife und Weitsicht verfügen. Mir gibt das Auftrieb und Kraft für meinen ganz eigenen Lebensweg.“
Irène Kilubi

von Mirjam Müller

„Vergiss nicht, woher du kommst. Sei stolz, was du aus dir gemacht hast. Freue dich auf die Reise, die vor dir liegt.“ Diese Lebensdevise von Irène Kilubi zeigt deutlich, mit welcher Stärke die Autorin durchs Leben geht. Kilubi war noch ein Kind, als sie mit ihrer Mutter und dem Vater nach Deutschland flüchtete. Während ihr Vater nach Afrika zurückkehrte, blieb die Mutter mit dem Mädchen, der jüngeren Schwester und dem noch ungeborenen Bruder in einem Vorort von Bonn. Mit diesen Erfahrungen im Gepäck musste sich die Autorin früh behaupten. Statt sich zu verstecken, stemmte sie sich mutig gegen Hänseleien und Ausgrenzungen.

Ich gab mir das Versprechen: Niemals werde ich zulassen, dass mich irgendwer oder irgendwas davon abhalten wird, meinen Weg zu gehen, nur weil ich nicht in sein*ihr Raster passe.

Irène Kilubi, als sie an ihrem 10. Geburtstag von der Direktorin eines Mädchen-Gymnasiums aufgrund „instabiler Herkunfts-Verhältnisse“ nicht aufgenommen wurde.

Mit dem Eintritt ins Berufsleben wurde ihr schnell klar, dass sie nicht nur als Person of Color für Irritationen sorgte, auch spielte ihr Geschlecht – und vor allem ihr zartes Alter eine zentrale Rolle. Sätze wie: „Bist du nicht zu jung und unerfahren für diesen Job?“ spornten die junge Frau hingegen nur noch mehr an. Vielleicht wurde damals der Grundstein gelegt für ihr Buch „Du bist mehr als eine Zahl – Warum das Alter keine Rolle spielt“.

Das Buch „Du bist mehr als eine Zahl – Warum das Alter keine Rolle spielt“ ist am 29. Februar 2024 im Murmann Verlag erschienen.

Kilubi ist überzeugt: Passion, Potenzial und Persönlichkeit wiegen stärker als das Alter. Anhand zahlreicher lebensnaher und praktischer Beispiele aus ihrer langjährigen Erfahrung, Statements und Reaktionen aus ihrer Community, erläutert sie, wie zukunftsweisende Modelle ganz konkret funktionieren und wie eine vorurteilsfreie, starke Arbeitswelt aussieht.

Wir kennen Diskriminierungen bezüglich sozialer Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung oder dem Aussehen. Sie bringen in Ihrem Buch ein weiteres Diskriminierungsmerkmal zur Sprache: das Alter. Wo und wie zeigt sich das?

Irène Kilubi: Das Spannende ist: Alter ist das einzige Diskriminierungsmerkmal, das uns alle betrifft. Hautfarbe, Geschlecht oder sexuelle Orientierung betreffen immer nur einen Teil der Gesellschaft. Ageism (Benachteiligung von älteren Menschen) und Adultism (Benachteiligung von jungen Menschen) können uns allen im Leben einmal begegnen. Und gerade im Berufsleben stoßen wir erstaunlich oft auf konkrete Fälle – zum Beispiel in Stellenanzeigen, wo »junge AbsolventInnen« oder »erfahrene ManagerInnen« gesucht werden.

Ihr Buch trägt den Button „Action Book“. Was erwartet die LeserInnen?

Irène Kilubi: Ich will nicht nur beschreiben und analysieren. Das ist gerade beim Generationenthema schon zu Genüge getan worden. Ich will echte Veränderung anstoßen. Ich möchte, dass die nächsten Generationen nicht mehr mit denselben Vorurteilen aufwachsen müssen und wir die ewig gleichen Debatten führen. Und Veränderungen stößt man am besten über ganz konkrete Methoden und Tools an, die Menschen in ihrem Arbeits- oder Privatleben anwenden können.

Babyboomer, Golfer (Gen X), Millenials (Gen Y), Digital Natives (Gen Z), Alphas – trennen diese Begriffe die Generationen nicht eher, als dass sie zusammenführen?

Irène Kilubi: Ich plädiere dafür, möglichst auf Pauschalisierungen und Verallgemeinerungen zu verzichten – mitunter empfehle ich Organisationen sogar, Begriffe wie Babyboomer oder Gen Z komplett aus dem Unternehmensvokabular zu streichen. Gleiches gilt übrigens für wertende Zuschreibungen wie „Grünschnabel“ oder „Alter Haudegen“. Paradoxerweise ist es manchmal aber sogar hilfreich, mit genau diesen Begriffen zu arbeiten – denn nur dann erkennen wir die eigenen Vorurteile und sind in der Lage, sie zu reflektieren.

Führungskräfte und PersonalerInnen geben oftmals Menschen den Vortritt, die ihnen ähnlich sind. Worauf sollten EntscheiderInnen bei Stellenausschreibungen und Bewerbungsgesprächen stattdessen sensibilisiert werden?

Irène Kilubi: Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass heterogene Teams besser performen als ihre homogenen Pendants. Je diverser die Sichtweisen auf ein Projekt, eine Idee oder ein Produkt sind, desto besser können die entsprechenden Bedürfnisse mit den Zielgruppen abgeglichen werden. Führungskräfte tun also gut daran, sich nicht nur kleine „Mini-Mes“ heranzuziehen, sondern möglichst den Blick auf die Fähigkeiten der Person zu fokussieren und zu schauen, welche vorhandenen Wissens- und Kompetenzlücken die Person im Unternehmen schließen kann.

Der Fachkräftemangel ist ein großes Problem. Mitarbeitende kündigen, neue sind nicht in Sicht. Worin liegen Ihrer Erfahrung nach die Gründe für die angebliche Wechselwilligkeit?

Irène Kilubi: Das sogenannte »Jobhopping«, also das häufige und wiederholte Wechseln zwischen verschiedenen Jobs, ist keinesfalls per se ein Phänomen der Generation Z. Es hat weniger mit dem Alter, sondern eher mit einem gestiegenen Selbstbewusstsein von ArbeitnehmerInnen zu tun, die – Stichwort ArbeitnehmerInnenmarkt – nun selbstbewusster Forderungen an Unternehmen stellen und Missstände nicht länger hinnehmen. Dieses neue Selbstbewusstsein finde ich selbst absolut begrüßenswert, weil es auch Möglichkeitsräume für Veränderungen in der Arbeitswelt eröffnet. Denn der Status Quo ist oft selbst extrem widersprüchlich: Unternehmen wollen innovative, flexible und agile Mitarbeitende, gleichzeitig sollen diese aber dankbar, demütig und ausharrend sein. Dass diese Rechnung nicht aufgeht, liegt auf der Hand.

Gab es bei Ihren Recherchen zum Buch ein Erlebnis oder Zitat, das Sie am meisten beeindruckt oder überrascht hat?

Irène Kilubi: Ich will gar nicht so sehr auf ein einziges Zitat oder Erlebnis fokussieren. Was mich nachhaltig beeindruckt hat, ist die Bandbreite der Personen, die das Thema Altersdiversität umtreibt. Egal ob PolitikerIn, GründerIn, HR-lerIn in Konzernen oder JournalistIn – alle haben den Stellenwert des Themas erkannt und sind selbst bereits in der Umsetzung. Das macht mir für mein Anliegen sehr viel Mut und Zuversicht.

Welche Unterstützung hätten Sie sich als jüngeres Ich gewünscht?

Irène Kilubi: Bis zum Alter von 14 habe ich in Geflüchtetenheimen gelebt, sie waren mal mehr, mal weniger spartanisch. Und doch hat es mir an nicht viel gefehlt. Allerdings war ich bei allen Themen rund um Karriere und Beruf oft auf mich allein gestellt – auch, weil es kaum Unterstützungsangebote gab. Ich musste alles selbst rausfinden, mich rantasten und zahlreiche Hürden nehmen. Das gleiche gilt für das Thema Finanzen. Hier würde ich mir wünschen, dass es mehr institutionalisierte Angebote gibt.

Was war der beste Ratschlag, den Sie jemals bekommen haben?

Irène Kilubi: Überlege dir bei jedem Satz, den du sagst oder schreibst, ob er für die Zuhörenden oder die LeserInnen einen Mehrwert hat. Falls nicht: Streiche ihn!

Vielen Dank für das offene Gespräch, viel Erfolg mit Ihrem Buch und weiterhin die Leidenschaft und Energie, die es braucht, um andere zu inspirieren!

Über die Autorin

Irène Kilubi ist Unternehmerin, Multi-Beirätin sowie Hochschuldozentin und hat für namhafte Unternehmen wie BMW, Deloitte, Siemens und Amazon gearbeitet. Nach vielen beruflichen Stationen folgt sie jetzt ihrer ganz persönlichen Leidenschaft und widmet sich den Themen JOINT GENERATIONS, Community Building und Corporate Influencer Strategie. Sie ist Universitätsdozentin für Digitales Marketing und Entrepreneurship sowie eine gefragte Keynote Speakerin und Moderatorin auf Konferenzen und Veranstaltungen. Sie erhielt im Juli 2023 den Audience Award beim Impact of Diversity Award und wurde 2023 zu den Top 100 Women für Diversity von Beyond Gender Agenda und 2022 von w&v zu den Top 10 Expert*innen für Brand Communities gewählt. Sie wurde während der Kampagne „Innovationsland Deutschland“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als „Die Frau, die Changemaker zusammenbringt“ betitelt.

Quelle: Murmann Verlag

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