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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Spitzenverbände warnen vor Irreführung der Verbraucher bei synthetischen Diamanten

Irreführenden Handelspraktiken mit synthetischen Diamanten und inkorrekte Aussagen bezüglich ihrer Nachhaltigkeit sind immer häufiger anzutreffen. Deshalb begrüßen drei deutsche Spitzenverbände der Uhren-, Schmuck und Edelsteinbranche das von der EU-Kommission vorgeschlagene Verbot allgemeiner umweltbezogener Werbeaussagen, sofern die Umweltleistung des Produkts nicht nachgewiesen werden kann. Es geht einerseits um den Schutz der Verbraucher und andererseits um den ökologischen Wandel hin zu einer „grünen Wirtschaft“.
Die EU möchte für die Verbraucher eine klare Unterscheidung bei der Beschreibung von natürlichen und synthetischen Diamanten. Die Spitzenverbände der Branche unterstützen dies. ©LarsPlöger

15.07.2022

Die Europäische Kommission schlägt eine Richtlinie vor, um den ökologischen Wandel besser durchzusetzen. Gestärkt werden soll deshalb der Verbraucher durch mehr Schutz vor unlauteren Praktiken und durch bessere Information.

In einer Mitteilung des Bundesverbandes Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien (BVSU), des Bundesverbandes der Edelstein- und Diamantindustrie sowie des Bundesverbandes der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte (BVJ) heißt es, die Branchenverbände „begrüßen ausdrücklich das vorgeschlagene Verbot allgemeiner umweltbezogener Werbeaussagen, wenn die hervorragende Umweltleistung des Produkts oder Händlers nicht nachgewiesen werden kann. Ebenso werden strengere Anforderungen an die Informationen, die den Verbrauchern beim Vergleich zweier Produkte auf der Grundlage von Umwelt- oder sozialen Aspekten zur Verfügung gestellt werden müssen, dazu beitragen, die Verbraucher auf eine genauere und objektivere Weise zu informieren“.

Zunehmend gebe es zum kennzeichnen und bewerben von synthetischen Diamanten sogenannte generische Umweltaussagen wie „ökologisch“ oder „nachhaltig“. „Diese Behauptungen, bei denen es sich eindeutig um Greenwashing handelt, führen die Verbraucher in die Irre, indem sie ihnen vorgaukeln, dass sie ein umweltfreundlicheres Produkt kaufen, ohne dass diese Behauptungen gerechtfertigt sind“, erklären die Verbände.

Synthetische Diamanten weisen im Durchschnitt eine deutlich höhere Umweltbelastung auf als natürliche Diamanten, sagt Verbandshauptgeschäftsführer Dr. Guido Grohmann. ©RichardWesner

BVSU-Hauptgeschäftsführer Dr. Guido Grohmann sagt: „Nach seriösen Schätzungen weisen synthetische Diamanten im Durchschnitt eine deutlich höhere Umweltbelastung auf als die natürlichen Diamanten, was vor allem auf den hohen Emissions- und Energieverbrauch zurückzuführen ist.“

 In einem kürzlich erschienenen Bericht hätten die französischen Behörden diese Praxis der geschönten Beschreibung von synthetischen Diamanten als „phantasievoll“, „tendenziös“ und „irreführend“ bezeichnet.

Darüber hinaus vergleichen der Mitteilung zufolge einige Verkäufer natürliche und synthetische Diamanten auf der Grundlage sozialer Aspekte. Sie behaupten, dass synthetische Diamanten ethischer sind. „Dies ist eine weitere irreführende und falsche Werbepraxis, da der Sektor der natürlichen Diamanten eine wichtige wirtschaftliche und soziale Rolle spielt, indem er rund 10 Millionen Menschen, vor allem in Afrika und Indien, eine Lebensgrundlage bietet“, heißt es weiter.

Kein Schüren bewaffneter Konflikte

Die Verbände betonen ausdrücklich, dass dank des Kimberley-Prozesses (KP) 99,8 Prozent des weltweiten Angebots an Rohdiamanten von KP-Teilnehmern, einschließlich der EU, gehandelt werden. Dadurch werde sichergestellt, dass sie nicht zum Schüren von bewaffneten Konflikten beitragen.

Der BVSU-Hauptgeschäftsführer erklärt: „Wir erkennen die Legitimität sowohl natürlicher als auch synthetischer Diamanten an, betrachten sie jedoch als unterschiedliche Produkte. Auch wenn sie die gleichen physikalischen und chemischen Eigenschaften haben, ist die Entstehung jedoch grundsätzlich unterschiedlich und sie haben nicht den gleichen Wert, weder in finanzieller noch in symbolischer Hinsicht.“

So würden synthetische Diamanten durch industrielle und standardisierte Produktionsverfahren künstlich hergestellt. Diamanten hingegen seien „eine einzigartige Schöpfung der Natur“. Da beide Produkte ihren Platz auf dem Markt hätten, müssen die Verbraucher laut Grohmann „über das, was sie kaufen, ausreichend informiert sein, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können und nicht Opfer betrügerischer Praktiken zu werden.“

Verbände wollen mehr

Obwohl die Branchenverbände der Ansicht sind, dass die von der EU vorgeschlagene Richtlinie „ein Schritt in die richtige Richtung ist“, reiche sie jedoch nicht aus, um die Verbraucher angemessen und wirksam zu schützen.

Nachdem die EU-Kommission die Problematik der Diamanten-Terminologie im EU-Leitfaden zur Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, der im Dezember 2021 veröffentlicht wurde, erstmals anerkannt hat, sind die Verbände davon überzeugt:  Ein zusätzlich wirksamer Verbraucherschutz kann ermöglicht werden durch die Verabschiedung einer europäischen rechtlichen (oder rechtsverbindlichen) Definition von Diamanten nach dem Vorbild der französischen und belgischen Gesetzgebung. Sie müsse darauf abzielen, natürliche von synthetischen Diamanten zu unterscheiden, und zwar durch eine klare Offenlegung ihrer jeweiligen Kerneigenschaften und Herkunft sowie durch die Definition der Terminologie jedes Produkts.

(pm/gel)


Innerhalb der EU

…wird aktuell verstärkt über die Überarbeitung der EU-Verbraucherpolitik („Europäische Verbraucheragenda“) diskutiert. So gibt es beispielsweise die Richtlinieninitiative der EU-Kommission „Stärkung der Rolle der Verbraucher beim Übergang zu einer grünen Wirtschaft“.

Ein zentrales Ziel dieser Überarbeitung ist es, den Verbrauchern zu ermöglichen, bei der Umstellung auf eine nachhaltigere Wirtschaft eine aktivere Rolle zu spielen. Dabei geht es in erster Linie darum,

  • sicherzustellen, dass die Verbraucher zuverlässige und nützliche Produktinformationen erhalten, z. B. zu deren Lebensdauer und Reparaturmöglichkeiten;
  • zu verhindern, dass Umweltinformationen geschönt werden („Greenwashing“) oder Produkte mit verkürzter Lebensdauer verkauft werden, ohne dass dies erkennbar ist;
  • Mindestanforderungen für Nachhaltigkeitslogos und Gütesiegel festzulegen.

(pm)

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