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Wirtschaftskraft ist in der Tat ein „Plus“ – ein Mehr an Themen, an Hintergründen und an Aktualität. Mit dieser Plattform wird die wirtschaftliche Kompetenz des Standortes Pforzheim medial begleitet und weit in die Region getragen.

Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Digitale Barrierefreiheit im Mathe-Studium

Das Studium von MINT-Studiengängen ist für Studierende mit Sehbeeinträchtigung aufgrund der mathematischen Anteile eine große Herausforderung. Formeln, Diagramme und grafische Inhalte werden visuell dargestellt und sind daher nicht mit Vorlesesoftware zugänglich. Forschende aus Karlsruhe und Marburg wollen das ändern.
Am ACCESS@KIT können Studierende mit zweidimensionalen taktilen Bildschirmen arbeiten.
Assistive Technologien sind Systeme für Menschen mit Behinderung. Das ACCESS@KIT hat eine Screenreader-Software, die hilft Menschen mit Blindheit Texte und Webseiten vorzulesen. Die Grenzen erreicht der Screenreader bei grafischen Elementen oder Bildern. Durch einen taktilen Bildschirm können Grafiken in Braille-Schrift und vielen kleinen Punkten taktil gedruckt werden und so zugänglich für Sehbehinderte werden. Foto: Andrea Fabry, KIT

15.02.2023

Professionelle Unterstützung für Menschen mit Sehbeeinträchtigung gibt es nur an wenigen Hochschulen. Meist sind betroffene Studierende aktuell von Assistenzen abhängig, die sie selbst anlernen müssen, und sind somit weitestgehend auf sich allein gestellt, was negative Auswirkungen auf ihren Studienerfolg hat.

Ändern will dies das Team des Projektes „Math4VIP – Eine neue Dimension in der Barrierefreiheit mathematischer Lehrinhalte für sehbeeinträchtigte Studierende in den MINT-Fächern“, in dem Professorin Ilka Agricola, Mathematikerin an der Philipps-Universität Marburg, und Dr. Thorsten Schwarz vom Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien des Karlsruher Instituts für Technologie (ACCESS@KIT) zusammenarbeiten.

An jeder einzelnen Universität studieren nur wenige Studierende mit starker Sehbehinderung, so dass man oft auf kurzfristige ad-hoc-Lösungen zurückgreift. Dies wollen wir ändern und so gemeinsam ein Portal schaffen, das einen echten Mehrwert im deutschen Sprachraum liefert.

Professorin Ilka Agricola, Mathematikerin an der Philipps-Universität Marburg

Das gemeinsame Ziel ist eine zentrale Plattform, die Informationen über den barrierefreien Zugang zu Mathematik und über die notwendigen Schritte zur barrierefreien Aufbereitung mathematischer Inhalte für Studierende mit Sehbeeinträchtigung bereitstellen soll. Dabei sollen neue Standards entwickelt, Materialien entsprechend der Standards erstellt, Leitfäden verfasst und bekannt gemacht werden. 

Mitglieder anderer Hochschulen könnten dann eigene Materialien hochladen und so zum Wachstum der Datenbank beitragen. Insgesamt würden Studierende mit Sehbeeinträchtigung aus dem deutschen Sprachraum so leichteren Zugang zu barrierefreien Materialien, unabhängig davon, an welcher Hochschule sie studieren.

ACCESS@KIT unterstützt Studierende mit Sehbehinderung seit über 35 Jahren

Am KIT berät und unterstützt das Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien (ACCESS@KIT) seit mehr als 35 Jahren Studierende und Studieninteressierte mit Sehbehinderung und Blindheit in allen am KIT angebotenen Studienfächern. Zugleich engagiert sich das ACCESS@KIT in Forschung und Lehre. “Wir entwickeln, auch gemeinsam mit unseren Studierenden, neue Zugänge zu allen in MINT-Fächern relevanten Gebieten. Das gilt besonders für die Mathematik: Die Aufbereitung der notwendigen Grafiken in eine taktile Version ist bei uns einzigartig”, erläutert Schwarz. Dafür stehen am ACCESS@KIT ein Labor für verschiedenste Drucktechniken und ein Arbeitsraum für Studierende mit modernsten Ausgabegeräten, zum Beispiel zweidimensionale Brailledisplays, zur Verfügung. Pro Jahr werden am ACCESS@KIT über 20.000 taktile Grafiken erstellt, dazu kommen 3D-Modelle aus Kunststoff und Holz. “Diese langjährige Erfahrung bringen wir in Math4VIP ein, um die wegweisende Standardisierung textueller Beschreibungen von Grafiken und Formeln mitzugestalten”, so Schwarz.

Die Volkswagen-Stiftung fördert das Projekt in der Förderlinie „Pioniervorhaben – Impulse für das Wissenschaftssystem“ drei Jahre lang mit einer Gesamtsumme von etwa 500.000 Euro.   

Das Projekt ist eine Kooperation des Fachbereichs für Mathematik und Informatik der Philipps-Universität Marburg (UMR) – der einzigen Stadt in Deutschland mit einem grundständigen Gymnasium für Schülerinnen und Schüler mit Sehbehinderung und Blindheit – und dem Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).

pm/tm

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