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Oliver Reitz

Direktor des Eigenbetriebs Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim (WSP)

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Mit Herz am Steuer – Unterwegs mit dem Fahrdienst der Lebenshilfe Pforzheim Enzkreis

Wenn der Wecker bei den meisten noch schweigt, sind sie schon unterwegs: Uli Kirschenmann und Milada Bandobranski starten ihren Tag um 6.30 Uhr – pünktlich zur ersten Tour des Fahrdienstes der Lebenshilfe Pforzheim Enzkreis e.V. Während Fahrer Kirschenmann erst seit Dezember 2023 dabei ist, bringt seine Kollegin Milada Bandobranski bereits 13 Jahre Erfahrung mit – und vor allem eines: Herzblut.
Um 6.30 starten die beiden Rentner täglich im Fahrdienst der Lebenshilfe. Foto: Sandra Gallian

23.04.2025

von Sandra Gallian

„Ich stehe jeden Morgen gerne auf“, sagt die 75-jährige, rüstige Rentnerin. „Ich könnte mir gar nicht vorstellen, einfach nur zu Hause zu sitzen.“ Für sie ist es nicht das Geld, das zählt – sondern der Sinn in ihrer Arbeit. Sie bringt die Menschen morgens mit Fahrer Kirschenmann zur Lebenshilfe und begleitet sie am Nachmittag wieder nach Hause – zwei Fahrten machen die beiden täglich, die für viele ihrer Fahrgäste ein Stück Normalität bedeuten.

Ein Job mit Bedeutung

Im Fahrdienst der Lebenshilfe sind täglich bis zu 26 Fahrzeuge mit rund 60 Fahrerinnen und Fahrern unterwegs. Alle Fahrzeuge sind auf dem neuesten Stand – rollstuhlgerecht umgebaut und mit einem sogenannten Kraftknotensystem ausgestattet, das die Sicherheit der Fahrgäste garantiert.

Doch es fehlt an Fahrpersonal – vor allem an jungen Menschen, die Lust haben, sich mit Herz und Verstand einzubringen. „Man braucht Zeit, Freude am Autofahren – und Einfühlungsvermögen“, sagt Uli Kirschenmann. „Wenn ich die Menschen im Auto habe, fahre ich, als hätte ich rohe Eier an Bord.“

Ein Personenbeförderungsschein ist übrigens nicht nötig – anders als bei Taxiunternehmen. „Und im Team hilft man sich gegenseitig. Wenn jemand krank wird, springt ein Kollege ein“, berichtet Bandobranski.

Milada Bandobranski und Uli Kirschenmann sind ein eingespieltes Team.

Vom Rentner zum Lebenshelfer

Uli Kirschenmann ist 65 Jahre alt und seit seiner Rente auf der Suche nach einer erfüllenden Tätigkeit. Fündig wurde er im Fahrdienst der Lebenshilfe – ausgerechnet an einem Februartag, als ein Kollege überraschend verstorben war und Ersatz gebraucht wurde. Seitdem fährt er täglich.

„Es ist erfüllend, weil man merkt, dass man in Kontakt kommt – selbst wenn die Menschen nicht so kommunizieren können wie wir.“ Ein Erlebnis ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben: „Ich habe kurz vor Weihnachten eine blinde junge Frau gefragt, was sie sich wünscht. Sie sagte: Eine Ananas. Das hat mich tief berührt.“
Er brachte ihr später eine Ananas und ein Lavendelsäckchen. „Wenn ich sehe, was sich viele Jugendliche heute wünschen, ist das fast schon eine Lachplatte. Aber solche kleinen Dinge können so viel bewirken.“

Eine herzliche Begrüßung der Fahrgäste am frühen Morgen.

Routine mit Nähe

An diesem Morgen führt die Tour nach Ellmendingen. Ein Mann im Rollstuhl wird mithilfe der Hebebühne in den Sprinter gebracht und mit vier Kraftknoten, einem Beckengurt und einem Schultergurt gesichert. Danach wird eine weitere behinderte Frau abgeholt, ebenfalls im Rollstuhl. Das Ziel: die Werkstätten der Lebenshilfe in Pforzheim.

Hier finden Menschen mit Behinderungen Arbeit oder Betreuung – je nach individuellem Bedarf. Unternehmen können dort auch Aufträge vergeben, wie zum Beispiel das Verpacken von Tankdeckeln für Mercedes. Einige Menschen kommen mit dem Bus zur Einrichtung – viele sind jedoch auf den Fahrdienst angewiesen.

Vorsichtig werden die Rollstuhlfahrer samt Rollstuhl in den Sprinter gehoben.

Junge Verstärkung mit klarer Perspektive

Mit gerade mal 20 Jahren gehört Ayleen Koser zu den Jüngsten im Fahrdienstteam. Seit Februar 2024 fährt sie regelmäßig und übernimmt sogar eigenständig eine Rollstuhltour – eine verantwortungsvolle Aufgabe, die sie mit Bravour meistert.

„Ich habe mein FSJ beim ASB gemacht, auch im Fahrdienst, dann eine Ausbildung zur Krankenschwester begonnen – aber das war psychisch zu viel für mich“, erzählt sie. Jetzt will sie bei der Lebenshilfe richtig Fuß fassen. „Mir gefällt es hier einfach total gut. Ich möchte eine Ausbildung bei der Lebenshilfe machen.“

Als jüngste Fahrerin ist die 20jährige Ayleen Koser früh morgens im Dienst.

Ein Dienst für Menschlichkeit

Was Kirschenmann, Bandobranski und Koser verbindet, ist nicht nur der Fahrdienst – es ist ihre Haltung: Sie begegnen den Menschen, die sie täglich begleiten, mit Respekt, Geduld und Herzlichkeit. Und manchmal reicht eben schon eine Ananas, um die Welt ein kleines Stück heller zu machen.

V.l.n.r.: Uli Kirschenmann, Ayleen Koser, Milada Bandobranski

Alle Fotos: Sandra Gallian

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