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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Die ESG-Transformation von Thost Projektmanagement

Das renommierte Familienunternehmen Thost Projektmanagement setzt nicht nur auf Wachstum, sondern auch auf eine nachhaltige Zukunft. In einem exklusiven Interview mit WirtschaftsKRAFT berichten die Geschäftsführer Michael Müller, Oliver Thost und Andreas Spathelf, wie das Unternehmen ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) erfolgreich integriert und welche Rolle die Mitarbeitenden sowie eine moderne Führung spielen.
Innovative Wege: Wie die Thost Projektmanagement GmbH Ökologie, Soziales und Ökonomie vereint. Im persönlichen Gespräch mit den Geschäftsführern (v.l.n.r.:) Michael Müller, Oliver Thost und Andreas Spathelf. Foto: Daniela Samsony

06.11.2023

von Claudia Keller und Tanja Meckler

Nachhaltige Wirtschaftsgestaltung im Fokus

Die Abkürzung ESG ist derzeit in aller Munde. Die drei Buchstaben stehen für Environment (Umwelt), Social (soziale Aspekte) und Governance (Unternehmensführung). Immer mehr Unternehmen richten sich an ESG-Kriterien aus und stellen damit ihre wachsende Nachhaltigkeit dar. Das renommierte Familienunternehmen Thost Projektmanagement mit Hauptsitz in Pforzheim ist hierbei vorangegangen. Mit über 700 engagierten Mitarbeitenden an mittlerweile 22 Standorten weltweit verfolgt Thost die Mission, das Unternehmen in eine unabhängige und ökologisch-sozial verantwortungsbewusste Zukunft zu führen.

WirtschaftsKRAFT sprach mit dem Geschäftsführenden Gesellschafter Oliver Thost, dem kaufmännischen Geschäftsführer Michael Müller und dem operativen Geschäftsführer Andreas Spathelf. Mit am Tisch saß auch Amelie Kästel. (Erste von links, Thost Unternehmenskommunikation). Foto: Daniela Samsony

WirtschaftsKRAFT: ESG – dahinter versteckt sich ja eine unglaubliche Bandbreite. Oft verstehen Unternehmen darunter nur die CO2-Reduktion. Wie nehmen Sie das wahr?

Oliver Thost: ESG bedeutet mehr als die Reduktion von Treibhausgasen. Es geht um nachhaltiges Wirtschaften in ökologischer, sozialer und unternehmerischer Hinsicht. Wir haben uns vor sieben, acht Jahren intensiv mit unserer Verantwortung als Unternehmen auseinandergesetzt. Wie gestalten wir die Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern und Mitarbeitenden? Wie wollen wir führen und welche Werte vertreten wir? In diesem Prozess haben wir sowohl unsere Vision als auch Mission definiert. Eine der Kernaussagen lautet: Als Familienunternehmen übernehmen wir Verantwortung für Mensch, Gesellschaft und Umwelt.

WirtschaftKRAFT: Und wie schafft man es, diese Dimensionen im Unternehmen zu etablieren und jeden einzelnen Mitarbeitenden auf diesem Weg mitzunehmen?

Michael Müller: Wer alle Mitarbeitenden ins Boot holen möchte, muss ihnen buchstäblich einen Platz anbieten. In Arbeitsgruppen gelang uns ein gemeinsames Entwickeln all jener Aspekte, die uns wichtig sind. Nehmen wir als Beispiel unseren Anspruch, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen: Hier sind alle gefragt – jeder Ansatz für die Etablierung notwendiger Rahmenbedingungen kann wichtig sein. Deshalb bringen wir ganz bewusst vielfältige Themen in den offenen Austausch: Ob Teambuilding oder Klimaschutz – gemeinsam lassen sich Lösungen am besten finden. Dann stehen am Ende auch alle dahinter.

WirtschaftKRAFT: Unternehmen müssen ab 2024 ein ESG-Reporting abliefern. Geht es dabei um Greenwashing oder wird das als Gesamtstrategie gesehen?

Andreas Spathelf: Es geht zunehmend darum, das Kerngeschäft und den Unternehmenszweck auf nachhaltiges Wirtschaften in den „ESG-Dimensionen“ auszurichten. Wem das mittelfristig nicht gelingt und wer den entsprechenden Berichtspflichten nicht nachkommen kann, der wird existentielle Schwierigkeiten bekommen: bei der Produktentwicklung, den Produktionsprozessen, der Finanzierung und insbesondere auch dem Recruiting von qualifizierten und motivierten Mitarbeitenden.

Wir von THOST tragen Verantwortung und haben einen entsprechenden Einfluss: Unser größter Hebel liegt in unserem „Kerngeschäft“, also in der Entwicklung unserer Tätigkeiten hinein in zukunftsfähige und nachhaltige Branchen. Das umfasst z. B. die Erzeugung und Verteilung erneuerbarer Energien, konkrete Projekte zur Dekarbonisierung von Immobilien und Produktionsstätten oder auch vielfältige Projekte im Zusammenhang mit der Mobilitätswende, dem Ausbau der Ladeinfrastruktur und dem Ausbau der Wasserstofferzeugung, einschließlich zugehöriger Infrastruktur. Mit wachsender Expertise in diesen Themenfeldern positionieren wir uns in zukunftsfähigen Märkten und tragen aktiv zum Klimaschutz bei.

WirtschaftsKRAFT: Wie hat sich die moderne Führung hier im Haus weiterentwickelt?

Michael Müller: Führung wächst stetig als Herausforderung – in den letzten Jahren eher schneller als langsamer. Unsere Führungskräfte darin zu unterstützen, gut zu führen, ist eine unserer zentralen Säulen.

Oliver Thost: Wer modern führt, rückt Partizipation in den Vordergrund – denn letztlich funktioniert Zusammenarbeit am besten, wenn wir Teilhabe und Mitbestimmung ihren verdienten Raum geben. Auch bei Themen, die unter dem Label ESG stehen: Unsere Mitarbeitenden entscheiden zum Beispiel selbst, welchen gemeinnützigen Organisationen wir unsere Spenden zukommen lassen.

WirtschaftsKRAFT: Sie haben im Unternehmen eine Frauenquote von fast 50 Prozent, nicht jedoch im Führungsbereich. Haben Sie Programme, um das im Bereich Führung weiter auszubauen? Wenn ich in einem Jahr wiederkomme, sitzt mir dann auch eine Frau gegenüber?

Michael Müller: Eine sehr gute Frage – das kommt ganz darauf an, in welcher Konstellation wir uns wieder zusammensetzen. Unsere Frauenquote von mittlerweile über 50 % zieht sich derzeit noch nicht bis in den Führungsbereich, das stimmt. Damit ist das ein Punkt, an dem wir weiter ansetzen werden. Hierbei unterstützt uns natürlich unsere starke Ausgangslage von 50%, für die wir schon viel in Bewegung gebracht haben – allem voran natürlich eine stete Verbesserung der nötigen Rahmenbedingungen. Stichwort: Führen in Teilzeit. Mit dem Angebot des mobilen Arbeitens und Jobsharings ermöglichen wir unseren Mitarbeitenden bereits, neue Potenziale zu erschließen.

Oliver Thost: Wichtig dabei ist, sich auf Erreichtem nicht auszuruhen. Nur, weil etwas gut läuft, bedeutet das nicht, dass es nicht noch besser geht. Das ist eine große Herausforderung – aber sind das nicht alle wichtigen Dinge im Leben? Wir freuen uns jedenfalls darüber, ein so starkes und vielfältiges Team bei THOST zu haben, für dessen Entwicklung wir gerne neue Wege gehen.

WirtschaftsKRAFT: In Zeiten von Fachkräftemangel: Wie treten Sie nach außen auf? Wie gewinnen Sie neue Talente?

Michael Müller: Dass wir frühzeitig auf ein breit aufgestelltes Recruiting gesetzt und dieses etabliert haben, hilft uns heute in Zeiten des Fachkräftemangels sehr. Zudem holen wir die Menschen dort ab, wo sie zu finden sind: Eine starke Präsenz auf Social Media und auf Recruiting-Messen ist obligatorisch. Dass wir mittlerweile selbst nicht nur Kaufleute ausbilden, sondern auch Ingenieurinnen und Ingenieure, ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Wir arbeiten aktiv mit dem KIT und vielen anderen Universitäten zusammen – das heißt, wir sind auch dozierend tätig und stehen in regem Kontakt mit Studierenden.

WirtschaftsKRAFT: Inwieweit hat sich Projektmanagement durch ESG verändert und wie wird es sich in Zukunft entwickeln?

Andreas Spathelf: ESG beeinflusst das Projektmanagement in vielfältiger Weise – vor allem, weil sich die Herstellung von Produkten und die dafür erforderlichen Dienstleistungen verändern. Aufträge drehen sich zunehmend um angepasste Produktionstechnologien und Infrastruktur – einschließlich Immobilien und Energieversorgung. Wir bei THOST steuern immer mehr Projekte, die von ESG initiiert werden. Unsere Auftraggeber sind damit auf dem richtigen Weg.

WirtschaftsKRAFT: Wie misst man den Erfolg? Definiert jeder die ESG-Kennzahlen selbst, um zu sehen, wie erfolgreich man mit seiner ESG-Strategie bisher war?

Andreas Spathelf: Für große kapitalmarktorientierte Konzerne bestehen bereits seit einigen Jahren Berichtspflichten über nicht kommerzielle Aspekte. Allerdings gab es bislang keine einheitlichen Berichtsstandards – diese werden derzeit entwickelt und voraussichtlich 2024 eingeführt. Darüber hinaus werden künftig auch mittelständische Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden beziehungsweise einem Jahresumsatz von mehr als 40 Mio. EUR dazu verpflichtet, diese NFRD-Berichtsstandards (non financial reporting direction) zu erfüllen.

Sowohl die technischen Vorgaben als auch die Standards an die Berichtspflicht werden kontinuierlich in nahezu allen Branchen weiterentwickelt und verschärft, regulatorische Vorgaben konkretisieren sich zusehends. Damit wird ESG entscheidend zum Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens beitragen – es lohnt sich also, frühzeitig in Richtung ESG zu denken und zu handeln.

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