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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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„Bloßes Schreddern ist die mit Abstand schlechteste Lösung“

Es lief nicht wie geplant: Der Vortrag bei der TraFoNetz-Lounge im Tutto Vino in Freudenstadt kam bei den Zuhörenden der öffentlichen Veranstaltung gut an. Allerdings bat der Referent überraschend um Anonymität seiner Person und seines Unternehmens. Wir respektieren das. Und weil Journalisten agil sind, hat der beauftragte Medien-Kollege zum Referatsthema „Wohin mit den ausgedienten Traktionsbatterien aus Elektrofahrzeugen?“ bei namhaften Experten recherchiert. Nachfolgend der nicht minder interessante „Ersatz-Bericht“.
Mit einem spannenden Vortragsthema hatte das Automotive-Projekt TraFoNetz zur Transformations-Lounge ins Tutto Vino nach Freudenstadt eingeladen: Was passiert mit den sogenannten Traktionsbatterien der E-Autos, wenn sie verbraucht sind? ©Foto:GerdLache

Von Robin Daniel Frommer | 11.03.2024

Vordenker wie Prof. Dr. Dr. Harald Neudorfer, (TU Wien), sehen Traktionsbatterien, die für den Vortrieb von Elektromotoren in E-Fahrzeugen  sorgen, als zentralen Kostenfaktor der Elektromobilität. Er und einige seiner Kollegen propagieren daher statt des Kaufs das Leasing von Akkumulatoren, wodurch sich der Anschaffungspreis von E-Neuwagen spürbar senken ließe.

Bei der TraFoNetz-Lounge im Tutto Vino in Freudenstadt ging es um das Ende des Lebenszyklus von Batterien, die in einem E-Auto den Motor mit elektrischer Energie versorgen. ©Foto:GerdLache

Nach Publikationen des Fraunhofer-Instituts, sind „alleine in Europa aktuell 40 Battery Gigafactories im Bau oder in Planung“. Die großangelegte industrielle Fertigung von Lithium-Ionen-Batterien wird gegenwärtig in den technologisch führenden Ländern in rasantem Tempo vorangetrieben. Industrielle Verfahren für ihr nachhaltiges Recycling sind bislang Zukunftsmusik.

 Doch der Lebensdauer von Akkumulatoren sind Grenzen gesetzt – schon deshalb müssen tragfähige technische Lösungen für die Wiederverwertung rarer Wertstoffe aus Lithium-Ionen-Batterien gefunden werden und gleichzeitig Wege für die nachhaltige Entsorgung von nicht weiter recyclebaren Reststoffen geebnet werden.

Auch Batterien in Elektroautos sind nicht ewig haltbar und müssen am Ende möglichst umweltfreundlich versorgt werden. ©Foto:GerdLache

Ein fraglos anspruchsvolles Ziel, das nur erreicht werden kann, wenn eine Vielzahl unterschiedlichster Hürden gemeistert wird. Hier nur einige Beispiele: Zur überbordenden automobilen Modellvielfalt kommen unterschiedlichste unfallbedingte Deformationen an den ausrangierten Fahrzeugen und an deren Batterien. Hinzu kommen limitierende regulatorische Anforderungen in Deutschland, Japan und in den USA und, parallel dazu, das bislang völlige Fehlen eines neu konzipierten Designs, das die Belange eines nachhaltigen Recyclings – von Anfang an – berücksichtigt.

Thomas Reutter beim ARD-Thementag. Screenshot:RobinDanielFrommer

Ebenfalls kritisch zu sehen ist  der inflationär breite Einsatz von Klebeverbindungen, das „Gigacasting“ (der Aluminiumdruckguss komplexer Karosseriebauteile) sowie der Einsatz von Schrauben aus Materialien, die von der stofflichen Beschaffenheit der Gussteile abweichenden.

Der sorgsame, sparsame Umgang mit Rohstoffen erfordert – mehr denn je – ein umfassendes Recycling. Thomas Reutter, der stellvertretende Leiter der an ein breites Publikum gerichteten SWR-Sendereihe „betrifft“, macht im Rahmen der öffentlichen Vorbesprechung des ARD-Thementags „Der Kampf um Rohstoffe“ deutlich, dass alleine sechs Tonnen Gold in den bundesdeutschen Schubladen schlummern – im Innern von 200 Millionen Alt-Handys. Ein vergleichsweise einfach zu hebender Schatz.

Wesentlich anspruchsvoller stellt sich die Wiederverwertung des feuergefährlichen und explosiven Lithiums aus Transaktionsbatterien dar. Gegenwärtig erfolgt die Demontage der Akkus noch in riskanter Handarbeit – geschreddert wird teils hinter Schutzglas, teils in Flüssigkeit. Ein Pilotprojekt für die automatisierte Zerlegung bestand für die Dauer von 41 Monaten bei Stuttgart mit dem Verbundforschungsprojekt „DeMoBat“.

Dr. Alexander Olowinsky, Abteilungsleiter Fügen und Trennen, Frauenhofer-Institut für Lasertechnik (ILT), Aachen. ©Foto:privat

Dr. Alexander Olowinsky vom Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (ILT) in Aachen sieht, „dass so gut wie alle OEMs – Mercedes, BMW, VW – nach Möglichkeiten der Rohstoffrückgewinnung suchen“. Auch Audi entwickle, so Olowinsky weiter, „ein Rückführungskonzept für die eigenen Antriebssysteme“.

Das Rennen sei jedoch „völlig offen, es gibt verschiedenste Ansätze und kein Automobilhersteller, kein Unternehmen lässt sich gegenwärtig in die Karten schauen“. Neben dem Zerlegen von Batterien, beispielsweise durch Laser-, Ultraschall- oder Hochdruck-Wasserstrahltechnik gibt es, macht Dr. Alexander Olowinsky deutlich, auch „andere Wege der Wiederverwertung von Traktionsbatterien“. Hierbei werden „handhabbare Einheiten zu stationären Heimspeichern oder Batteriegroßspeichern für Industrie und Gewerbe aufbereitet“ – in diesem Zusammenhang weist er auf das Aachener Pionierunternehmen Voltfang hin, das bereits vor geraumer Zeit mit dem Recycling der Batterien von Elektro-Gabelstaplern begonnen habe. 

Hinter Stephan Klumpp ist der High End-Computertomograf „Metrotom1500-G3“ von Carl Zeiss zu sehen, den die ProPlas GmbH beispielsweise zum Vermessen sowie zur Verbesserung von Einzelteilen aus Kunststoff einsetzt. ©Foto:ProPlas

Leistungsstarke Unternehmen befassen sich intensiv mit der Rückgewinnung von Wertstoffen aus recycelten Batterien – manche seit Jahren. Zur Frage ob sich ein Einstieg in dieses komplexe, aber nachhaltige Geschäft – auch jetzt noch – lohnt, sagt Stephan Klumpp, Geschäftsführer der ProPlas GmbH in Dornstetten: „Es gibt schlicht keine ‚blue oceans‘, also Märkte, in denen noch niemand schwimmt und man selbst automatisch der größte Hai ist“.

Klumpp hat von 1999 bis 2003, in seiner Zeit bei Carl Zeiss Industrielle Messtechnik in Oberkochen, Projekte geleitet, die auch innerhalb der nächsten 20 Jahre kommende Entwicklungen möglichst berücksichtigen sollten. Für Unternehmen oder Start-ups, die sich mit dem Recycling von Batterien befassen wollen, hat er zwei Ratschläge parat: „Zieht’s durch!“ und: „Habt einen langen Atem!“. 

Daniel Stenta, CEO der Black Forest Events GmbH in Baden-Baden. ©Foto:RobinDanielFrommer

Daniel Stenta, CEO der Black Forest Events GmbH in Baden-Baden, betont: „Werte, die uns erfolgreich gemacht haben, müssen wir – auch im Sinne einer mentalen Transformation – behalten oder wieder fördern“.


Das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald (TraFoNetz) unter dem Dach der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald (WFG) ist die größte regionale Gemeinschaftsinitiative zur kostenfreien Unterstützung der Automotive-Unternehmen und ihrer Beschäftigten im Nordschwarzwald. Gefördert wird sie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Ziel ist es, die Transformation im Automobilbereich erfolgreich zu meistern und damit den Standort Nordschwarzwald und die Arbeitsplätze zu sichern. TraFoNetz-Partner sind unter anderem die Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, die Hochschule Pforzheim, die AgenturQ mit Südwestmetall und IG Metall, die IHK Nordschwarzwald, die Handwerkskammern Karlsruhe und Reutlingen, e-mobil BW, IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie Steinbeis InnoBW, wvib Wirtschaftsverband und weitere.

INFO-BROSCHÜRE TraFoNetz zum Download: HIER

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