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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Von Serbien nach Karlsruhe: "Ich will bis zur Rente hier arbeiten."

Als Milan Kusic 2020 seine Koffer packte und Serbien verließ, hatte er ein Ziel: ein besseres Leben für sich und seine junge Familie. Heute, nicht einmal fünf Jahre später, steht er als kommissarischer Leiter einer der größten Stationen am Städtischen Klinikum Karlsruhe mitten im deutschen Arbeitsleben. Er ist ein Beispiel für das Potenzial das in internationalen Fachkräften steckt.
Milan Kusic am Bett eines Patienten. Foto: Markus Kümmerle, Städtisches Klinikum Karlsruhe

05.05.2025

Geboren in Sremska Mitrovica, einer kleinen Stadt in Serbien, absolvierte Kusic seine Ausbildung zur Pflegefachkraft und arbeitete auf der Intensivstation einer Lungenklinik. Doch trotz sicherem Job reichte das Einkommen kaum aus, um der Familie Perspektive zu bieten. „Mit kleinen Kindern war das Leben einfach zu herausfordernd“, sagt er rückblickend. Also fasste er gemeinsam mit seiner Frau den Entschluss zur Auswanderung – erst stand Norwegen zur Debatte, doch familiäre Bande führten sie schließlich nach Deutschland, genauer: nach Karlsruhe.

Bevor die Ausreise möglich war, lernte Kusic ein halbes Jahr lang Deutsch – in Serbien, auf eigene Kosten. Dann begann der zähe bürokratische Teil: Anerkennung der Ausbildung, Sprachzertifikate, Nachweise, Dokumente. „Rund 1.000 Euro hat mich das alles gekostet“, sagt er heute. Er sagt es ohne Groll. Nur so, wie man eine Hürde beschreibt, die eben dazugehört.

Ein Ankommen unter Ausnahmebedingungen

Im Jahr 2020 kam er schließlich nach Karlsruhe – mitten in der Corona-Pandemie. Die ersten Monate waren geprägt von Distanz, Vorsicht, Masken. Und doch habe ihn beeindruckt, wie organisiert der Alltag hier funktionierte. „Man findet hier für jedes Problem eine Lösung – und die S-Bahnen sind pünktlich!“ Weh getan hat ihm hingegen die Trennung von seiner Familie in Serbien, die erst nach sieben Monaten nachziehen konnte.

Am Klinikum Karlsruhe begann er mit praktischen Einsätzen – ein Standardverfahren, das für die Anerkennung ausländischer Abschlüsse notwendig ist. Acht Monate lang durchlief er verschiedene Stationen. Am Ende landete er auf der Stroke Unit – einer spezialisierten Station für Schlaganfallpatienten. Dort blieb er. Nicht, weil es bequem war, sondern weil es passte.

Vertrauen schenken

Als die Leitung der Station in Elternzeit ging, fragte man Milan Kusic, ob er übernehmen wolle – kommissarisch. Er sagte zu. Inzwischen ist er stellvertretender Leiter der gesamten neurologischen Doppelstation D31/D32. „Insgesamt bin ich für rund 60 Mitarbeitende verantwortlich und es macht mir sehr viel Spaß.“ Gerade hat Kusic zudem seine Fachweiterbildung für Stroke Unit Pflege in Karlsbad-Langensteinbach erfolgreich abgeschlossen.

Wie es dazu kam? Sicher auch, weil es Menschen gab, die ihm vertrauten. Seine damalige Bereichsleitung, Michelle Schmidt, habe ihm vieles erklärt, erzählt er. Und das International Department des Klinikums unterstützte ihn bei Wohnungssuche, Ämtern, Formularen. Es sind diese Zwischentöne, die seine Geschichte ausmachen: Integration als kollektive Leistung.

Fachkräfte aus dem Ausland sind schon lange fester Bestandteil der Belegschaft am
Städtischen Klinikum Karlsruhe – etwa in der Pflege, im ärztlichen Bereich oder in der
Verwaltung. Angesichts des immensen Fachkräftemangels sind sie für den Krankenhausbetrieb
unersetzbar, zudem sind die „Internationals“ ein Bindeglied zu Patientinnen und Patienten, die
ebenfalls einen Migrationshintergrund haben.

Ein Zuhause gefunden

Inzwischen lebt Familie Kusic fest in Karlsruhe. Seine Frau, ebenfalls Pflegekraft, arbeitet derzeit im Labor einer Arztpraxis – die Anerkennung ihres Berufs steht noch aus. Die Tochter spielt Volleyball, der Sohn Basketball. Die Freizeit gehört der Familie. Die Sätze über seine Zukunft sind knapp, aber klar: „Ich möchte bis zur Rente hier arbeiten.“

tm/pm

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