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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Schwarzwälder Abgas-Spezialist Boysen investiert in Elektro-Mobilität und Wasserstoff – Energiepark geplant

Im Jahr ihres 100-jährigen Bestehens hat die in Altensteig beheimatete Boysen Gruppe ihre eigenen Erwartungen übertroffen. Laut Geschäftsführer Rolf Geisel liegt der Umsatz im Geschäftsjahr 2021 mit 2,83 (2020:2,4) Milliarden Euro 18 Prozent über dem Vorjahreswert. Ursprünglich geplant hatte der Abgastechnik-Spezialist mit 2,5 Milliarden Euro. Boysen beschäftigt an weltweit 25 Standorten rund 5.300 Mitarbeitende.
Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister informierte sich am Boysen-Produktionsstandort Simmersfeld im Schwarzwald über die Innovationen des Unternehmens. Links neben der Ministerin der Calwer Landrat Helmut Riegger, hinter der Ministerin Geschäftsführer Rolf Geisel. ©Boysen

11.04.2022

Die erneute Bestmarke der Boysen Gruppe soll im laufenden Geschäftsjahr 2022 wiederum übertroffen werden. „In Zeiten einer Pandemie, des Halbleitermangels und der daraus resultierenden Produktionsunterbrechungen, die uns auch 2021 wieder an fast allen Standorten getroffen haben, wird man vorsichtiger mit Prognosen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr erstmals auch die Drei-Milliarden-Marke nehmen werden“, so Geisel. Und weiter: „Als wir 2013 die erste Milliarde erreicht hatten, war nicht im Traum daran zu denken, dass wir diesen Wert binnen zehn Jahren um 200 Prozent steigern können. Dies umso weniger, da verschiedene Institutionen seit einigen Jahren alles unternehmen, um unserem Kerngeschäft mit Verbrennungsmotoren den Garaus zu machen.“

©Boysen/Composing_GerdLache

Dass die Boysen Gruppe 2021 weiter gewachsen ist, begründet sich laut Geisel in drei Faktoren:

Erstens arbeiten wir ausschließlich für Premiumkunden. Und seit dem Aufkommen der Pandemie zeigt sich, dass Premium in Krisenzeiten noch höher in der Käufergunst steht. So vor allem im wichtigsten Automobilmarkt China.

Zweitens könne sich Boysen als vergleichsweise kleiner Wettbewerber dank herausragender Arbeit in allen Leistungsbereichen auch bei schrumpfenden Verbrennervolumen immer noch attraktive Neuaufträge sichern. „Beleg dafür ist unter anderem der Bau unseres bislang größten Auslandswerks in Serbien, das im vergangenen Jahr erfolgreich in die Serienproduktion von Abgastechnik für leichte Nutzfahrzeuge gestartet ist und künftig weitere Neuaufträge für PKW und LKW abdecken wird.“

Drittens würden die Anstrengungen, das Portfolio um neue Produktgruppen für reine Elektrofahrzeuge zu ergänzen, erste Früchte tragen. Nachdem bei Boysen bereits seit 2020 Strukturbauteile für E-Autos gefertigt werden, soll dieser Bereich durch weitere neue Bauteile, wie zum Beispiel Batteriegehäuse, bereits kurzfristig ausgebaut werden.

Auf dieser Basis plant Geisel für 2022 das nächste große Standortwachstum mit zwei neuen Produktionswerken in Tianjin (China) und Spartanburg (USA), ehe ab 2023 ein weiteres Werk in Rastatt (Baden-Württemberg) folgen soll.

Mit einer weiteren Fertigungsstätte massiv ausgebaut wird demnächst der Standort der Boysen Tochter MHG in Heubach, die auf Abgastechnik und Sonderteile für Supersport- und Rennwagen spezialisiert ist.

Einen Produktionsanlauf nach Maß verzeichnete im vergangenen Jahr das bislang größte Auslandswerk der Boysen Gruppe im nordserbischen Subotica. ©Boysen

Entwicklungszentrum für Wasserstoff

Fest eingeplant in diesem Jahr ist auch der Spatenstich für das „Boysen Entwicklungszentrum für Wasserstoff“ in Simmersfeld. In letzterem Fall will die Boysen Gruppe rund 50 Millionen Euro investieren – und damit einen weiteren Baustein ihrer Zukunftsstrategie setzen, welche darauf abzielt, künftig auch im Bereich der Energietechnik eine wichtige Rolle zu spielen.

Die Basis dafür sei mit den stationären Flüssigbatteriespeichern des Dortmunder Unternehmens Volterion, an dem Boysen eine Mehrheitsbeteiligung hält, sowie mit Forschungskooperationen im Bereich der Brennstoffzelle gelegt.

Darüber hinaus setzt Geisel mit den Übernahmen von Helag Electronic in Nagold (2020) und Alwa Dekotec in Steißlingen (2021) auf neue Kompetenzen in den Fachgebieten Elektronik, Sensorik und Kunststoffverarbeitung.

1921 legte Schalldämpfer-Pionier Friedrich Boysen mit seiner ersten Firma in Leipzig den Grundstein für „100 Jahre Boysen Abgastechnik“. ©Boysen

Erlebbare Geschichte in der Boysen Welt

Neben den wirtschaftlichen Aspekten hatte das Jahr 2021 für Boysen auch auf emotionaler Ebene eine wichtige Bedeutung. So blickte die Unternehmensgruppe auf ihr 100-jähriges Bestehen zurück – und damit auf die Zeit ab 1921, in der Gründer Friedrich Boysen mit seiner ersten Firma in Leipzig die Schalldämpfertechnologie revolutionierte, ehe ihn sein Weg 1945 nach Stuttgart und 1949 schließlich an den heutigen Stammsitz Altensteig führte.

Erlebbar wird diese Geschichte in der 2021 fertiggestellten Boysen Welt in Simmersfeld. Ein Highlight unter vielen erwartet die Besucher bereits im Eingangsbereich, wo der Gründer in Form einer holografischen Installation höchstpersönlich von seinem Werdegang erzählt.

Geprägt wurde die 100-jährige Geschichte von lediglich drei Geschäftsführern: Nach Friedrich Boysen folgte ab Ende der 1960er Jahre dessen Frau Elisabeth Boysen, die 1985 schließlich Rolf Geisel zu ihrem Nachfolger bestimmte.

Führt die Boysen Gruppe seit 1985 von einer Umsatzbestmarke zur nächsten – und stellt sich aktuell auch den Herausforderungen der digitalen und technologischen Transformation: Geschäftsführer Rolf Geisel. ©Boysen

Rolf Geisel wird Ehrenbürger von Altensteig

„Diese wohl fast einmalige Beständigkeit in der Unternehmensführung bringt Sicherheit auf Kundenseite und lässt unsere Mitarbeiter darauf vertrauen, dass wir auch unsere bislang größte Herausforderung in Form der digitalen und technologischen Transformation erfolg- reich meistern“, erklärt Geisel, der im vergangenen Jahr seinen 65. Geburtstag gefeiert hat und anlässlich des 100-jährigen Jubiläums zum Ehrenbürger der Stadt Altensteig ernannt wurde. Aus diesem Grund werde er die Geschicke des Stiftungsunternehmens auf Wunsch des Aufsichtsrats auch die kommenden Jahre über lenken.

Enttäuscht von der Politik

Dass die Boysen Gruppe dabei einmal mehr ihren eigenen Weg gehen müsse und sich trotz vieler vollmundiger Bekundungen nicht etwa auf Unterstützung der Politik verlassen könne, habe das zurückliegende Jahr erneut untermauert. „Vor der Bundestagswahl hat uns der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Theurer in Simmersfeld besucht. Dabei ist er für Technologieoffenheit bei neuen Antriebsformen – und vor allem für eine erfolgreiche Zukunft von Verbrennungsmotoren in Kombination mit synthetischen Kraftstoffen – eingetreten. So stand es auch im Parteiprogramm der FDP. Jetzt stellen die Liberalen mit Volker Wissing den Bundesverkehrsminister, der in seiner praktisch ersten Amtshandlung verkündet, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren keine Zukunft mehr haben. Das muss ich wohl nicht weiter kommentieren.“ (pm/gel)


©Boysen

Wirtschaftsministerin besucht Boysen in Simmersfeld

Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut hat gemeinsam mit Landrat Helmut Riegger, dem Altensteiger Bürgermeister Gerhard Feeß sowie den Abgeordneten Thomas Blenke (MdL) und Klaus Mack (MdB) die Boysen Gruppe am Produktionsstandort Simmersfeld besucht. Inhaltliche Schwerpunkte des Austauschs mit Boysen Geschäftsführer Rolf Geisel waren einerseits die Transformation der Automobilwirtschaft, andererseits das Zukunftsthema Wasserstoff.

Als Abgastechnik-Spezialist ist die Boysen Gruppe stark von der Transformation der Automobil- und Nutzfahrzeugbranche betroffen, hat sich jedoch mit der Fertigung von Strukturbauteilen für die Elektromobilität bereits auf den Weg zu tragfähigen Geschäftsmodellen der Zukunft gemacht. Als Beispiele für weitere vielversprechende Neuerungen im Produktportfolio nannte Rolf Geisel Batteriegehäuse für Elektroautos und Wasserstofftanks für Nutzfahrzeuge.

Ausführlich informierte Geisel über die Pläne für ein Boysen Entwicklungszentrum Wasserstoff, das die Unternehmensgruppe bei einem Investitionsvolumen in Höhe von 50 Millionen Euro ebenfalls am Standort Simmersfeld realisieren möchte.

Zudem überraschte der Geschäftsführer die CDU-Delegation mit seiner noch jungen Idee für einen Energiepark Nördlicher Schwarzwald: Auf einem 15 Hektar großen Areal soll ein Windkraft- und Solarpark entstehen, der einerseits die Region mit Grünem Strom versorgen und darüber hinaus die Herstellung von Wasserstoff ermöglichen soll. Dabei sucht Geisel den Schulterschluss mit allen Beteiligten: „Auch die Bevölkerung kann mitmachen und Anteile an diesem Zukunftsprojekt zeichnen.“ (pm)


Boysen Gruppe

Kerngeschäft der Boysen Gruppe mit Stammsitz in Altensteig (Schwarzwald/Baden-Württemberg) ist die Entwicklung und Fertigung hochleistungsfähiger Abgassysteme und -komponenten für Pkw, Nutzfahrzeuge und Off-Highway-Anwendungen. Neben den drei Hauptkunden Audi, BMW und Mercedes-Benz arbeitet der Abgastechnik-Spezialist für die deutschen Automobilhersteller Volkswagen und Porsche, die englischen Marken Bentley und Rolls-Royce, die Nutzfahrzeughersteller Daimler und MAN sowie im Bereich Off-Highway-Anwendungen für Krauss Maffei, mtu, Voith und andere.

Im Zuge des technologischen Wandels innerhalb der Automobilindustrie setzt Boysen neben innovativen Abgastechnologien auch auf neue Produktgruppen, die in allen Fahrzeugen – unabhängig der Antriebsart – zum Einsatz kommen können. Einen weiteren wichtigen Baustein seiner Zukunftsstrategie sieht das Stiftungsunternehmen im Bereich der Energietechnik, wobei vor allem Themen wie Wasserstoff, Brennstoffzellen sowie stationäre Energiespeicher im Fokus stehen.

Die Boysen Gruppe beschäftigt aktuell rund 5.300 Mitarbeiter an 25 Standorten im In- und Ausland. Neben den Entwicklungsstandorten in Altensteig und Nagold verfügt Boysen über Produktionsstandorte in Altensteig, Simmersfeld, Heubach, Salching, Ingolstadt, Plauen und Achim sowie in Frankreich, Ägypten, Südafrika, Indien, China, Mexiko, Serbien, Rumänien und in den USA. (pm)

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