
Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
19.05.2025
von Christian Roch
Rund 30 Interessierte fanden sich zur jüngsten Ausgabe des mehrmals im Jahr stattfindenden WSP-Personaldialogs im Pforzheimer EMMA Kreativzentrum ein. Drei Experten referierten über„Zukunftsfähige Personalstrategien – neue Perspektiven, Resilienz und Personalentfaltung“. „Wir stellen uns hier nicht hin und behaupten, wir wüssten genau, wie es funktioniert“, so WSP-Gastgeber Markus Epple bei seiner Begrüßung. „Unser Dialog-Format soll in erster Linie Impulse geben und Experten miteinander vernetzen.“
Ines Wolf-Vetter, Leiterin der Kontaktstelle Frau & Beruf bei der IHK Nordschwarzwald, rief Personalverantwortliche auf, sich angesichts veränderter Bewerbermärkte von althergebrachten Denk- und Verhaltensmustern zu lösen: „Wer sagt, dass Frauen keine Führungsrollen wollen? Warum nicht auch Quereinsteigern eine Chance geben? Und warum sollten ältere Mitarbeiter nicht genauso gut in die Abläufe passen wie junge?“ Auch das Festhalten an überholten Methoden bei Bewerberauswahl hinterfragte Wolf-Vetter: „Die Arbeitswelt und die Anforderungen der Bewerber haben sich stark verändert. Vielleicht sind Ihre Interviews, Assessment Center und Diskussionsrunden einfach nicht mehr zielführend.“ Ein Umdenken sei erforderlich, weil die Bewerber inzwischen am längeren Hebel säßen: „Für mich heißt Recruiting, ich muss die zu besetzende Stelle so attraktiv wie möglich präsentieren.“ Ines Wolf-Vetter empfahl, Kanäle wie LinkedIn, Instagram oder Youtube bei der Bewerbersuche zu nutzen. Um die richtigen Bewerber zu finden, lohne es sich außerdem, Fachabteilungen aktiv einzubinden.

Nicht die Bewerbersuche, sondern das Halten und Entwickeln bestehender Fach- und Führungskräfte hält Torsten Kehne für die wichtigste Aufgabe im Personalmanagement. Der Inhaber der INSIGHTS MDI® Akademie Nordschwarzwald ist überzeugt: „Der Fachkräftemangel bleibt, da hilft es auch nicht, mehr Kinder zu machen“. Im Jahr 2030 werde es mehr Erwerbstätige Ü 65 als U 20 geben, zitierte Kehne eine Studie. „Mitarbeiterbindung sollte darum stets Vorrang vor der Mitarbeitergewinnung haben“. Ein großes Problem sei, dass Motivation und Loyalität der Beschäftigten in den letzten Jahren dramatisch abgenommen hätten. „In meiner Zeit als Vorgesetzter im Vertrieb habe ich zuerst auf den Krankenstand geschaut. War der hoch, war ich einfach ein schlechter Chef. Bedenken Sie: scheidende Mitarbeiter verlassen nicht das Unternehmen, sondern ihre Vorgesetzten.“ Um Motivation und Mitarbeiterbindung zu erhöhen, reichten laut Torsten Kehne materielle Anreize wie der berüchtigte Obstkorb oder das Firmenfahrzeug längst nicht mehr aus: „Wer wegen Benefits kommt, geht auch wegen Benefits.“ Besser sei es, das Bedürfnis der Beschäftigten nach Wertschätzung und Weiterentwicklung zu befriedigen. Insbesondere jüngere Mitarbeiter legten Wert, darauf, sinnstiftend zu arbeiten und in Entscheidungsprozesse einbezogen zu werden. Aber welcher Persönlichkeit passt zu welcher Position? „Schauen Sie in die eigenen Reihen nach. Da sind viele, die aus Positionen rauswollen, in denen sie mit der Zeit versauert sind.“ Mit speziellen Analyse-Tools ließen sich individuelle Fähigkeiten, Motivationen und Präferenzen herausarbeiten. Kehne: „Damit können Sie Ihr Team formen wie ein Fußballtrainer“.

Zum Abschluss nahm sich Business Coach Tina Bögel das Thema Resilienz vor. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Materialwirtschaft und bezeichnet die Fähigkeit, immer wieder in den Ausgangszustand zurückzukehren. Im übertragenen Sinn gehen resiliente Menschen konstruktiv mit Krisensituationen um und bleiben dabei mental gesund. „Resilienz ist das Immunsystem der Seele“, so Tina Bögel. In der hektischen Arbeitswelt sei insbesondere Stress eine Herausforderung: „Er bringt uns vom Agieren zum bloßen Reagieren“. Um Resilienz zu entwickeln, müssten Menschen sich zunächst ihrer individuellen Stressfaktoren bewusst werden. Das könne Lärm sein, berufliche und private Sorgen und mehr. „Jeder Mensch hat Ressourcen, trotzdem gesund und handlungsfähig zu bleiben – ich nenne das unser Schatzkästchen für schwierige Zeiten.“ Zu diesen Ressourcen zählten laut Tina Bögel ein gesundes soziales Umfeld, Hobbies, Mentaltechniken und nicht zuletzt körperliche Bewegung. „Damit können Sie Resilienz wie einen Muskel trainieren.“ Um in Stresssituationen klar und handlungsfähig zu bleiben, empfiehlt Tina Bögel mehrere über den Tag verteilte Mikropausen am Tag, zum Beispiel für Atemübungen oder kurzen Spaziergang um den Block. „Damit schenken Sie Ihrem ‚Cheerleader im Ohr‘ neue Energie.“
Alle Fotos: Christian Roch
19.05.2025
von Christian Roch
Rund 30 Interessierte fanden sich zur jüngsten Ausgabe des mehrmals im Jahr stattfindenden WSP-Personaldialogs im Pforzheimer EMMA Kreativzentrum ein. Drei Experten referierten über„Zukunftsfähige Personalstrategien – neue Perspektiven, Resilienz und Personalentfaltung“. „Wir stellen uns hier nicht hin und behaupten, wir wüssten genau, wie es funktioniert“, so WSP-Gastgeber Markus Epple bei seiner Begrüßung. „Unser Dialog-Format soll in erster Linie Impulse geben und Experten miteinander vernetzen.“
Ines Wolf-Vetter, Leiterin der Kontaktstelle Frau & Beruf bei der IHK Nordschwarzwald, rief Personalverantwortliche auf, sich angesichts veränderter Bewerbermärkte von althergebrachten Denk- und Verhaltensmustern zu lösen: „Wer sagt, dass Frauen keine Führungsrollen wollen? Warum nicht auch Quereinsteigern eine Chance geben? Und warum sollten ältere Mitarbeiter nicht genauso gut in die Abläufe passen wie junge?“ Auch das Festhalten an überholten Methoden bei Bewerberauswahl hinterfragte Wolf-Vetter: „Die Arbeitswelt und die Anforderungen der Bewerber haben sich stark verändert. Vielleicht sind Ihre Interviews, Assessment Center und Diskussionsrunden einfach nicht mehr zielführend.“ Ein Umdenken sei erforderlich, weil die Bewerber inzwischen am längeren Hebel säßen: „Für mich heißt Recruiting, ich muss die zu besetzende Stelle so attraktiv wie möglich präsentieren.“ Ines Wolf-Vetter empfahl, Kanäle wie LinkedIn, Instagram oder Youtube bei der Bewerbersuche zu nutzen. Um die richtigen Bewerber zu finden, lohne es sich außerdem, Fachabteilungen aktiv einzubinden.

Nicht die Bewerbersuche, sondern das Halten und Entwickeln bestehender Fach- und Führungskräfte hält Torsten Kehne für die wichtigste Aufgabe im Personalmanagement. Der Inhaber der INSIGHTS MDI® Akademie Nordschwarzwald ist überzeugt: „Der Fachkräftemangel bleibt, da hilft es auch nicht, mehr Kinder zu machen“. Im Jahr 2030 werde es mehr Erwerbstätige Ü 65 als U 20 geben, zitierte Kehne eine Studie. „Mitarbeiterbindung sollte darum stets Vorrang vor der Mitarbeitergewinnung haben“. Ein großes Problem sei, dass Motivation und Loyalität der Beschäftigten in den letzten Jahren dramatisch abgenommen hätten. „In meiner Zeit als Vorgesetzter im Vertrieb habe ich zuerst auf den Krankenstand geschaut. War der hoch, war ich einfach ein schlechter Chef. Bedenken Sie: scheidende Mitarbeiter verlassen nicht das Unternehmen, sondern ihre Vorgesetzten.“ Um Motivation und Mitarbeiterbindung zu erhöhen, reichten laut Torsten Kehne materielle Anreize wie der berüchtigte Obstkorb oder das Firmenfahrzeug längst nicht mehr aus: „Wer wegen Benefits kommt, geht auch wegen Benefits.“ Besser sei es, das Bedürfnis der Beschäftigten nach Wertschätzung und Weiterentwicklung zu befriedigen. Insbesondere jüngere Mitarbeiter legten Wert, darauf, sinnstiftend zu arbeiten und in Entscheidungsprozesse einbezogen zu werden. Aber welcher Persönlichkeit passt zu welcher Position? „Schauen Sie in die eigenen Reihen nach. Da sind viele, die aus Positionen rauswollen, in denen sie mit der Zeit versauert sind.“ Mit speziellen Analyse-Tools ließen sich individuelle Fähigkeiten, Motivationen und Präferenzen herausarbeiten. Kehne: „Damit können Sie Ihr Team formen wie ein Fußballtrainer“.

Zum Abschluss nahm sich Business Coach Tina Bögel das Thema Resilienz vor. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Materialwirtschaft und bezeichnet die Fähigkeit, immer wieder in den Ausgangszustand zurückzukehren. Im übertragenen Sinn gehen resiliente Menschen konstruktiv mit Krisensituationen um und bleiben dabei mental gesund. „Resilienz ist das Immunsystem der Seele“, so Tina Bögel. In der hektischen Arbeitswelt sei insbesondere Stress eine Herausforderung: „Er bringt uns vom Agieren zum bloßen Reagieren“. Um Resilienz zu entwickeln, müssten Menschen sich zunächst ihrer individuellen Stressfaktoren bewusst werden. Das könne Lärm sein, berufliche und private Sorgen und mehr. „Jeder Mensch hat Ressourcen, trotzdem gesund und handlungsfähig zu bleiben – ich nenne das unser Schatzkästchen für schwierige Zeiten.“ Zu diesen Ressourcen zählten laut Tina Bögel ein gesundes soziales Umfeld, Hobbies, Mentaltechniken und nicht zuletzt körperliche Bewegung. „Damit können Sie Resilienz wie einen Muskel trainieren.“ Um in Stresssituationen klar und handlungsfähig zu bleiben, empfiehlt Tina Bögel mehrere über den Tag verteilte Mikropausen am Tag, zum Beispiel für Atemübungen oder kurzen Spaziergang um den Block. „Damit schenken Sie Ihrem ‚Cheerleader im Ohr‘ neue Energie.“
Alle Fotos: Christian Roch
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