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Umweltfreundlich in die ZUGkunft – KT Horb bringt Gütertransporte auf die Schiene

Pro Gütertransport 8000 Tonnen CO2 einsparen. Die Wegstrecke um 4000 Kilometer reduzieren. Und acht Tage kürze Lieferzeiten erreichen. Das Kombi-Terminal im Industriegebiet der Stadt Horb (Nordschwarzwald) soll’s via Umstieg von der Straße auf die Schiene richten. Großer Bahnhof beim Spatenstich für ein ehrgeiziges Projekt.
Offizieller Start zum Bau des Verladebahnhofs Kombi-Terminal Horb mit symbolischem Spatenstich und Sandwerfen (von links): Regierungspräsidentin (Bezirk Karlsruhe) Sylvia Felder, Landrat (Freudenstadt) Klaus Michael Rückert, IHK-Präsidentin Claudia Gläser, Investor Kurt Plathe, Landesverkehrsminister Winfried Hermann, Bahn-Bevollmächtigter Thorsten Krenz und Oberbürgermeister (Horb) Peter Rosenberger. ©DorisLöffler

Von Gerd Lache | 10.06.2022

Nicht aufgeben und weitgehend die Contenance bewahren. Das ist offenbar das Prinzip des Unternehmers und Investors Kurt Plathe aus Neubulach im Nordschwarzwald. „So viele Hindernisse, wie dieser Mann in den Weg gelegt bekommen hat, von allen möglichen Leuten, auch Behörden“, erinnerte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) beim symbolischen Spatenstich für das Kombi-Terminal Horb (KTH) im Industriegebiet Heiligenfeld (Landkreis Freudenstadt).

©GerdLache/Quelle: Plathe

Das ehrgeizige Projekt mit dem sinnigen Wortspiel „ZUGkunft“ ist eine Verladestation, an der Gütertransporte von der Straße  auf die Schiene gehievt werden. Mit dem künftigen Bahntransport zwischen Horb und Seehäfen in Norddeutschland sowie im Süden bis zum italienischen Hafen von Triest  werden einerseits zig tausend Tonnen an CO2 eingespart, außerdem wird der Verkehr entlastet.

Bei allen Widrigkeiten, die Plathe auf dem Weg zu diesem nachhaltigen Ziel behinderten, „sind Sie freundlich geblieben, auch wenn Sie zwischendurch mal ruppig waren, was ich gut verstehen konnte“, blickte der Verkehrsminister zurück.

Froh über Persönlichkeiten wie den Kombi-Terminal-Investor Plathe: Winfried Hermann, grüner Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg. ©DorisLöffler

Doch das ist Geschichte.  Der „große Schritt in Richtung nachhaltiger Transport in Baden-Württemberg“ sei nicht mehr aufzuhalten, wie die Redner beim Spatenstich zum KTH deutlich machten. Muss auch so sein, wenn die Landesregierung ihr ambitioniertes Ziel erreichen will: „Bis 2030 soll jede dritte Tonne klimaneutral transportiert werden.“

Ambitioniert nannte es Hermann deshalb, weil es bislang in „The Länd“ wenig Schienentransport und wenig Binnenschiffe gebe, dafür aber viele Lkw, schwer belastete Straßen und Verkehrsprobleme. „Deshalb brauchen wir Persönlichkeiten wie Sie, Herr Plathe, dass es vorangeht“, machte der Minister deutlich.

Seine Stadt soll bis 2050 klimaneutral sein: Peter Rosenberger, Oberbürgermeister von Horb am Neckar. ©DorisLöffler

Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger erinnerte daran, dass letztendlich doch ein großer Schulterschluss für das Projekt erzielt werden konnte. Die final aufgekommene Dynamik habe gezeigt, „wie flexibel Behörden sein können“.

Immerhin habe sich die Stadt am Neckar zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Das Projekt sei deshalb „auch gut für Horb“.

Rosenberger äußerte Verständnis für jene Projekt-Gegner in der Bürgerschaft, die um ihre Wohn- und Lebensqualität fürchten. Sein Appell an den Verkehrsminister: „Wir müssen überlegen, wie man eine Ortsumfahrung gestalten kann.“ Insbesondere gehe es darum, den Lieferverkehr  des KTH  optimal zu lenken.

Der Oberbürgermeister sieht in dem Kombi-Terminal „einen Katalysator“. Denn viele Themen hingen mit diesem Projekt zusammen, beispielsweise die Weiterführung von der Bundesautobahn und der Ausbau in Richtung Freudenstadt und Baiersbronn.

Die regionale Wirtschaft steht hinter dem Horber Kombi-Terminal-Projekt versichert IHK-Präsidentin Claudia Gläser. ©DorisLöffler

Stau, Lärm und CO2-Ausstoß – „unsere Straßen brauchen dringend Entlastung“, forderte Claudia Gläser, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nordschwarzwald. Bereits vor mehr als 10 Jahren hätten die Kammern im Land einen geeigneten Standort für ein Kombi-Terminal gesucht. Bei der IHK sei die Notwendigkeit für einen Umstieg von der Straße auf die Schiene also schon sehr früh gereift.

Aber nimmt die hier angesiedelte Wirtschaft das Schienen-Angebot überhaupt an? Minister Hermann erinnerte an ein ähnliches Projekt im Land, das mangels Akzeptanz der dortigen Unternehmen in die Pleite schlitterte. Derartige Bedenken räumte die IHK-Präsidentin beiseite: „Ein Großteil der Unternehmen in der Region haben bereits signalisiert, dass sie das KTH für internationale Logistik, für Im- und Export nutzen werden.“ Für Gläser geht es auch darum, die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe zu steigern und somit „um den Erhalt von Arbeitsplätzen“.

Bringt künftig mindestens 15.000 Container Transportkapazität auf die Schiene: Necoss-Geschäftsführer Sebastian Doderer. ©DorisLöffler

Sebastian Doderer ist sicher: „Das Terminal kommt genau zur richtigen Zeit.“ Der Geschäftsführer der Necoss GmbH in Bremen (Neutral Container Shuttle System) plant zwei feste Zugverbindungen pro Woche von Horb in die deutschen Nordseehäfen Hamburg und Bremerhaven, eventuell auch Wilhelmshaven, außerdem zwei Zugumläufe in den Hafen von Triest.

Doderer rechnet vor: „Damit entsteht eine Transportkapazität von rund 15.000 Containern pro Jahr auf der Schiene. Je nach Bedarf sind weitere Fahrten und die Einbindung zusätzlicher Hafenstandorte möglich.“

Und warum sieht Doderer die Zeit für die Schiene gekommen? Bereits heute fänden mehr als 50 Prozent aller Zu- und Ablaufverkehre zu deutschen Häfen auf der Schiene statt. Und die Nachfrage steige. „Es gibt einen klaren Trend zur Verlagerung von der Straße auf die Schiene.“

Komme hinzu, dass der Welthandel massiv unter Störungen der globalen Lieferketten leide. Die Folge: Schiffe fahren verspätet. Häfen sind teilweise geschlossen oder überfüllt mit Containern. „Das hat auch Auswirkungen auf Deutschland und Baden-Württemberg“, sagte Doderer mit Hinweis auf berstend volle Kombi-Terminals im Inland. „Zusätzliche Kapazität wird dringend benötigt.“

Ende 2022 soll der Terminal-Bau beendet sein. Doderer freut sich, dass dann „Waren umweltfreundlich von Horb in die ganze Welt transportiert werden.“

Visualisierung des künftigen Verladebahnhofs Kombi-Terminal Horb (KTH) im Industriegebiet Heiligenfeld. ©Ing.-BüroGfrörer

Das Kombi-Terminal Horb (KTH)

… ist ein Güterbahnhof zum Umschlag des kombinierten Verkehrs zur nachhaltigen Entlastung der Straßen und Seewege  –  und liefert damit einen Beitrag zum Klimaschutz. Das KTH liegt in der Mitte der Schienenverbindung zwischen den deutschen Nordhäfen und dem Seehafen an der italienischen Adriaküste. Bis zum Ende des Jahres 2022 wird die Gleisanlage zu großen Teilen erneuert und reaktiviert.

Mit dem neuen Logistikweg, den es in dieser Form im südlichen Baden-Württemberg bisher noch nicht gibt, können eine seeseitige Umfahrung von halb Europa und damit Tonnen von CO2 eingespart werden. Pro Containerschiff werden rund 4000 Kilometer Wegstrecke vermieden, was eine Lieferzeitverkürzung von bis zu acht Tagen bedeutet.

Rechnerisch werden dadurch pro Schiffstransport auf dem Weg von Port Said am Suez-Kanal bis nach Hamburg knapp 8000 Tonnen CO2 eingespart.

Es gibt noch viel zu tun: Bis Ende 2022 soll der Bau des Kombi-Terminals Horb im Industriegebiet Heiligenfeld fertig sein. ©GerdLache

Die moderne Infrastrukturanlage für das Einzugsgebiet zwischen Stuttgart und Bodensee wird bisher unerschlossene Logistikströme über die Schiene ermöglichen. Logistikketten sollen dadurch nachhaltiger und effizienter gestaltet werden können. Die Anlage soll aus drei Gleisen bestehen.

In einem späteren zweiten Schritt wird das KTH durch das Intermodale Servicezentrum Horb (ISH) ergänzt. Auf dieser Depotfläche, auf der es auch Reparatur- und Serviceeinrichtungen geben wird, können dann Container zwischengelagert werden.

Die Bahn (DB Netze AG) wird die Finanzierung einer digitalen Zufahrtsweiche übernehmen. Kostenpunkt: knapp 5,3 Millionen Euro, wie der baden-württembergische Bahnbevollmächtigte Thorsten Kreuz beim symbolischen Spatenstich sagte. Die Weiche ist Voraussetzung für die Einschleusung der bis zu 500 Meter langen Containerzüge in den Bahnverkehr zu allen Tageszeiten. Wesentlichen Anteil an der Finanzierungslösung hat laut Investor Kurt Plathe der ehemalige Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Fuchtel (CDU). (pm/gel)

Bewies Durchhaltevermögen bei der Realisierung seines Terminal-Projekts: Investor Kurt Plathe aus Neubulach. ©DorisLöffler

Investor Kurt Plathe

… ist Chef der Plathe Grundbesitz GmbH & Co. KG mit Sitz in Neubulach (Landkreis Calw/Nordschwarzwald). Gegenstand des Unternehmens ist laut Online-Plattform Northdata die Verwaltung, Verpachtung und Nutznießung des eigenen Vermögens jeglicher Art im In- und Ausland. Zuvor war Plathe Geschäftsführer der Spedition Kußmaul GmbH in Nagold. Für das Kombi-Terminal werden nach Berichten der Deutschen Verkehrszeitung und Hafen Hamburg von 2020 etwa 8 bis 9 Millionen Euro an Investitionen benötigt. Ein Teil davon übernimmt den Angaben zufolge die staatliche KV-Förderung. (gel)

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