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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Mit Pop-Ups gegen den Leerstand im Handel

In der Pandemie sei die Bedeutung von sogenannten Pop-up-Stores verstärkt worden, sagt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier. Dieses kreative Konzept zur Beseitigung von Laden-Leerständen als einstiger Großstadt-Trend hat inzwischen das Umland der Metropolen erfasst. Beispielsweise Freudenstadt im Schwarzwald.
Elke Latscha, Wirtschaftsbeauftragte der Stadt Freudenstadt, stellt im Interview mit WirtschaftsKraft.de das Projekt „Pop-Up-Store“ vor. ©GerdLache

Von Gerd Lache | 16.07.2021

Gute Innenstadtlage, ordentliche Verkaufsflächengröße und das Ganze bei mietfreier Belegung. Mit derart attraktiven Bedingungen locken Kommunen neue, kreative Geschäftsmodelle in ihre Zentren. Dort können sich die Gründer risikofrei ausprobieren. Denn landauf landab klaffen – bereits lange vor der Pandemie – Einzelhandelslücken in den einst hoch frequentierten Einkaufsmeilen.

Neben dem Vorteil für die Jungunternehmerinnen und –unternehmer haben die Kommunen den Vorteil, ihre Städte zu beleben und das Stadtbild durch wegfallende Leerstände aufzuwerten. Und die Immobilienbesitzer bekommen Mieteinnahmen aus sicherer Zahlungsquelle.

„Innenstädte dienen nicht nur der Versorgung mit wichtigen Gütern, sondern auch dazu zu Wohnen, zu Arbeiten sowie sich mit Freunden zu treffen und Freizeit zu verbringen“, heißt es in einer Mitteilung von Peter Altmaiers Bundeswirtschaftsministerium. Dieser erachtet das Thema Revitalisierung von Cities als so wichtige, dass sein Ministerium Anfang 2021 einen mehrteiligen Workshop angeboten hatte.

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VIDEO: Pop-Up-Stores in Freudenstadt. ©GerdLache

Wie läuft das genau ab, mit einem Pop-up-Store? Was müssen Interessenten beachten? Darüber spricht WirtschaftsKraft mit Elke Latscha, Wirtschaftsbeauftragte der Stadt Freudenstadt. In der Großen Kreisstadt mit rund 24.000 Einwohnern, mit dem nach eigenen Angaben größten Marktplatz in Deutschland und einladenden Einkaufs-Arkaden wird das Projekt „Pop-Up-Store“ realisiert.


Frau Latscha, wann ist Freudenstadt mit dem Pop-Up-Store-Projekt gestartet?

Elke Latscha: Gestartet sind wir im August 2020 mit dem ersten Pop-Up-Store. Bis Weihnachten hatten wir sieben Stores in der Innenstadt an wechselnden Locations und mit mehreren Stores gleichzeitig.

Was für ein Ziel verfolgt die Stadt damit?

Gründer können sich ausprobieren und machen die Innenstadt interessant und attraktiv. Davon profitieren auch die etablierten Einzelhändler in Freudenstadt.

Andererseits können Gründer oder Gründer im Nebenerwerb, die oft bereits Vertriebswege wie Online-Shops, Werkstattverkauf oder Kunsthandwerker-Märkte nutzen, ihre Geschäftsidee in einem temporären Ladengeschäft ausprobieren. Die Pop-Up-Store-Betreiber steigern so ihren Bekanntheitsgrad und generieren oft Folge-Aufträge.

Wir als Wirtschaftsförderung betreiben damit aktives Leerstandsmanagement. Lange Zeit leer stehende Flächen werden interessant und es werden Ideen geliefert, was auf diesen Fläche möglich wäre.

Der Pop-Up-Store mit „Liebenzeller Marzipan“ war die temporäre Filiale eines etablierten Pralinen- und Marzipanproduzenten. ©. ©WirtschaftsförderungFDS

Wie unterstützen Sie die Pop-Up-Store-Betreiber?

Wir stellen ihnen die Ladenfläche kostenlos zur Verfügung und helfen gegebenenfalls bei der Möblierung. Außerdem stellt die Wirtschaftsförderung den Betreibern Werbematerialien wie Beachflag, Schaufensterbeklebung und das Pop-Up-Store-Logo zur Verfügung. Über FreudenStadtMarketing e.V. bewerben wir die Stores auf Social Media. Andere Fördertöpfe für Unternehmen hat die Stadt derzeit nicht.

Für Gründerinnen und Gründer bieten wir allerdings mit unterschiedlichen Partnern Beratungsangebote vor Ort an und helfen bei der Vernetzung oder der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten.

Gudrun Neuchel (links) präsentiert sich Ende 2020 mit der gutoli Taschenmanufaktur im Pop-Up-Store. Franziska Hoferer und Elke Latscha (rechts) von der Wirtschaftsförderung Freudenstadt organisieren das Projekt. ©WirtschaftsförderungFDS

Welche Store-Ideen sind bisher ausprobiert worden?

Oft handelt es sich bei den Stores um eine Mischung aus Kunst und Handel, bei denen die Möglichkeit besteht, den Herstellungsprozess zu beobachten oder Mitmach-Angebote zu nutzen. Das Projekt passt außerdem gut zur kleinräumigen Ladenstruktur in Freudenstadt.

Bisher hatten wir unter den sieben Stores die unterschiedlichsten Branchen. Gestartet sind wir mit „Waldseifen“, einer Unternehmensgründerin aus Wörnersberg, die selbst hergestellte Seifen und Kosmetika verkauft.

Im Store „Scriptum“ konnten Kunden dem Grafiker Stephan Voegeli beim Zeichnen über die Schulter schauen und Kunstwerke und Bücher erwerben oder in Auftrag geben.

Das Kunstprojekt El Mundo Papel verkaufte selbst designte Bekleidung.

Das Label „die Kunsthandwerkerinnen“ bestand aus fünf Kunsthanderker*innen der Region, die gemeinsam einen Store gestaltet haben, der vielfältige kunsthandwerkliche Angebote für verschiedene Generationen bot. Leider konnten aufgrund von Corona keine Workshops oder Kunstkurse angeboten werden.

Liebenzeller Marzipan und NuZZ sind aus der Lebensmittelbranche. Liebenzeller Marzipan war eine temporäre Filiale eines etablierten Pralinen- und Marzipanproduzenten aus Bad Liebenzell. Bei NuZZ handelte es sich um eine Unternehmensgründerin, die Nüsse veredelt.

Gutoli ist eine Kunsthandwerkerin aus Freudenstadt, die in ihrer Werkstatt hochwertige Taschen produziert und sich im Raum Baden-Württemberg bereits einen Namen gemacht hat und temporär einen Pop-Up-Store betrieben hat. Wir hatten also eine bunte Mischung.

Der Idealfall ist natürlich, dass aus einem Pop-Up-Store ein festes Ladengeschäft entsteht.

Und, gab es diese Anschlussmieter?

Mit El Mundo Papel hat im Juni 2021 der erste Pop-Up-Store ein festes Ladengeschäft am Marktplatz 38 eröffnet. Israel Surco verkauft dort selbstbedruckte und fair produzierte T-Shirts, Hoodies und Printprodukte wie Postkarten und Kalender und natürlich Kunstdrucke. Darüber hinaus bietet er Zeichen-Workshops an. Er verbindet bei seinen Motiven Elemente aus dem Schwarzwald mit Motiven aus seiner Heimat Peru. Wir freuen uns sehr, dass wir in Freudenstadt ein so stylisches Shopkonzept bekommen haben.

Israel und Viktoria Surco haben sich nach ihrem Pop-Up-Store-Test mit „El Mundo Papel“ fest am Marktplatz 38  in Freudenstadt etabliert. ©ElkeLatscha

Wie hat man sich den Werdegang vom Leerstand zum Pop-Up-Store vorzustellen?

Die Wirtschaftsförderung der Stadt Freudenstadt nimmt Kontakt mit Eigentümern leer stehender Ladengeschäfte auf. Diese schließen mit der Wirtschaftsförderung einen Mietvertrag ab, der eine Untervermietung als Pop-Up-Store ausdrücklich vorsieht.

Die Wirtschaftsförderung bewirbt das Projekt zusammen mit FreudenStadtMarketing e.V. und sucht aus dem Pool der Interessenten die Ladenbetreiber aus –abhängig von der Ladengröße, dem Zeitraum, der Verfügbarkeit des Ladengeschäfts, der Zeitverfügbarkeit des Store-Betreibers und dem Sortiment.

Der Fokus liegt auf Läden mit Verkauf. Mit dem Storebetreiber werden verbindliche Öffnungszeiten festgelegt und zusätzliche Aktionen vereinbart wie beispielsweise eine Vernissage oder Workshops. Die Flächen werden oft sehr kurzfristig zur Verfügung gestellt, sodass ein kontinuierlicher Planungsprozess erforderlich ist.

Wo befinden sich die angebotenen Ladenflächen?

Die Pop-Up-Stores sind in der Innenstadt in den Haupteinkaufslagen. Der Standort variiert je nachdem, welche Ladenflächen gerade leer stehen und vom Eigentümer zur Verfügung gestellt werden.

Wie lange können die Pop-Up-Mieter die Flächen belegen?

Die Flächen können für eine Dauer von 2 Wochen bis zu 2 Monaten belegt werden. Das hängt auch davon ab, für wie lange die Flächen zur Verfügung stehen.

Können sich auch Interessenten bewerben, die ihren Sitz nicht in Freudenstadt haben?

Sehr gerne. Wir freuen uns auf neue Konzepte und Angebote, die unseren Einkaufsstandort interessant machen.

Wie lange will Freudenstadt das Projekt Pop-Up-Store anbieten?

Nach dem Start im Sommer 2020 sind wir durch den Lockdown ausgebremst worden und starten aktuell am 27. Juli 2021 wieder mit dem ersten Pop-Up-Store. Das Projekt kam bisher sehr gut an. Solange wir Leerstände haben und passende Interessenten, die gerne eine Geschäftsidee ausprobieren wollen, so lange machen wir weiter.

Wir freuen uns über Bewerbungen von potenziellen Store-Betreibern!


Elke Latscha, Wirtschaftsbeauftragte der Stadt Freudenstadt. ©GerdLache

ZUR PERSON:

Die Diplom-Geographin Elke Latscha ist seit Herbst 2018 Wirtschaftsförderin der Stadt Freudenstadt. Zuvor war sie Projektmanagerin beim Interkommunalen Gewerbepark Nagold Gäu INGpark und davor Projektmitarbeiterin bei der Wirtschaftsförderung der Stadt Nagold.

Aufgaben und Ziele der Wirtschaftsförderung in Freudenstadt beschreibt sie so: Bestandspflege, Ansprechpartnerin für Unternehmen in Freudenstadt, Standortmarketing und Gewerbeflächenvermarktung, Netzwerkarbeit und Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren in und um Freudenstadt wie etwa Freuden.Stadt.Marketing e.V., FreudenstadtTourismus, Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald (WFG), IHK Nordschwarzwald, Landkreis Freudenstadt und Campus Schwarzwald, um nur einiges zu nennen.

Aktuelle Projekte bei der Wirtschaftsförderung der Stadt Freudenstadt sind Latscha zufolge zum Beispiel: Breitbandausbau in Freudenstadt, Netzwerk Kreativwirtschaft, Gründer.Freuden.Stadt, Pop-Up-Stores, Azubi Speed Dating und Unternehmenspreis Nagold-Freudenstadt

www.freudenstadt.de/wirtschaftsfoerderung

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