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Wirtschaftskraft ist in der Tat ein „Plus“ – ein Mehr an Themen, an Hintergründen und an Aktualität. Mit dieser Plattform wird die wirtschaftliche Kompetenz des Standortes Pforzheim medial begleitet und weit in die Region getragen.

Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Wer den Zug der Veränderung versäumt, für den „ist es irgendwann einfach vorbei“

„Wir stehen vor einer Zeitenwende was die Industrie angeht“, meint Professor Dr. Bernhard Kölmel. Der KI- und Automotive-Experte appellierte bei der Zukunftskonferenz der IG Metall in Remchingen: „Wenn wir jetzt nicht beginnen, aktiv die Zukunft zu gestalten, kann es sein, dass wir in 20 Jahren im weltweiten Maßstabe abgehängt sein werden.“ Er bot den Betriebsräten als Mitglied des Transformationsnetzwerks Nordschwarzwald (TraFoNetz) an, die Beschäftigten beim radikalen Wandel im Automobilbereich zu begleiten. Qualifizierung lautet das Zauberwort.
Agieren unter dem Siegel TraFoNetz gemeinsam für die Zukunft der Region: Die Partner des Transformationsnetzwerks Nordschwarzwald (von links): Professor Dr. Bernhard Kölmel (Hochschule Pforzheim), Svea Taube und Veronika Glenk (TraFoNetz/AgenturQ) sowie Martina Lehmann (Geschäftsführerin Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim) und Jochen Protzer (Geschäftsführer Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald). Hier am Info-Stand von TraFoNetz beim Zukunftskongress der IG Metall in Remchingen. ©Foto:GerdLache

Von Gerd Lache | 04.10.2023

Der Vormarsch des mobilen Computers namens Automobil, die Digitalisierungswelle, neue Geschäftsmodelle, sich wandelnde Anforderungen an Mitarbeitende, geänderte Kundeninteressen sowie neue Produkte und Dienstleistungen, die Dekarbonisierung, Klimaneutralität und der Arbeitskräftemangel. Zu allem Übel auch noch wachsende Konkurrenz von Marktneulingen aus fernen Orten, ausgerechnet im angestammten Kompetenzgebiet des Autolandes Deutschland.

Diese unselige Mischung wirbelt die Wirtschaftswelt gehörig durcheinander. „In den vergangenen fünf Jahren sind strukturelle Veränderungen quasi im Minutentakt auf uns eingeprasselt“, sagt Professor Dr. Bernhard Kölmel bei der Zukunftskonferenz der IG Metall in Remchingen bei Pforzheim.

Bietet den Beschäftigten der Transformations-Unternehmen im Nordschwarzwald seine Unterstützung an: TraFoNetz-Akteur Professor Dr. Bernhard Kölmel beim Zukunftskongress der IG Metall Pforzheim in Remchingen.
©Foto:GerdLache

Deshalb kommt das Professoren-Angebot wie gerufen: „Ich bin jederzeit bereit, zu Ihnen ins Unternehmen zu kommen. Oder Sie kommen zu mir an die Hochschule. Wir sind an Ihrer Seite und wir unterstützen Sie.“ Bei der Zukunftskonferenz macht Kölmel den Betriebsräten und IG-Metall-Akteuren als Keynote-Speaker unmissverständlich klar, dass ein Weiter so zu nichts Gutem führt.

Der Grund: Vor allem die aktuell pulsierende Transformation in der Automobilindustrie setzt Unternehmen und ihre Produktionen unter Veränderungsdruck. Auch die Beschäftigten müssen sich teils massiv umorientieren. Mit den Elektroantrieben ändern sich Berufsbilder, mit der wachsenden Plattformökonomie verschärft sich der globale Wettbewerb, aufgrund des Kostendrucks sind Produktionsverlagerungen ins Ausland „in vollem Gang“. Kölmel: „In Saudi Arabien wird gerade eine Fabrik gebaut, in der eine Million Autos vom Band laufen sollen. Genau solche Autos wurden bisher in Stuttgart gebaut.“

Mehr als 100 Teilnehmende kamen zum Zukunftskongress des TraFoNetz-Mitglieds IG Metall Pforzheim nach Remchingen. Das Thema: Qualifizierung als Reaktion auf die Transformation in der Automotive-Branche. Am Rednerpult: IG-Metall-Chefin Liane Papaioannou.
©Foto:GerdLache

Keine neue Erkenntnis, aber so aktuell wie je: „Die Veränderungsgeschwindigkeit innen muss immer größer sein als die Veränderungsgeschwindigkeit draußen.“ Soll heißen: Unternehmensführungen müssen Veränderungen wahrnehmen, diese  einordnen und entsprechend rasch darauf reagieren. Nichts zu tun bedeute sowohl für Unternehmen wie auch für Beschäftigte, dass es „irgendwann einfach vorbei ist“. Ein beredtes Beispiel seien die einstigen Branchengrößen Kodak und Nokia.

Wenn Kölmel vor den Arbeitnehmervertretern von „wir“ spricht, dann bezieht er explizit das „Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald“ (TraFoNet) ein. Dessen Kompetenz-Team biete umfangreichen kostenfreien Support, um die Betriebe im Nordschwarzwald auf Zukunft zu trimmen. „Wir müssen jetzt Fähigkeiten aufbauen, die nötig sind, um die Zukunft positiv zu gestalten“, sagt der Professor der Hochschule Pforzheim.


SIEHE AUCH BERICHT ZUM BEITRAG VON ARBEITSAGENTUR-CHEFIN MARTINA LEHMANN BEIM ZUKUNFTSKONGRESS DER IG METALL: KLICK HIER


TraFoNetz gilt als bisher größte Gemeinschaftsinitiative im Nordschwarzwald. Ihr Ziel: Die zahlreichen kleinen und mittleren Automotive-Unternehmen (KMU) in der Region bei der anspruchsvollen Transformation vom Verbrenner zu alternativen Antriebsformen zu unterstützen. Zu den TraFoNetz-Akteuren gehören neben der Hochschule Pforzheim die Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, die AgenturQ (eine gemeinschaftliche Einrichtung von IG Metall und Südwestmetall) sowie die IHK Nordschwarzwald, die Handwerkskammern Karlsruhe und Reutlingen, außerdem die Senioren der Wirtschaft. Hinzu kommt ein hochkarätig besetzter 28-köpfiger Transformationsbeirat, den Kölmel als Vorsitzender leitet. Die Federführung des Projekts liegt bei der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald. Die finanzielle Förderung leistet das Bundeswirtschaftsministerium.

Beteiligt sich bei TraFoNetz aktiv an der größten Gemeinschaftsinitiative der Region Nordschwarzwald zur Unterstützung der Automotive-Unternehmen: die IG Metall Pforzheim mit (von links): Martin Kolb und Geschäftsführerin Liane Papaioannou sowie Maximilian Locher und Alexander Schneider.
©Foto:GerdLache

Wie die Chefin der Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, Martina Lehmann, in ihrem Grußwort bei der Veranstaltung sagte, liege die Lösung für die Beschäftigten in der unbedingten Qualifizierung (siehe dazu auch separaten Bericht). Weiterbildung sei angesichts der Transformation der Schlüssel schlechthin, um in Zukunft noch einen Arbeitsplatz mit auskömmlichem Einkommen zu haben.

Während die Arbeitsagentur-Chefin mit ihrer Rede versuchte, den Beschäftigten die Angst vor dem Lernen zu nehmen, beruhigte Kölmel beim Thema neues Wissen über Technologien aneignen : „Sie müssen nicht ganz tief einsteigen, nur so weit, dass Sie ein Verständnis dafür entwickeln können, wie man diese Technologien bedient.“ Die Art und Weise, wie wir in naher Zukunft arbeiten, würde sich dramatisch verändern. Was der Standort D indes nicht brauche, seien einfache Jobs. „Da sind unsere globalen Wettbewerber billiger und schneller.“


©Foto:KI-generiert/GerdLache

In fünf Berufsfeldern werden Jobs durch die Transformation in der Automobilindustrie vom Arbeitsmarkt verschwinden. Das stellt die Bertelsmann-Stiftung im Ergebnisbericht zu einer umfassenden Studie fest. Um welche Berufe handelt es sich? Und wie ist darauf zu reagieren?

Die Antwort darauf gibt eine Veranstaltung von TraFoNetz am 18. Oktober 2023 im Pforzheimer TurmQuartier der Sparkasse Pforzheim Calw. Von 13 bis 17 Uhr werden sogenannte Übergänge in neue Berufe vorgestellt. Außerdem gibt es Detail-Infos zur Bertelsmann-Studie.

Und wie die Zukunft erfolgreich gestaltet werden kann, erfahren die Teilnehmenden von Eduard Dokter, Konzernbetriebsratsvorsitzender bei Mapal WWS Pforzheim,  sowie Radenko Lazić, Stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei Mahle Behr.

Online-Anmeldung über QR-Code im Bild oder über nachfolgenden Link:

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Das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald (TraFoNetz) ist die größte regionale Gemeinschaftsinitiative zur kostenfreien Unterstützung der Automotive-Unternehmen und ihrer Beschäftigten im Nordschwarzwald.

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