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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Der Tiny Häuslebauer aus Karlsbad-Ittersbach

In einer Werkstatt in Karlsbad Ittersbach schafft Steffen Zimmermann Träume. Der Traum von einem Zuhause, das nicht viel Raum einnimmt, aber viel Freiheit bietet. Steffen Zimmermann baut Tiny Häuser – nebenberuflich.
Nebenberuflich verwirklicht er seine Vision von einem minimalistischen Leben. In Karlsbad Ittersbach baut Steffen Zimmermann Tiny Häuser. Foto: Sandra Gallian

15.04.2024

„Ich komme vom Baubereich, aber ein großes Haus war mir viel zu teuer – da dachte ich, das kriege ich selbst irgendwie besser hin und auch günstiger. Ich habe keine Ausbildung als Schreiner und kein Handwerk gelernt im klassischen Sinne. Aber schon als Kind habe ich gerne Baumhäuser gebaut. Also dachte ich mir, das probiere ich einfach aus."
Steffen Zimmermann, Tiny Häuslebauer

von Sandra Gallian

Für Zimmermann geht es nicht darum, groß zu leben, sondern gut. Seine Leidenschaft gilt den Tiny Häusern – kleinen Wohnräumen mit maximalem Komfort. Bislang kann er vom Häusle bauen alleine nicht leben. Er hat noch eine Teilzeitstelle bei der Stadt Karlsruhe, diese gibt ihm ein Sicherheitsgefühl.

Steffen Zimmermann kommt ursprünglich aus dem Westerwald und lebt nun im Nordschwarzwald. Der gelernte Bauzeichner und studierte Bauwirtschaftsingenieur hat 2019 alles verkauft, um mit dem Rucksack mindestens ein halbes Jahr Südostasien zu bereisen. Durch Corona war der Reisetraum leider frühzeitig zu Ende. So stand der Reiserückkehrer mit einem Rucksack und der Idee vom Bau eines Eigenheims wieder in Deutschland. Aber es sollte kein klassisches Haus sein. „Ich habe alles, was ich besitze, bei mir, und könnte jederzeit damit woanders hinfahren. Das war mir wichtig und gibt mir ein riesengroßes Gefühl von Freiheit.” Ein festes Haus wäre ihm ein Klotz am Bein. So war die Idee zum eigenen Tiny Housebau geboren.

Steffen Zimmermann in seiner Werkstatt in Karlsbad Ittersbach, hier baut er Tiny Häuser. Foto: Sandra Gallian

Sein erstes Tiny House

Zimmermann, mit seiner Expertise im Bauwesen, entschied sich, selbst Hand anzulegen. Ohne formelle Ausbildung als Schreiner wagte er sich an sein erstes Tiny House. Es war eine Reise ins Unbekannte, aber auch eine Rückkehr zu seinen kindlichen Wurzeln, als er noch Baumhäuser baute. Von Null startend, begann Zimmermann, seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. „Ich hatte eigentlich gar keine Ideen und habe mir erst einmal angeschaut, was man überhaupt so bauen kann und darf. Was kann man auf so ein Hänger packen?“

Mit Hilfe seines Onkels, einem erfahrenen Schreiner, und unermüdlichem Engagement, nahm sein Projekt Form an. Er durchbrach die Grenzen des Konventionellen und wagte es, sein eigenes Konzept zu entwickeln. Zuerst wurde das Haus in einem 3-D Programm am Computer geplant. Durch seine Recherche standen die Rahmenbedingungen fest. Das Haus durfte maximal dreieinhalb Tonnen wiegen und nicht breiter sein als 2,55 m, weil die Straßenverkehrsordnung das so vorschreibt, wenn man das Haus später einmal bewegen möchte. Die Höhe sollte zudem 4 m nicht überschreiten, gemäß des LKW-Maßes.

Zimmermann wollte kein Camping-Gefühl, sondern den Komfort eines echten Zuhauses. Wasseranschlüsse, Elektrik, sogar eine Fußbodenheizung – Zimmermann schaffte sich einen Wohnraum, der auf kleinstem Raum maximalen Wohnkomfort bietet. „Wenn ich schon auf so kleinem Raum wohne, dann will ich auch möglichst viel Luxus drin haben.”

Zimmermann ist die Qualität bei seinem Tiny-Hausbau enorm wichtig. „Ich bin manchmal ein bisschen zu perfektionistisch, so dass ich eine Wand lieber dreimal baue, bis sie meinen Ansprüchen entspricht. Aber meine Kunden schätzen genau das. Billig kauft man nämlich oft doppelt.“ Die Materialien, die er verwende, seien allesamt sehr hochwertig.

Beim Innenausbau muss an vieles gedacht werden. Foto: Sandra Gallian

Das De Luxe Modell ist zum Beispiel zusätzlich mit einer Fußbodenheizung ausgestattet und mit smarten Leuchtmitteln, die sich per App steuern lassen. Das Luxus-Häuschen kann man für rund 90.000 Euro erwerben. Eine abgespeckte Variante für 80 000 Euro.

Für Zimmermann ist das Tiny House eine Lebensphilosophie. Foto: Sandra Gallian

Dafür bekommt man deutsche Wertarbeit mit viel Liebe zum Detail und der Möglichkeit der Individualisierung. Wer nur auf das Geld schaut, geht auch gerne mal ins Ausland, so Zimmermann. Dort seien die kleinen Häuser oft günstiger zu bekommen und auch schneller. Aber dafür habe man andere Nachteile. Zimmermanns Kunden kommen meist aus der näheren Umgebung. Sie profitieren von einem sehr persönlichen Service. Zimmermann ist auch gerne mal in kürzester Zeit an Ort und Stelle, wenn ein Kunden ein Anliegen hat.

Das Leben im Tiny House

Heute lebt Zimmermann mit seiner Familie in seinem selbstgebauten Tiny House. Jeder Quadratmeter ist durchdacht, jeder Winkel genutzt. Er weiß, welche Materialien optimal sind zur Dämmung und er kennt sich mit der Belüftung aus, damit keine Feuchtigkeit oder Schimmel entstehen. Mit dem vorhandenen Raum von 25 m², den er mit Frau und Kleinkind teilt, geht Zimmermann sehr pragmatisch um. Wenn etwas Neues angeschafft wird, dann wird etwas altes entsorgt. Alles, was in einem Jahr nicht benutzt worden ist, wird herausgenommen und weggegeben. Was er allerdings unterschätzt hatte war die Suche nach einem geeigneten Stellplatz, die gestaltete sich doch schwierig, in einem Land, das noch immer skeptisch gegenüber dieser Wohnform ist.

„Das Gute war aber, dass ich offen war. Durch meine vorherige Reise war ich mobil und auf keinen bestimmten Ort festgelegt. Ich wäre auch nach Hamburg oder München gezogen“, erzählt Zimmermann. Schließlich fand er einen Platz auf einem Campingplatz in Waldbronn, der seinen Vorstellungen entsprach. Der Campingplatz stellte bereits eine kleine Siedlung mit Menschen, die dort ihren Erstwohnsitz besitzen.

Seine KundInnen kommen aus allen Altersklassen und Schichten, vereint durch den Wunsch nach einem Leben mit weniger Ballast und mehr Freiheit. Allen gemeinsam sei, dass sie die finanzielle Belastung von Haus- oder Mietwohnungskosten nicht mehr tragen wollen. Eine minimalistische Lebenseinstellung und die Liebe zur Natur seien ebenfalls ein gemeinsamer Faktor. Dazu käme oftmals auch der Wunsch nach einem Leben mit Gleichgesinnten in einer Gemeinschaft. Als Bespiel nennt Zimmermann die ältere Bewohnerin eines Tiny Hauses, für die jüngere Bewohner auch gerne einmal den Einkauf erledigen. Im Gegenzug passe die Dame dann auf deren Kinder auf.

Bewegt werden kann das Tiny House jederzeit. Notwendig dafür sind lediglich ein zugstarkes Fahrzeug und einen entsprechenden Führerschein. Foto: Steffen Zimmermann

Kundenwünsche: Ein Terrarium im Tiny House

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal von Zimmermanns Hausbau ist die Erfüllung besonderer Kundenwünsche. So hat er für eine Kundin sowohl ein großes Terrarium im Eingangsbereich als auch ein Aquarium im Badezimmer eingebaut. Für dieses fand sich thematisch passend ein Platz in der Wand zur Dusche. „Das Licht und das Wasser zusammen ergeben echt eine echt coole Atmosphäre.”

In dieses Tiny House hat Steffen Zimmermann ein Terrarium integriert. Foto: Zimmermann

Für Zimmermann ist das Tiny House mehr als nur ein Wohnraum. Es ist eine Lebensphilosophie, eine Verpflichtung gegenüber der Natur und der Zukunft. Er träumt von einer Welt, in der Tiny Häuser nicht nur geduldet, sondern gefördert werden. Denn seiner Meinung nach bieten die kleinen Häuser nicht nur eine Alternative zum konventionellen Wohnen, sondern auch eine Chance für eine nachhaltige Zukunft.

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