Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
von Tanja Meckler
Ein Digital Lunch zum Thema: „Welche Stellschrauben gibt es, um dem “Karriereknick Kind” entgegenzuwirken?“ Statt belegter Häppchen, gab es innovative Kost aus dem Hause Roche Diagnostics, die Lust auf mehr machte.
Marie-Luise Stallecker, Reward Partner Benefits bei Roche Diagnostics, hatte sich an besagtem Juli Morgen aus einem Besprechungszimmer in Basel zum „Digital Lunch“, einer Veranstaltungsreihe für Personalverantwortliche und Führungskräfte, der Kontaktstelle Frau und Beruf Mannheim, eingewählt. Zum Thema „Erwerbs-und Sorgearbeit fairteilen“ hatte sie einen spannenden Online-Input vorbereitet. Stallecker ist Mitinitiatorin des inzwischen preisgekröntem „DasElternPlus“ Programm.
Das Prinzip von „DasElternPlus“ ist nach eigenen Angaben des Pharmaunternehmens bundesweit einzigartig. Als Arbeitgeber bietet Roche eine finanzielle Förderung an, wenn beide Elternteile in den ersten vier Lebensjahren ihres Kindes gleichzeitig, für mindestens zwölf Monate in vollzeitnahe Teilzeit gehen. Konkret heißt das, wenn beide Eltern sich entschließen wöchentlich zwischen 28 und 32 Stunden zu arbeiten, erhalten Sie eine Einmalzahlung in Höhe von 10.000 Euro bis 15.000 Euro. Es reicht, wenn ein Elternteil bei Roche beschäftigt ist.
Das Pilotprojekt wurde inzwischen gleich zweimal ausgezeichnet. Beim Deutschen Personalwirtschaftspreis 2021 konnte es in der Kategorie Talent Management überzeugen. In seiner Laudatio sagte Cliff Lehnen, Chefredakteur der Personalwirtschaft: „Andere reden, Sie zahlen.“ Die jüngste Auszeichnung ist der ‚Equal Pay Award‘, der 2022 erstmals vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) verliehen wurde. Von insgesamt drei Gewinnerunternehmen wurde Roche als erster Sieger in der Kategorie „Großunternehmen” ausgezeichnet. Die achtköpfige Jury bestand unter anderem aus ProfessorInnen, UnternehmerInnen und MinisteriumsmitarbeiterInnen, die sich mit dem Thema Gender Pay Gap befassen. Von Seiten des BMFSFJ hieß es: „Die Roche Diagnostics GmbH hat mit der Maßnahme „DasElternPlus“ überzeugt. Damit fördert sie eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit und trägt so zum Abbau stereotyper Rollenbilder bei.“
Innovationen entstehen an der Kaffeebar
Ins Rollen gebracht hatte das Projekt ein klassisches halb privates Gespräch in der Kaffeeküche, das Marie-Luise Stallecker damals (noch vor Corona) mit zwei Kolleginnen führte. Die beiden Frauen äußerten ganz klar den Wunsch, ihre Teilzeit zu erhöhen und sich die Familienarbeit besser mit ihrem Partner aufzuteilen. Die Vision die Sorgearbeit fairer zu gestalten und stereotypische Rollenbilder aufzubrechen war da. Stallecker war gleich klar, dass es nicht „nur“ eine neue Awareness-Kampagne werden sollte, die sich dann vermutlich schnell wieder im Sande verläuft, es sollte ein „Knaller“ werden, der sich im besten Fall als Trendsetter durchsetzt und ein Umdenken in Gang bringt. Denn Teilzeit ist weiblich. Bei ihren Recherchen stieß Stallecker auf die folgende Grafik:
Schnell stellte sie fest, dass es bei Roche genauso aussah, quasi ein Spiegelbild der Gesellschaft. Fakt aber sei, dass es ein riesen Potenzial an hochqualifizierten Wissenschaftlerinnen gäbe, die einen anders lautenden Wunsch hätten, als „nur“ 50% Teilzeit zu arbeiten. Die Frage also lautete: „Wie können wir als Unternehmen darauf hinwirken, dass nicht immer nur die Frauen ein Großteil der Care-Arbeit schultern?“ Und so wurde „DasElternplus“ aus der Taufe gehoben. In ihrem Online-Vortrag verwies die HR-Managerin auch darauf, dass es in Schweden bereits 1978 Kampagnen für eine Vaterzeit gab, während man sich in Deutschland dem Thema 2004 erstmals vorsichtig näherte.
Nach dem internen, erfolgreichen Pitch der neuen, innovativen Programmidee, ging es darum heraus zu finden, wer aus der Belegschaft dafür in Frage käme. Alle anspruchsberechtigten Eltern wurden ganz klassisch per Brief aber auch per Mail angeschrieben. Stallecker spricht in Summe von 1000 Anschreiben. Im September 2021 wurde das Projekt pilotiert und inzwischen gibt es 62 Anträge. „Eine gute Zahl“, meint HR-Managerin Marie-Luise-Stallecker. Intern hätten sie mit 50 Anträgen pro Jahr gerechnet. Insgesamt geht der Pilot über zwei Jahre.
Fazit:
„Mit ‚DasElternPlus‘ lässt sich wirklich etwas gewinnen“, resümiert Marie-Luise Stallecker. Sie spielt damit auf das bundesweite Medienecho, aber auch die internen Reaktionen an. Insgeheim hofft sie, mit diesem Piloten wirklich was ins Rollen gebracht zu haben, ein Funke, der auf andere Unternehmen überspringt.
Hat Ihr Unternehmen auch innovative Arbeitsmodelle auf den Weg gebracht? Schreiben Sie uns gerne: redaktion@wirtschaftskraft.de
Der Digital Lunch ist eine Veranstaltungsreihe der Kontaktstelle Frau und Beruf Mannheim. Als Landesprogramm beraten die Kontaktstellen Frau und Beruf seit 1994 Frauen in ganz Baden-Württemberg zu beruflichen Themen.
Die Kontaktstelle Frau und Beruf Mannheim – Rhein-Neckar-Odenwald wird gefördert vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg und der Stadt Mannheim, Abteilung Gleichstellung im Fachbereich Demokratie und Strategie, dem Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg und der Wirtschaftsförderung des Rhein-Neckar-Kreises.
Weitere Informationen gibt es unter: www.frauundberuf-mannheim.de oder www.frauundberuf-bw.de.
von Tanja Meckler
"Im Intranet bekamen wir eine Flut von positiven Kommentaren, das war richtig toll. Und darunter waren auch Stimmen von Nicht-Eltern oder Eltern, deren Kinder schon lange groß sind und die sich früher so etwas gewünscht hätten."
Ein Digital Lunch zum Thema: „Welche Stellschrauben gibt es, um dem “Karriereknick Kind” entgegenzuwirken?“ Statt belegter Häppchen, gab es innovative Kost aus dem Hause Roche Diagnostics, die Lust auf mehr machte.
Marie-Luise Stallecker, Reward Partner Benefits bei Roche Diagnostics, hatte sich an besagtem Juli Morgen aus einem Besprechungszimmer in Basel zum „Digital Lunch“, einer Veranstaltungsreihe für Personalverantwortliche und Führungskräfte, der Kontaktstelle Frau und Beruf Mannheim, eingewählt. Zum Thema „Erwerbs-und Sorgearbeit fairteilen“ hatte sie einen spannenden Online-Input vorbereitet. Stallecker ist Mitinitiatorin des inzwischen preisgekröntem „DasElternPlus“ Programm.
Das Prinzip von „DasElternPlus“ ist nach eigenen Angaben des Pharmaunternehmens bundesweit einzigartig. Als Arbeitgeber bietet Roche eine finanzielle Förderung an, wenn beide Elternteile in den ersten vier Lebensjahren ihres Kindes gleichzeitig, für mindestens zwölf Monate in vollzeitnahe Teilzeit gehen. Konkret heißt das, wenn beide Eltern sich entschließen wöchentlich zwischen 28 und 32 Stunden zu arbeiten, erhalten Sie eine Einmalzahlung in Höhe von 10.000 Euro bis 15.000 Euro. Es reicht, wenn ein Elternteil bei Roche beschäftigt ist.
Das Pilotprojekt wurde inzwischen gleich zweimal ausgezeichnet. Beim Deutschen Personalwirtschaftspreis 2021 konnte es in der Kategorie Talent Management überzeugen. In seiner Laudatio sagte Cliff Lehnen, Chefredakteur der Personalwirtschaft: „Andere reden, Sie zahlen.“ Die jüngste Auszeichnung ist der ‚Equal Pay Award‘, der 2022 erstmals vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) verliehen wurde. Von insgesamt drei Gewinnerunternehmen wurde Roche als erster Sieger in der Kategorie „Großunternehmen” ausgezeichnet. Die achtköpfige Jury bestand unter anderem aus ProfessorInnen, UnternehmerInnen und MinisteriumsmitarbeiterInnen, die sich mit dem Thema Gender Pay Gap befassen. Von Seiten des BMFSFJ hieß es: „Die Roche Diagnostics GmbH hat mit der Maßnahme „DasElternPlus“ überzeugt. Damit fördert sie eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit und trägt so zum Abbau stereotyper Rollenbilder bei.“
Innovationen entstehen an der Kaffeebar
Ins Rollen gebracht hatte das Projekt ein klassisches halb privates Gespräch in der Kaffeeküche, das Marie-Luise Stallecker damals (noch vor Corona) mit zwei Kolleginnen führte. Die beiden Frauen äußerten ganz klar den Wunsch, ihre Teilzeit zu erhöhen und sich die Familienarbeit besser mit ihrem Partner aufzuteilen. Die Vision die Sorgearbeit fairer zu gestalten und stereotypische Rollenbilder aufzubrechen war da. Stallecker war gleich klar, dass es nicht „nur“ eine neue Awareness-Kampagne werden sollte, die sich dann vermutlich schnell wieder im Sande verläuft, es sollte ein „Knaller“ werden, der sich im besten Fall als Trendsetter durchsetzt und ein Umdenken in Gang bringt. Denn Teilzeit ist weiblich. Bei ihren Recherchen stieß Stallecker auf die folgende Grafik:
Schnell stellte sie fest, dass es bei Roche genauso aussah, quasi ein Spiegelbild der Gesellschaft. Fakt aber sei, dass es ein riesen Potenzial an hochqualifizierten Wissenschaftlerinnen gäbe, die einen anders lautenden Wunsch hätten, als „nur“ 50% Teilzeit zu arbeiten. Die Frage also lautete: „Wie können wir als Unternehmen darauf hinwirken, dass nicht immer nur die Frauen ein Großteil der Care-Arbeit schultern?“ Und so wurde „DasElternplus“ aus der Taufe gehoben. In ihrem Online-Vortrag verwies die HR-Managerin auch darauf, dass es in Schweden bereits 1978 Kampagnen für eine Vaterzeit gab, während man sich in Deutschland dem Thema 2004 erstmals vorsichtig näherte.
Nach dem internen, erfolgreichen Pitch der neuen, innovativen Programmidee, ging es darum heraus zu finden, wer aus der Belegschaft dafür in Frage käme. Alle anspruchsberechtigten Eltern wurden ganz klassisch per Brief aber auch per Mail angeschrieben. Stallecker spricht in Summe von 1000 Anschreiben. Im September 2021 wurde das Projekt pilotiert und inzwischen gibt es 62 Anträge. „Eine gute Zahl“, meint HR-Managerin Marie-Luise-Stallecker. Intern hätten sie mit 50 Anträgen pro Jahr gerechnet. Insgesamt geht der Pilot über zwei Jahre.
Fazit:
„Mit ‚DasElternPlus‘ lässt sich wirklich etwas gewinnen“, resümiert Marie-Luise Stallecker. Sie spielt damit auf das bundesweite Medienecho, aber auch die internen Reaktionen an. Insgeheim hofft sie, mit diesem Piloten wirklich was ins Rollen gebracht zu haben, ein Funke, der auf andere Unternehmen überspringt.
Hat Ihr Unternehmen auch innovative Arbeitsmodelle auf den Weg gebracht? Schreiben Sie uns gerne: redaktion@wirtschaftskraft.de
Der Digital Lunch ist eine Veranstaltungsreihe der Kontaktstelle Frau und Beruf Mannheim. Als Landesprogramm beraten die Kontaktstellen Frau und Beruf seit 1994 Frauen in ganz Baden-Württemberg zu beruflichen Themen.
Die Kontaktstelle Frau und Beruf Mannheim – Rhein-Neckar-Odenwald wird gefördert vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg und der Stadt Mannheim, Abteilung Gleichstellung im Fachbereich Demokratie und Strategie, dem Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg und der Wirtschaftsförderung des Rhein-Neckar-Kreises.
Weitere Informationen gibt es unter: www.frauundberuf-mannheim.de oder www.frauundberuf-bw.de.
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