Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
Von Gerd Lache | 26.07.2021
Gegründet wurde die Ständige Musterausstellung von Schmuck- und Uhrenunternehmern am 23. Februar 1921 in Pforzheim. Die Diplom-Kauffrau Köhle-Wichmann ist Geschäftsführerin der STMA-Nachfolgerin, die sich aktuell „Deutsche Schmuck- und Uhren GmbH“ (DSU) nennt, eine Tochtergesellschaft des Bundesverbandes Schmuck + Uhren (BV SU). Sitz der Gesellschaft und der DSU-Ausstellungs- und Verkaufsräume sind im Turmquartier der Sparkasse Pforzheim Calw, im Zentrum der Goldstadt.
Die DSU will die deutsche Schmuck- und Uhrenbranche für die nächsten 100 Jahre fit machen, wie Köhle-Wichmann bei der Jubiläumsfeier deutlich machte. Klar sei: „Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung im Einzelhandel massiv vorangetrieben.“ Die studentische DSU-Hilfskraft Saskia Kühnel erstelle derzeit an der Hochschule Pforzheim ihre Masterarbeit. Das Thema: „Chancen und Herausforderungen der Integration von digitalen Vertriebswegen in der deutschen Schmuck- und Uhrenbranche.“
Die Geschäftsführerin verspricht sich wertvolle Erkenntnisse von den Ergebnissen der Masterarbeit. Diese hätten bisher gezeigt, „dass sich das Konsumentenverhalten und die Kaufentscheidung vor allem hinsichtlich der Informiertheit der Kunden geändert hat.“ Dadurch gewinne der digitale Auftritt des Handels an Bedeutung. „Das Wissen um dieses Entscheidungswege sei essentiell für den Vertrieb.
„Die Customer Journey ist komplexer und heterogener geworden. Für die Beherrschung dieser Komplexität sind umfassende Kenntnisse über das Kundenverhalten in den Onlinekanälen immer wichtiger geworden“, sagt Köhle-Wichmann.
Andererseits bliebe die Rolle des stationären Handels – zumindest derzeit noch – wichtig, bedingt durch die Eigenschaften der Schmuck- und Uhrenprodukte sowie durch entsprechendes Konsumentenverhalten. „Ob dies in Zukunft so bleiben wird, ist nicht garantiert“, erklärt Köhle-Wichmann. Mehr noch, sagt sie: „Der stationäre Handel kann ohne die Integration von Online-Vertriebswegen oder zumindest eines Online-Shops mit Anfragemöglichkeit langfristig nicht Überleben.“ Diese Schlussfolgerung bestimme die Zukunftsstrategie der DSU.
Während in anderen Branchen Omni-Channel-Systeme längst zum Standard gehörten, „ist es an der Zeit, dass die deutsche Schmuck- und Uhrenbranche aufholt und eventuell sogar eigene Lösungen findet“, mahnt die DSU-Geschäftsführerin. Die Branche habe sogar die Chance, ein eigenes System zu entwickeln, das auf die speziellen Bedürfnisse ihrer Konsumenten und Händler abgestimmt sei.
Die Inhalte der Masterarbeit sollen nach deren Fertigstellung in den Fachgruppen des Bundesverbandes Schmuck + Uhren diskutiert werden – „auf dass wir die nächsten 100 Jahre Deutsche Schmuck und Uhren aktiv gestalten dürfen“, so Köhle-Wichmann.
Ehrengäste der Jubiläumsfeier
Musikalisch umrahmt wurde die corona-konforme Jubiläumsfeier im Außenbereich der Müssle-Weinbar Pforzheim von Jörg Herzels Band „Mr. George & his Oskars“. Unter den Gästen waren neben Herstellern der Branche unter anderem der Sparkassen-Vorstandschef sowie Hausherr von Industriehaus und neugestaltetem Turmquartier, Stephan Scholl, außerdem vom Bundesverband Schmuck- und Uhren dessen Präsident Uwe Staib und Hauptgeschäftsführer Dr. Guido Grohmann.
Die Idee einer eigenen ständigen Schmuckmesse in Pforzheim ist weitaus älter als nur 100 Jahre. Schon vor dem Ersten Weltkrieg brachten der Bauinvestor Emil Ratz und Direktor der Kunstgewerbeschule, Friedrich Wilhelm Jochem, den Gedanken hervor. Ziel war es, Einkäufern aus aller Welt eine Übersicht der Erzeugnisse der Schmuck- und Uhrenindustrie zu ermöglichen.
Außerdem wollte man den sogenannten Tigerern das Handwerk legen. Diese „Kundenvermittler“ belagerten die Innenstadt und fingen dort die Schmuck- und Uhren-Einkäufer in ihren Hotel-Unterkünften ab. Sie begleiteten sie zu von ihnen bevorzugten Herstellern. Die Quartiere, in denen sich die Schmuckfabriken befanden, wurden „Millionenviertel“ oder „Devisenviertel“ genannt.
Am 23. Februar 1921 wurde die „Ständige Musterausstellung der Schmuck- und Uhrenindustrie sowie verwandter Industrien“ als Informationszentrum und Treffpunkt für Facheinkäufer gegründet. Aus Angst vor Muster-Diebstahl einigte man sich auf eine Ausstellung, die ausschließlich für Fachpublikum zugänglich war. Den Pforzheimern wurde aus Konkurrenzgründen der Zutritt grundsätzlich verwehrt. Mussten die Aussteller zum Umdekorieren in die Räume, dann wurden die anderen Ausstellungsvitrinen der Wettbewerber gegen neugierige Blicke verhängt.
Das ganze Jahr über konnten die Edelmetall- und Luxusindustrien ihre aktuellen Kollektionen präsentieren. Die Goldstadt Pforzheim sollte Zentrum des weltweiten Fachhandels werden.
Die Ausstellerfirmen der ersten Stunde dieser Pforzheimer Fachmesse und Marketinggemeinschaft kamen aus ganz Deutschland. In den Hochphasen stellten im Obergeschoss des Industriehauses präsentierten mehr als 400 Firmen Schmuck, Uhren, Accessoires, edles Gerät und Produkte der verwandten Industrien.
Auf der Ausstellerliste des Jahres 1948 stehen unter anderem Namen wie Christian Bauer, Friedrich Binder, Emil Brenk, Andreas Daub, Eugen Dettinger, Carl Dillenius, Victor Mayer, Moser & Pfeil, Rivoir und Wellendorf. „Ohne dieses Engagement der Aussteller gäbe es die DSU als Nachfolger der Ständigen Musterausstellung nicht mehr“, konstatiert DSU-Geschäftsführerin Christine Köhle-Wichmann. (pm/gel)
Die Deutsche Schmuck und Uhren GmbH (DSU) ist Nachfolgerin der Ständigen Musterausstellung. Sie ist eine Tochter- und Servicegesellschaft des Bundesverbandes Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien e.V., kurz: Bundesverband Schmuck + Uhren (BVSU), mit Sitz in Pforzheim.
Mit dem Bau der Schmuckwelten Pforzheim im Jahr 2005 durch die Sparkasse Pforzheim Calw erfolgte der Wandel von der reinen Musterausstellung für Facheinkäufer hin zu einer Kombination aus Showroom und Verkaufszentrum für jeden. Seit dieser Zeit werden ausgestellt Produkte auch an Endverbraucher verkauft.
„Die Deutsche Schmuck und Uhren hat sich seit der Eröffnung der Schmuckwelten massiv weiterentwickelt“, sagt Köhle-Wichmann, „jetzt brechen wieder neue Zeiten an“. Die DSU sei nun Teil des neu erbauten TurmQuartiers der Sparkasse, das im Juni 2021 für das Publikum geöffnet worden sei. „Ein Quantensprung, der uns in den vergangenen Monaten alle auf Trapp gehalten hat“, erinnert die Geschäftsführerin. Der Umbau der Sparkasse sei für die DSU mit vielen Einschränkungen verbunden gewesen. „Unsere Verkaufsfläche war zeitweise für die Kunden kaum zu erreichen oder zu finden gewesen.“
Teils sei die Frequenz auf null reduziert gewesen. Dennoch seien Umsätze generiert worden. Der Grund: „Wir hatten viele Terminanfragen aufgrund unserer neuen Website. Die extrem große Anzahl an Bilddaten mit Beschriftungen der Produkte sowie der stetige Ausbau des Marketings im Bereich von Social Media und Out of Home Werbung auf den LED-Flächen in der Stadt haben uns einige Neukunden gebracht.“ Und damit schließt sich der Themenkreis von Köhle-Wichmann, die ihrer Branche und dem Handel die Bedeutung der Mischung aus online und offline als existenziell vermittelt. (pm/gel)
Von Gerd Lache | 26.07.2021
Gegründet wurde die Ständige Musterausstellung von Schmuck- und Uhrenunternehmern am 23. Februar 1921 in Pforzheim. Die Diplom-Kauffrau Köhle-Wichmann ist Geschäftsführerin der STMA-Nachfolgerin, die sich aktuell „Deutsche Schmuck- und Uhren GmbH“ (DSU) nennt, eine Tochtergesellschaft des Bundesverbandes Schmuck + Uhren (BV SU). Sitz der Gesellschaft und der DSU-Ausstellungs- und Verkaufsräume sind im Turmquartier der Sparkasse Pforzheim Calw, im Zentrum der Goldstadt.
Die DSU will die deutsche Schmuck- und Uhrenbranche für die nächsten 100 Jahre fit machen, wie Köhle-Wichmann bei der Jubiläumsfeier deutlich machte. Klar sei: „Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung im Einzelhandel massiv vorangetrieben.“ Die studentische DSU-Hilfskraft Saskia Kühnel erstelle derzeit an der Hochschule Pforzheim ihre Masterarbeit. Das Thema: „Chancen und Herausforderungen der Integration von digitalen Vertriebswegen in der deutschen Schmuck- und Uhrenbranche.“
Die Geschäftsführerin verspricht sich wertvolle Erkenntnisse von den Ergebnissen der Masterarbeit. Diese hätten bisher gezeigt, „dass sich das Konsumentenverhalten und die Kaufentscheidung vor allem hinsichtlich der Informiertheit der Kunden geändert hat.“ Dadurch gewinne der digitale Auftritt des Handels an Bedeutung. „Das Wissen um dieses Entscheidungswege sei essentiell für den Vertrieb.
„Die Customer Journey ist komplexer und heterogener geworden. Für die Beherrschung dieser Komplexität sind umfassende Kenntnisse über das Kundenverhalten in den Onlinekanälen immer wichtiger geworden“, sagt Köhle-Wichmann.
Andererseits bliebe die Rolle des stationären Handels – zumindest derzeit noch – wichtig, bedingt durch die Eigenschaften der Schmuck- und Uhrenprodukte sowie durch entsprechendes Konsumentenverhalten. „Ob dies in Zukunft so bleiben wird, ist nicht garantiert“, erklärt Köhle-Wichmann. Mehr noch, sagt sie: „Der stationäre Handel kann ohne die Integration von Online-Vertriebswegen oder zumindest eines Online-Shops mit Anfragemöglichkeit langfristig nicht Überleben.“ Diese Schlussfolgerung bestimme die Zukunftsstrategie der DSU.
Während in anderen Branchen Omni-Channel-Systeme längst zum Standard gehörten, „ist es an der Zeit, dass die deutsche Schmuck- und Uhrenbranche aufholt und eventuell sogar eigene Lösungen findet“, mahnt die DSU-Geschäftsführerin. Die Branche habe sogar die Chance, ein eigenes System zu entwickeln, das auf die speziellen Bedürfnisse ihrer Konsumenten und Händler abgestimmt sei.
Die Inhalte der Masterarbeit sollen nach deren Fertigstellung in den Fachgruppen des Bundesverbandes Schmuck + Uhren diskutiert werden – „auf dass wir die nächsten 100 Jahre Deutsche Schmuck und Uhren aktiv gestalten dürfen“, so Köhle-Wichmann.
Ehrengäste der Jubiläumsfeier
Musikalisch umrahmt wurde die corona-konforme Jubiläumsfeier im Außenbereich der Müssle-Weinbar Pforzheim von Jörg Herzels Band „Mr. George & his Oskars“. Unter den Gästen waren neben Herstellern der Branche unter anderem der Sparkassen-Vorstandschef sowie Hausherr von Industriehaus und neugestaltetem Turmquartier, Stephan Scholl, außerdem vom Bundesverband Schmuck- und Uhren dessen Präsident Uwe Staib und Hauptgeschäftsführer Dr. Guido Grohmann.
Die Idee einer eigenen ständigen Schmuckmesse in Pforzheim ist weitaus älter als nur 100 Jahre. Schon vor dem Ersten Weltkrieg brachten der Bauinvestor Emil Ratz und Direktor der Kunstgewerbeschule, Friedrich Wilhelm Jochem, den Gedanken hervor. Ziel war es, Einkäufern aus aller Welt eine Übersicht der Erzeugnisse der Schmuck- und Uhrenindustrie zu ermöglichen.
Außerdem wollte man den sogenannten Tigerern das Handwerk legen. Diese „Kundenvermittler“ belagerten die Innenstadt und fingen dort die Schmuck- und Uhren-Einkäufer in ihren Hotel-Unterkünften ab. Sie begleiteten sie zu von ihnen bevorzugten Herstellern. Die Quartiere, in denen sich die Schmuckfabriken befanden, wurden „Millionenviertel“ oder „Devisenviertel“ genannt.
Am 23. Februar 1921 wurde die „Ständige Musterausstellung der Schmuck- und Uhrenindustrie sowie verwandter Industrien“ als Informationszentrum und Treffpunkt für Facheinkäufer gegründet. Aus Angst vor Muster-Diebstahl einigte man sich auf eine Ausstellung, die ausschließlich für Fachpublikum zugänglich war. Den Pforzheimern wurde aus Konkurrenzgründen der Zutritt grundsätzlich verwehrt. Mussten die Aussteller zum Umdekorieren in die Räume, dann wurden die anderen Ausstellungsvitrinen der Wettbewerber gegen neugierige Blicke verhängt.
Das ganze Jahr über konnten die Edelmetall- und Luxusindustrien ihre aktuellen Kollektionen präsentieren. Die Goldstadt Pforzheim sollte Zentrum des weltweiten Fachhandels werden.
Die Ausstellerfirmen der ersten Stunde dieser Pforzheimer Fachmesse und Marketinggemeinschaft kamen aus ganz Deutschland. In den Hochphasen stellten im Obergeschoss des Industriehauses präsentierten mehr als 400 Firmen Schmuck, Uhren, Accessoires, edles Gerät und Produkte der verwandten Industrien.
Auf der Ausstellerliste des Jahres 1948 stehen unter anderem Namen wie Christian Bauer, Friedrich Binder, Emil Brenk, Andreas Daub, Eugen Dettinger, Carl Dillenius, Victor Mayer, Moser & Pfeil, Rivoir und Wellendorf. „Ohne dieses Engagement der Aussteller gäbe es die DSU als Nachfolger der Ständigen Musterausstellung nicht mehr“, konstatiert DSU-Geschäftsführerin Christine Köhle-Wichmann. (pm/gel)
Die Deutsche Schmuck und Uhren GmbH (DSU) ist Nachfolgerin der Ständigen Musterausstellung. Sie ist eine Tochter- und Servicegesellschaft des Bundesverbandes Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien e.V., kurz: Bundesverband Schmuck + Uhren (BVSU), mit Sitz in Pforzheim.
Mit dem Bau der Schmuckwelten Pforzheim im Jahr 2005 durch die Sparkasse Pforzheim Calw erfolgte der Wandel von der reinen Musterausstellung für Facheinkäufer hin zu einer Kombination aus Showroom und Verkaufszentrum für jeden. Seit dieser Zeit werden ausgestellt Produkte auch an Endverbraucher verkauft.
„Die Deutsche Schmuck und Uhren hat sich seit der Eröffnung der Schmuckwelten massiv weiterentwickelt“, sagt Köhle-Wichmann, „jetzt brechen wieder neue Zeiten an“. Die DSU sei nun Teil des neu erbauten TurmQuartiers der Sparkasse, das im Juni 2021 für das Publikum geöffnet worden sei. „Ein Quantensprung, der uns in den vergangenen Monaten alle auf Trapp gehalten hat“, erinnert die Geschäftsführerin. Der Umbau der Sparkasse sei für die DSU mit vielen Einschränkungen verbunden gewesen. „Unsere Verkaufsfläche war zeitweise für die Kunden kaum zu erreichen oder zu finden gewesen.“
Teils sei die Frequenz auf null reduziert gewesen. Dennoch seien Umsätze generiert worden. Der Grund: „Wir hatten viele Terminanfragen aufgrund unserer neuen Website. Die extrem große Anzahl an Bilddaten mit Beschriftungen der Produkte sowie der stetige Ausbau des Marketings im Bereich von Social Media und Out of Home Werbung auf den LED-Flächen in der Stadt haben uns einige Neukunden gebracht.“ Und damit schließt sich der Themenkreis von Köhle-Wichmann, die ihrer Branche und dem Handel die Bedeutung der Mischung aus online und offline als existenziell vermittelt. (pm/gel)
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