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Wirtschaftskraft ist in der Tat ein „Plus“ – ein Mehr an Themen, an Hintergründen und an Aktualität. Mit dieser Plattform wird die wirtschaftliche Kompetenz des Standortes Pforzheim medial begleitet und weit in die Region getragen.

Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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It’s a match! Der HR-Talk mit Dirk Krüger, Senior HR Manager Amazon Pforzheim

Im Interview verrät Dirk Krüger, warum Authentizität für ihn wichtiger ist als Perfektion, weshalb er Fangfragen ablehnt und wie er die Herausforderungen der Branche sieht. Kleine Überraschung: Im Bewerbungsgespräch würde er sich selbst gerne als Bewerber gegenübersitzen.
Dirk Krüger, Leiter der Personalabteilung am Amazon-Standort Pforzheim, bringt vielfältige Erfahrung und strategische Weitsicht in seine Rolle ein. Foto: Jessika Kowalk Fotografie

04.11.2024

Dirk Krüger leitet seit dem 1. Februar 2024 die Personalabteilung des Amazon Standortes in Pforzheim. Nach seinem Bachelor-Abschluss in Pädagogik/Erwachsenenbildung an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen startete er 2011 seine HR-Karriere bei Bayer in Grenzach. Dort war er zunächst in der Personal- und Organisationsentwicklung tätig, bevor er zum HR Business Partner aufstieg. 2019 wechselte er zu Amazon, wo er verschiedene HR- Positionen innehatte, zuletzt mit globaler HR-Verantwortung für Security & Loss Prevention in den Regionen EMEA und APAC. Die Abkürzung EMEA steht für Europe, Middle East, and Africa, also Europa, Naher Osten und Afrika. Die Abkürzung APAC steht für Asia-Pacific, also den Asien-Pazifik-Raum. Krüger erweiterte sein Fachwissen durch einen Executive MBA mit Spezialisierung auf HR an der Edinburgh Business School der Heriot-Watt University in Schottland. Er engagierte sich als ehrenamtlicher Richter am Arbeits- und Sozialgericht Freiburg. Der HR-Experte legt besonderen Wert auf strategische Personalentwicklung, Changemanagement und eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik.

Wie perfekt oder außergewöhnlich muss ein Bewerbungsschreiben sein?

Ein Bewerbungsschreiben muss nicht perfekt sein, aber authentisch und sorgfältig. Ich schätze Persönlichkeit mehr als Perfektion. Wichtig ist, dass der Bewerber seine Motivation und Eignung für die Stelle klar kommuniziert. Kleine Fehler sind menschlich und oft weniger wichtig als der Gesamteindruck. Ich suche nach Bewerbungen, die zeigen, dass sich jemand mit unserem Unternehmen und der Position auseinandergesetzt hat.

Worauf achten Sie beim Vorstellungsgespräch besonders?

Ich achte besonders auf die Energie und Begeisterung des Bewerbers sowie auf seine Fähigkeit, konkrete Beispiele zu nennen. Körpersprache, Tonfall und die Art, wie jemand von früheren Erfahrungen erzählt, verraten viel. Ich schätze es, wenn Bewerber spezifische Situationen beschreiben können, die ihre Kompetenzen verdeutlichen. Auch die Fragen, die sie stellen, geben Aufschluss über ihr Interesse und ihre Vorbereitung.

Welche Antwort eines/einer BewerberIn hat Sie am meisten überrascht?

Wir alle sprechen gerne über unsere Erfolge, aber es läuft natürlich nicht immer alles glatt. Daher hat mich am meisten ein Bewerber überrascht, der offen über seine gescheiterte Selbstständigkeit in seinem Familienunternehmen sprach. Er zeigte Selbstreflexion und erläuterte, was er daraus gelernt hat. Das fand ich sehr beeindruckend.

Warum ist ein Bewerbungsgespräch keine Einbahnstraße?

Ein Bewerbungsgespräch ist ein gegenseitiger Austausch. Beide Seiten müssen prüfen, ob es passt. Ich ermutige Bewerber, Fragen zu stellen und ihre Erwartungen zu äußern. Es geht darum, eine gute Passung zwischen Unternehmen und Kandidat zu finden. Nur wenn beide Seiten zufrieden sind, kann eine erfolgreiche Zusammenarbeit entstehen.

Stellen Sie manchmal auch gezielt Fang- oder Stressfragen?

Nein, ich stelle keine Fangfragen. Ich bevorzuge einen offenen, ehrlichen Dialog. Stresssituationen künstlich zu erzeugen halte ich für kontraproduktiv. Stattdessen versuche ich, eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu schaffen, in der sich der Bewerber wohl fühlt und sein wahres Ich zeigen kann.

Wann leuchtet bei Ihnen im Kopf die rote Warnlampe?

Wenn jemand nur oberflächliche Antworten gibt oder kein echtes Interesse zeigt. Auch mangelnde Vorbereitung oder eine respektlose Haltung sind Warnsignale. Ich achte darauf, ob der Bewerber aktiv zuhört und auf Fragen eingeht, oder ob er nur vorgefertigte Antworten gibt.

Wann ist es ein Match?

Wenn die Werte, Ziele und Erwartungen beider Seiten übereinstimmen und eine positive Energie spürbar ist. Es fühlt sich an, als könnte man sofort zusammenarbeiten. Der Bewerber zeigt Begeisterung für die Aufgabe und das Unternehmen, und wir sehen das Potenzial für eine langfristige Entwicklung.

Manchmal passt es einfach nicht. Wieviel Zeit nehmen Sie sich für eine Absage?

Wenn möglich nehme ich mir immer Zeit für ein persönliches, wertschätzendes Feedback – egal ob Zu- oder Absage. Eine Absage ist eine Chance, dem Bewerber konstruktives Feedback zu geben. Ich erkläre die Gründe und gebe wenn möglich Tipps für zukünftige Bewerbungen.

Welche Rolle spielen Zeugnisse wirklich?

Zeugnisse sind ein Anhaltspunkt, aber Soft Skills und Persönlichkeit sind oft wichtiger. Sie geben einen Überblick über den formalen Werdegang, aber sagen wenig über Teamfähigkeit, Kreativität oder Problemlösungskompetenz aus. Ich betrachte Zeugnisse als Teil des Gesamtbildes, nicht als alleiniges Entscheidungskriterium.

Würden Sie sich als Bewerber gerne sich selbst gegenüber sitzen?

Ja, ich strebe danach, fair, offen und respektvoll zu sein – so wie ich es mir selbst wünschen würde. Ich versuche, eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu schaffen und dem Bewerber auf Augenhöhe zu begegnen. Transparenz und Ehrlichkeit sind mir wichtig, auch wenn es um schwierige Themen geht.

Welche Rolle spielt Social Media im Recruiting? 

Social Media ist wichtig für Employer Branding und um potenzielle Kandidaten kennenzulernen. Es bietet Einblicke in die Persönlichkeit und Interessen von Bewerbern, ersetzt aber nicht das persönliche Gespräch. Wir nutzen soziale Medien, um unsere Unternehmenskultur zu zeigen und mit potenziellen Bewerbern in Kontakt zu treten

Was sind aktuell die größten Herausforderungen im Recruiting? 

Die größten Herausforderungen sind der Fachkräftemangel, sich wandelnde Arbeitsmodelle und die Balance zwischen Digitalisierung und menschlichem Kontakt. Wir müssen kreative Wege finden, um Talente anzuziehen und zu halten. Flexible Arbeitsmodelle und eine starke Unternehmenskultur sind entscheidend. Gleichzeitig gilt es, den persönlichen Kontakt trotz zunehmender Digitalisierung nicht zu vernachlässigen.

Das Interview führte Tanja Meckler.

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