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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Most Wanted! Höfel's Mostgarten – Ein Paradies für Apfelweinliebhaber

„Sie haben gesagt ich soll meinem Herzen folgen… jetzt stehe ich hier im Mostgarten.“ Rüdiger Höfel, Apfelwein-Visionär aus Karlsbad- Spielberg, hat dem Mosten sein Herz verschrieben. Er ist Baden-Württembergs erster offiziell zertifizierter Apfelweinwirt – eine Auszeichnung, die er sich 2014 an der Apfelwein-Akademie Frankfurt verdient hat. Doch das war nur der Anfang. Im Mai 2022 hat er mit seinem Mostgarten, der Apfelwein-Oase in Spielberg, das nächste Kapitel aufgeschlagen – und das zieht weite Kreise.
Karlsbad-Spielberg. Mostkulturgarten: Ein Traum wird Wirklichkeit. Foto: privat

Archivartikel (09.08.2023)

"Mein größter Wunsch? Vielleicht gelingt es mir, mit meinem Mostgarten, einen kleinen Beitrag zum Erhalt der Mostkultur beizutragen."
Rüdiger Höfel, Baden-Württembergs erster offiziell zertifizierter Apfelweinwirt

von Tanja Meckler

Mostkulturgarten: Ein Traum wird Wirklichkeit

Es begann am Vatertag 2022: Rüdiger Höfel lud zur Eröffnung seines Mostkulturgartens nach Karlsbad-Spielberg ein. Was einst ein Traum war, ist nun Realität. Die Resonanz? Mehr, als Höfel je zu hoffen gewagt hätte. Von nah und fern strömen die Gäste inzwischen herbei, aus Pforzheim, Stuttgart, Maulbronn, Bruchsal und Karlsruhe. „Unglaublich, wer hierher findet. Selbst ich bin überrascht, was das für Kreise zieht. Kürzlich war eine Wandergruppe aus Burbach hier – und regelmäßig kommt eine 16-köpfige Rothensoler Gruppe. Das macht Spass und denen glaub ich auch“, erzählt Rüdiger Höfel mit einem Augenzwinkern.

Mitten im Mostgarten. Als Baden-Württembergs erster offiziell zertifizierter Apfelweinwirt begeistert Rüdiger Höfel Jung und Alt. Foto: privat

Idylle pur. Der Mostgarten bietet eine Flucht aus der Hektik des Alltags. Foto: privat

Von der Idee zur Oase: Harte Arbeit und Leidenschaft

Bis zur Eröffnung war es allerdings ein anspruchsvolles Unterfangen. Rüdiger Höfel allein investierte rund 500 Arbeitsstunden – ganz zu schweigen von seinen hochmotivierten HelferInnen. Ein beachtliches Engagement, bei dem nicht weniger als 13 Tonnen Kies verarbeitet wurden, um das Erdreich stabil zu machen. „Ich bin ein Typ, der nicht lange fackelt. Wenn mir heute eine Idee kommt, setze ich sie morgen in die Tat um. Da gibt es kein Halten. Wir starteten Ende Januar 2022 mit den baulichen Maßnahmen und eröffneten im Mai“, erklärt er. Als gelernter Schreiner kam ihm sein handwerkliches Geschick zugute. Um Platz für seinen Garten zu schaffen, fällte er acht Bäume und baute ein Podest aus alten Scheunenbrettern. Ohne einen detaillierten Plan, aber mit der festen Überzeugung, dass es klappen würde. 40 Sitzplätze zieren den Mostgarten, die Möbel stammen aus einer ehemaligen Gaststätte aus dem Münsterland. „Ich habe zufällig bei eBay eine Anzeige gesehen. Bin dann morgens um halb vier losgefahren und abends um halb elf zurückgekommen und hatte das  Auto voll mit Möbel.“

Rüdiger Höfel besitzt einen großen Garten in Karlsbad-Spielberg, mit handwerklichem Geschick verwandelte er einen Teil davon in den Mostgarten. Foto: privat

Gaumenfreuden im Mostgarten

„Ursprünglich hatte ich geplant, die Sache eher schlicht zu halten, ohne großartiges kulinarisches Angebot. Doch aufgrund der Wünsche meiner Gäste kam dann die Idee auf, warme und kalte Speisen anzubieten. Also errichtete ich kurzerhand eine zusätzliche Hütte für die kulinarische Versorgung. Flammkuchen und andere Gaumenfreuden hielten Einzug – von herzhaften warmen Most-Würsten bis zu kalten Most-Beißern, handgefertigt und begleitet von Apfel-Senf. Kulinarische Freuden im Mostgarten“, so Höfel.

Gschwind mal eine Hütte bauen? Für Rüdiger Höfel kein Problem. Foto: privat

Ein Leben für den Most: Tradition und Leidenschaft

Seit Jugendtagen dreht sich für Höfel alles um den Most. Gemeinsam mit Familie und Nachbarn wurde gemostet, der Apfel zum kostbaren Getränk veredelt. „Die Herbstzeit war immer besonders aufregend. Mit meinem Vater und meinen Geschwistern ging es ans ‚Mosten‘. Die Nachbarn versammelten sich, um Äpfel zu sammeln und zu pressen, und am Ende genossen wir gemeinsam das kostbare Getränk.“ In Karlsbad-Spielberg gab in seiner Jungendzeit drei Mostkeltereien, eine davon lag nur 80 Meter von Rüdiger Höfels Elternhaus entfernt. Schon im Jahr 1849 existierten hier Keltereien. Historische Aufzeichnungen verraten, Einwohner zahlten fürs Mosten zwei Kreuzer, Auswärtige vier. Im Mostgarten sind solche Unterscheidungen längst passé. Hier zahlt jeder dasselbe.

Jeder einzelne Tropfen in seinem Repertoire ist das Resultat von harter Arbeit und Expertise. An der Apfelwein-Akademie in Frankfurt hat er gelernt, wie er seinen eigenen Most veredeln kann. Eine Herausforderung, bedenkt man, dass hessische Äpfel von Natur aus eine kräftigere Note besitzen als ihre badischen Pendants. Dennoch hat Rüdiger Höfel seine perfekte Kreation gefunden, und das ganz ohne chemische Zusätze – sein Most bleibt von Natur aus rein und unverfälscht.

Vielfalt am legendären Mostfass: Für jeden Gaumen das Richtige

Ein rollendes Mostfass schmückt darüber hinaus das Repertoire von Rüdiger Höfel und zieht im Mostgarten alle Blicke auf sich. Hier offenbaren sich für Einsteiger Alternativen wie der erfrischende Most-Hugo, der rote Jungfrauen-Bitzler oder der mild abgestimmte Junggesellen-Most. Erfahrene Most-Trinker können sich am Großvatermost erfreuen.

„Mosten“ ist für Höfel Lebensphilosophie. „Verbindung von geselligem Beisammensein, Familie und Freunden. Das ist, was ich in Karlsbad wieder aufleben lassen möchte.“ Der Mostgarten bietet Flucht aus der Hektik, Zeit zum Reden, Genießen und Schätzen des Augenblicks.

Die Idee zum Mostgarten entstand aus der Not. Rüdiger Höfel veranstaltete in der alten Traube in Spielberg Apfelwein-Events. Als das nicht mehr möglich war, stand die Frage im Raum: „Was nun?“ Die Antwort: „Selbst verwirklichen.“ Rüdiger Höfel besitzt einen großen Garten (15,4 Ar) in Spielberg, seine damalige Lebensgefährtin brachte die zündende Idee ein. Das Konzept inklusive Bio-Toiletten war schnell aufs Papier gebracht und die Zulassung kam rasch.

Tolles Naturschauspiel vor der Biotoilette. Foto: privat

Abendstimmung im Mostgarten. Foto: privat

Seit der Eröffnung hatte der Mostgarten bereits an 38 Tagen geöffnet. Die Mostgarten-Abende sind unvergesslich. „Vielleicht ist es die Dankbarkeit der Menschen, wenn sie mir die Hand reichen und sagen, dass es einer der schönsten Abende war. Das motiviert mich und bleibt mir im Gedächtnis. Kürzlich habe ich drei siebenjährigen Kindern gezeigt, wie man früher Most mit einer alten Presse hergestellt hat. Sie haben nun eine Vorstellung davon, was Most ist und welche Bedeutung er hat oder hatte. Das erfüllt mich mit Stolz, und so ist der Abend gerettet“, plaudert Rüdiger Höfel aus dem Nähkästchen.

Im Mostgarten gibt es auch eine historische Ecke. Foto: privat

Passion über Profit: Ein Engagement mit Herz

Trotz der Begeisterung wird Rüdiger Höfel mit dem Mostgarten nicht zum Millionär. 14 engagierte HelferInnen unterstützen ihn. Ums Geld geht es dabei nicht. „Man muss schon verrückt sein, um so was zu machen. Aber andere trainieren dreimal die Woche und haben am Wochenende noch ein Spiel und ich habe meinen Mostgarten. Ich mache das ja alles hobbymäßig, aber bisher läuft es erstaunlich gut. Natürlich gibt es auch andere, die mitziehen, die hinter der Theke dasselbe Strahlen zeigen und genauso wie ich darauf bedacht sind, den Gästen eine schöne Zeit zu bereiten. Denn ohne Leidenschaft wäre das alles undenkbar.“

Ein paar Öffnungstage gibt es in diesem Jahr noch:

11.08.2023 ab 16 Uhr
12.08.2023 ab 16 Uhr
18.08.2023 ab 16 Uhr

https://www.hoefels-mostkultur.de/

Wissenswertes:

Bereits vor mehr als 2.000 Jahren genoss der Apfelwein Popularität bei Völkern wie den Kelten, Wikingern und Römern. Die Römer nannten ihn treffend „Vinum mustum“, was so viel wie „frisch und jung“ bedeutet. Schon im 8. Jahrhundert befürwortete Kaiser Karl der Große Landschaftsförderung, während Persönlichkeiten wie Herzog Karl Eugen von Württemberg und König Friedrich der Große von Preußen im 18. Jahrhundert den Obstbau unterstützten. Dennoch verlor der Most Mitte des 20. Jahrhunderts an Wert und fiel in Vergessenheit. Bis 1989 war der Mostverkauf in Gaststätten sogar verboten.

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