Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
Von Claudia Keller | 04.03.2025
„Ich freue mich, dass das Thema auf so große Resonanz gestoßen ist“, sagte Björn Lörch vom ZPT bei der Begrüßung von mehr als 50 angemeldeten Teilnehmenden. „Daran sieht man aber auch, wie die Unternehmen aktuell nach neuen Märkten suchen.“
Referent Wolfgang Bott von Quer Management ist selbst zugelassener Auditor für Luftfahrt, Raumfahrt und Verteidigung und berät Unternehmen auf dem Weg zur Zertifizierung. Als Anschauungsobjekt hatte er ein Fenster aus einem Höhenforschungsflugzeug dabei. Bott machte deutlich, dass Zertifizierung nötig ist, um überhaupt für den Luft- und Raumfahrtmarkt zugelassen zu werden. Hierzu führte er die Normen EN 9100, 9110 und 9120 an.
„Eine Zertifizierung bedeutet aber nicht, dass gleich ein Auftrag da ist“, merkte Bott an. Er wies darauf hin, dass es in der Luftfahrt keine so hohen Stückzahlen gebe, wie in der Automobilzulieferindustrie. 500 Teile seien in der Luftfahrt bereits eine große Serie. „Da habe ich keine Nullen vergessen“, merkte der Referent an.
Er empfahl den Unternehmen zunächst eine solide Analyse, ob entsprechendes Personal und technische Voraussetzungen gegeben seien sowie der grundsätzliche Wille zur Veränderung und Verbesserung vorhanden ist. „Die Zulassung zur Raumfahrt ist eine Langstrecke, keine Kurzstrecke“, warnte er. Mit mindestens sechs bis acht Monaten sei zu rechnen, in der Regel daure es zwölf bis 18 Monate. Die alle zwei Jahre stattfindende Luftfahrtmesse in Berlin bezeichnete er als großes Schaufenster, bei dem sich im nächsten Jahr wieder Unternehmen präsentieren.
Bott machte darauf aufmerksam, dass für Betriebe der Luft- und Raumfahrt besondere Sicherheitsvorschriften gelten, beispielsweise was die Zugangsmöglichkeit zum Unternehmen angeht. „Wenn im Netz steht, dass Sie den Kompass für Airbus liefern, ist der nächste Hackerangriff garantiert“, warnte er. Zudem müssten für die gefertigten Teile auch genaue Dokumentationen angefertigt werden, spezielle Lagervorgaben beachtet und die eingesetzten Prozesse nicht nur messbar, sondern auch steuerungsfähig sein. Zudem muss den Kunden und der regulierenden Behörde ein Zugangsrecht eingeräumt werden.
Im zweiten Teil der Veranstaltung berichtete Matthias Schall, Senior Sales Manager bei DNV Business Assurance Zertifizierungs GmbH, über den Zertifizierungsprozess. „Ziel eines Audits ist, Normenkonformität herzustellen. Das Ziel ist nicht eine Abweichung zu finden“, betonte er. „Der Zertifizierer zeigt ihnen letztendlich den Spiegel.“
Wachsender Markt
Schall führte an, dass die Zulieferindustrie für die deutsche Luftfahrtindustrie etwa 300 Betriebe mit 115.000 Beschäftigten umfasse. „Es sind vor allem hochspezialisierte Mittelständler“, stellte er fest. „Da muss man nicht der Größte sein, aber genau wissen, was man tut.“ Interessant sei, wie sich die Branche entwickle. „Die Zahlen gehen alle hoch“, stellte er fest. „Auch wenn wir in Deutschland sagen, der Passagierverkehr geht zurück, so nimmt der Frachtverkehr maximal zu.“ Schall sprach von drei Prozent Wachstum im Schnitt.
In seinem Vortrag lenkte er den Blick auf den Verteidigungsmarkt. „Wir haben etwa 100.000 Menschen, die direkt in der Rüstungsindustrie arbeiten“, sagte er. „Indirekt sind es etwa 450.000 Menschen“, verwies er auf ergänzende Bereiche. Schließlich werden nicht nur Waffen, sondern beispielsweise auch Zelte oder Uniformen gebraucht.
Schall berichtete von seiner Analyse der Umsatzzahlen im Vergleich zur Automobilindustrie. Für das Jahr 2030 prognostizierte er 600 Milliarden US-Dollar in der Automobilbranche. „Der weltweite Umsatz für die Rüstung ist im Jahr 2023 schon bei 600 Milliarden Euro“, machte er auf das Marktvolumen aufmerksam. „Was wir früher im kalten Krieg ausgegeben haben, ist nicht unbedingt weniger.“ Er betonte, dass ihm die politische Situation nicht gefalle. „Aber das ist die Realität, mit der man sich auseinandersetzen muss“, machte er deutlich.
Am Ende der Veranstaltung stellten vier Studierende der Hochschule Pforzheim ein Projekt unter der Betreuung von Professor Dr. Bernhard Kölmel vor, der auch als Vorsitzender den Transformationsbeirat im TraFoNetz leitet. Die Masterstudierenden von der Fakultät für Technik haben die Automobilindustrie, die sich neue Märkte erschließt, zum Forschungsgegenstand gemacht. Untersucht werden soll die Ausgangssituation und inwieweit die Verteidigungsindustrie passende Chancen bietet. Im Ergebnis soll es für Unternehmen einen Leitfaden geben, der den Einstig in diesen Markt erleichtert.
TraFoNetz unter dem Dach der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald ist ein Netzwerk für Transformation und Innovation, das Unternehmen, Wissenschaft und Gesellschaft zusammen bringt. Ziel ist es, die Region Nordschwarzwald zu einem führenden Standort für innovative Unternehmen und zukunftsfähige Technologien zu machen.
Partner des Transformationsnetzwerks Nordschwarzwald sind unter anderem die Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, die Hochschule Pforzheim, die AgenturQ mit Südwestmetall und IG Metall, die IHK Nordschwarzwald, die Handwerkskammern Karlsruhe und Reutlingen, e-mobil BW, IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie Steinbeis InnoBW, wvib Wirtschaftsverband und weitere.
Von Claudia Keller | 04.03.2025
„Ich freue mich, dass das Thema auf so große Resonanz gestoßen ist“, sagte Björn Lörch vom ZPT bei der Begrüßung von mehr als 50 angemeldeten Teilnehmenden. „Daran sieht man aber auch, wie die Unternehmen aktuell nach neuen Märkten suchen.“
Referent Wolfgang Bott von Quer Management ist selbst zugelassener Auditor für Luftfahrt, Raumfahrt und Verteidigung und berät Unternehmen auf dem Weg zur Zertifizierung. Als Anschauungsobjekt hatte er ein Fenster aus einem Höhenforschungsflugzeug dabei. Bott machte deutlich, dass Zertifizierung nötig ist, um überhaupt für den Luft- und Raumfahrtmarkt zugelassen zu werden. Hierzu führte er die Normen EN 9100, 9110 und 9120 an.
„Eine Zertifizierung bedeutet aber nicht, dass gleich ein Auftrag da ist“, merkte Bott an. Er wies darauf hin, dass es in der Luftfahrt keine so hohen Stückzahlen gebe, wie in der Automobilzulieferindustrie. 500 Teile seien in der Luftfahrt bereits eine große Serie. „Da habe ich keine Nullen vergessen“, merkte der Referent an.
Er empfahl den Unternehmen zunächst eine solide Analyse, ob entsprechendes Personal und technische Voraussetzungen gegeben seien sowie der grundsätzliche Wille zur Veränderung und Verbesserung vorhanden ist. „Die Zulassung zur Raumfahrt ist eine Langstrecke, keine Kurzstrecke“, warnte er. Mit mindestens sechs bis acht Monaten sei zu rechnen, in der Regel daure es zwölf bis 18 Monate. Die alle zwei Jahre stattfindende Luftfahrtmesse in Berlin bezeichnete er als großes Schaufenster, bei dem sich im nächsten Jahr wieder Unternehmen präsentieren.
Bott machte darauf aufmerksam, dass für Betriebe der Luft- und Raumfahrt besondere Sicherheitsvorschriften gelten, beispielsweise was die Zugangsmöglichkeit zum Unternehmen angeht. „Wenn im Netz steht, dass Sie den Kompass für Airbus liefern, ist der nächste Hackerangriff garantiert“, warnte er. Zudem müssten für die gefertigten Teile auch genaue Dokumentationen angefertigt werden, spezielle Lagervorgaben beachtet und die eingesetzten Prozesse nicht nur messbar, sondern auch steuerungsfähig sein. Zudem muss den Kunden und der regulierenden Behörde ein Zugangsrecht eingeräumt werden.
Im zweiten Teil der Veranstaltung berichtete Matthias Schall, Senior Sales Manager bei DNV Business Assurance Zertifizierungs GmbH, über den Zertifizierungsprozess. „Ziel eines Audits ist, Normenkonformität herzustellen. Das Ziel ist nicht eine Abweichung zu finden“, betonte er. „Der Zertifizierer zeigt ihnen letztendlich den Spiegel.“
Wachsender Markt
Schall führte an, dass die Zulieferindustrie für die deutsche Luftfahrtindustrie etwa 300 Betriebe mit 115.000 Beschäftigten umfasse. „Es sind vor allem hochspezialisierte Mittelständler“, stellte er fest. „Da muss man nicht der Größte sein, aber genau wissen, was man tut.“ Interessant sei, wie sich die Branche entwickle. „Die Zahlen gehen alle hoch“, stellte er fest. „Auch wenn wir in Deutschland sagen, der Passagierverkehr geht zurück, so nimmt der Frachtverkehr maximal zu.“ Schall sprach von drei Prozent Wachstum im Schnitt.
In seinem Vortrag lenkte er den Blick auf den Verteidigungsmarkt. „Wir haben etwa 100.000 Menschen, die direkt in der Rüstungsindustrie arbeiten“, sagte er. „Indirekt sind es etwa 450.000 Menschen“, verwies er auf ergänzende Bereiche. Schließlich werden nicht nur Waffen, sondern beispielsweise auch Zelte oder Uniformen gebraucht.
Schall berichtete von seiner Analyse der Umsatzzahlen im Vergleich zur Automobilindustrie. Für das Jahr 2030 prognostizierte er 600 Milliarden US-Dollar in der Automobilbranche. „Der weltweite Umsatz für die Rüstung ist im Jahr 2023 schon bei 600 Milliarden Euro“, machte er auf das Marktvolumen aufmerksam. „Was wir früher im kalten Krieg ausgegeben haben, ist nicht unbedingt weniger.“ Er betonte, dass ihm die politische Situation nicht gefalle. „Aber das ist die Realität, mit der man sich auseinandersetzen muss“, machte er deutlich.
Am Ende der Veranstaltung stellten vier Studierende der Hochschule Pforzheim ein Projekt unter der Betreuung von Professor Dr. Bernhard Kölmel vor, der auch als Vorsitzender den Transformationsbeirat im TraFoNetz leitet. Die Masterstudierenden von der Fakultät für Technik haben die Automobilindustrie, die sich neue Märkte erschließt, zum Forschungsgegenstand gemacht. Untersucht werden soll die Ausgangssituation und inwieweit die Verteidigungsindustrie passende Chancen bietet. Im Ergebnis soll es für Unternehmen einen Leitfaden geben, der den Einstig in diesen Markt erleichtert.
TraFoNetz unter dem Dach der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald ist ein Netzwerk für Transformation und Innovation, das Unternehmen, Wissenschaft und Gesellschaft zusammen bringt. Ziel ist es, die Region Nordschwarzwald zu einem führenden Standort für innovative Unternehmen und zukunftsfähige Technologien zu machen.
Partner des Transformationsnetzwerks Nordschwarzwald sind unter anderem die Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, die Hochschule Pforzheim, die AgenturQ mit Südwestmetall und IG Metall, die IHK Nordschwarzwald, die Handwerkskammern Karlsruhe und Reutlingen, e-mobil BW, IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie Steinbeis InnoBW, wvib Wirtschaftsverband und weitere.
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