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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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ifo Institut: Corona-Pandemie schlägt in Städten besonders hart zu – WSP-Direktor Reitz: Onlinehandel eine große Herausforderung

Städte leiden wirtschaftlich am stärksten unter der Coronakrise. Der industriestarke Südwesten wiederum ist von Kurzarbeit am härtesten betroffen. Das ergab eine Studie des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen.
Das Ausbleiben von sozialem Konsum trifft besonders hart die Wirtschaft in den Städten, stellt das ifo Institut fest. ©Fox

Von Gerd Lache | 19.04.2021

Die Städte sind besonders stark von der Arbeitslosigkeit betroffen. Die Geschäftslage der Unternehmen verschlechterte sich mehr als in den übrigen Regionen Deutschlands. Außerdem ist der industriestarke Südwesten am härtesten von Kurzarbeit betroffen. Das sind zentrale Ergebnisse einer Studie des ifo Instituts.

„Der soziale Konsum spielt in den Städten eine größere Rolle. Hier schlagen die Auswirkungen der Pandemie besonders ins Kontor. Weil in Städten weniger Industrie angesiedelt ist, haben sie zudem weniger von der Erholung des verarbeitenden Sektors in der zweiten Jahreshälfte 2020 profitiert“, erläutert Andreas Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen das Ergebnis.

Die Forscher untersuchten vier Regionen-Cluster, die jeweils ähnliche demografische strukturelle und infektionsbezogene Merkmale aufweisen. Demnach zeigt sich die Wirkung der Pandemie am deutlichsten bei der Entwicklung der Arbeitslosenquote: Zwischen Januar 2020 und August 2020 ist sie im Städte-Cluster um knapp 1,5 Prozentpunkte gestiegen. Bei den anderen Clustern lag dieser Anstieg bei moderaten 0,3 bis 0,8 Prozentpunkten.

Diese Entwicklung verschärft regionale Ungleichheiten, denn die absolute Zahl der Arbeitslosenquote ist in Städten mit 8,2 Prozent im August 2020 ebenfalls am höchsten (Norddeutschland: 5,9 Prozent, Süd-Westdeutschland: 4,3 Prozent, Ostdeutschland: 6,6 Prozent).

Stellt das Ergebnis einer Studie vor: Andreas Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen. ©ifo

Auch bei der Geschäftslage sieht man laut ifo von Frühjahr 2020 an einen um etwa 5 bis 10 Prozentpunkte größeren Einbruch bei den Unternehmen im Städte-Cluster. Zudem sei auffällig, dass die Geschäftslage der Unternehmen im ostdeutschen Cluster (insbesondere Sachsen und Thüringen) seit Herbst 2020 stärker gefallen ist als in den anderen Regionen. Die ifo-Wissenschaftler vermuten, dass diese Entwicklung mit dem dort sehr hohen Infektionsgeschehen in der zweiten Welle zusammenhängt.

Bei der Kurzarbeit weist das wirtschaftlich starke südwestdeutsche Cluster im Durchschnitt den größten Anteil auf: rund 15 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Einen Zusammenhang sieht das ifo Institut hier mit der hohen Bedeutung von Industrieunternehmen in diesem Cluster. Diese würden vom Instrument Kurzarbeit stärker Gebrauch machen.

„Ob diese Effekte nachhaltig sind, ist derzeit schwer zu beurteilen. Städte könnten von Nachholeffekten nach der Krise überdurchschnittlich profitieren. Andererseits ist es möglich, dass Homeoffice und Digitalisierung ländliche Regionen langfristig begünstigen,“ sagt Peichl.

Direktor Oliver Reitz sieht nicht nur beim Innenstadt-Handel große Herausforderungen für die Zukunft. ©ThomasMeyer

„Wir müssen uns bewusst machen, dass es kein uneingeschränktes Zurück geben wird“, macht Oliver Reitz gegenüber WirtschaftsKraft deutlich. Der Direktor des städtischen Eigenbetriebs „Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim“ (WSP) stellt fest, dass auch der stationäre Einzelhandel seiner Stadt stärker und Druck geraten sei. Pforzheim fungiert für die Region Nordschwarzwald als Oberzentrum.

Eine der großen Herausforderungen – nicht nur für Geschäfte der Innenstadt – sei der Onlinehandel, „der pandemiebedingt in kurzer Zeit nun auch bislang zurückhaltende Kundenkreise für sich gewinnen konnte“. Betroffen sind dem WSP-Direktor zufolge auch viele andere Akteure, die für eine vitale und attraktive Stadt stehen – etwa im Bereich der Hotellerie, bei Kultureinrichtungen wie Museen oder Theater und nicht zuletzt in der Kongress- und Eventbranche.

Was tun? „Wir müssen uns verstärkt mit der Frage beschäftigen, was neben dem Einzelhandel ein Garant für eine attraktive Innenstadt sein kann“, sagt Reitz. So könne er sich beispielsweise einen Nutzungsmix aus Flächen für Handel, Büros, Gastronomie, Angebote aus dem Gesundheitswesen oder aus dem Kulturbereich vorstellen.

© LaurenceChaperon/Composing_GerdLache

Die Innenstädte müssten neu gedacht werden – und weiterentwickelt, sagt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, gegenüber der Deutschen Presseagentur. Der Leerstand in einigen Städten sei besorgniserregend. Der Online-Handel boome und Corona habe diesen Wandel verstärkt. Es gehe nun darum, Alternativen zu finden, wie leere Ladenlokale oder Büroflächen neu genutzt werden können – etwa „mit einem bunten Mix an Mietern, über den Einzelhandel hinaus“.

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