Oliver Reitz
Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)
08.05.2025
„Ich glaube, keinem von uns macht es zurzeit richtig Spaß, die Nachrichten zu verfolgen, “ sagte IHK-Präsident Volker Hasbargen zur Eröffnung. Der US-Präsident sorge für politische Turbulenzen und schwindendes Vertrauen – nicht zuletzt in wirtschaftlicher Hinsicht. Ziel der Veranstaltung: Erfahrungen austauschen, Perspektiven gewinnen und gemeinsam Lösungen entwickeln.
Eine klare Botschaft kam von Gastrednerin Susanne Gellert, von der AHK New York: „Verfallen Sie nicht in den Panik-Modus.“ Die CEO der Außenhandelskammer und für Deutschland und die USA zugelassene Rechtsanwältin arbeitet seit rund 20 Jahren in New York und gab Einblicke in die Stimmung deutscher Unternehmen in den USA.
Laut einer aktuellen IHK-Blitzumfrage unter Unternehmen mit transatlantischen Beziehungen beurteilen 34 Prozent die Lage auf dem US-Markt derzeit als gut, 39 Prozent als befriedigend, 22 Prozent als schlecht. Nur 5 Prozent bezeichnen sie als sehr gut. Noch deutlicher ist der Blick nach vorn: 57 Prozent der Befragten erwarten eine Verschlechterung der Lage, nur 7 Prozent hoffen auf Besserung.
Gründe für den Pessimismus gibt es viele: steigende Einkaufspreise, unsichere Zollpolitik, zurückgezogene Investitionen. Dabei ist der US-Markt von enormer Bedeutung: 2024 exportierten baden-württembergische Unternehmen Waren im Wert von 34,8 Milliarden Euro in die USA. Deutschland ist nicht nur einer der wichtigsten Handelspartner, sondern auch drittgrößter ausländischer Arbeitgeber in den Vereinigten Staaten – und laut Gellert sogar führend im Bereich Forschung und Entwicklung.
Schlechte Voraussetzungen um die guten Zahlen der Vergangenheit wieder zu erreichen: Unternehmen aus Baden-Württemberg exportierten allein im Jahr 2024 Waren im Wert von 34,8 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten. Deutschland ist der drittgrößte ausländische Direktinvestor in den USA und der drittgrößte ausländische Arbeitgeber. Deutsche Unternehmen sind, laut Gellert, sogar die Nummer 1 als ausländischer Arbeitgeber im Bereich Forschung und Entwicklung. Umso wichtiger sei es, den wirtschaftlichen Dialog fortzuführen, Handelsbarrieren abzubauen und langfristige Partnerschaften zum Wohl für beide Seiten zu stärken. Vieles spreche, so Hasbargen, für Unternehmen aus der Technologieregion: „Wir haben gute Produkte, Top-Mitarbeiter, klasse Ideen, und wir haben schon mal die eine oder andere Krise bewältigt.“
Nach der deutschen Sicht, die mitunter als „German Angst“ bewertet wird, zeichnete Keynote-Speakerin Gellert ein anderes Bild in den USA. Sie sprach von guten Umfragewerten bei deutschen Unternehmen mit Dependancen in den USA. 84% hätten ausgesagt, dass sie in den nächsten drei Jahren weiter in den USA investieren wollen. Dabei bieten die Deutsch-Amerikanischen Auslandshandelskammern zahlreiche Dienstleistungen für den Markteintritt und Marktausbau von deutschen Unternehmen. Ein Vorteil sei die autarke Stärke der US-Bundesstaaten mit hervorragenden Wirtschaftsförderungen, die eigene Standortvorteile definieren und Anreize zum Ansiedeln bieten würden.
Gellert: „Was man nicht vergessen darf, die meisten Wettbewerber deutscher Unternehmen in den USA sind nicht die Amerikaner, sondern oftmals chinesische Firmen.“ Aufgrund der hohen China-Zölle würden viele deutsche Unternehmen von neuen Vorteilen sprechen.
Die Hauptsorge der Unternehmen sei weiterhin die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal. Dazu komme als größte Herausforderungen politische Unsicherheit, Inflation und Kostensteigerungen in beiden Ländern. Gellert: „Wir haben gefragt, wenn Sie eine Wishlist hätten, was würden Sie sich von den jeweils neuen Regierungen wünschen? Für beide Länder wurde angegeben die Eindämmung der Inflation und natürlich für Deutschland die Reduzierung der Bürokratie und Regulierung.“ Viele würden nicht die kurzfristige Sicht, sondern eine langfristige Stabilität sehen. „Ich habe jetzt ein paar Daten gegeben“, bilanziert Gellert“, „die sich sehr unterscheiden von den Umfragen aus Deutschland. Das ist the big picture. Wir müssen uns hier alles anschauen.“
Bei der anschließenden Diskussion, die von Robert W. Huber geleitet wurde, dem Vorsitzenden des Ausschusses Außenwirtschaft der IHK Karlsruhe, teilten drei Wirtschaftsbosse aus Baden ihre Erfahrungen. Jürgen Greschner, Direktor von init, einem Unternehmen mit IT-Lösungen für den öffentlichen Personenverkehr auch in den USA, sprach von ähnlichen optimistischen Wahrnehmungen wie Susanne Gellert. Gerade weil man langfristig laufende Projekte und Verträge habe. Außerdem sei man in einer Nische tätig und laufe „hoffentlich weiter unter dem Radar von Donald Trump“. In Kalifornien habe der ÖPNV „einen ganz anderen Stellenwert, in New York vielleicht auch, wie auf der föderalen Ebene“.
Friedemann Edel, Head of Legal Affairs und Compliance, GMT – Gummi Metall Technik GmbH, pflichtete ihm bei: „Aktuell scheint es noch wunderbar zu laufen.“ Infrastrukturprogramme seien langfristig ausgelegt.
Albert Reiss, Inhaber und Beiratsvorsitzender von Arku Maschinenbau GmbH, sieht Investitionsvorhaben erstmal auf Eis gelegt. „Aber mittelfristig werden wir diese Herausforderungen wohl auch meistern, weil wir so gut wie keinen starken amerikanischen Wettbewerb haben. Wir kämpfen mit anderen deutschen Wettbewerbern in den USA und vor allem zunehmend mit den Chinesen.“ Die drei erfahrenen Unternehmer setzen weiterhin auf Innovationskraft, gute Fachkräfte und die Fähigkeit zu flexiblem Handeln. Allerdings, so die einhellige Erfahrung: Mitarbeiter aus Deutschland in die USA zu senden, werde immer schwerer. Das frühere Zugpferd „Abenteuer Amerika“ verliere an Attraktivität.
Waren einige Besucher der Veranstaltung zu Beginn eher besorgt und negativ gegenüber der Trump-Ära eingestellt, konnte Susanne Gellert viele Ängste zerstreuen. Ihre Ansage: Trump, die Administration Washington, ist nur für eine begrenzte Anzahl von Themen zuständig wie Innere Sicherheit und Immigration. „Aber für eine Vielzahl von wirtschaftlich relevanten Themen, also für Ihr Business, da haben die einzelnen Bundesstaaten die komplett alleinige Kontrolle.“ Ihr Beispiel: Als Trump 2017 aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgetreten ist, sind die Hälfte aller amerikanischen Bundesstaaten „bis zum heutigen Tag Teil der Allianz geworden und erfüllen weiter mit der ganzen Wirtschaftskraft die Ziele“. Wenn es um Städtebau, Bildung, Transportwesen, Klima, Energie gehe, würden die Bundesstaaten komplett eigenständig entscheiden, regieren und Programme aufsetzen.
Abschließend gab sie den deutschen Unternehmen noch eine kulturelle Lektion mit auf den Weg: Amerikanisches Unternehmertum sei geprägt von „Can-Do-Mentalität“, Begeisterung und Mut zum Wandel. „Die Amerikaner haben keine Angst vor Change und Scheitern. Sie sind auch sehr, sehr offen und sehr begeisterungsfähig.“
pm/tm
08.05.2025
„Ich glaube, keinem von uns macht es zurzeit richtig Spaß, die Nachrichten zu verfolgen, “ sagte IHK-Präsident Volker Hasbargen zur Eröffnung. Der US-Präsident sorge für politische Turbulenzen und schwindendes Vertrauen – nicht zuletzt in wirtschaftlicher Hinsicht. Ziel der Veranstaltung: Erfahrungen austauschen, Perspektiven gewinnen und gemeinsam Lösungen entwickeln.
Eine klare Botschaft kam von Gastrednerin Susanne Gellert, von der AHK New York: „Verfallen Sie nicht in den Panik-Modus.“ Die CEO der Außenhandelskammer und für Deutschland und die USA zugelassene Rechtsanwältin arbeitet seit rund 20 Jahren in New York und gab Einblicke in die Stimmung deutscher Unternehmen in den USA.
Laut einer aktuellen IHK-Blitzumfrage unter Unternehmen mit transatlantischen Beziehungen beurteilen 34 Prozent die Lage auf dem US-Markt derzeit als gut, 39 Prozent als befriedigend, 22 Prozent als schlecht. Nur 5 Prozent bezeichnen sie als sehr gut. Noch deutlicher ist der Blick nach vorn: 57 Prozent der Befragten erwarten eine Verschlechterung der Lage, nur 7 Prozent hoffen auf Besserung.
Gründe für den Pessimismus gibt es viele: steigende Einkaufspreise, unsichere Zollpolitik, zurückgezogene Investitionen. Dabei ist der US-Markt von enormer Bedeutung: 2024 exportierten baden-württembergische Unternehmen Waren im Wert von 34,8 Milliarden Euro in die USA. Deutschland ist nicht nur einer der wichtigsten Handelspartner, sondern auch drittgrößter ausländischer Arbeitgeber in den Vereinigten Staaten – und laut Gellert sogar führend im Bereich Forschung und Entwicklung.
Schlechte Voraussetzungen um die guten Zahlen der Vergangenheit wieder zu erreichen: Unternehmen aus Baden-Württemberg exportierten allein im Jahr 2024 Waren im Wert von 34,8 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten. Deutschland ist der drittgrößte ausländische Direktinvestor in den USA und der drittgrößte ausländische Arbeitgeber. Deutsche Unternehmen sind, laut Gellert, sogar die Nummer 1 als ausländischer Arbeitgeber im Bereich Forschung und Entwicklung. Umso wichtiger sei es, den wirtschaftlichen Dialog fortzuführen, Handelsbarrieren abzubauen und langfristige Partnerschaften zum Wohl für beide Seiten zu stärken. Vieles spreche, so Hasbargen, für Unternehmen aus der Technologieregion: „Wir haben gute Produkte, Top-Mitarbeiter, klasse Ideen, und wir haben schon mal die eine oder andere Krise bewältigt.“
Nach der deutschen Sicht, die mitunter als „German Angst“ bewertet wird, zeichnete Keynote-Speakerin Gellert ein anderes Bild in den USA. Sie sprach von guten Umfragewerten bei deutschen Unternehmen mit Dependancen in den USA. 84% hätten ausgesagt, dass sie in den nächsten drei Jahren weiter in den USA investieren wollen. Dabei bieten die Deutsch-Amerikanischen Auslandshandelskammern zahlreiche Dienstleistungen für den Markteintritt und Marktausbau von deutschen Unternehmen. Ein Vorteil sei die autarke Stärke der US-Bundesstaaten mit hervorragenden Wirtschaftsförderungen, die eigene Standortvorteile definieren und Anreize zum Ansiedeln bieten würden.
Gellert: „Was man nicht vergessen darf, die meisten Wettbewerber deutscher Unternehmen in den USA sind nicht die Amerikaner, sondern oftmals chinesische Firmen.“ Aufgrund der hohen China-Zölle würden viele deutsche Unternehmen von neuen Vorteilen sprechen.
Die Hauptsorge der Unternehmen sei weiterhin die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal. Dazu komme als größte Herausforderungen politische Unsicherheit, Inflation und Kostensteigerungen in beiden Ländern. Gellert: „Wir haben gefragt, wenn Sie eine Wishlist hätten, was würden Sie sich von den jeweils neuen Regierungen wünschen? Für beide Länder wurde angegeben die Eindämmung der Inflation und natürlich für Deutschland die Reduzierung der Bürokratie und Regulierung.“ Viele würden nicht die kurzfristige Sicht, sondern eine langfristige Stabilität sehen. „Ich habe jetzt ein paar Daten gegeben“, bilanziert Gellert“, „die sich sehr unterscheiden von den Umfragen aus Deutschland. Das ist the big picture. Wir müssen uns hier alles anschauen.“
Bei der anschließenden Diskussion, die von Robert W. Huber geleitet wurde, dem Vorsitzenden des Ausschusses Außenwirtschaft der IHK Karlsruhe, teilten drei Wirtschaftsbosse aus Baden ihre Erfahrungen. Jürgen Greschner, Direktor von init, einem Unternehmen mit IT-Lösungen für den öffentlichen Personenverkehr auch in den USA, sprach von ähnlichen optimistischen Wahrnehmungen wie Susanne Gellert. Gerade weil man langfristig laufende Projekte und Verträge habe. Außerdem sei man in einer Nische tätig und laufe „hoffentlich weiter unter dem Radar von Donald Trump“. In Kalifornien habe der ÖPNV „einen ganz anderen Stellenwert, in New York vielleicht auch, wie auf der föderalen Ebene“.
Friedemann Edel, Head of Legal Affairs und Compliance, GMT – Gummi Metall Technik GmbH, pflichtete ihm bei: „Aktuell scheint es noch wunderbar zu laufen.“ Infrastrukturprogramme seien langfristig ausgelegt.
Albert Reiss, Inhaber und Beiratsvorsitzender von Arku Maschinenbau GmbH, sieht Investitionsvorhaben erstmal auf Eis gelegt. „Aber mittelfristig werden wir diese Herausforderungen wohl auch meistern, weil wir so gut wie keinen starken amerikanischen Wettbewerb haben. Wir kämpfen mit anderen deutschen Wettbewerbern in den USA und vor allem zunehmend mit den Chinesen.“ Die drei erfahrenen Unternehmer setzen weiterhin auf Innovationskraft, gute Fachkräfte und die Fähigkeit zu flexiblem Handeln. Allerdings, so die einhellige Erfahrung: Mitarbeiter aus Deutschland in die USA zu senden, werde immer schwerer. Das frühere Zugpferd „Abenteuer Amerika“ verliere an Attraktivität.
Waren einige Besucher der Veranstaltung zu Beginn eher besorgt und negativ gegenüber der Trump-Ära eingestellt, konnte Susanne Gellert viele Ängste zerstreuen. Ihre Ansage: Trump, die Administration Washington, ist nur für eine begrenzte Anzahl von Themen zuständig wie Innere Sicherheit und Immigration. „Aber für eine Vielzahl von wirtschaftlich relevanten Themen, also für Ihr Business, da haben die einzelnen Bundesstaaten die komplett alleinige Kontrolle.“ Ihr Beispiel: Als Trump 2017 aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgetreten ist, sind die Hälfte aller amerikanischen Bundesstaaten „bis zum heutigen Tag Teil der Allianz geworden und erfüllen weiter mit der ganzen Wirtschaftskraft die Ziele“. Wenn es um Städtebau, Bildung, Transportwesen, Klima, Energie gehe, würden die Bundesstaaten komplett eigenständig entscheiden, regieren und Programme aufsetzen.
Abschließend gab sie den deutschen Unternehmen noch eine kulturelle Lektion mit auf den Weg: Amerikanisches Unternehmertum sei geprägt von „Can-Do-Mentalität“, Begeisterung und Mut zum Wandel. „Die Amerikaner haben keine Angst vor Change und Scheitern. Sie sind auch sehr, sehr offen und sehr begeisterungsfähig.“
pm/tm
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