Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
Von Gerd Lache | 24.06.2023
„Es ist noch nicht überall angekommen, dass wir in einer Phase sind, in der wir teilweise radikal umdenken müssen.“ Deutliche Worte eines Unternehmers in Richtung des Arbeitgeberlagers zum Thema Transformation in der Automobilindustrie. Professor Dr. Bernhard Kölmel, Autoexperte und einer der ständigen Mahner angesichts dessen, was ist und was kommt, macht deutlich: Unternehmen stehen nicht nur durch den Wandel weg vom Verbrenner hin zu alternativen Antrieben vor großen Herausforderung. Es sei eine ganze Reihe an sogenannten Disruptionen, auf die sich sowohl Arbeitgeber, als auch Beschäftigte jetzt einstellen müssten. Als Disruption gilt beispielsweise ein Veränderungsprozess, der herkömmliche Geschäftsmodelle zerstört und innovativ Neues hervorbringt.
In der Automotive-Branche hat dieser Prozess mit der Abkehr vom Verbrenner längst begonnen. Ein Beispiel: „Der 911 wird das letzte Porsche-Modell mit einem Verbrennungsmotor sein“, sagt Barbara Frenkel, beim Sportwagenhersteller als Vorständin für Beschaffung zuständig. Im hauseigenen Unternehmensmagazin „Christophorus“ nennt sie außerdem mit der Digitalisierung einen weiteren Disruptions-Schritt: Porsche setze Künstliche Intelligenz (KI) ein, um Lieferketten „flexibler gestalten zu können“.
Auf der Siegerseite bleibe bei dieser Entwicklung nur, wer als Komponenten-Zulieferer die Transformationen mitgehe, sich verändere, sich auf das Neue einlasse, sagt Kölmel. Andernfalls müssten die überkommenen Produktionsbetriebe früher oder später dicht machen. Und Beschäftigte, die sich nicht Weiterqualifizieren, hätten morgen keinen Job mehr.
„Kompetenzen für die Transformation“ lautete denn auch die Veranstaltung des Transformationsnetzwerks (TraFoNetz) Nordschwarzwald im Dekra-CongressCenter Altensteig/Wart (Landkreis Calw). Die Veränderungsrevolution sorgt für engen Schulterschluss bei Verbänden der arbeitgebenden und arbeitnehmenden Seite. Beide sind sich einig: nur gemeinsam können die Herausforderungen erfolgreich bewältigt werden.
Das wurde in Wart deutlich. Das Teilnehmerfeld war gut durchmischt mit diskussionsfreudigen Unternehmern und Arbeitnehmervertretungen. Das Podium war neben Professor Kölmel von der Hochschule Pforzheim mit Nicolas Bauer von der IG Metall Baden-Württemberg und Thorsten Würth vom Arbeitgeberverband Südwestmetall prominent besetzt.
Für Gewerkschaftssekretär Stefan Kirschaum von der IG Metall Freudenstadt ist es wichtig, den Beschäftigten Zukunftsängste und Perspektivängste zu nehmen, denn: „Solange Ängste eine Rolle spielen, ist der Kopf nicht offen für neues Wissen.“
Liane Papaioannou, 1. Bevollmächtigte (Geschäftsführerin) der IG Metall Pforzheim, drängt als Mitglied im TraFoNetz auf Tempo, um die theoretischen Erkenntnisse in konkretes Handeln umzusetzen. Viele der Betriebe, die von der IG Metall betreut werden, „sind von der Transformation betroffen“, sagt sie.
Die TraFoNetz-Veranstaltung in Altensteig/Wart bewertet Papaioannou auch als wertvolle Plattform für Netzwerken. „Ich habe betriebliche Akteure kennen gelernt“ und sie habe Professor Kölmel für einen Fach-Vortrag zum Thema Transformation bei einer der nächsten IG-Metall-Veranstaltungen gewinnen können.
Auch Thorsten Würth von Südwestmetall sieht in der TraFoNetz-Rolle als Netzwerk für die Region eine wichtige Funktion. Es gehe darum zu diskutieren: „Wie können wir das alles gemeinschaftlich stemmen.“
Insbesondere im Nordschwarzwald, einem der rund 40 deutschen Hotspots der Automotive-Branche mit seinen Zulieferbetrieben, Kfz-Werkstätten und -Händlern, sehen sich die Akteure im selben Boot.
Das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald (TraFoNetz) ist die bisher größte Gemeinschaftsinitiative zur Unterstützung der Automotive-Unternehmen in der Region Nordschwarzwald. Sie wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.
Ziel von TraFoNetz ist es, kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) der Region und ihre Beschäftigten bei der Transformation der Automobilindustrie vom Verbrenner hin zu alternativen Antrieben zu unterstützen.
Die Herausforderung: Insbesondere Automotive-Zulieferer, die bisher Komponenten für Verbrenner-Motoren der Automobilhersteller produziert haben, bekommen zunehmend weniger Aufträge. Grund ist der Wandel zu alternativen Antriebstechnologien. Diese Zulieferer müssen ihre Produktionen umstellen bzw. anpassen. Die Beschäftigten müssen sich für neue Anforderungen in der Produktion weiterqualifizieren.
Dabei hilft das Kompetenz-Zentrum von TraFoNetz durch Unterstützungsmaßnahmen wie Hilfe bei der Strategieentwicklung, Fördergeldantragstellung, Weiterqualifizierung etc.
Diese Leistungen sind für Unternehmen und Beschäftigte kostenfrei.
Die Federführung des Projekts liegt bei der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald GmbH (WFG) mit Geschäftsführer Jochen Protzer. Projektleiterin ist Katharina Bilaine. Aktiv tätige Konsortialpartner sind die Hochschule Pforzheim, die Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim und die AgenturQ (eine gemeinschaftliche Einrichtung von IG Metall Baden-Württemberg und Südwestmetall).
Assoziierte Partner sind IHK Nordschwarzwald, 1886 Ventures, Südwestmetall, IG Metall, die Handwerkskammern Karlsruhe und Reutlingen sowie e-mobil BW. Unterstützt wird das Projekt von den Senioren der Wirtschaft Nordschwarzwald.
Der 28-köpfige Transformationsbeirat setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern von Unternehmen, Arbeitnehmervertretungen, Kommunalpolitik, Hochschulen und Institutionen, außerdem bringen Landräte, Oberbürgermeister und Wirtschaftsförderer ihre Expertisen ein.
Von Gerd Lache | 24.06.2023
„Es ist noch nicht überall angekommen, dass wir in einer Phase sind, in der wir teilweise radikal umdenken müssen.“ Deutliche Worte eines Unternehmers in Richtung des Arbeitgeberlagers zum Thema Transformation in der Automobilindustrie. Professor Dr. Bernhard Kölmel, Autoexperte und einer der ständigen Mahner angesichts dessen, was ist und was kommt, macht deutlich: Unternehmen stehen nicht nur durch den Wandel weg vom Verbrenner hin zu alternativen Antrieben vor großen Herausforderung. Es sei eine ganze Reihe an sogenannten Disruptionen, auf die sich sowohl Arbeitgeber, als auch Beschäftigte jetzt einstellen müssten. Als Disruption gilt beispielsweise ein Veränderungsprozess, der herkömmliche Geschäftsmodelle zerstört und innovativ Neues hervorbringt.
In der Automotive-Branche hat dieser Prozess mit der Abkehr vom Verbrenner längst begonnen. Ein Beispiel: „Der 911 wird das letzte Porsche-Modell mit einem Verbrennungsmotor sein“, sagt Barbara Frenkel, beim Sportwagenhersteller als Vorständin für Beschaffung zuständig. Im hauseigenen Unternehmensmagazin „Christophorus“ nennt sie außerdem mit der Digitalisierung einen weiteren Disruptions-Schritt: Porsche setze Künstliche Intelligenz (KI) ein, um Lieferketten „flexibler gestalten zu können“.
Auf der Siegerseite bleibe bei dieser Entwicklung nur, wer als Komponenten-Zulieferer die Transformationen mitgehe, sich verändere, sich auf das Neue einlasse, sagt Kölmel. Andernfalls müssten die überkommenen Produktionsbetriebe früher oder später dicht machen. Und Beschäftigte, die sich nicht Weiterqualifizieren, hätten morgen keinen Job mehr.
„Kompetenzen für die Transformation“ lautete denn auch die Veranstaltung des Transformationsnetzwerks (TraFoNetz) Nordschwarzwald im Dekra-CongressCenter Altensteig/Wart (Landkreis Calw). Die Veränderungsrevolution sorgt für engen Schulterschluss bei Verbänden der arbeitgebenden und arbeitnehmenden Seite. Beide sind sich einig: nur gemeinsam können die Herausforderungen erfolgreich bewältigt werden.
Das wurde in Wart deutlich. Das Teilnehmerfeld war gut durchmischt mit diskussionsfreudigen Unternehmern und Arbeitnehmervertretungen. Das Podium war neben Professor Kölmel von der Hochschule Pforzheim mit Nicolas Bauer von der IG Metall Baden-Württemberg und Thorsten Würth vom Arbeitgeberverband Südwestmetall prominent besetzt.
Für Gewerkschaftssekretär Stefan Kirschaum von der IG Metall Freudenstadt ist es wichtig, den Beschäftigten Zukunftsängste und Perspektivängste zu nehmen, denn: „Solange Ängste eine Rolle spielen, ist der Kopf nicht offen für neues Wissen.“
Liane Papaioannou, 1. Bevollmächtigte (Geschäftsführerin) der IG Metall Pforzheim, drängt als Mitglied im TraFoNetz auf Tempo, um die theoretischen Erkenntnisse in konkretes Handeln umzusetzen. Viele der Betriebe, die von der IG Metall betreut werden, „sind von der Transformation betroffen“, sagt sie.
Die TraFoNetz-Veranstaltung in Altensteig/Wart bewertet Papaioannou auch als wertvolle Plattform für Netzwerken. „Ich habe betriebliche Akteure kennen gelernt“ und sie habe Professor Kölmel für einen Fach-Vortrag zum Thema Transformation bei einer der nächsten IG-Metall-Veranstaltungen gewinnen können.
Auch Thorsten Würth von Südwestmetall sieht in der TraFoNetz-Rolle als Netzwerk für die Region eine wichtige Funktion. Es gehe darum zu diskutieren: „Wie können wir das alles gemeinschaftlich stemmen.“
Insbesondere im Nordschwarzwald, einem der rund 40 deutschen Hotspots der Automotive-Branche mit seinen Zulieferbetrieben, Kfz-Werkstätten und -Händlern, sehen sich die Akteure im selben Boot.
Das Transformationsnetzwerk Nordschwarzwald (TraFoNetz) ist die bisher größte Gemeinschaftsinitiative zur Unterstützung der Automotive-Unternehmen in der Region Nordschwarzwald. Sie wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.
Ziel von TraFoNetz ist es, kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) der Region und ihre Beschäftigten bei der Transformation der Automobilindustrie vom Verbrenner hin zu alternativen Antrieben zu unterstützen.
Die Herausforderung: Insbesondere Automotive-Zulieferer, die bisher Komponenten für Verbrenner-Motoren der Automobilhersteller produziert haben, bekommen zunehmend weniger Aufträge. Grund ist der Wandel zu alternativen Antriebstechnologien. Diese Zulieferer müssen ihre Produktionen umstellen bzw. anpassen. Die Beschäftigten müssen sich für neue Anforderungen in der Produktion weiterqualifizieren.
Dabei hilft das Kompetenz-Zentrum von TraFoNetz durch Unterstützungsmaßnahmen wie Hilfe bei der Strategieentwicklung, Fördergeldantragstellung, Weiterqualifizierung etc.
Diese Leistungen sind für Unternehmen und Beschäftigte kostenfrei.
Die Federführung des Projekts liegt bei der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald GmbH (WFG) mit Geschäftsführer Jochen Protzer. Projektleiterin ist Katharina Bilaine. Aktiv tätige Konsortialpartner sind die Hochschule Pforzheim, die Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim und die AgenturQ (eine gemeinschaftliche Einrichtung von IG Metall Baden-Württemberg und Südwestmetall).
Assoziierte Partner sind IHK Nordschwarzwald, 1886 Ventures, Südwestmetall, IG Metall, die Handwerkskammern Karlsruhe und Reutlingen sowie e-mobil BW. Unterstützt wird das Projekt von den Senioren der Wirtschaft Nordschwarzwald.
Der 28-köpfige Transformationsbeirat setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern von Unternehmen, Arbeitnehmervertretungen, Kommunalpolitik, Hochschulen und Institutionen, außerdem bringen Landräte, Oberbürgermeister und Wirtschaftsförderer ihre Expertisen ein.
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