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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Billigimporte des Handels bringen regionale Spargel-Betriebe in Not

Das Netzwerk der Spargel- und Beerenverbände e.V. beklagt in einer Mitteilung: „Der Handel zieht selbst in der Saison Billigimporte der heimischen Ware vor. Familienbetriebe mit regionalem handarbeitsintensivem Obst- und Gemüsebau werden durch dieses Einkaufsverhalten sowie politisch bedingte Kostensteigerungen stark geschädigt.“
Spargelbauer klagen über schlechte Absätze im Handel und denken schon daran, das Angebot zu reduzieren oder den Betrieb aufzugeben. Foto: VSSE e.V. / Christoph Göckel
Spargelbauer klagen über schlechte Absätze im Handel und denken schon daran, das Angebot zu reduzieren oder den Betrieb aufzugeben. Foto: VSSE e.V. / Christoph Göckel

Die Situation der Spargel- und Erdbeererzeuger in Deutschland, die für den Handel produzieren, ist ernst. Diese Situation zeichnet sich seit Saisonbeginn ab, wie eine Umfrage des Netzwerks der Spargel- und Beerenverbände Mai 2022 zeigt: Über 50 Prozent der befragten Spargelerzeuger bewerten die Absatzsituation schlecht bis sehr schlecht und knapp ein Fünftel als mittelmäßig. Bei Erdbeeren stufen 30 Prozent der Erzeuger die Absatzsituation als schlecht bis sehr schlecht und knapp 30 Prozent die Absatzsituation als mittelmäßig ein. Der überwiegende Anteil der Spargel- und Erdbeererzeuger konnte die anvisierten Preise in dieser Saison nicht realisieren.

„Die Mindestlohnerhöhung wurde im Bundestag beschlossen, während Betriebe Erdbeeren vor der Ernte vernichten und Spargel auf dem Feld austreiben lassen, da die Preissituation beim Verkauf über den Handel nicht auskömmlich ist, und die Produktionskosten explodieren. "
Simon Schumacher, Vorstand des Netzwerks der Spargel- und Beerenverbände e.V.

Mindestlohnerhöhung bremsen heimische Produktion aus

„Die Mindestlohnerhöhung wurde im Bundestag beschlossen, während Betriebe Erdbeeren vor der Ernte vernichten und Spargel auf dem Feld austreiben lassen, da die Preissituation beim Verkauf über den Handel nicht auskömmlich ist, und die Produktionskosten explodieren. Die Betriebe reagieren bereits mit Flächenreduktion und Konzentration auf die Direktvermarktung. Manche denken gar über die Aufgabe der Produktion nach. Doch das kann nicht im Sinne der Politik sein, die eine regionale, faire und emissionsarme Produktion von hochwertigen Lebensmitteln durch viele Familienbetriebe will“, erklärt Netzwerk-Vorstand Simon Schumacher.

Die Konsequenzen würden sein: Nur noch klimaschädliche Billigimporte aus Südeuropa und aus Drittstaaten im Supermarkt. Bei länger anhaltender Inflation und damit schwächerer Kaufkraft sowie massiver Kostensteigerung auf Erzeugerseite werde sich der Trend zur Betriebsaufgabe und Flächenreduktion in Deutschland weiter stark beschleunigen.

Direktvermarktung besser als Vermarktung über den Handel

Mehr als die Hälfte der Befragten in der Netzwerk-Umfrage geben an, dass die bisherige Vermarktung über den Handel schlecht bis sehr schlecht im Vergleich zu einem durchschnittlichen Jahr verlaufe, während in der Direktvermarktung über die Hälfte der Befragten erklärten, dass die Verkaufssituation mittelmäßig einzustufen ist. Der Absatz über die Gastronomie wird von jedem Dritten als gut bis sehr gut bewertet und mehr als jeder Dritte bewertet diesen Absatzweg als mittelmäßig.

In der Direktvermarktung konnten Spargelanbauer zu 33 Prozent die anvisierten Preise erreichen, rund 47 Prozent konnten sie teilweise durchsetzen. Rund 20 Prozent konnten sie nicht durchsetzen. Beim Handel konnten nur gut 3 Prozent ganz und rund 16 Prozent teilweise die Spargelpreise durchsetzen. Rund 57 Prozent gaben an, dass sie die Preise nicht durchsetzen konnten. In der Gastronomie konnten sie zu 28 Prozent die Spargelpreise ganz und zu rund 38 Prozent teilweise und zu 21 Prozent nicht erreichen.

Forderungen des Netzwerk der Spargel- und Beerenverbände e.V. an die Politik

Wenn die Politik die regionale Produktion von Obst und Gemüse in Deutschland aufrechterhalten wolle, so das Netzwerk, sei die Umsetzung folgender Maßnahmen erforderlich:

  • Kostenreduktion für Betriebe durch Einfrieren des Mindestlohns bis Ende der außergewöhnlichen Inflationsphase
  • vereinfachte Bewertung der Berufsmäßigkeit bei der kurzfristigen Beschäftigung anhand zweier Kriterien: Beschäftigungsdauer und Höhe des Einkommens
  • Mindestquote von in Deutschland erzeugtem Obst und Gemüse für den Handel von Beginn der Saison an
  • Verbot zur Doppelkennzeichnung bei Produktwerbung bzgl. der Herkunft bei Obst und Gemüse, sofern erkennbare Produktionskostenunterschiede vorliegen (z.B. Deutsch/Spanisch)

Weiterhin seien, so das Netzwerk der Spargel- und Beerenverbände e.V., folgende Maßnahmen eine hilfreiche Unterstützung der heimischen Obst- und Gemüseerzeugern:

  • Öffentlich finanzierte Werbung für heimisch erzeugte gärtnerische und landwirtschaftliche Produkte
  • Kennzeichnungspflicht der Herkunft bei verarbeiteter Ware bzgl. der Hauptbestandteile, die aus landwirtschaftlicher Produktion stammen
  • Weitere Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher, um zu gewährleisten, dass sie sich gesunde, regional erzeugte Lebensmittel leisten können

pm/tok

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