Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
Von Gerd Lache | 01.02.2021
„Alles brach zusammen“, so beschrieb Tobias Danzer in einem Blogbeitrag Anfang November 2020 seine berufliche Situation nach dem Corona-bedingten Lockdown. Vor knapp einem Jahrzehnt startete er als frisch gebackener Wirtschaftsingenieur-Absolvent der Hochschule Pforzheim sein Unternehmen, ein Startup mit Event-Robotern.
Zur Familie der humanoiden Maschinen gehören Nox, Pepper und Nao. Beispielsweise auf Events, Messen oder Firmenveranstaltungen sorgten die Roboter für Unterhaltung, animierten Gäste und Besucher, begrüßten sie oder präsentieren freundlich-sympathisch die Produkte ihrer Auftraggeber – um nur einiges zu nennen.
Mit Corona sind nicht nur die drei Roboter arbeitslos geworden. Auch Danzer und sein Mitarbeiterteam standen zunächst vor dem Aus. Klar war: „Die Eventbranche wird noch für lange Zeit tot sein.“
Von März 2020 an seien Aufträge ersatzlos gestrichen worden. „Ich fühlte mich wie gelähmt“, beschreibt er seine Gemütslage. Auf jede Akquise sei eine Absage erfolgt. „Im Telefonat mit einem Lieferanten bin ich in Tränen ausgebrochen.“ Die Einwegmasken, die Danzer überall als Wegwerfmüll auf den Straßen liegen sah, waren für ihn „die Verkörperung der Abtrennung von meiner Existenz“.
Dann die zündende Idee: Eine durchsichtige, wiederverwendbare Maske aus recyceltem Material herstellen, die die Mimik der Menschen zeigt und „das Lächeln zurückbringt“. Besonders in der Gastronomie und Hotellerie sowie in Schulen erleichtere dies die Kommunikation. Für Gehörlose, die auf die Mimik ihres Gegenübers angewiesen seien, „ist Kommunikation dadurch erst wieder möglich“. Danzer sagt: „Wenn wir es schaffen Klara bekannt zu machen, könnte sie uns durch diese Zeit tragen.“ Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass die Masken wegen ihres fehlenden Corona-Schutznachweises keine medizinische Zulassung haben.
Gleichzeitig helfe man einer kleinen Antilleninsel, deren Menschen vom Tourismus abhängig und deshalb ebenfalls von der Pandemie schwer getroffen sind. Mit dem Verkauf jeder Maske werde auf Tobago eine Plastikmüll-Sammelaktion unterstützt, die von Danzers dort lebender Schwester koordiniert wird.
Im Interview mit WirtschaftsKRAFT erzählt der Unternehmer über seine aktuelle Situation und seine beruflichen Pläne für die Zukunft.
Herr Danzer, Sie produzieren derzeit transparente Corona-Masken. Das hat nichts mit ihrem Kerngeschäft Event-Roboter zu tun. Was ist der Grund dafür?
Tatsächlich sind unsere Roboter, die sonst auf Messen auftreten oder die Begrüßung bei Kongressen übernehmen im Moment arbeitslos. Das hätte kaum jemand für möglich gehalten.
Wie viel Prozent der Umsätze sind Ihnen bei Nox durch die Pandemie weggebrochen?
Wir erleben im Veranstaltungsbereich einen Einbruch, abhängig vom Monat, von ungefähr 90 Prozent. In Deutschland sind knapp zwei Drittel der internationalen Leitmessen und die größten Messen der Welt zu Hause. Die Auswirkungen spüren wir in der der gesamten Branche enorm.
Und wie ist die aktuelle Situation für Ihre Beschäftigten?
Wir haben frühzeitig Kurzarbeit angemeldet, um Arbeitsplätze zu sichern. In dieser besonderen Zeit sind wir Menschen schnell von Angst geprägt, egal ob finanziell, persönlich oder gesundheitlich. Aber Angst ist kein guter Berater. Ehrliche Gespräche im beruflichen und privaten Leben helfen, um sich davon zu befreien. Dann kann man auch wieder auf gute Ideen kommen.
Wie kamen Sie auf die Idee von Klara-Maske?
Wir konstruieren die Kunststoffgehäuse für unsere Roboter in unserer Manufaktur, daher kannte ich die Herstellungsverfahren. Es lag auf der Hand eine Maske zu entwickeln, die wiederverwendbar ist, leicht zu reinigen und außerdem wieder klar die Mimik zeigt. So kamen wir auch zu dem Namen.
Über welche Vertriebswege bringen Sie das Produkt zu den Verbrauchern?
Wir vertreiben sowohl über die eigene Website: www.klara-maske.de, als auch über Einzelhändler wie den Unverpackt-Laden in Pforzheim, oder Großhändler wie die Firma Hellmut Ruck für Podologie.
Und wie läuft derzeit der Absatz?
Wir hatten einen tollen Start und inzwischen auch Firmenkunden, die für ihre Mitarbeiter im Verkauf und im Außendienst bestellen, weil dort die Mimik und das Lächeln einfach wichtig sind. Inzwischen haben wir auch Aufträge aus Österreich, Belgien und der Schweiz.
Klara erfüllt nicht die Kriterien für medizinische Masken. Wer also ist Ihre Zielgruppe? Bei welchen Gelegenheiten können die Klara-Masken getragen werden? Wo sehen Sie die Marktnische für Ihre Produkte?
Klara ist als Community-Maske für den Alltag konzipiert. Wir haben viele Brillenträger als Kunden, weil mit klara die Brille nicht mehr beschlägt. Zusätzlich ermöglicht Klara eine freie Atmung, was für Menschen die den ganzen Tag mit Maske im Einzelhandel, dem Gastgewerbe oder in Dienstleistungen arbeiten ein echter Vorteil ist.
Sie unterstützen auch ein Projekt für Müllsammeln, wie kam es dazu?
Ich war das Tragen von Einwegmasken leid und den Anblick, wie sie als Müll am Straßenboden liegen. Außerdem lebt meine Schwester Veronika auf Tobago und daher war mir das (immer schon bestehende) Müllproblem unserer Strände bewusst. Für jede Maske sammelt unser Team vor Ort, das meine Schwester koordiniert, ein halbes Pfund Müll vom Strand. Eigentlich lebt die Insel vom Tourismus, aber durch die Pandemie-Maßnahmen ist dieser zusammengebrochen und es gibt dort kaum finanzielle Hilfe. Ein Ziel ist es, so viele Masken zu verkaufen, dass wir dort auch Arbeitsplätze schaffen können.
Haben Sie außer Klara-Maske noch andere Geschäftsideen in der Pipeline?
Ja, zum Bespiel zum Thema Blockchain. Sie wird in Zukunft besonders relevant werden und hat das Potential politisch und gesellschaftlich viel zu verändern, wie es das Internet in den letzten 20 Jahren getan hat. Auch wir akzeptieren deshalb Zahlungen in Bitcoin. Aber neben dem Business werde ich in nächster Zeit noch mehr Fokus auf persönliche Weiterentwicklung und tiefere Erkenntnis legen und dazu Workshops für Interessierte anbieten.
Geboren 1982 in Kastl, Bayern, absolvierte Tobias Danzer nach der Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann sein Studium an der Hochschule in Pforzheim zum Dipl. Wirtschaftsingenieur. Im Anschluss gründete er NOX Robots (Unternehmenssitz im Kreativzentrum EMMA, Pforzheim), wofür er 2014 mit dem Landespreis für die außergewöhnlichste Gründungsidee des Landes ausgezeichnet wurde. Als Speaker zu den Zukunftsthemen „Digitalisierung und der Mensch“ gibt er sein Wissen in Keynotes weiter, begleitet von seinem charmanten Roboter Pepper. eb/gel
Von Gerd Lache | 01.02.2021
Auf der Welt wird unheimlich viel Kunststoff produziert und wir möchten uns für einen bewussten Umgang mit dieser Ressource einsetzen. Daher wird Klara aus recyceltem Material gefertigt und soll zur Müllreduktion beitragen.
„Alles brach zusammen“, so beschrieb Tobias Danzer in einem Blogbeitrag Anfang November 2020 seine berufliche Situation nach dem Corona-bedingten Lockdown. Vor knapp einem Jahrzehnt startete er als frisch gebackener Wirtschaftsingenieur-Absolvent der Hochschule Pforzheim sein Unternehmen, ein Startup mit Event-Robotern.
Zur Familie der humanoiden Maschinen gehören Nox, Pepper und Nao. Beispielsweise auf Events, Messen oder Firmenveranstaltungen sorgten die Roboter für Unterhaltung, animierten Gäste und Besucher, begrüßten sie oder präsentieren freundlich-sympathisch die Produkte ihrer Auftraggeber – um nur einiges zu nennen.
Mit Corona sind nicht nur die drei Roboter arbeitslos geworden. Auch Danzer und sein Mitarbeiterteam standen zunächst vor dem Aus. Klar war: „Die Eventbranche wird noch für lange Zeit tot sein.“
Von März 2020 an seien Aufträge ersatzlos gestrichen worden. „Ich fühlte mich wie gelähmt“, beschreibt er seine Gemütslage. Auf jede Akquise sei eine Absage erfolgt. „Im Telefonat mit einem Lieferanten bin ich in Tränen ausgebrochen.“ Die Einwegmasken, die Danzer überall als Wegwerfmüll auf den Straßen liegen sah, waren für ihn „die Verkörperung der Abtrennung von meiner Existenz“.
Dann die zündende Idee: Eine durchsichtige, wiederverwendbare Maske aus recyceltem Material herstellen, die die Mimik der Menschen zeigt und „das Lächeln zurückbringt“. Besonders in der Gastronomie und Hotellerie sowie in Schulen erleichtere dies die Kommunikation. Für Gehörlose, die auf die Mimik ihres Gegenübers angewiesen seien, „ist Kommunikation dadurch erst wieder möglich“. Danzer sagt: „Wenn wir es schaffen Klara bekannt zu machen, könnte sie uns durch diese Zeit tragen.“ Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass die Masken wegen ihres fehlenden Corona-Schutznachweises keine medizinische Zulassung haben.
Gleichzeitig helfe man einer kleinen Antilleninsel, deren Menschen vom Tourismus abhängig und deshalb ebenfalls von der Pandemie schwer getroffen sind. Mit dem Verkauf jeder Maske werde auf Tobago eine Plastikmüll-Sammelaktion unterstützt, die von Danzers dort lebender Schwester koordiniert wird.
Im Interview mit WirtschaftsKRAFT erzählt der Unternehmer über seine aktuelle Situation und seine beruflichen Pläne für die Zukunft.
Herr Danzer, Sie produzieren derzeit transparente Corona-Masken. Das hat nichts mit ihrem Kerngeschäft Event-Roboter zu tun. Was ist der Grund dafür?
Tatsächlich sind unsere Roboter, die sonst auf Messen auftreten oder die Begrüßung bei Kongressen übernehmen im Moment arbeitslos. Das hätte kaum jemand für möglich gehalten.
Wie viel Prozent der Umsätze sind Ihnen bei Nox durch die Pandemie weggebrochen?
Wir erleben im Veranstaltungsbereich einen Einbruch, abhängig vom Monat, von ungefähr 90 Prozent. In Deutschland sind knapp zwei Drittel der internationalen Leitmessen und die größten Messen der Welt zu Hause. Die Auswirkungen spüren wir in der der gesamten Branche enorm.
Und wie ist die aktuelle Situation für Ihre Beschäftigten?
Wir haben frühzeitig Kurzarbeit angemeldet, um Arbeitsplätze zu sichern. In dieser besonderen Zeit sind wir Menschen schnell von Angst geprägt, egal ob finanziell, persönlich oder gesundheitlich. Aber Angst ist kein guter Berater. Ehrliche Gespräche im beruflichen und privaten Leben helfen, um sich davon zu befreien. Dann kann man auch wieder auf gute Ideen kommen.
Wie kamen Sie auf die Idee von Klara-Maske?
Wir konstruieren die Kunststoffgehäuse für unsere Roboter in unserer Manufaktur, daher kannte ich die Herstellungsverfahren. Es lag auf der Hand eine Maske zu entwickeln, die wiederverwendbar ist, leicht zu reinigen und außerdem wieder klar die Mimik zeigt. So kamen wir auch zu dem Namen.
Über welche Vertriebswege bringen Sie das Produkt zu den Verbrauchern?
Wir vertreiben sowohl über die eigene Website: www.klara-maske.de, als auch über Einzelhändler wie den Unverpackt-Laden in Pforzheim, oder Großhändler wie die Firma Hellmut Ruck für Podologie.
Und wie läuft derzeit der Absatz?
Wir hatten einen tollen Start und inzwischen auch Firmenkunden, die für ihre Mitarbeiter im Verkauf und im Außendienst bestellen, weil dort die Mimik und das Lächeln einfach wichtig sind. Inzwischen haben wir auch Aufträge aus Österreich, Belgien und der Schweiz.
Klara erfüllt nicht die Kriterien für medizinische Masken. Wer also ist Ihre Zielgruppe? Bei welchen Gelegenheiten können die Klara-Masken getragen werden? Wo sehen Sie die Marktnische für Ihre Produkte?
Klara ist als Community-Maske für den Alltag konzipiert. Wir haben viele Brillenträger als Kunden, weil mit klara die Brille nicht mehr beschlägt. Zusätzlich ermöglicht Klara eine freie Atmung, was für Menschen die den ganzen Tag mit Maske im Einzelhandel, dem Gastgewerbe oder in Dienstleistungen arbeiten ein echter Vorteil ist.
Sie unterstützen auch ein Projekt für Müllsammeln, wie kam es dazu?
Ich war das Tragen von Einwegmasken leid und den Anblick, wie sie als Müll am Straßenboden liegen. Außerdem lebt meine Schwester Veronika auf Tobago und daher war mir das (immer schon bestehende) Müllproblem unserer Strände bewusst. Für jede Maske sammelt unser Team vor Ort, das meine Schwester koordiniert, ein halbes Pfund Müll vom Strand. Eigentlich lebt die Insel vom Tourismus, aber durch die Pandemie-Maßnahmen ist dieser zusammengebrochen und es gibt dort kaum finanzielle Hilfe. Ein Ziel ist es, so viele Masken zu verkaufen, dass wir dort auch Arbeitsplätze schaffen können.
Haben Sie außer Klara-Maske noch andere Geschäftsideen in der Pipeline?
Ja, zum Bespiel zum Thema Blockchain. Sie wird in Zukunft besonders relevant werden und hat das Potential politisch und gesellschaftlich viel zu verändern, wie es das Internet in den letzten 20 Jahren getan hat. Auch wir akzeptieren deshalb Zahlungen in Bitcoin. Aber neben dem Business werde ich in nächster Zeit noch mehr Fokus auf persönliche Weiterentwicklung und tiefere Erkenntnis legen und dazu Workshops für Interessierte anbieten.
Geboren 1982 in Kastl, Bayern, absolvierte Tobias Danzer nach der Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann sein Studium an der Hochschule in Pforzheim zum Dipl. Wirtschaftsingenieur. Im Anschluss gründete er NOX Robots (Unternehmenssitz im Kreativzentrum EMMA, Pforzheim), wofür er 2014 mit dem Landespreis für die außergewöhnlichste Gründungsidee des Landes ausgezeichnet wurde. Als Speaker zu den Zukunftsthemen „Digitalisierung und der Mensch“ gibt er sein Wissen in Keynotes weiter, begleitet von seinem charmanten Roboter Pepper. eb/gel
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