Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
Von Gerd Lache | 26.09.2022
Nagolds Oberbürgermeister beschrieb auf der einen Seite eine Wirtschaftswelt, in der es „normal laufe“. Wenn sich der Wunsch nach einem milden, also heizungsarmen Winter mit geringerem Energieverbrauch realisieren würde, nimmt er sogar im kommenden Jahr den Borkenkäfer als das kleinere Übel in Kauf. Soweit die eine Welt. Andererseits könnte es auch „ganz dick“ kommen, wenn beispielsweise Menschen in Stadthallen untergebracht werden müssten, weil sie ihre Zimmer nicht mehr beheizen könnten.
Nein, eine Krise herbeireden will er nicht. Und deshalb wird die erste Welt-Variante bevorzugt und die Verwaltung hält Kurs, genauso wie es die Unternehmen tun, die ohnehin schon „kräftig vorgelegt“ hätten.
Viele Unternehmen rechnen Großmann zufolge damit, dass ihre Auftragsbücher schlanker werden. Einige Tage nach dem Nagolder Unternehmertreffen spricht Ifo-Präsident Clemens Fuest sogar davon, dass die deutsche Wirtschaft in eine Rezession rutscht. Und dennoch führen Firmen mit Großmann in Nagold Gespräche über Erweiterungen oder Ansiedlungen. „Viele bereiten Investitionen für die Zeit nach der Krise vor“, resümiert er das optimistische Verhalten. „Und deshalb geben wir weiterhin Gas bei der Erschließung von Gewerbe- und Industrie-Flächen“, macht er die Gangart der Verwaltung deutlich.
Beim Wirtschaftsgespräch stellte sich der neue Wirtschaftsförderer von Nagold, Hans Barucha, den Unternehmerinnen und Unternehmern vor. Siehe auch Bericht in WirtschaftsKraft: https://wirtschaftskraft.de/artikel/der-neue-mann-im-rathaus-von-nagold-blickt-durch-die-brille-der-wirtschaft
Auch bei der Wohnbebauung werde Nagold einen Gang zulegen, denn die bisher gute Einwohner-Entwicklung wird „einen Knick“ bekommen. Der Grund: Es fehlt momentan an neuen Bauplätzen. Für den Oberbürgermeister eine „grundlegende Strukturaufgabe“, die es baldmöglich zu lösen gilt. Die Verwaltungsmaschinerie zur Ausweisung von neuen Wohngebieten ist demnach in vollem Gange. Auch Nachverdichtung und Bauen in die Höhe seien angesichts knapper Ressourcen keine Tabuthemen. Die neue Strategie: Oben der Wohnraum für die Menschen, unter der Erde die Parkflächen für Autos.
Bei rund 24.000 Einwohnern marschiert Nagold mit großen Schritten auf immerhin 12.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu. „Arbeitsplätze, die Sie geschaffen haben. Und zwar ungebremst“, lobte Großmann die Unternehmen beim Wirtschaftsgespräch. Stark auch das Wachstum bei den Arbeitspendlern. Die Zahl der nach Nagold einpendelnden Beschäftigten ist deutlich höher als die der Auspendler.
Alles in allem für den Oberbürgermeister das „Spiegelbild eines sehr erfolgreichen, prosperierenden Standortes Nagold“. Ein Standort, der unter anderem mit Firmen wie Wackenhut, Häfele, Rolf Benz, Digel und dem Boysen Innovationszentrum BiN wirtschaftliche Schwergewichte angesiedelt hat.
Doch nur auf die Großen zu setzen, das wäre für Großmann zu kurz gegriffen: „Mit unseren Gewerbeflächen machen wir ganz gezielt auch Angebote für Handwerksbetriebe.“ Mehr noch: Ihm geht es um die Förderung von Start-ups in dieser Wirtschaftsgruppe.
Zwar sei ein klassischer Standort für Handwerksunternehmen der ING Industriepark, der sich im Übrigen insgesamt prächtig entwickelt. Was der Oberbürgermeister aber in seiner Stadt vermisst: „Einen Handwerker-Hof, wo jungen Menschen günstige Teilflächen mieten und ihr kleines Unternehmen starten können.“ Wenn dieses Projekt nicht privatwirtschaftlich zu stemmen sei, dann sieht Großmann hier die öffentliche Hand in der Pflicht. Denn: „Wir wollen die Grundlage für die nächsten Generationen schaffen.“
Bei Ansiedlungen präferiert Nagold insbesondere Familien-Unternehmen. Warum? „Die haben die stärkste Resilienz und eine gute Verbindlichkeit zum Standort“, sagt Großmann. Jüngste Zugänge im ING Industriepark sind: Mobex, Elektro Brenner, Schreinerbrüder Renz & Martini, Abbundzentrum Schönbuch, Kanzlei Klöpfer/von Greve-Dierfeldt und Stadtwerke Tübingen.
Unterdessen bekennt der Oberbürgermeister beim Thema Qurtiersversorgung frank und frei: Auf die Frage nach dem zukünftigen entscheidenden Energieträger für die Blockheizkraftwerke als Gas-Ersatz hat er „noch keine Antwort“. Den Bestand an Nahwärme will die Stadt ebenso ausbauen wie Biomasse. Doch zu letzterem meinte er, damit „kommen wir nicht arg weit“. Weitere Energie-Varianten sind Abwärme-Nutzung und Photovoltaik.
Was die Schienenverbindung zwischen Nagold und Stuttgart betrifft, so hat sich Großmann unter mehreren möglichen Varianten speziell am Metropol-Express festgebissen. Mit guten Gründen, wie er darlegt: Während die anderen Alternativen gut 20 bis 30 Jahre zur Realisierung benötigen würden, könne der Metropol-Express in etwa 10 Jahren die städtischen Naherholungsbedürftigen in 61 Minuten von Stuttgart nach Nagold transportieren – ohne Umstieg. In umgekehrter Richtung seien die Nagolder in 51 Minuten am Flughafen, ebenfalls ohne Umsteigen. Das Ganze im Stundentakt. Und: „Den Metropol-Express zahlt das Land.“ Auch ökologisch sieht Großmann hier eine Möglichkeit, für den Klimaschutz schnell etwas zu erreichen.
Das nunmehr 29. Nagolder Wirtschaftsgespräch bietet den Unternehmerinnen und Unternehmern einerseits eine gute Gelegenheit zum Netzwerken, vor allem aber auch zum lockeren Vier-Augen-Gespräch mit Vertretern der Verwaltung. Eines drückte den Hausherrn des Veranstaltungsortes, Ernst-Jürgen Wackenhut, besonders auf der Seele: Der größte Beschleuniger in Deutschland wäre, die bürokratischen Hemmnisse sowie die langen Verwaltungswege abzubauen. „Wenn ich für einen roten Punkt zwei Jahre und länger warten muss, dann sind wir in Deutschland einfach nicht mehr attraktiv als Standort.“
Derweil gratulierte der Oberbürgermeister dem Wackenhut-Chef zur Verleihung des Unternehmenspreises Nagold-Freudenstadt in der Kategorie Soziales/Gesellschaftliches Engagement. Die Firma Wackenhut gehöre „zu den großen Förderern von Sport, Kunst und Kultur in der Region“.
… für das Nagolder Wirtschaftsgesprächs war der neu entstandene Showroom der Firma Wackenhut. Julius Wick, Leiter kaufmännisches Management & Vertrieb Pkw, nannte das Ergebnis der über ein halbes Jahr andauernden Renovierung „auch ein Statement für den Standort Nagold“.
Mit dem Umbau setzt Wackenhut nach eigenen Angaben neue Maßstäbe: Hier lasse sich die Markenwelt von Mercedes-Benz in einer ganz neuen Dimension entdecken. Auch hinsichtlich der Digitalisierung und der E-Mobilität seien Maßstäbe gesetzt worden, so Wick. Ein Elektro-Mobilitätspark im Außenbereich bietet eine Schnellladestation, fünf reguläre Ladesäulen und 26 Wallboxen. Gespeist wird die Stromtankstelle von einer Photovoltaikanlage im Bereich der Parkplätze mit einer Höchstleistung von 100 Kilowattpeak.
Von Gerd Lache | 26.09.2022
Nagolds Oberbürgermeister beschrieb auf der einen Seite eine Wirtschaftswelt, in der es „normal laufe“. Wenn sich der Wunsch nach einem milden, also heizungsarmen Winter mit geringerem Energieverbrauch realisieren würde, nimmt er sogar im kommenden Jahr den Borkenkäfer als das kleinere Übel in Kauf. Soweit die eine Welt. Andererseits könnte es auch „ganz dick“ kommen, wenn beispielsweise Menschen in Stadthallen untergebracht werden müssten, weil sie ihre Zimmer nicht mehr beheizen könnten.
Nein, eine Krise herbeireden will er nicht. Und deshalb wird die erste Welt-Variante bevorzugt und die Verwaltung hält Kurs, genauso wie es die Unternehmen tun, die ohnehin schon „kräftig vorgelegt“ hätten.
Viele Unternehmen rechnen Großmann zufolge damit, dass ihre Auftragsbücher schlanker werden. Einige Tage nach dem Nagolder Unternehmertreffen spricht Ifo-Präsident Clemens Fuest sogar davon, dass die deutsche Wirtschaft in eine Rezession rutscht. Und dennoch führen Firmen mit Großmann in Nagold Gespräche über Erweiterungen oder Ansiedlungen. „Viele bereiten Investitionen für die Zeit nach der Krise vor“, resümiert er das optimistische Verhalten. „Und deshalb geben wir weiterhin Gas bei der Erschließung von Gewerbe- und Industrie-Flächen“, macht er die Gangart der Verwaltung deutlich.
Beim Wirtschaftsgespräch stellte sich der neue Wirtschaftsförderer von Nagold, Hans Barucha, den Unternehmerinnen und Unternehmern vor. Siehe auch Bericht in WirtschaftsKraft: https://wirtschaftskraft.de/artikel/der-neue-mann-im-rathaus-von-nagold-blickt-durch-die-brille-der-wirtschaft
Auch bei der Wohnbebauung werde Nagold einen Gang zulegen, denn die bisher gute Einwohner-Entwicklung wird „einen Knick“ bekommen. Der Grund: Es fehlt momentan an neuen Bauplätzen. Für den Oberbürgermeister eine „grundlegende Strukturaufgabe“, die es baldmöglich zu lösen gilt. Die Verwaltungsmaschinerie zur Ausweisung von neuen Wohngebieten ist demnach in vollem Gange. Auch Nachverdichtung und Bauen in die Höhe seien angesichts knapper Ressourcen keine Tabuthemen. Die neue Strategie: Oben der Wohnraum für die Menschen, unter der Erde die Parkflächen für Autos.
Bei rund 24.000 Einwohnern marschiert Nagold mit großen Schritten auf immerhin 12.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu. „Arbeitsplätze, die Sie geschaffen haben. Und zwar ungebremst“, lobte Großmann die Unternehmen beim Wirtschaftsgespräch. Stark auch das Wachstum bei den Arbeitspendlern. Die Zahl der nach Nagold einpendelnden Beschäftigten ist deutlich höher als die der Auspendler.
Alles in allem für den Oberbürgermeister das „Spiegelbild eines sehr erfolgreichen, prosperierenden Standortes Nagold“. Ein Standort, der unter anderem mit Firmen wie Wackenhut, Häfele, Rolf Benz, Digel und dem Boysen Innovationszentrum BiN wirtschaftliche Schwergewichte angesiedelt hat.
Doch nur auf die Großen zu setzen, das wäre für Großmann zu kurz gegriffen: „Mit unseren Gewerbeflächen machen wir ganz gezielt auch Angebote für Handwerksbetriebe.“ Mehr noch: Ihm geht es um die Förderung von Start-ups in dieser Wirtschaftsgruppe.
Zwar sei ein klassischer Standort für Handwerksunternehmen der ING Industriepark, der sich im Übrigen insgesamt prächtig entwickelt. Was der Oberbürgermeister aber in seiner Stadt vermisst: „Einen Handwerker-Hof, wo jungen Menschen günstige Teilflächen mieten und ihr kleines Unternehmen starten können.“ Wenn dieses Projekt nicht privatwirtschaftlich zu stemmen sei, dann sieht Großmann hier die öffentliche Hand in der Pflicht. Denn: „Wir wollen die Grundlage für die nächsten Generationen schaffen.“
Bei Ansiedlungen präferiert Nagold insbesondere Familien-Unternehmen. Warum? „Die haben die stärkste Resilienz und eine gute Verbindlichkeit zum Standort“, sagt Großmann. Jüngste Zugänge im ING Industriepark sind: Mobex, Elektro Brenner, Schreinerbrüder Renz & Martini, Abbundzentrum Schönbuch, Kanzlei Klöpfer/von Greve-Dierfeldt und Stadtwerke Tübingen.
Unterdessen bekennt der Oberbürgermeister beim Thema Qurtiersversorgung frank und frei: Auf die Frage nach dem zukünftigen entscheidenden Energieträger für die Blockheizkraftwerke als Gas-Ersatz hat er „noch keine Antwort“. Den Bestand an Nahwärme will die Stadt ebenso ausbauen wie Biomasse. Doch zu letzterem meinte er, damit „kommen wir nicht arg weit“. Weitere Energie-Varianten sind Abwärme-Nutzung und Photovoltaik.
Was die Schienenverbindung zwischen Nagold und Stuttgart betrifft, so hat sich Großmann unter mehreren möglichen Varianten speziell am Metropol-Express festgebissen. Mit guten Gründen, wie er darlegt: Während die anderen Alternativen gut 20 bis 30 Jahre zur Realisierung benötigen würden, könne der Metropol-Express in etwa 10 Jahren die städtischen Naherholungsbedürftigen in 61 Minuten von Stuttgart nach Nagold transportieren – ohne Umstieg. In umgekehrter Richtung seien die Nagolder in 51 Minuten am Flughafen, ebenfalls ohne Umsteigen. Das Ganze im Stundentakt. Und: „Den Metropol-Express zahlt das Land.“ Auch ökologisch sieht Großmann hier eine Möglichkeit, für den Klimaschutz schnell etwas zu erreichen.
Das nunmehr 29. Nagolder Wirtschaftsgespräch bietet den Unternehmerinnen und Unternehmern einerseits eine gute Gelegenheit zum Netzwerken, vor allem aber auch zum lockeren Vier-Augen-Gespräch mit Vertretern der Verwaltung. Eines drückte den Hausherrn des Veranstaltungsortes, Ernst-Jürgen Wackenhut, besonders auf der Seele: Der größte Beschleuniger in Deutschland wäre, die bürokratischen Hemmnisse sowie die langen Verwaltungswege abzubauen. „Wenn ich für einen roten Punkt zwei Jahre und länger warten muss, dann sind wir in Deutschland einfach nicht mehr attraktiv als Standort.“
Derweil gratulierte der Oberbürgermeister dem Wackenhut-Chef zur Verleihung des Unternehmenspreises Nagold-Freudenstadt in der Kategorie Soziales/Gesellschaftliches Engagement. Die Firma Wackenhut gehöre „zu den großen Förderern von Sport, Kunst und Kultur in der Region“.
… für das Nagolder Wirtschaftsgesprächs war der neu entstandene Showroom der Firma Wackenhut. Julius Wick, Leiter kaufmännisches Management & Vertrieb Pkw, nannte das Ergebnis der über ein halbes Jahr andauernden Renovierung „auch ein Statement für den Standort Nagold“.
Mit dem Umbau setzt Wackenhut nach eigenen Angaben neue Maßstäbe: Hier lasse sich die Markenwelt von Mercedes-Benz in einer ganz neuen Dimension entdecken. Auch hinsichtlich der Digitalisierung und der E-Mobilität seien Maßstäbe gesetzt worden, so Wick. Ein Elektro-Mobilitätspark im Außenbereich bietet eine Schnellladestation, fünf reguläre Ladesäulen und 26 Wallboxen. Gespeist wird die Stromtankstelle von einer Photovoltaikanlage im Bereich der Parkplätze mit einer Höchstleistung von 100 Kilowattpeak.
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