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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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„Luxus ist mehr als nur Geld“ – Professor Fernando Fastoso über die Bedeutung von Luxus

Im Interview spricht Fernando Fastoso, Deutschlands erster "Luxus-Professor", über seine persönliche Definition von Luxus, kulturelle Unterschiede und warum Nachhaltigkeit in der Branche immer wichtiger wird. Er erzählt, wie Emotionen Luxusprodukte beeinflussen, warum der Begriff "Luxus" in Deutschland oft ein schlechtes Image hat und was Pforzheim als "Goldstadt" mit echtem Luxus zu tun hat. Außerdem verrät er uns, was das Verrückteste ist, das er in der Luxuswelt bisher erlebt hat.
Fernando Fastoso ist Professor für Brand Management, Luxury und High-Class Brands an der Hochschule Pforzheim.. Seit 2020 lehrt er an der Hochschule Pforzheim, nachdem er zuvor an der University of York in Großbritannien tätig war. Foto: Axel Grehl, Hochschule Pforzheim

24.10.2024

WirtschaftsKraft: Herr Fastoso, was bedeutet Luxus für Sie persönlich?

Fernando Fastoso: Zeit zu haben für Menschen, die mir wichtig sind. Überhaupt die Freiheit zu haben, über meine Zeit frei zu verfügen.

WirtschaftsKraft: Was war Ihre erste Begegnung mit Luxus? Gab es ein besonderes Erlebnis?

Fernando Fastoso: In der Grundschule. Die Mutter eines Schulfreunds hatte sich eine Luxusuhr gekauft. Ich wusste damals nicht, was Luxus ist. Ich habe aber gespürt, die Uhr war für sie etwas ganz Besonderes.

Haben Sie eine Luxusmarke, die Ihnen besonders am Herzen liegt und wenn ja welche und warum?

Fernando Fastoso: Ich habe keine persönliche Lieblingsmarke. Allerdings finde ich die meisten bekannten Luxusmarken sehr spannend, weil sie es schaffen, ihre Kunden zu faszinieren.

WirtschaftsKraft: Was ist das Absurdeste an Luxus, das Sie schon gesehen haben?

Fernando Fastoso: Das Falcon SuperNova Pink Diamond iPhone 6 für 48,5 Millionen Dollar.

WirtschaftsKraft: Welche Rolle spielt Geld beim Thema Luxus?

Fernando Fastoso: Bei Luxusprodukten eine entscheidende. Denn sie sind nicht nur außergewöhnlich hochwertig, sondern ebenso hochpreisig. Über den hohen Preis kommunizieren Luxusprodukte Qualität und Exklusivität.

WirtschaftsKraft: Welche Unterschiede sehen Sie im Luxusverständnis zwischen verschiedenen Kulturen, zum Beispiel zwischen Europa, Asien und Nordamerika?

Fernando Fastoso: Menschen in asiatischen Kulturen (China, Japan, Korea) achten sehr auf ihr „soziales Gesicht“. Also darauf, wie sie nach außen erscheinen. Zu dieser Erscheinung gehören die Produkte, mit denen sie sich umgeben. Um dieses soziale Gesicht zu „wahren“, achten sie stärker als wir im Westen darauf, von welchen Marken sie sich in sozialen Situationen umgeben. Das kann man leicht als „statusbedürftig“ abtun, aber Statusbedürfnis ist der Haupttreiber des Luxuskonsums sowohl in Asien als auch im Westen.

WirtschaftsKraft: Wie definieren Sie Luxus als Professor, also als lehrende Person?

Fernando Fastoso: Luxus als Begriff im Bereich von Produkten ist subjektiv zu definieren. Das eigene Verständnis tendiert dazu, sich zwischen zwei Extremen zu befinden: Überteuerte Verschwendung am einen Ende des Spektrums, außergewöhnlicher Genuss am anderen.

WirtschaftsKraft: Hat Ihre Tätigkeit als Professor für Luxus Ihre eigene Sichtweise auf Luxus verändert?

Fernando Fastoso: Der Kontakt mit deutschen Studenten in den letzten vier Jahren hat mir gezeigt, dass die deutsche Generation Z heute dem Luxus ausgewogener gegenübersteht als ältere Generationen (X und älter). Der „negative Touch“ des Luxusbegriffs scheint sich bei jungen Menschen hier zu relativieren.

WirtschaftsKraft: Ist Pforzheim hier eine Chance oder eine Herausforderung?

Fernando Fastoso: Die Goldstadt ist eine Chance im Bereich Luxus. Denn ihre Verbindung mit der Luxusthematik besteht seit Jahrhunderten – und ist also authentisch. Jedoch tun wir uns in Deutschland schwer, Luxus mit irgendeiner deutschen Stadt in Verbindung zu setzen. Das hängt mit dem Begriff Luxus zusammen, der im Deutschen sehr negativ konnotiert ist.

WirtschaftsKraft: Welche 5 Dinge finden Sie in Pforzheim luxuriös?

  • Eine Hochschule mit Renommee in den drei Wissensbereichen, die für den Luxus entscheidend sind: Wirtschaft und Recht, Design, und Technik.
  • Eine Schmuck- und Uhrenindustrie, die seit 1767 besteht.
  • In der Architektur, z.B. das Carl, der Busbahnhof und das Reuchlinhaus.
  • Ein Schmuckmuseum, was zu den weltweit führenden auf dem Gebiet zählt.
  • Die Natur in und um Pforzheim – inklusive der drei Flüsse in der Stadt sowie des Schwarzwaldes, der Pforzheim zu Füßen liegt.

WirtschaftsKraft: Welche Fähigkeiten und Kenntnisse sind aus Ihrer Sicht gerade für Studierende wichtig, um in der Luxusbranche erfolgreich zu sein?

Fernando Fastoso: Fundiertes theoretisches Wissen zu Konsumentenpsychologie sowie anderen Kulturen.

WirtschaftsKraft: Glauben Sie, dass es einen wachsenden Markt für nachhaltigen Luxus gibt?

Fernando Fastoso: Ja, aber auch das ist generationenabhängig. Für junge Generationen ist Nachhaltigkeit beim Luxus  eine Selbstverständlichkeit, für ältere Generationen eher ein Widerspruch.

WirtschaftsKraft: Welche Rolle spielen Emotionen bei der Vermarktung und Wahrnehmung von Luxusprodukten?

Fernando Fastoso: Eine entscheidende. Denn der Preis eines Luxusproduktes ist keinesfalls durch seine Funktionalität gerechtfertigt.

WirtschaftsKraft: Wie geht es Luxus in Zeiten, in denen die Wirtschaft schrumpft?

Fernando Fastoso: Die Luxusindustrie ist globalisiert, und daher hat sie mehr Möglichkeiten, negative Entwicklungen in einigen nationalen Märkten durch positive in anderen auszugleichen.

Die Fragen stellte Sandra Gallian.

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