Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
02.10.2025
von Claudia Keller
Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede, geopolitische Spannungen und ein undurchsichtiges regulatorisches Umfeld lassen selbst erfahrene Unternehmer zögern, ihre Fühler nach China auszustrecken. Wie kann man in einem Land erfolgreich agieren, das so anders funktioniert – und sich zudem rasant verändert? Die Veranstaltung der IHK Nordschwarzwald „So geht China 2025 – China verstehen, Chancen nutzen“ lieferte einige Antworten auf diese Fragen. Die Begrüßung der Teilnehmenden übernahm Stefan Förster, Vorsitzender des International Business Ausschusses der IHK und Geschäftsführender Gesellschafter von FORESTADENT Bernhard Förster GmbH. „Auch für uns ist China ein interessanter Markt – mit Herausforderungen“, stellte er fest.
Julia Güsten, Geschäftsführende Gesellschafterin von Sharehouse mit Sitz in Nanjing, ist bereits seit 30 Jahren in China. Da sie mit ihrer Firma kleine und mittelständische Unternehmen beim Markteintritt begleitet, konnte sie viele praktische Erfahrungen weitergeben. Anwalt Philip Lazare, Partner Shaohe Law Firm in Shanghai, übernahm die rechtlichen Themen und Dominik Nowak, Geschäftsführer Eticor Compliance Solutions in Nanjing, stellte die Sicht von deutscher Seite dar. „China ist immer wieder in den Schlagzeilen“, so Nowak. Am Beispiel der gerade eröffneten höchsten Brücke der Welt im Süden Chinas nannte er das Thema Technologieführung. „In China befindet sich nicht mehr nur die Werkbank, die Chinesen haben mittlerweile auch das Knowhow, gerade im Baubereich“, sagte er. Als weiteres Beispiel führte er die Exportkontrolle auf seltene Erden an. „Ein wichtiges Thema, da China der größte Lieferant ist“, stellte er fest.
Güsten berichtete, dass es verschiedene Einschätzungen zum Wachstum in China gebe. „Es ging relativ lange gut und dann kam Covid – und es ging nicht mehr gut“, sagte sie. „Viele haben gedacht, wenn Covid vorbei ist, geht es weiter wie zuvor – das war aber nicht so.“ Immobilienblase, Demografie und alternde Gesellschaft seien sogar verstärkt zum Vorschein gekommen. „Es fällt dem Land schwer, wieder richtig in Gang zu kommen. Nichtsdestotrotz gibt es noch Wachstum“, erklärte sie. Umfragen unter deutschen Unternehmen am chinesischen Markt zeigten, dass sie weniger optimistisch sind als noch vor einigen Jahren. Früher sei es einfach gewesen mit deutscher Qualität zu punkten und gute Preise zu erzielen. Inzwischen sei es ein Markt wie jeder andere, auf dem man es mit Konkurrenz zu tun habe. „Mein Gefühl ist, dass alle ein bisschen in abwartender Haltung sind“, sagte Güsten. „Aber unterm Strich sind sie doch langfristig optimistisch.“ Sie erklärte, dass deutsche Unternehmen Krisen eher kennen und wissen, wie sie sich neu aufstellen oder an der Kostenschraube drehen können. Chinesische Unternehmen hätten keine Krisenerfahrungen.
Nowak beleuchtete das Thema Direktinvestment von chinesischen Unternehmen in Deutschland. „Deutschland gilt unter den Ländern Europas als eines der zentralen Länder, in dem chinesische Unternehmen investieren“, sagte er. „Früher seien Firmen gekauft worden, um an Knowhow zu kommen. Inzwischen finde in den Bereichen Investment statt, in denen chinesische Firmen nicht mehr auf Knowhowtransfer angewiesen sind. Güsten präsentierte eine Karte aus der hervorging, dass die Hälfte der weltweiten Bevölkerung im asiatischen Raum lebe. Sie hob besonders hervor, dass in China der Infrastrukturausbau seit dem Jahr 2008 rasant vorangeschritten sei. Außerdem laufe inzwischen alles über Apps, vom Bezahlen bis hin zur geschäftlichen oder privaten Kommunikation. „Was in den letzten 20 Jahren passiert ist, ist wirklich unglaublich“, stellte sie fest.
Nowak stellte die wichtigsten chinesischen Apps vor, die durchweg Alternativen zu hier gebräuchlichen Apps sind. Zudem wies er darauf hin, dass bei geschäftlichen Kontakten über Apps meist Antworten innerhalb einer Stunde erwartet werden.
Lazare gab eine kleine Einführung in das chinesische Rechtssystem, das zum großen Teil aus Deutschland importiert worden sei. „In staatlicher Hinsicht gibt es allerdings einen wesentlichen Unterschied“, sagte er. „Auf der einen Seite haben wir die staatlichen Institutionen, die in der Verwaltung ähnlich aufgebaut sind wie bei uns. Daneben gibt es eine Parallelorganisation in Form der kommunistischen Partei, die alle Verwaltungsebenen und Gerichte parallel besetzt, so dass die Entscheidungs- und Rechtsfindung stark davon abhängt, was die Partei denkt.“ Damit werde vermieden, dass sich ein bestimmter Verwaltungsteil verselbständige. Er hatte außerdem einige Informationen über Rechtsschutz, Devisenrecht und Bürokratie parat.
Nowak berichtete außerdem über gesellschaftliche Gepflogenheiten in China, dazu gehört, dass Vertragsverhandlungen erst nach einer gewissen persönlichen Bindung aufgenommen werden, wie sie beispielsweise bei einem gemeinsamen Essen entstehen. Auch weiterhin sei ein steter Austausch nötig, um zu zeigen, dass man Interesse am Anderen habe. Zudem sei zu beachten, dass es in der chinesischen Sprache kein klassisches „ja“ gebe. „Es gibt andere Wege sich auszudrücken“, erklärte Nowak.
Langfristig sah er China weiterhin als zentralen Markt für deutsche Exporte. „Wir müssen uns dem Wettbewerb mit China stellen“, sagte Güsten. Nowak empfahl das Miteinander und die gemeinsamen Potentiale in den Vordergrund zu stellen. Am Ende der Veranstaltung hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, mit den Referenten ins Gespräch zu kommen und ihre eigenen China-Erfahrungen auszutauschen.
Alle Fotos: Tilo Keller
02.10.2025
„Was in den letzten 20 Jahren passiert ist, ist wirklich unglaublich."
von Claudia Keller
Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede, geopolitische Spannungen und ein undurchsichtiges regulatorisches Umfeld lassen selbst erfahrene Unternehmer zögern, ihre Fühler nach China auszustrecken. Wie kann man in einem Land erfolgreich agieren, das so anders funktioniert – und sich zudem rasant verändert? Die Veranstaltung der IHK Nordschwarzwald „So geht China 2025 – China verstehen, Chancen nutzen“ lieferte einige Antworten auf diese Fragen. Die Begrüßung der Teilnehmenden übernahm Stefan Förster, Vorsitzender des International Business Ausschusses der IHK und Geschäftsführender Gesellschafter von FORESTADENT Bernhard Förster GmbH. „Auch für uns ist China ein interessanter Markt – mit Herausforderungen“, stellte er fest.
Julia Güsten, Geschäftsführende Gesellschafterin von Sharehouse mit Sitz in Nanjing, ist bereits seit 30 Jahren in China. Da sie mit ihrer Firma kleine und mittelständische Unternehmen beim Markteintritt begleitet, konnte sie viele praktische Erfahrungen weitergeben. Anwalt Philip Lazare, Partner Shaohe Law Firm in Shanghai, übernahm die rechtlichen Themen und Dominik Nowak, Geschäftsführer Eticor Compliance Solutions in Nanjing, stellte die Sicht von deutscher Seite dar. „China ist immer wieder in den Schlagzeilen“, so Nowak. Am Beispiel der gerade eröffneten höchsten Brücke der Welt im Süden Chinas nannte er das Thema Technologieführung. „In China befindet sich nicht mehr nur die Werkbank, die Chinesen haben mittlerweile auch das Knowhow, gerade im Baubereich“, sagte er. Als weiteres Beispiel führte er die Exportkontrolle auf seltene Erden an. „Ein wichtiges Thema, da China der größte Lieferant ist“, stellte er fest.
Güsten berichtete, dass es verschiedene Einschätzungen zum Wachstum in China gebe. „Es ging relativ lange gut und dann kam Covid – und es ging nicht mehr gut“, sagte sie. „Viele haben gedacht, wenn Covid vorbei ist, geht es weiter wie zuvor – das war aber nicht so.“ Immobilienblase, Demografie und alternde Gesellschaft seien sogar verstärkt zum Vorschein gekommen. „Es fällt dem Land schwer, wieder richtig in Gang zu kommen. Nichtsdestotrotz gibt es noch Wachstum“, erklärte sie. Umfragen unter deutschen Unternehmen am chinesischen Markt zeigten, dass sie weniger optimistisch sind als noch vor einigen Jahren. Früher sei es einfach gewesen mit deutscher Qualität zu punkten und gute Preise zu erzielen. Inzwischen sei es ein Markt wie jeder andere, auf dem man es mit Konkurrenz zu tun habe. „Mein Gefühl ist, dass alle ein bisschen in abwartender Haltung sind“, sagte Güsten. „Aber unterm Strich sind sie doch langfristig optimistisch.“ Sie erklärte, dass deutsche Unternehmen Krisen eher kennen und wissen, wie sie sich neu aufstellen oder an der Kostenschraube drehen können. Chinesische Unternehmen hätten keine Krisenerfahrungen.
Nowak beleuchtete das Thema Direktinvestment von chinesischen Unternehmen in Deutschland. „Deutschland gilt unter den Ländern Europas als eines der zentralen Länder, in dem chinesische Unternehmen investieren“, sagte er. „Früher seien Firmen gekauft worden, um an Knowhow zu kommen. Inzwischen finde in den Bereichen Investment statt, in denen chinesische Firmen nicht mehr auf Knowhowtransfer angewiesen sind. Güsten präsentierte eine Karte aus der hervorging, dass die Hälfte der weltweiten Bevölkerung im asiatischen Raum lebe. Sie hob besonders hervor, dass in China der Infrastrukturausbau seit dem Jahr 2008 rasant vorangeschritten sei. Außerdem laufe inzwischen alles über Apps, vom Bezahlen bis hin zur geschäftlichen oder privaten Kommunikation. „Was in den letzten 20 Jahren passiert ist, ist wirklich unglaublich“, stellte sie fest.
Nowak stellte die wichtigsten chinesischen Apps vor, die durchweg Alternativen zu hier gebräuchlichen Apps sind. Zudem wies er darauf hin, dass bei geschäftlichen Kontakten über Apps meist Antworten innerhalb einer Stunde erwartet werden.
Lazare gab eine kleine Einführung in das chinesische Rechtssystem, das zum großen Teil aus Deutschland importiert worden sei. „In staatlicher Hinsicht gibt es allerdings einen wesentlichen Unterschied“, sagte er. „Auf der einen Seite haben wir die staatlichen Institutionen, die in der Verwaltung ähnlich aufgebaut sind wie bei uns. Daneben gibt es eine Parallelorganisation in Form der kommunistischen Partei, die alle Verwaltungsebenen und Gerichte parallel besetzt, so dass die Entscheidungs- und Rechtsfindung stark davon abhängt, was die Partei denkt.“ Damit werde vermieden, dass sich ein bestimmter Verwaltungsteil verselbständige. Er hatte außerdem einige Informationen über Rechtsschutz, Devisenrecht und Bürokratie parat.
Nowak berichtete außerdem über gesellschaftliche Gepflogenheiten in China, dazu gehört, dass Vertragsverhandlungen erst nach einer gewissen persönlichen Bindung aufgenommen werden, wie sie beispielsweise bei einem gemeinsamen Essen entstehen. Auch weiterhin sei ein steter Austausch nötig, um zu zeigen, dass man Interesse am Anderen habe. Zudem sei zu beachten, dass es in der chinesischen Sprache kein klassisches „ja“ gebe. „Es gibt andere Wege sich auszudrücken“, erklärte Nowak.
Langfristig sah er China weiterhin als zentralen Markt für deutsche Exporte. „Wir müssen uns dem Wettbewerb mit China stellen“, sagte Güsten. Nowak empfahl das Miteinander und die gemeinsamen Potentiale in den Vordergrund zu stellen. Am Ende der Veranstaltung hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, mit den Referenten ins Gespräch zu kommen und ihre eigenen China-Erfahrungen auszutauschen.
Alle Fotos: Tilo Keller
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