Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
Herr Böhm, seit 2014 gibt es BÖHM Hörakustik in Pforzheim. Als gelernter Goldschmied wurde Ihnen die Unternehmerkarriere nicht in die Wiege gelegt. Wie begann Ihre persönliche Hör-Reise?
Fabian Böhm: Ich bin in Ellmendingen bei Pforzheim aufgewachsen. Mein Vater hatte einen Handwerksbetrieb, mir lag schon immer das Kreative. Da lag es nahe, dass ich Goldschmied lerne. Nach meiner Lehre bei der Firma Stahl in Birkenfeld war ich zwei Jahre lang Mustermacher und konnte meine eigenen Entwürfe einbringen. Um die Jahrtausendwende verlagerten immer mehr Schmuckbetriebe ihre Fertigung ins Ausland. Auch mein damaliger Chef empfahl uns Angestellten: „Sucht euch besser etwas Neues“. Die Firma Stahl gibt es heute nicht mehr.
WirtschaftsKraft: Wie kamen Sie dann zur Hörakustik?
Fabian Böhm: Ich bewarb mich auf eine Stellenanzeige des Otoplastik-Labors Müssle in Pforzheim, das Goldschmiede suchte. Dort lernte ich, Otoplastiken für Hörgeräte und Gehörschutz zu fertigen. Ich wollte wissen, was mit diesen Ohrstücken passiert und hospitierte einen Tag lang bei einem Hörakustiker. Als ich dort erlebte, wie emotional die Kunden auf ihre neuen Hörgeräte reagierten, war für mich klar: ich suche mir eine Stelle bei einem Hörakustiker. In Pforzheim war nichts frei, also ging ich zu einem Betrieb nach Esslingen.
WirtschaftsKraft: Das hieß für Sie dann nochmal von vorne anfangen?
Fabian Böhm: Ja, ich machte eine zweite Ausbildung zum Hörakustiker. Ich musste für die Lehre einen Kredit aufnehmen und vorübergehend wieder bei meiner Mutter einziehen. Die einzige Berufsschule für Hörakustiker in Deutschland ist übrigens in Lübeck. In der Freizeit habe ich gekellnert, um meine Ausbildung zu finanzieren. In meinem Ausbildungsbetrieb sammelte ich wertvolle Praxis- und später auch erste Führungserfahrung. Nach ein paar Jahren wechselte ich zu einem noch größeren Hörakustiker. Dort machte ich meinen Meister und hatte bald drei Filialen unter meiner Führung.
WirtschaftsKraft: Das klingt nach einer steilen Karriere. Wie kam es dann zu BÖHM Hörakustik?
Fabian Böhm: Ich wollte mehr Individualität, mehr Technik, mehr Design. Nicht aus Gier, sondern aus dem Ehrgeiz heraus „wie kann ich Kunden noch mehr dienen?“ Leider bekam ich von meinem Arbeitgeber oft zu hören „Herr Böhm, wir haben Standardprozesse, so einfach ist das nicht“. Da wurde mir klar, ich muss mein eigenes Ding machen.
2014 kratzte ich 5.000 Euro Eigenkapital zusammen und besorgte mir einen Kredit. Tagsüber arbeitete ich noch als Angestellter in Leonberg, nachts half ich mit, einen ehemaligen Friseursalon in der Pforzheimer Innenstadt umzubauen. Im Dezember war dann die Eröffnung von BÖHM Hörakustik. Ich hatte lediglich eine angestellte Servicekraft, sowie meine Mutter machte die Buchhaltung. Am Anfang verirrten sich nur einige private Kunden in meinen Laden. Es gab auch Ärzte, die mich empfahlen. Zum Glück entwickelte sich das Geschäft schnell weiter: Bereits im zweiten Jahr hatte ich vier Angestellte. Heute sind es dreizehn.
WirtschaftsKraft: Hatten Sie von Anfang an eine Vision, wohin sich Ihr Unternehmen entwickeln soll?
Fabian Böhm: Das wächst mit dem Tun und der Begeisterung. Aber ich hatte mir schon als Angestellter Gedanken gemacht: Was gibt es neben Hörgeräten noch? Ich machte noch vor der Selbstständigkeit Weiterbildungen zum Akustiker für Cochlea-Implantate (CI) und zum Pädakustiker für Babys, Kinder und Jugendliche. Warum? Das „normale“ Hörgeräte-Geschäft bekommt immer mehr Konkurrenz durch den Online-Handel. Aber für das eigene Kind ein Hörgerät aus dem Internet? Ausgeschlossen! Auch für die Betreuung von CI-Implantat-Trägern brauchen Sie Experten vor Ort.
WirtschaftsKraft: Dazu brauchen Sie auch ein Team von motivierten Fachkräften, oder?
Fabian Böhm: An Anfang habe ich alles selbst gemacht, das war auf Dauer schon überfordernd. Inzwischen habe ich in meinem Team vier Angestellte mit Meisterbrief – das ist nicht nur in Pforzheim einzigartig! Meine wichtigste Personalentscheidung der letzten Jahre war, einen Betriebsleiter einzustellen, damit ich als Chef mehr strategisch arbeiten kann. Mein Motto ist: „Entwickle die Menschen zu ihrem besten Ich“. Bei mir können sich die Mitarbeitenden entfalten und werden nicht in ein enges Korsett gezwungen.
WirtschaftsKraft: Das hat sicher auch Auswirkungen auf die Beratung. Wie läuft das bei BÖHM ab?
Fabian Böhm: Für Beratung und Verkauf gibt es ein strukturiertes BÖHM Beratungskonzept: Beim ersten Termin erfahren unsere Kundinnen und Kunden bereits, wie sie mit einem hochwertigen Gerät mehr Lebensqualität gewinnen können. Selbstverständlich bieten wir auch einfache Kassengeräte an. Aber nach der individuellen „Hör-Reise“, durch die wir sie führen, entscheiden sich viele für ein Upgrade. Das braucht Zeit. Vom Ersttermin bis zum fertig angepassten Gerät vergehen zwei bis drei Monate. Das bedeutet auch: drei Monate, bis wir Geld sehen. Aber das ist es wert.
WirtschaftsKraft: Haben Sie eine Vision, wohin mit BÖHM in Zukunft die Reise gehen könnte?
Fabian Böhm: Meine Vision ist ein „Hör-Erlebnishaus“ mit einer akustischen Erlebnisreise, die bereits am Eingang beginnt: Die Kunden sollen buchstäblich durch den Gehörgang spazieren können. Drinnen gibt es dann unterschiedlichste Erlebnis-Stationen für Erwachsene und Kinder. Mir schwebt zum Beispiel ein Anpassraum für Musiker mit Schlagzeug und E-Gitarre vor. Schon heute versuchen wir, den Beratungs- und Anpassungsprozess immer individueller und erlebnisreicher zu gestalten. Vielleicht sind wir schon in ein bis zwei Jahren soweit, dass wir bereits beim ersten Besuch ein Testgerät anpassen können, nach dem Motto „ohne Lösung geht kein Kunde aus der Tür“.
WirtschaftsKraft: Wie sieht es mit Expansionsplänen aus?
Fabian Böhm: Klar wären weitere Filialen, auch in anderen Städten, spannend. Aber ich muss mich auch persönlich fragen: Würde mich das wirklich glücklich machen? Ich stehe übrigens voll zum Standort Pforzheim. Die Stadt hat eine spannende Geschichte, tolle Orte, tolle Unternehmen, tolle Menschen. Wir lokalen Unternehmer müssen zeigen, was wir hier haben und können. Ideen für die Zukunft habe ich aber auch so mehr als genug. Sie sehen, meine persönliche „Hör-Reise“ ist noch lange nicht zu Ende. Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, sie fängt erst richtig an!
Das Interview führte Christian Roch.
Herr Böhm, seit 2014 gibt es BÖHM Hörakustik in Pforzheim. Als gelernter Goldschmied wurde Ihnen die Unternehmerkarriere nicht in die Wiege gelegt. Wie begann Ihre persönliche Hör-Reise?
Fabian Böhm: Ich bin in Ellmendingen bei Pforzheim aufgewachsen. Mein Vater hatte einen Handwerksbetrieb, mir lag schon immer das Kreative. Da lag es nahe, dass ich Goldschmied lerne. Nach meiner Lehre bei der Firma Stahl in Birkenfeld war ich zwei Jahre lang Mustermacher und konnte meine eigenen Entwürfe einbringen. Um die Jahrtausendwende verlagerten immer mehr Schmuckbetriebe ihre Fertigung ins Ausland. Auch mein damaliger Chef empfahl uns Angestellten: „Sucht euch besser etwas Neues“. Die Firma Stahl gibt es heute nicht mehr.
WirtschaftsKraft: Wie kamen Sie dann zur Hörakustik?
Fabian Böhm: Ich bewarb mich auf eine Stellenanzeige des Otoplastik-Labors Müssle in Pforzheim, das Goldschmiede suchte. Dort lernte ich, Otoplastiken für Hörgeräte und Gehörschutz zu fertigen. Ich wollte wissen, was mit diesen Ohrstücken passiert und hospitierte einen Tag lang bei einem Hörakustiker. Als ich dort erlebte, wie emotional die Kunden auf ihre neuen Hörgeräte reagierten, war für mich klar: ich suche mir eine Stelle bei einem Hörakustiker. In Pforzheim war nichts frei, also ging ich zu einem Betrieb nach Esslingen.
WirtschaftsKraft: Das hieß für Sie dann nochmal von vorne anfangen?
Fabian Böhm: Ja, ich machte eine zweite Ausbildung zum Hörakustiker. Ich musste für die Lehre einen Kredit aufnehmen und vorübergehend wieder bei meiner Mutter einziehen. Die einzige Berufsschule für Hörakustiker in Deutschland ist übrigens in Lübeck. In der Freizeit habe ich gekellnert, um meine Ausbildung zu finanzieren. In meinem Ausbildungsbetrieb sammelte ich wertvolle Praxis- und später auch erste Führungserfahrung. Nach ein paar Jahren wechselte ich zu einem noch größeren Hörakustiker. Dort machte ich meinen Meister und hatte bald drei Filialen unter meiner Führung.
WirtschaftsKraft: Das klingt nach einer steilen Karriere. Wie kam es dann zu BÖHM Hörakustik?
Fabian Böhm: Ich wollte mehr Individualität, mehr Technik, mehr Design. Nicht aus Gier, sondern aus dem Ehrgeiz heraus „wie kann ich Kunden noch mehr dienen?“ Leider bekam ich von meinem Arbeitgeber oft zu hören „Herr Böhm, wir haben Standardprozesse, so einfach ist das nicht“. Da wurde mir klar, ich muss mein eigenes Ding machen.
2014 kratzte ich 5.000 Euro Eigenkapital zusammen und besorgte mir einen Kredit. Tagsüber arbeitete ich noch als Angestellter in Leonberg, nachts half ich mit, einen ehemaligen Friseursalon in der Pforzheimer Innenstadt umzubauen. Im Dezember war dann die Eröffnung von BÖHM Hörakustik. Ich hatte lediglich eine angestellte Servicekraft, sowie meine Mutter machte die Buchhaltung. Am Anfang verirrten sich nur einige private Kunden in meinen Laden. Es gab auch Ärzte, die mich empfahlen. Zum Glück entwickelte sich das Geschäft schnell weiter: Bereits im zweiten Jahr hatte ich vier Angestellte. Heute sind es dreizehn.
WirtschaftsKraft: Hatten Sie von Anfang an eine Vision, wohin sich Ihr Unternehmen entwickeln soll?
Fabian Böhm: Das wächst mit dem Tun und der Begeisterung. Aber ich hatte mir schon als Angestellter Gedanken gemacht: Was gibt es neben Hörgeräten noch? Ich machte noch vor der Selbstständigkeit Weiterbildungen zum Akustiker für Cochlea-Implantate (CI) und zum Pädakustiker für Babys, Kinder und Jugendliche. Warum? Das „normale“ Hörgeräte-Geschäft bekommt immer mehr Konkurrenz durch den Online-Handel. Aber für das eigene Kind ein Hörgerät aus dem Internet? Ausgeschlossen! Auch für die Betreuung von CI-Implantat-Trägern brauchen Sie Experten vor Ort.
WirtschaftsKraft: Dazu brauchen Sie auch ein Team von motivierten Fachkräften, oder?
Fabian Böhm: An Anfang habe ich alles selbst gemacht, das war auf Dauer schon überfordernd. Inzwischen habe ich in meinem Team vier Angestellte mit Meisterbrief – das ist nicht nur in Pforzheim einzigartig! Meine wichtigste Personalentscheidung der letzten Jahre war, einen Betriebsleiter einzustellen, damit ich als Chef mehr strategisch arbeiten kann. Mein Motto ist: „Entwickle die Menschen zu ihrem besten Ich“. Bei mir können sich die Mitarbeitenden entfalten und werden nicht in ein enges Korsett gezwungen.
WirtschaftsKraft: Das hat sicher auch Auswirkungen auf die Beratung. Wie läuft das bei BÖHM ab?
Fabian Böhm: Für Beratung und Verkauf gibt es ein strukturiertes BÖHM Beratungskonzept: Beim ersten Termin erfahren unsere Kundinnen und Kunden bereits, wie sie mit einem hochwertigen Gerät mehr Lebensqualität gewinnen können. Selbstverständlich bieten wir auch einfache Kassengeräte an. Aber nach der individuellen „Hör-Reise“, durch die wir sie führen, entscheiden sich viele für ein Upgrade. Das braucht Zeit. Vom Ersttermin bis zum fertig angepassten Gerät vergehen zwei bis drei Monate. Das bedeutet auch: drei Monate, bis wir Geld sehen. Aber das ist es wert.
WirtschaftsKraft: Haben Sie eine Vision, wohin mit BÖHM in Zukunft die Reise gehen könnte?
Fabian Böhm: Meine Vision ist ein „Hör-Erlebnishaus“ mit einer akustischen Erlebnisreise, die bereits am Eingang beginnt: Die Kunden sollen buchstäblich durch den Gehörgang spazieren können. Drinnen gibt es dann unterschiedlichste Erlebnis-Stationen für Erwachsene und Kinder. Mir schwebt zum Beispiel ein Anpassraum für Musiker mit Schlagzeug und E-Gitarre vor. Schon heute versuchen wir, den Beratungs- und Anpassungsprozess immer individueller und erlebnisreicher zu gestalten. Vielleicht sind wir schon in ein bis zwei Jahren soweit, dass wir bereits beim ersten Besuch ein Testgerät anpassen können, nach dem Motto „ohne Lösung geht kein Kunde aus der Tür“.
WirtschaftsKraft: Wie sieht es mit Expansionsplänen aus?
Fabian Böhm: Klar wären weitere Filialen, auch in anderen Städten, spannend. Aber ich muss mich auch persönlich fragen: Würde mich das wirklich glücklich machen? Ich stehe übrigens voll zum Standort Pforzheim. Die Stadt hat eine spannende Geschichte, tolle Orte, tolle Unternehmen, tolle Menschen. Wir lokalen Unternehmer müssen zeigen, was wir hier haben und können. Ideen für die Zukunft habe ich aber auch so mehr als genug. Sie sehen, meine persönliche „Hör-Reise“ ist noch lange nicht zu Ende. Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, sie fängt erst richtig an!
Das Interview führte Christian Roch.
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