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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Wann kommt der Ausbau der Gäubahn zwischen Stuttgart und Zürich?

Die Gäubahn ist die Zugverbindung von Stuttgart nach Zürich. Jetzt soll die bestehende Strecke für den Personen- und Güterverkehr ausgebaut werden, um die Attraktivität zu erhöhen und mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu holen.
Symbolbild. Foto: Martin - stock.adobe.com

10.07.2023

von Edgar Huber

Die Zugverbindung zwischen Stuttgart über Singen nach Zürich gilt als einer der wichtigsten Achsen von Baden-Württemberg in die Schweiz. Die sogenannte „Gäubahn“ existiert seit über 150 Jahren und befördert täglich über 46.000 Fahrgäste. Jetzt soll die Bahnstrecke mit mehr Anschlüssen entlang der Strecke und mehr Kapazitäten ausgebaut werden, um noch mehr Reisende und mehr Schienengüter schneller befördern zu können. Die geplanten Maßnahmen sollen dann eine Geschwindigkeit der Züge von bis zu 160 km/h zulassen. Die Investitionen belaufen sich auf ca. 2,1 Milliarden Euro.

Streckenführung der Gäubahn und die Verkehrsanbindungen. Grafik: Wirtschaftsbündnis Stuttgart-Zürich

Was wird an der Gäubahn aktuell gebaut?

Bereits heute wird die Strecke zwischen Horb und Neckarhausen auf 5,8 km zweigleisig ausgebaut. Das alte Stellwerk am Bahnhof Horb wird durch eine moderne elektronische Anlage ersetzt. In einer weiteren Ausbaustufe wird eine zweigleisige Neubaustrecke zwischen Böblingen und dem Stuttgarter Flughafen errichtet. In diesem Ausbau ist der 11 Kilometer lange Pfaffensteigtunnel enthalten. Am Flughafen Stuttgart entstehen dann auch Anschlüsse unter anderem Richtung Ulm bzw. München.

Zwischen Neckarhausen und Sulz entsteht eine neue eingleisige Strecke und der Ausbau zwischen Sulz und Epfendorf bzw. Rietheim und Tuttlingen erfolgt zweigleisig. Mehrere Tunnel werden in diesen Abschnitten dann so ausgebaut, dass sie für den Gütertransport geeignet sind.

Welche Vorteile bringt der Ausbau für den Nah- und Fernverkehr?

Die Modernisierungsmaßnahmen führen zu einer Verkürzung der Fahrzeiten von ca. 20 Minuten und einer Optimierung der Anbindungen an den Knotenpunkten Stuttgart, Singen und Zürich. Auch die S-Bahn profitiert davon, da sie jetzt durch die Anbindung der Gäubahn an den Flughafen unabhängig von den Zügen verkehren kann.

Und auch der Schienengüterverkehr profitiert vom Ausbau. Die leistungsfähigere Streckenführung sorgt für einen Anstieg der Kapazitäten und die Modernisierung führt zu weniger Ausfällen. So können noch mehr Güter auf dem Schienenweg transportiert werden, kürzere und schnellere Transportwege senken zudem die Transportkosten.

Welche Interessen hat das Wirtschaftsbündnis Stuttgart-Zürich am Ausbau?

Im Wirtschaftsbündnis Stuttgart-Zürich sind rund 250.000 Unternehmen vertreten. Diese wollen einen schnellen und umfänglichen Ausbau der Gäubahn auch unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes, da diese die zentrale Schienenverkehrsachse südlich von Stuttgart darstellt. Somit ist die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes gewährleistet.

Im Vertrag von Lugano aus dem Jahr 1996 wurde ein Ausbau der Bahnlinie Stuttgart – Zürich bereits geregelt, um die Reisezeit zwischen Stuttgart und Zürich zu reduzieren. Zusätzlich schafft eine Anbindung an den Gotthard-Basistunnel eine zusätzliche Entlastung der Rheintalbahn. Im aktuellen Zustand der Gäubahn ist ein zusätzlicher Gütertransport nicht möglich, was wiederum den Wirtschaftsraum südlich von Stuttgart schwächt. Das Wirtschaftsbündnis steht hinter einem Ausbau der Gäubahn. Ein zuverlässiger Zeitplan ist allerdings notwendig und die Politik muss die Planungsverfahren beschleunigen. Sollte die Direktverbindung zum Hauptbahnhof Stuttgart unterbrochen werden, so sind leistungsfähige Alternativen notwendig. Ländliche Gebiete müssen gestärkt werden. Fahrgäste und Firmen benötigen reibungslose Anschlüsse. Das Bündnis fordert die Sicherstellung der Anbindung von Singen, Schaffhausen und dem Schweizer Inland sowie stabile Fahrpläne in der Umbauphase. Beeinträchtigungen durch Baumaßnahmen sind schnell zu lösen und müssen grenzüberschreitend kommuniziert werden.

Wer vertritt die Interessen des Wirtschaftsbündnisses Stuttgart-Zürich?

Die Interessen der Unternehmen werden vertreten durch die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, Reutlingen, Nordschwarzwald und Hochrhein-Bodensee sowie der VSL Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg. Die Schweiz wird vertreten durch den Schweizerischen Dachverband der Wirtschaft economiesuisse, dem Speditionsverband Spedlogswiss, der Handelskammer Deutschland-Schweiz, der Zürcher Handelskammer sowie der Industrie- und Wirtschaftsvereinigung Schaffhausen.

Die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg fordert eine Anbindung der Gäubahn an den Hauptbahnhof während der Tunnelarbeiten zu Stuttgart 21 und eine Minimierung der Konsequenzen auf Pendler während der Bauzeit. Sie befürchtet, dass der Versorgungsauftrag der Gäubahn aktuell nicht sichergestellt ist. Sollte eine Abbindung der Gäubahn vom Hauptbahnhof erfolgen, erwartet die Wirtschaft Kompensation.

Claudia Gläser, Präsidentin der IHK Nordschwarzwald. Foto: IHK Nordschwarzwald

Claudia Gläser, Präsidentin der IHK Nordschwarzwald führt dazu aus: „Wir begrüßen die ersten Bauarbeiten auf der Gäubahn. Eine Abbindung an den Hauptbahnhof der Landeshauptstadt ist aber für Pendler, Gäste und Unternehmen nicht akzeptabel.“ Thomas Conrady, Präsident der IHK Hochrhein-Bodensee ergänzt: „Die Bahnverbindung zwischen zwei Metropolen wie Zürich und Stuttgart schlicht zu kappen – und das nicht für Wochen oder Monate, sondern für Jahre – ist ein unannehmbares Ergebnis. Hier braucht der politische Prozess klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.“

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