Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
03.09.2025 / Christian Roch
Bequem online einen Handwerkertermin reservieren. Ein freundlicher KI-Agent, der auch sonntags bei der Fehlersuche hilft, wenn plötzlich die Heizung streikt. Ein virtueller Spaziergang durch die geplante Gartenbepflanzung und vieles mehr: Digitale Lösungen eröffnen im Handwerk unzählige neue Möglichkeiten. Trotzdem werden sie noch zu wenig genutzt. Das ist das Fazit einer aktuellen Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom unter 504 Handwerksbetrieben in Deutschland.
„In Deutschlands Handwerkerschaft ist in der Breite noch zu wenig Action in Sachen Digitalisierung“, meint Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. Zwar sähen 98 Prozent der befragten Betriebe die fortschreitende Digitalisierung im Handwerk als Chance. Zu oft aber erstrecke sich die Nutzung lediglich auf E-Mail-, Messenger- und Cloud-Dienste. Dass bei der Digitalisierung noch Luft nach oben sei, wüssten auch die Betriebe selbst: „Sie geben sich im Durchschnitt die Schulnote 3,0 – nur eine minimale Verbesserung seit der letzten Umfrage im Jahr 2022 (3,1)“.
Diese skeptische Einschätzung mag Catarina Haberstroh, stellvertretende Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Pforzheim-Enzkreis, nicht teilen: „Aus regionaler Sicht beobachten wir keineswegs, dass das Handwerk den „Digitalisierungszug“ verpasst. Ganz im Gegenteil: Die Betriebe in unserer Region sind offen für neue Technologien und erkennen zunehmend die Chancen, die sich aus Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz ergeben.“
Einen Grund für die zögerliche Digitalisierung im Handwerk sieht die Bitkom-Studie im akuten Mangel an Fachpersonal und Auszubildenden. 72 Prozent der Betriebe sagen, sie hätten zu viel zu tun, um sich neben dem Alltagsgeschäft um die Entwicklung digitaler Kompetenzen zu kümmern. Dabei könnte unter anderem Künstliche Intelligenz die kostbaren Fachkräfte spürbar entlasten. Bernhard Roleder: „In keiner anderen Branche ist die Nutzung von KI-Tools so gering wie im Handwerk.“ Catarina Haberstroh sieht die angespannte Personalsituation als Motivator, um Innovation voranzutreiben: „Von einer Verweigerungshaltung kann keine Rede sein. Vielmehr geht es darum, die Herausforderungen wie fehlende Ressourcen oder auch Unsicherheiten im Umgang mit neuen Tools aktiv anzugehen.“
Häufig genutzt werden im Handwerk laut Bitkom-Studie vor allem digitaler Angebots- und Rechnungsversand sowie Online-Terminbuchungen. Seltener sind Online-Beratung oder softwaregestützte Visualisierung der Leistung. Catarina Haberstroh: „Gewerke wie das Elektro-, Kfz- und SHK-Handwerk sind oft Vorreiter, da Digitalisierung und smarte Technologien Teil ihres Leistungsangebots sind. Stärker handwerklich geprägte Bereiche tun sich naturgemäß schwerer. Dennoch zeigt sich auch hier ein wachsendes Interesse. Zum Beispiel bei der Optimierung von Betriebsabläufen, der Kundengewinnung oder der Dokumentation von Projekten.“
Dennoch macht die Bitkom-Studie im Handwerk größere Vorbehalte gegen die Digitalisierung aus als in anderen Branchen. Ganze 56 Prozent der befragten Betriebe glauben, die Digitalisierung bedeute „das Ende der traditionellen Handwerkskunst“ und sei „eine Gefahr für althergebrachte Geschäftspraktiken“. Erstaunliche 55 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, Digitalisierung würde ihr Geschäft unwirtschaftlich machen, weil „nichts mehr unter der Hand geht“.
Ohne Frage wird ‚Kollege Computer‘ auch im Handwerk künftig immer öfter mit anpacken. Nicht zuletzt, weil die nachrückenden Digital Natives dies einfordern. Haberstroh: „Besonders im Bereich der Ausbildung tut sich in der Region extrem viel. Von digitalen Ausbildungsangeboten bis hin zu digital geführten Berichtsheften.“ Wie Digitalisierung und KI den Handwerksbetrieben schmackhaft gemacht werden können, auch dazu hat man in der Kreishandwerkerschaft konkrete Vorstellungen: „Wir brauchen niederschwellige Zugänge, praxisnahe Unterstützung, Anreize und Förderung und schließlich mehr Flexibilität schon in der Ausbildung. Wir als Kreishandwerkerschaft nehmen unsere Aufgabe ernst, hier Orientierung zu bieten und Brücken zu bauen. Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um die Wettbewerbsfähigkeit des Handwerks langfristig zu sichern.“
03.09.2025 / Christian Roch
„Von einer Verweigerungshaltung kann keine Rede sein.“
Bequem online einen Handwerkertermin reservieren. Ein freundlicher KI-Agent, der auch sonntags bei der Fehlersuche hilft, wenn plötzlich die Heizung streikt. Ein virtueller Spaziergang durch die geplante Gartenbepflanzung und vieles mehr: Digitale Lösungen eröffnen im Handwerk unzählige neue Möglichkeiten. Trotzdem werden sie noch zu wenig genutzt. Das ist das Fazit einer aktuellen Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom unter 504 Handwerksbetrieben in Deutschland.
„In Deutschlands Handwerkerschaft ist in der Breite noch zu wenig Action in Sachen Digitalisierung“, meint Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. Zwar sähen 98 Prozent der befragten Betriebe die fortschreitende Digitalisierung im Handwerk als Chance. Zu oft aber erstrecke sich die Nutzung lediglich auf E-Mail-, Messenger- und Cloud-Dienste. Dass bei der Digitalisierung noch Luft nach oben sei, wüssten auch die Betriebe selbst: „Sie geben sich im Durchschnitt die Schulnote 3,0 – nur eine minimale Verbesserung seit der letzten Umfrage im Jahr 2022 (3,1)“.
Diese skeptische Einschätzung mag Catarina Haberstroh, stellvertretende Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Pforzheim-Enzkreis, nicht teilen: „Aus regionaler Sicht beobachten wir keineswegs, dass das Handwerk den „Digitalisierungszug“ verpasst. Ganz im Gegenteil: Die Betriebe in unserer Region sind offen für neue Technologien und erkennen zunehmend die Chancen, die sich aus Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz ergeben.“
Einen Grund für die zögerliche Digitalisierung im Handwerk sieht die Bitkom-Studie im akuten Mangel an Fachpersonal und Auszubildenden. 72 Prozent der Betriebe sagen, sie hätten zu viel zu tun, um sich neben dem Alltagsgeschäft um die Entwicklung digitaler Kompetenzen zu kümmern. Dabei könnte unter anderem Künstliche Intelligenz die kostbaren Fachkräfte spürbar entlasten. Bernhard Roleder: „In keiner anderen Branche ist die Nutzung von KI-Tools so gering wie im Handwerk.“ Catarina Haberstroh sieht die angespannte Personalsituation als Motivator, um Innovation voranzutreiben: „Von einer Verweigerungshaltung kann keine Rede sein. Vielmehr geht es darum, die Herausforderungen wie fehlende Ressourcen oder auch Unsicherheiten im Umgang mit neuen Tools aktiv anzugehen.“
Häufig genutzt werden im Handwerk laut Bitkom-Studie vor allem digitaler Angebots- und Rechnungsversand sowie Online-Terminbuchungen. Seltener sind Online-Beratung oder softwaregestützte Visualisierung der Leistung. Catarina Haberstroh: „Gewerke wie das Elektro-, Kfz- und SHK-Handwerk sind oft Vorreiter, da Digitalisierung und smarte Technologien Teil ihres Leistungsangebots sind. Stärker handwerklich geprägte Bereiche tun sich naturgemäß schwerer. Dennoch zeigt sich auch hier ein wachsendes Interesse. Zum Beispiel bei der Optimierung von Betriebsabläufen, der Kundengewinnung oder der Dokumentation von Projekten.“
Dennoch macht die Bitkom-Studie im Handwerk größere Vorbehalte gegen die Digitalisierung aus als in anderen Branchen. Ganze 56 Prozent der befragten Betriebe glauben, die Digitalisierung bedeute „das Ende der traditionellen Handwerkskunst“ und sei „eine Gefahr für althergebrachte Geschäftspraktiken“. Erstaunliche 55 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, Digitalisierung würde ihr Geschäft unwirtschaftlich machen, weil „nichts mehr unter der Hand geht“.
Ohne Frage wird ‚Kollege Computer‘ auch im Handwerk künftig immer öfter mit anpacken. Nicht zuletzt, weil die nachrückenden Digital Natives dies einfordern. Haberstroh: „Besonders im Bereich der Ausbildung tut sich in der Region extrem viel. Von digitalen Ausbildungsangeboten bis hin zu digital geführten Berichtsheften.“ Wie Digitalisierung und KI den Handwerksbetrieben schmackhaft gemacht werden können, auch dazu hat man in der Kreishandwerkerschaft konkrete Vorstellungen: „Wir brauchen niederschwellige Zugänge, praxisnahe Unterstützung, Anreize und Förderung und schließlich mehr Flexibilität schon in der Ausbildung. Wir als Kreishandwerkerschaft nehmen unsere Aufgabe ernst, hier Orientierung zu bieten und Brücken zu bauen. Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um die Wettbewerbsfähigkeit des Handwerks langfristig zu sichern.“
Jetzt Newsletter abonnieren und von vielen Vorteilen profitieren!