Zitat Autor
Wirtschaftskraft ist in der Tat ein „Plus“ – ein Mehr an Themen, an Hintergründen und an Aktualität. Mit dieser Plattform wird die wirtschaftliche Kompetenz des Standortes Pforzheim medial begleitet und weit in die Region getragen.

Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

Newsletter Anmeldung

+ monatliche Erscheinung
+ aktuelle Themen und wichtige Termine
+ neue Unternehmensportraits und Unternehmensprofile
Datenverarbeitungshinweis*

Vom Hauptschüler zum Geschäftsführer

Samuel Wolf wird Anfang 2026 alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der vapic GmbH in Neubulach – ein mittelständisches Familienunternehmen mit rund 80 Mitarbeitenden. Auf LinkedIn gibt er bereits heute ungewöhnlich offene Einblicke in Führung und Verantwortung. Im Interview spricht der 29-Jährige über seinen Weg, den Generationswechsel im Unternehmen und seine Vision, vapic als Synonym für industrielle Teilereinigung zu etablieren.
Samuel Wolf kennt die Produktionsprozesse bei vapic aus dem Effeff – als künftiger geschäftsführender Gesellschafter will er für einen modernen Führungsstil stehen – offen, reflektiert und nahbar. Foto: Dennis Daletzki

Archivartikel (29.08.2025)

Samuel Wolf wird 2026 alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der vapic GmbH (Neubulach)

Von außen betrachtet wirkt Samuel Wolf wie ein Mann, der früh wusste, wohin er will: 29 Jahre alt, Elektroniker, zweifacher Vater – und ab Januar 2026 geschäftsführender Gesellschafter eines mittelständischen Familienunternehmens mit rund 80 Mitarbeitenden.

Samuel Wolf (rechts) mit seinem Vater. 2026 übernimmt er die Geschäftsführung des Familienunternehmens vapic in Neubulach. Foto: Dennis Daletzki

Doch seine Geschichte beginnt nicht auf der Überholspur. Sie beginnt mit einem schüchternen Jungen, der auf dem Schulhof am Rand stand. „Ich habe den Mittelpunkt eher gemieden“, schreibt er über seine Schulzeit. „Nicht, weil ich nichts zu sagen hatte – sondern weil ich dachte, es sei sicherer, nicht gesehen zu werden.“

Heute ist er sichtbarer denn je – nicht nur als künftiger Firmenchef, sondern auch als Stimme auf LinkedIn. Wolf schreibt dort über technische Prozesse ebenso wie über Elternzeit, Führungsverantwortung und Haltung. Seine Texte lesen sich wie das Gegenteil typischer Wirtschaftsrhetorik: verletzlich, durchdacht, klar. Nun steht er vor der größten Veränderung seiner Laufbahn – und spricht im Interview über Verantwortung, Familienunternehmen und Zukunftspläne.

Den Blick nach vorn gerichtet: Wolf will das Unternehmen weiterentwickeln – und gleich­zeitig seine Werte bewahren. Foto: Dennis Daletzki

WirtschaftsKRAFT: Herr Wolf, wie war der Moment, in dem Sie wussten: Ich werde das Unternehmen meines Vaters übernehmen?

Samuel Wolf: Es gab keinen magischen Moment, der alles verändert hat. Es war ein langer, manchmal schmerzhafter Weg. In meiner Jugend habe ich mich in der Außenseiterrolle verloren, habe Konflikte gesucht, war oft unzufrieden mit mir selbst. Sogar Sprüche wie „Wenn wir dich sehen, bekommen wir Augenkrebs“ habe ich damals kassiert – und sie begleiten mich bis heute. Sichtbar zu werden, war für mich ein Prozess über Jahre, der viel Selbstreflexion brauchte. Heute bekomme ich viel positive Resonanz, werde bei Fachtagungen auf meine LinkedIn-Präsenz angesprochen. Aber das Wichtigste, was ich meinem 16-jährigen Ich sagen würde: Es ist okay, nicht jedem gefallen zu wollen. Stärke entsteht dort, wo man seine eigenen Werte lebt – und das richtige Umfeld sucht.

WirtschaftsKRAFT: Wofür steht die vapic GmbH – in einem Satz?

Samuel Wolf: Die vapic GmbH ist ein außergewöhnliches Industrieunternehmen, das den Fokus auf technische Exzellenz in der industriellen Teilereinigung und eine sehr wertebasierte Führung legt – bestätigt durch unseren Traumfirma-Award, mit dem wir schon dreimal in Folge ausgezeichnet wurden.

WirtschaftsKRAFT: Was heißt das konkret?

Samuel Wolf: Wir sind im Bereich der industriellen Teilereinigung tätig. Eine Branche, die man als Privatperson kaum kennt. Doch fast alle Produkte, die uns im Alltag begegnen, wären ohne Teilereinigung so nicht möglich. Wir bauen kundenspezifische Reinigungsanlagen, reinigen Bauteile als Dienstleistung und stellen auch eigene Reinigungschemie her. Moderne Ansätze und ein außergewöhnlich gutes Betriebsklima sind uns wichtig – etwa mehrtägige Betriebsausflüge, dieses Jahr nach Kroatien, komplett von der Firma bezahlt.

Firmensitz in Neubulach: Die vapic GmbH beschäftigt rund 80 Mitarbeitende und ist auf industrielle Teilereinigung spezialisiert. Foto: Dirk Stockinger

WirtschaftsKRAFT: Was verändert sich mit Ihnen als Geschäftsführer und welche Rolle spielt Ihre eigene Geschichte für die Art, wie Sie heute führen?

Samuel Wolf: Wer eine Haltung hat, spaltet – und das ist auch gut so. Ich bekomme Lob, aber auch Kritik, sogar aus der eigenen Familie. Das gehört dazu. Lieber polarisiere ich, als im Mittelmaß der Motivation zu versinken. Die schwersten Entscheidungen als Führungskraft? Sicherlich Kündigungen – und die Disziplin, nicht immer nur das zu tun, was Spaß macht, sondern was das Unternehmen braucht. Fehler spreche ich offen an, auch meine eigenen. Ich habe schon Entscheidungen revidiert, weil sie sich nachträglich bei genauerer Betrachtung als nicht sinnvoll herausgestellt haben. Wichtig ist nur, dass wir aus Fehlern lernen und sie nicht wiederholen.

In der Geschäftsführung bin ich bereits seit April 2023, zum neuen Jahr übernehme ich die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und mein Vater wird aus der Geschäftsführung austreten.

WirtschaftsKRAFT: In Ihren LinkedIn-Beiträgen schreiben Sie sehr offen über Zweifel, Verantwortung, persönliche Erfahrungen. Warum und schreiben Sie das wirklich selbst?

Samuel Wolf: Ja, ich schreibe das wirklich selbst. Natürlich nutze ich KI wie ChatGPT zur Inspiration oder zum Feinschliff, aber die Themen, Gedanken und Erlebnisse stammen zu 100 Prozent von mir. Warum ich so offen schreibe? Weil wir mehr echte Einblicke brauchen – gerade von Menschen in Führungspositionen. Viele reden über Wachstum und Strategie, aber kaum jemand spricht ehrlich über Zweifel, Druck oder den Spagat zwischen Familie und Verantwortung. Ich möchte zeigen, dass man auch als Geschäftsführer verletzlich, ehrlich und nahbar sein kann – und trotzdem klar führt. Haltung statt Hochglanz – das ist mein Anspruch.

Samuel Wolf ist ein Familienmensch – und so ist es für ihn selbstverständlich, in Elternzeit zu gehen. Foto: Philipp Schütz / weddingfox.de

WirtschaftsKRAFT: Herrmann Hesse, ist der große Dichter und Denker des Landkreises Calw.  Gibt es einen Satz der sie begleitet?

Samuel Wolf: „Worte können nicht ausdrücken die Freude über neues Leben.“ – ein Zitat, das meine Gefühle für meine beiden Söhne beschreibt. Das Zitat spricht für sich, eine unglaubliche Aussagekraft mit so wenigen Worten.

WirtschaftsKRAFT: Was ist Ihre Vision für vapic – über 2026 hinaus?

Samuel Wolf: vapic wird DAS Synonym für Teilereinigung. Das ist meine Vision. Wir möchten noch mehr Kunden mit unseren Produkten und Dienstleistungen weiterhelfen, Prozesse effektiver gestalten sowie Kosten und Energie einsparen. Wenn jemand etwas in der Teilereinigung benötigt, soll er direkt an vapic denken. Damit wir diese Vision erreichen, brauchen wir ein geniales Team, das Hand in Hand zusammenarbeitet – und hier sind wir bereits auf dem besten Weg.

WirtschaftsKRAFT: Was sind Ihre persönlichen Lieblingsecken im Landkreis Calw?

Samuel Wolf: Nagold ist meine Heimat – ich liebe den Fluss, die Aktivitäten, das Gemütliche in der Stadt. Viel Zeit bleibt neben Arbeit, Familie und Freunden nicht. Aber manchmal reicht ein Spaziergang am Wasser, um den Kopf wieder frei zu bekommen.

WirtschaftsKRAFT: Was verändert sich mit dem Generationswechsel konkret?

Samuel Wolf: Es fühlt sich gigantisch an, das Lebenswerk meines Vaters weiterzuführen. Aber ein Generationswechsel ist kein Märchen – wir sind oft aneinandergeraten. Wir haben einen Handschlag-Deal: Dieses Jahr ordne ich mich unter, nächstes Jahr übernimmt er die Beraterrolle. Was bleibt, sind die Werte, die mein Vater geprägt hat: Nahbarkeit, Ehrlichkeit, Wertschätzung. Radikal anders machen möchte ich die Sichtbarkeit und die Verantwortung im Team. Unsere Produkte verdienen es, in die Welt getragen zu werden – und das schaffen wir nur gemeinsam.

Wolf lebt die Werte, die auch seinen Vater prägen: Nahbarkeit, Ehrlichkeit, Wertschätzung. Foto: Dennis Daletzki

WirtschaftsKRAFT: Sie haben Elternzeit genommen – wie war das für Sie und Ihr Umfeld?

Samuel Wolf: Viele belächeln die Elternzeit – ich halte sie für eine der wichtigsten Entscheidungen, die ich getroffen habe. Verantwortung beginnt zu Hause. Die Zeit mit meinen Kindern ist einmalig, und es gibt für mich nichts Schöneres, als nach einem anstrengenden Tag von ihnen begrüßt zu werden. Wer führen will, muss auch im Privaten Verantwortung übernehmen.

WirtschaftsKRAFT: Was bedeutet Innovation bei vapic?

Samuel Wolf: Wir setzen KI im Alltag ein: als Assistent am Telefon, als Protokollant, in der Dokumentation. Wir haben staatliche Fördermittel genutzt, unsere Prozesse mit eigener Software strukturiert und dokumentiert. Fortschritt heißt für mich: mutig Neues ausprobieren, aber immer mit Substanz und im Dialog mit dem Team.

WirtschaftsKRAFT: Warum LinkedIn, aber kein Instagram?

Samuel Wolf: Instagram ist nicht meine Bühne – meine Themen sind beruflich, und ich möchte bewusst keine privaten Einblicke, etwa von meinen Kindern, teilen. Auf LinkedIn erreiche ich die Menschen, die sich für Führung, Technik und Unternehmertum interessieren. Kritik nehme ich ernst, prüfe sie, aber lasse mich nicht von jedem Gegenwind beirren.

WirtschaftsKRAFT: Noch eine Frage zum Schluss: Was macht vapic als Arbeitgeber besonders?

Samuel Wolf: Für mich ist vapic eine Traumfirma, weil wir ehrlich, offen und wertschätzend miteinander umgehen. Kontrolle ist kein Selbstzweck – ich will, dass jeder hier sein Bestes gibt, weil er das will, nicht weil er muss. Veränderung ist für uns Normalität. Die Meinungen und die Arbeit meiner Mitarbeitenden sind mir heilig – das lebe ich jeden Tag.

Zur Person

Samuel Wolf, geboren 1995 in Pforzheim, ist gelernter Elektroniker und hat sich zum Technischen Fachwirt und Betriebswirt nebenberuflich weitergebildet. Er ist Familienmensch und ab dem 01.01.2026 geschäftsführender Gesellschafter der vapic GmbH – einem mittelständischen Unternehmen für industrielle Teilereinigung mit Sitz im Landkreis Calw. Rund 80 Mitarbeitende arbeiten heute für das Unternehmen, das 1995 von seinem Vater gegründet wurde.

tm / mm

Jetzt Newsletter abonnieren und von vielen Vorteilen profitieren!